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Samstag 15. März 2014


Intransparente Pflichtverteidigerbeiordnungen

Wer sich in Fällen notwendiger Verteidigung seinen Verteidiger nicht selbst aussucht, bekommt von den Strafrichtern einen Pflichtverteidiger beigeordnet. Ein Beschuldigter hat hierbei eine gute Chance von der Justiz einen Pflichtverteidiger gestellt zu bekommen, der die Interessen des ihn bestellenden Richters über das Interesse seines Mandanten stellt. Nach Umfragen unter Kollegen ist davon auszugehen, dass mindestens 1/3 der Richter sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt und willkürlich handelt. Bei mir selbst konnte ich bei vielen Richtern beobachten, dass Beiordnungen durch die Richter ausblieben, wenn man engagiert und auch erfolgreich verteidigte. Ein Freispruch war regelmäßig die Garantie dafür, dass man nicht mehr beigeordnet wurde. Im Interesse der Mandanten muss man als Verteidiger hier die eigene Anständigkeit über das finanzielle Interesse stellen.

Andererseits ist es auch bekannt, dass einige schlecht verteidigende und in der Sache wenig erfolgreiche Rechtsanwälte von Richtern mit entsprechend vielen Beiordnungen dafür belohnt werden, dass sie es den Richtern nicht schwermachen.

Um eine transparente Vergabe von Pflichtverteidigungen durchzusetzen, wandte ich mich an den Präsidenten des AG Tiergarten, der das Problem leugnete und auch Grundrechte wie den Anspruch auf Gleichheit vor dem Gesetz, Art. 3 GG und die Freiheit des Berufes, Art. 12 GG als nicht relevant betrachtete.

Das Abgeordnetenhauses des Landes Berlin verschloss die Augen nicht auf die gleiche Weise und forderte mit Drucksache 17/1131 den Senat auf zu prüfen, wie mehr Transparenz bei der Bestellung von Insolvenzverwaltern und Pflichtverteidigern durch die Gerichte hergestellt werden kann. Der Widerstand in der Richterschaft gegen die Gefährdung ihrer willkürlichen Gefälligkeitsbeiordnungen war stark und es bleibt abzusehen, wie dieser Abgeordnetenhausbeschluss unterlaufen wird.

Beschuldigte, die vom Gericht aufgefordert werden, einen Pflichtverteidiger zu benennen, sollten dies innerhalb der Frist auch tun, da sonst der Richter, vielleicht mit Hintergedanken, einen Rechtsanwalt aussucht.

Daher ist mein Rat an jeden Beschuldigten, wählen Sie Ihren Verteidiger selbst.

Ich werde auch als Pflichtverteidiger tätig, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

PS In anderen Bundesländern existiert das Problem auch und in einigen Bundesländern wählt die Justiz nicht einmal aus Strafverteidigern aus, sondern ordnet vielfach absichtlich fachfremde Rechtsanwälte bei.


Samstag 1. März 2014


Grund für eine Falschanzeige bei einem Sexualdelikt, Nr. 7

Ich habe schon in zwei Artikeln über sechs andere Gründe für Falschanzeigen im Sexualstrafrecht geschrieben. Der siebte Grund ist  nun Geld, bzw. die Gier nach Geld.

Bei einem sexuellen Missbrauch entsteht regelmäßig ein Schmerzensgeldanspruch gegen den Täter, bzw. vermeintlichen Täter. Neben den echten Fällen wird vermutlich nicht selten auch Geld von Unschuldigen gefordert. Dann heißt es, dass aus dem Onkel oder dem Großvater mit einem solchen Vorwurf Geld herauszuholen sei.  Das Druckmittel ist dabei neben einem drohenden Strafverfahren, vor allem die öffentliche Bloßstellung und so etwas funktioniert auch recht gut bei Unschuldigen.

In einem Fall habe ich erlebt, dass ein echter Missbrauch vorlag, aber eine andere Person wohl ebenfalls vom Schmerzensgeldanspruch profitieren wollte. Es war aber nachweisbar, dass ein Missbrauch zu Lasten dieser Person nicht stattgefunden haben konnte.

Sollte man nun einer solchen Forderung nachgeben? Es bleibt das Risiko eines Strafverfahren, wo bei extrem langen Verjährungsfristen der Beschuldigte gezwungen wird, sich gegen einen Vorwurf zu verteidigen, der vielleicht vor zwanzig Jahren stattgefunden haben soll. Selbst bei einem Freispruch kann bei einem Vorwurf eines Sexualdelikts noch in der Öffentlichkeit ein Makel hängen bleiben.


Samstag 15. Februar 2014


Welche Vorteile hat ein Verteidiger im Strafverfahren?

In den Fällen der notwendigen Verteidigung, § 140 StPO, hat das Gesetz schon die Mitwirkung eines Verteidigers im Strafverfahren bestimmt.

Sollte man nun in allen anderen Fällen auf die Beauftragung eines Verteidigers verzichten, immerhin kann man ja maximal eine Freiheitsstrafe von einem Jahr erhalten?

1. Fehlende Objektivität

Jeder von einem Rechtsstreit Betroffene ist emotional stark belastet und in einer Hauptverhandlung auch noch meist nervös. Der fehlende Abstand zum Verfahren wirkt sich regelmäßig negativ auf die Beurteilungsfähigkeit aus. Der Strafverteidiger ist hier der professionell agierende Dritte und wird das Verfahren objektiv beurteilen und seinem Mandanten ebenso beraten.

Entsprechend wird schon dem Jurastudenten beigebracht, dass sich ein Rechtsanwalt möglichst nicht selbst verteidigen solle.

2. Akteneinsicht nur mit Verteidiger

Einsicht in die Verfahrensakten wird nur einem Verteidiger gewährt, da die Justiz die Befürchtung hat, dass ein Beschuldigter seine Verfahrensakte vernichten würde. Eine Verteidigung ohne Verfahrensakte oder auch eine entsprechende Beratung bezeichne ich als Stochern im Nebel. Der Beschuldigte kennt nur seine subjektive Sicht der Dinge, aber nicht die Beweismittel in der Akte. Ohne Kenntnis der Aussagen anderer Zeugen kann der Beschuldigte erst in der Hauptverhandlung reagieren, in der Regel zu spät. Das Planen einer sinnvollen Taktik, wie zum Beispiel der Verzicht auf eine Einlassung, kann ohne Aktenkenntnis nicht erfolgen.

3. Gesetzeskenntnis des Strafverteidigers

Der Strafverteidiger kennt nicht nur die Gesetze, sondern auch die Kommentierung von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur. Der Beschuldigte wird allein im Zweifel das Prozessrecht nicht nutzen können, sondern ist hier auf die Kenntnis des Strafverteidigers angewiesen.

4. Strafverteidiger, Staatsanwalt und Gericht befinden sich Augenhöhe

Es ist zwar wohl nicht rechtmäßig, aber trotzdem allgemeine Praxis, dass Gerichte bei unverteidigten Angeklagten schnell über deren Köpfe entscheiden. Einen besonders prägnanten Fall hatte ich einmal in der Berufungsinstanz übernommen, nachdem die damals unverteidigte Angeklagte in der ersten Instanz regelrecht von der Richterin überfahren worden war. Es grenzte schon an Rechtsbeugung, dass das Gericht nicht einmal Ansätze zu einer Ermittlung des Sachverhaltes machte. Das fehlende Geständnis wurde rechtswidrig als strafverschärfend im Urteil gewertet. In der zweiten Instanz gelang es mir, mittels mehrerer Beweisanträge aufzuzeigen, dass die Belastungszeugen Falschaussagen gemacht hatten. Ein rechtsmedizinisches Gutachten zeigte dann auf, dass der von der Anklage geschilderte Geschehensablauf nicht der Realität entsprach. Am Ende kam es zum Freispruch und zur Eröffnung von Verfahren wegen falschen Verdächtigung und uneidlicher Falschaussagen gegen die Anzeigenerstatter und Belastungszeugen.

5. Gemeinsame Gesprächsbasis

Juristen sprechen die gleiche Sprache und kennen sich auch meist aus anderen Verfahren. Strafverfahren werden oft durch Absprachen außerhalb des Gerichtssaals beendet, wobei Richter und Staatsanwälte solche Absprachen in der Regel nur mit Strafverteidigern treffen. Staatsanwälte und Gerichte sind in Deutschland überlastet, da die Justiz als Stiefkind von der Politik behandelt wird. Dementsprechend sind Richter und Staatsanwälte bemüht Akten schnell von ihren Schreibtischen zu bekommen und auch zu einem Nachgeben in gewissem Umfang bereit, wenn ihnen ein Verteidiger ein akzeptables Angebot macht.

6. Vor dem Urteil – Nach dem Urteil

Wie schon in einem Artikel beschrieben, hat der Angeklagte das letzte Wort und kann mit guter Beratung dabei noch einiges erreichen oder ohne Beratung vieles falsch machen.  Wenn Sie von einem Strafverteidiger im Verfahren begleitet werden, wird dieser ein Schlussplädoyer halten und objektiv, aber parteiisch zu Ihren Gunsten den Sachverhalt würdigen und die Rechtslage bewerten.

Sofern Sie verurteilt werden, kann der Strafverteidiger Sie über die Erfolgsaussichten von Berufung oder Revision beraten und Ihnen eventuell nicht notwendige Ausgaben ersparen.

7. Tipps

Oft kommen Mandanten zu spät zu mir, bei größeren Verfahren erst nach Anklageerhebung, wobei der Strafverteidiger schon viel im Ermittlungsverfahren erreichen und auch verhindern kann. Mandanten versuchen sich durch offene Aussagen bei der Polizei zu helfen und verschaffen der Polizei damit unter Umständen die einzigen Beweismittel im Verfahren.

Sofern Sie keinen Strafverteidiger mit Ihrer Vertretung beauftragen wollen oder können, so sollten Sie sich wenigstens eine Beratung leisten. Wer auch auf die Beratung verzichtet, zahlt mit großer Wahrscheinlichkeit an anderer Stelle zu.

Verteidigung von Sexualdelikten, Drogendelikten, Allgemeinem Strafrecht

Amtsgericht Tiergarten und Staatsanwaltschaft Berlin in der Kirchstraße 6, Copyright RA Malte Höpfner


Samstag 1. Februar 2014


„Nebenklage“ oder „Was einen guten Nebenklägervertreter ausmacht?“

Als Strafverteidiger bin ich Nebenklagevertretern öfter begegnet als ich selbst Nebenklagen vertreten habe. Das hatte immerhin den Vorteil verschiedenste Typen von Nebenklägervertretern am Objekt studieren zu können.

Als praxiserprobter Strafverteidiger kommt man dabei zu anderen Wertungen als Journalisten, die gern über kämpferische Nebenklägeranwälte berichten. Bei einem besonders spektakulären Fall berichteten Zeitungen besonders überschwänglich über den Nebenklägervertreter, während viele Strafverteidiger entsetzt verfolgten, wie dieser Anwalt seine Mandanten völlig unnötig noch einmal durch die Hölle schickte, um Schlagzeilen zu generieren.

Ganz anders agierte dabei zuletzt ein anerkannter Strafverteidiger, der völlig ruhig und unprätentiös seine Rolle als Nebenklägervertreter wahrnahm, seine Mandanten informierte und immer an den richtigen Stellen sachlich seine Wertung in das Verfahren einbrachte. Dabei konzentrierte sich die Presse dann natürlich auf den Täter und weniger auf die Opfer, bzw. deren Hinterbliebenen. Am Ende des Verfahrens kam es zum erwarteten und sachgerechten Urteil, wobei das Gericht hier dem Antrag des Nebenklägervertreters in vollem Umfang entsprach.

Aus meiner Sicht sollte ein Rechtsanwalt, der die Nebenklage vertritt, seine Mandanten sachgerecht und zeitnah informieren, dafür sorgen, dass das Verfahren für seine Mandanten so wenig wie möglich belastet und sachgerechte Anträge stellen. Was sich recht einfach anhört, wird oft nicht praktiziert. Die Gründe mögen Geltungsdrang des Rechtsanwaltes sein oder einfach nur mit der fehlenden strafrechtlichen Erfahrung zusammenhängen. Es ist immer falsch, wenn der Rechtsanwalt sich in den Vordergrund drängt und dabei die Interessen seiner Mandanten aus dem Blick verliert. Nicht minder gefährlich sind aber auch Kollegen aus anderen Rechtsgebieten, die ohne Nachzudenken meinen, dass jeder Anwalt auch eine Nebenklage vertreten kann. Da werden dann sinnlose Anträge gestellt, denen die Gesetzeswidrigkeit schon regelrecht auf die Stirn tätowiert ist. In einem Fall geiferte der Nebenklägervertreter in einem Maße, dass ich schon befürchtete, er habe sich mit Tollwut infiziert. Mir war im Übrigen unklar, ob er wegen fehlender Argumente so extrem auftrat, sich mit der Rolle des Nebenklägers nicht vertraut gemacht hatte oder nur für seine Mandanten und das Publikum eine Show ablieferte. Da er bei den in diesem Fall wichtigen juristischen Erwägungen nichts zu sagen hatte oder nichts sagen konnte, bedeutete er objektiv für seine Mandanten einen Totalausfall. Wahrscheinlich hat er aber nach dem Verfahren die Schuld dem Gericht zugeschoben, das meinem Antrag fast entsprach und immerhin eine weniger als halb so hohe Strafe verhängte, wie vom Nebenklägervertreter beantragt.

Der Schutz des Geschädigten vor langwierigen und kräftezehrenden Zeugenvernehmungen steht für manche Nebenklägervertreter gar nicht auf der Agenda, obwohl hier die Verteidiger für die Inanspruchnahme eines Strafrabattes ihren Beschuldigten oft zu einem Geständnis raten und die Gerichte hierfür auch offen sind.

Man kann einem einen Ratsuchenden nur raten, aufmerksam zu sein und nicht auf die aufgebauschten Berichte der Presse hereinzufallen. Auch die Selbstdarstellung des Rechtsanwaltes kann hilfreich sein, wenn man die einem alles versprechenden Hilfsstaatsanwälte gleich aussortiert.


Mittwoch 15. Januar 2014


AG Tiergarten verwehrte Zugang zum Mandanten

Bei einer Hauptverhandlung am AG Tiergarten wurde der Mandant, nach einem Terminversäumnis polizeilich vorgeführt.  Ich besuche meine nicht in Freiheit befindlichen Mandanten auch immer noch eine halbe Stunde vor dem Termin, um letzte Fragen zu besprechen und beruhigend zu wirken. Bei in U-Haft befindlichen Mandanten ist dies kein Problem, sondern man wird durch die Justizwachtmeister routiniert zu den Vorführzellen geschleust.

Diesmal bekam ich aber eine Absage, bei polizeilich Vorgeführten gebe es keine Besprechungsmöglichkeiten für eine Verteidigerbesprechung. Als Verteidiger ist man Praktiker und auch Improvisieren gewohnt. Ich schlug also dem Wachtmeister vor, dass man doch einfach eine Besprechungszelle im U-Haftbereich öffnen solle. Diesmal verwies der Wachtmeister formal auf das Trennungsgebot von U-Häftlingen und polizeilich Vorführten. Wegen der eindeutigen Anweisungen des Präsidiums des AG Tiergarten war eine weitere Diskussion sinnlos. Letztendlich sprach ich mit dem zuständigen Richter und erhielt meine Besprechung vor dem Saal.

Da die Durchführung von Mandantengesprächen ein aus der Verfassung hergeleitetes Recht ist, bemühte ich mich weiter um eine generelle Klärung mit dem Präsidenten des AG Tiergarten und bat dabei auch die Strafverteidigervereinigung Berlin um Unterstützung.  Die Strafverteidigervereinigung interessierte sich nicht für das Thema, der Vizepräsident des AG Tiergarten teilte mir immerhin aber nach einem Monat mit, dass die Weisungslage an die Justizwachtmeister nun präzisiert worden sei, um sicherzustellen, dass Mandantengespräche jederzeit durchgeführt werden können.


Mittwoch 1. Januar 2014


Fortbildungen im Jahr 2013

Das Jahr 2013 begann im Strafrecht, wie das Jahr 2012 endete, mit einer Fortbildung im Steuerstrafrecht. Diesmal lag der Schwerpunkt auf der Strafbefreiung durch eine Selbstanzeige und die damit verbundenen Chancen und Risiken.

Am 18.03.2013 besuchte ich dann eine Fortbildung zum Thema Geldwäsche und lernte welche Anforderungen die Geldwäscherichtlinie an Banken, Unternehmen und Anwälte stellt. Beruhigend war dabei nur, dass Strafverteidiger noch immer einem berechtigten Privileg unterliegen, welches den Schutz der verfassungsrechtlich gewährten Unschuldsvermutung und das Recht auf ein Faires Verfahren, gewährleisten soll. Interessant war für mich die Überlegung, inwieweit beim derzeitigen Immobilienboom in deutschen Großstädten Schwarzgeld zum Erwerb eingesetzt wird. Für die beteiligten Banken und die zivilrechtlichen beratenden Rechtsanwälte, wie auch die Notare stellt sich hier ein großes Problem, welches noch nicht richtig erkannt wird.

Die Strafverteidigervereinigung hatte am 18.April 2013 zu einer Veranstaltung zum „Deal“, der Verständigung im Strafprozess geladen. Ein Kollege, der am maßgeblichen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligt war, berichtete über das Verfahren und die aus der Entscheidung resultierenden Änderungen.

Die DEKRA veranstaltete am 05.06.2013 einen Workshop zur Fahreignung (MPU) und zur Verkehrsüberwachung. Drei Tage später am 08.Juni 2013 besuchte ich eine Veranstaltung der Berliner Strafverteidigervereinigung zum DNA-Beweis im Strafverfahren.

Bei der Berliner Urania fand am 11.Juni 2013 eine interessante populärwissenschaftliche Veranstaltung zur Identifikation von Personen aufgrund von Bildmaterial statt. Auch für einen Strafverteidiger bot diese Veranstaltung noch einiges Neues.

Die Rechtsanwaltskammer Berlin hatte am 12.Juni 2013 zusammen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft einen Workshop zur IT-Sicherheit organisiert, den ich zur Fortbildung besuchte.

Am 25.Juli besuchte ich die neuerrichtete Justizvollzugsanstalt Heidering-Großbeeren im Rahmen einer mehrstündigen Führung. Es war faszinierend Deutschlands modernstes Gefängnis kennen zu lernen.

Zum Abschluss des Jahres nahm ich am 06. und 07.Dezember 2013 am Upgrade Arbeitsrecht beim Deutschen Anwaltsinstitut (DAI) teil.

Während des Jahres besuchte ich regelmäßig meinen Strafverteidigerstammtisch, bei dem wir uns über neue Entwicklungen und Probleme innerhalb der Justiz austauschen. Ebenso gehört zur regelmäßigen Fortbildung eines Anwaltes auch noch das Studium der verschiedenen rechtswissenschaftlichen Zeitschriften und neuerdings auch der per E-Mail versandten Rundbriefe.


Sonntag 15. Dezember 2013


Kinderpornografie, § 184b StGB – OP Foosed

Kinderpornographiefälle sind niemals Einzelfälle, sondern treten im Internetzeitalter immer in Massen auf.  Auch derzeit hat die Polizei Osnabrück in der OP Foosed auf den Hinweis eines technischen Administrators aus dem Dezember 2012 auf verdächtige Inhalte auf einer von ihm verwalteten Seite  über 2000 Ermittlungsverfahren gegen Beschuldigte in ganz Deutschland eingeleitet. Über die mitgeloggte IP-Adresse wurden und werden die Anschlussinhaber über den Internetzugangsprovider identifiziert.  Sobald die Identifizierung erfolgte, werden die Verfahren an die für die Tatverdächtigen lokal zuständigen Strafverfolgungsbehörden abgegeben.

Die Beschuldigten erfahren regelmäßig erst von dem gegen sie bestehenden Tatverdacht, wenn zwischen 06.00 und 07.00 Uhr die Polizisten mit einem richterlichen Durchsuchungsbefehl an ihrer Tür klingeln. Dann werden Computer, Tablets und Smartphone beschlagnahmt und zur Auswertung mitgenommen. Eine Durchsuchung stellt für jeden Beschuldigten immer eine große Belastung dar. Auch wenn in Berlin die Beamten in Zivil kommen und ihr Fahrzeug meist in der Seitenstraße parken, kann eine Durchsuchung doch zu Gerede in der Nachbarschaft führen. Dem Beschuldigten wird auch jetzt erst klar, dass gegen ihn ein Strafverfahren geführt wird, an dessen Ende eine Strafe stehen kann. Ein nicht zu unterschätzenden Nebenproblem ist im heutigen Computerzeitalter, dass nun auch der Zugang zu beruflichen Daten oder auch dem Telefonbuch fehlt. Dies ist immer dann das Problem, wenn man alle Kontaktdaten im Smartphone gespeichert hat und Akten im Computer nur noch digital führt.  Ohne Rechtsanwalt gibt es für den Beschuldigten fast keine Möglichkeit an seine Daten heranzukommen und man muss leider auch sagen, dass es selbst für einen Rechtsanwalt schwierig ist, Daten von der Polizei zu erhalten. In vielen Verfahren habe ich es geschafft, dass die Polizei  Ordner mit beruflichem Schriftverkehr, Adressordner oder Kontodaten auf eine CD gebrannt und herausgegeben hat. In anderen Fällen wurden von der chronisch überlasteten Polizei auch Aufforderungen von Staatsanwaltschaft und Gericht einfach ignoriert. Die Auswertung von Computern dauert zum Beispiel in Berlin derzeit über ein Jahr und nach Aussage der bearbeitenden Polizisten geht die Tendenz eher zu zwei Jahren.

Für die zumeist bisher unbescholtenen Bürger stellt der Gedanke an eine öffentliche Gerichtsverhandlung eine sehr große Sorge dar, neben der zu erwartenden Strafe und oft auch der Frage, ob die Strafe Auswirkungen auf die Arbeit oder Beamtenstellung hat.

Ich kann nur empfehlen nicht abzuwarten, sondern zeitnah nach der Durchsuchung einen qualifizierten Strafverteidiger aufzusuchen. Ich übernehme gern Ihre Verteidigung.

Rechtsanwalt Malte Höpfner

Allee der Kosmonauten 28

12681 Berlin

Tel.: 030-5480 1493

E-Mail : hilfe@straf-kanzlei.de

www.straf-kanzlei.de


Sonntag 1. Dezember 2013


High durch Passivrauchen von Cannabis?

Ist dies die ultimative, nicht widerlegbare Ausrede nach einer Verkehrskontrolle? Könnte man sich so kostengünstig einen Rausch verschaffen? Immerhin gibt es seit Jahren Aufklärungskampagnen gegen das Passivrauchen von Tabak wegen seiner schädlichen Nebenwirkungen.

Den Gratisrausch erhält man wohl eher nicht, wie mehrere wissenschaftliche Untersuchungen beweisen. Cannabinoide, insbesondere das für den Rausch entscheidende psychoaktive THC müssen durch Essen oder aktiv durch Rauchen aufgenommen werden. Bei den Untersuchungen, die zum Teil unter extremen Bedingungen mit mehreren Rauchern in einem Kleinbus durchgeführt wurden, fühlte sich keiner der Teilnehmer bekifft.

Bei der Verkehrskontrolle sieht es da schon schlechter für den Passivraucher aus, da beim THC-Nachweis im Urin und Blut die wissenschaftlichen Untersuchungen keine eindeutigen Ergebnisse liefern. Bei einer der früheren Untersuchungen mit extremem Testaufbau hatte man später bei den Freiwilligen bis zu 6,3 ng/ml THC im Blut nachgewiesen. Hier wäre der Führerschein wohl weggewesen, wie bei einem realen Fall eines Passivrauchers mit 5,0 ng/ml THC im Blut. Dieser Testaufbau mit fünf Freiwilligen in einem Kleinwagen und sechs abgebrannten Joints galt vielen Wissenschaftlern als unrealistisch.

Bei einer späteren Untersuchung der Universitäten Jena und Mainz, die einen niederländischen Coffeeshop simulieren sollte, kam es zu keiner Blutanalyse oberhalb von 1ng/ml THC im Blut und die Werte im Urin blieben unterhalb des Schwellenwertes von 25ng/ml THC im Urin. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Leitentscheidung festgestellt, dass erst ab 1 ng/ml THC im Blut tatsächlich von einer Fahruntüchtigkeit ausgegangen werden darf.

In der polizeilichen Praxis kommt es dann auch auf die verwendeten Drogen Screenings Tests und die eingestellten Nachweisgrenzen an. Die Polizei verwendet meist auf eine Nachweisschwelle von 50ng/ml THC im Urin eingestellte Drogentests. Ein weiterer Faktor ist die konservative oder aggressive Einstellung eines Tests. Aggressive Tests liefern zwar auch bei geringen Spuren schon Nachweise, aber eben auch erheblich falsch positive Ergebnisse. Ein Ergebnis ist dann falsch positiv, wenn zu Unrecht Drogen angezeigt werden.

Die Rechtsprechung behandelte den, oben genannten real existierenden, bei einer Verkehrskontrolle aufgegriffenen Passivraucher im Übrigen recht unfreundlich. Hier wird die Behauptung von der Justiz aufgestellt, dass auch ein Passivraucher von den Wirkungen des Passivrauchens wisse und daher der Gefahr durch Passivrauchen bekifft zu werden, aus dem Weg gehen müsse. In Wahrheit geht es der Justiz wohl eher darum sich nicht mit der Ausrede ernsthaft auseinandersetzen zu müssen. Da der ertappte Passivraucher aber vermutlich in Wirklichkeit ein Aktivraucher ist, gleicht sich das aus.


Freitag 1. November 2013


Neue Verjährungsfristen im Sexualstrafrecht

„Ist diese Straftat schon verjährt?“, frage ich mich bei jedem neu übernommenen Mandat. Im Sexualstrafrecht war es bisher schon so, dass die Antwort in den seltensten Fällen ja lautete. Nach der Neuregelung der Verjährungsvorschriften für Sexualdelikte wird es ein „Ja“ kaum noch geben.

Die Verjährung beginnt nach § 78a StGB regelmäßig mit der Beendigung der Tat. Nach § 78b StGB beginnt die Verjährung erst mit der Vollendung des 21. Lebensjahres des Opfers von Straftaten nach den §§ 174 bis 174c, 176 bis 179 und 225 sowie nach den §§ 224 und 226, wenn mindestens ein Beteiligter durch dieselbe Tat § 225 verletzt wurde.

Die Verjährung richtet sich nach der Schwere der Tat und dem angedrohten Höchstmaß.

1. Verbreitung und Besitz von Kinderpornografie, § 184 b StGB

Die einfache Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre. In den Fällen der Qualifikation des § 184b Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre.

2.Exhibitionistische Handlungen, § 183 StGB

Hier beträgt die einfache Verjährungsfrist nur drei Jahre.

3.  Sexueller Missbrauch von Kindern, § 176 StGB

Bei einem sexuellen Kindesmissbrauch mit Körperkontakt nach Absatz 1 des § 176 StGB beträgt die Verjährungsfrist 10 Jahre, während sie in den übrigen Fällen 5 Jahre beträgt.

4.Schwerer sexueller Missbrauch, § 176 a StGB

In allen Fällen des schweren sexuellen Missbrauches von Kindern beträgt die einfache Verjährungsfrist 20 Jahre.

5. Vergewaltigung/sexuelle Nötigung, § 177 StGB

Die einfache Verjährungsfrist beträgt generell 20 Jahre. In minderschweren Fällen kann die Verjährungsfrist aber auch kürzer sein.

6. Andere Delikte

Zur Verjährungsfrist von anderen Delikten können Sie sich gern beraten lassen.

Durch die Einfügung des § 78b StGB werden Sexualdelikte im Verjährungsrecht faktisch oberhalb von Straftaten mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe eingeordnet, ausgenommen Mord, bei dem es keine Verjährung gibt.

Die Verjährung kann aber auch nach § 78b StGB ruhen, bzw. nach § 78c StGB unterbrochen sein. Eine genaue Darstellung würde aber hier den Umfang des Artikels sprengen, weshalb ich zu einer anwaltlichen Beratung durch einen Strafverteidiger rate.

Auch hier gilt mein ständiger Rat bei Sexualdelikten. Lassen Sie sich beraten. Äußern Sie sich nicht gegenüber der Polizei. Ziehen Sie einen Strafverteidiger hinzu, der Akteneinsicht nimmt und dann den Fall mit Ihnen bespricht und Sie qualifiziert berät. Ihr Verteidiger wird Ihnen dann helfen, die weitere Verteidigung zu planen.

Ich übernehme gerne Ihre Verteidigung.


Dienstag 15. Oktober 2013


Verhaltensratschläge zur Festnahme

1. Schweigen Sie!

Die Polizei ist nicht Ihr Freund und Helfer. Oft wird versucht Ihnen zu erklären, dass bei einer Aussage auf U-Haft verzichtet werden kann. In der Regel werden durch eine Aussage aber erst die U-Haft und eine spätere Verurteilung ermöglicht. Die Polizei kann Ihnen auch keine Zusagen machen. Ohne Akteneinsicht und Kenntnis der Beweislage besteht die Gefahr, dass Ihre Aussage der einzige, aber völlig ausreichende Beweis für eine Verurteilung wird. Ich habe oft erlebt, dass unverteidigte Angeklagte ausgesagt haben, und verzweifelt aber erfolglos versucht haben, ihre Geständnisse zu widerrufen. Aussagen können Sie in jedem Abschnitt des Verfahrens, auch noch in der Gerichtsverhandlung, dann aber informiert über die Beweislage nach Akte und gut beraten durch Ihren Strafverteidiger.

Ratschläge zur Festnahme und Untersuchungshaft, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Ratschläge zur Festnahme und Untersuchungshaft

2.  Informieren Sie einen Strafverteidiger!

Sie haben das Recht jederzeit einen Strafverteidiger zu kontaktieren. Ihr Anwalt ist der Einzige im Verfahren, der auf Ihrer Seite steht. Ihr Anwalt hat das notwendige Wissen, um Sie im Rahmen der U-Haft zu unterstützen und vor allem um Ihnen im Verfahren beizustehen. Der Strafverteidiger wird zuerst den Bestand des Haftbefehls prüfen und dann eine Haftprüfungsantrag stellen oder eine Haftbeschwerde einlegen. Ein Haftprüfungsantrag wird vom Strafverteidiger oft zur Informationsgewinnung genutzt, wenn eigentlich keine Aussicht auf Erfolg besteht.

Sofern Ihnen bekannt ist, dass eine Verhaftung drohen könnte, sollten Sie eine Tasche mit Kleidung und Waschutensilien, etc. bereitstellen. Auch empfiehlt es sich, wenn Sie Verwandte oder Personen Ihres Vertrauens informieren und klären, was im Falle Ihrer Abwesenheit an Persönlichem zu regeln ist. Das einfachste und unwesentlichste ist dabei noch das Gießen der Blumen. Wenn Sie nicht selbst Ihren Rechtsanwalt informieren können, und ein Freund während der Festnahme bei Ihnen ist, sollten Sie ihn bitten, Ihren Rechtsanwalt zu informieren.

Meine Mandanten erhalten von mir immer noch einige zusätzliche Visitenkarten für Verwandte und Freunde, um meine Benachrichtigung im Falle der Festnahme sicherzustellen.

Mich können Sie bei einer Festnahme in Berlin auf der Mobilfunknummer 0175-618 90 68 rund um die Uhr erreichen. Wenn ich mich nicht direkt melde, sprechen Sie Ihren Namen, Ihren Aufenthaltsort, die Telefonnummer der Polizei, bzw. des Gerichts, die Zeit des Anrufes und möglichst auch ein Aktenzeichen auf die Mailbox und ich werde so bald wie möglich Kontakt zu Ihnen aufnehmen.

Untersuchungshaft, U-Haft, Festnahme, Strafverteidiger, Berlin

Eingang Justizvollzugsanstalt Moabit, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

 


Dienstag 1. Oktober 2013


Strafbarkeit pornographischer Reden vor Kindern, § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB

Die Fälle pornographischer Reden vor Kindern kenne ich nur aus der Zeit bei der Jugendschutzabteilung bei der Staatsanwaltschaft Berlin.  In meiner jahrelangen anwaltlichen Tätigkeit im Sexualstrafrecht wurde bisher noch nie ein solcher Fall an mich herangetragen.

In der Regel waren es grenzdebile Alkoholiker, die vor Supermärkten obszön Kinder ansprachen. Zum Glück für die Kinder, aber vielleicht auch zum Glück für die Täter blieb es bei den Reden über ihre Geschlechtsteile und Sexualpraktiken.

Die Berliner Staatsanwaltschaft ging regelmäßig von Beleidigungen und sexuellen Kindesmissbrauch durch pornographische Reden aus und stand dann oft vor dem Problem, dass die Täter regelmäßig an der Grenze zur Schuldunfähigkeit standen, aber gleichzeitig das reine pornographische Reden vor Kindern noch nicht erheblich genug für den Maßregelvollzug war. Vielfach blieb dann nur die Verfahrenseinstellung, was einen verärgerten Staatsanwalt zurückließ, der jedoch rechtlich korrekt gehandelt hatte.

Das Landgericht Rostock versuchte einen anderen Weg und wollte in den pornographischen Reden schon das Ansetzen zu einem versuchten Kindesmissbrauch in der Form des § 176 Abs. 1 Fall 2 StGB sehen. Der Bundesgerichtshof hielt dieses Vorgehen dann doch für zu kreativ und hob das Urteil des Landgerichts Rostock auf mit dem Beschluss BGH 4 StR 454/11 vom 27.11.2011 auf. Der Bundesgerichtshof führte dabei aus, dass das Landgericht hätte feststellen müssen, dass vom Reden im unmittelbaren Zusammenhang zum Handeln übergegangen würde. Das Landgericht hatte eine solche Feststellung aber nicht getroffen.

Meinen Erfahrungen nach wäre eine solche Feststellung aber auch lebensfremd gewesen, da sie nicht dem regelmäßigen Profil dieser Tätergruppe entspricht. Das Landgericht Rostock hat meiner Ansicht nach hier überreizt und hätte sich von Anfang an auf eine Verurteilung nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB beschränken können, die hier der BGH für rechtsfehlerfrei hielt, wegen der tateinheitlichen Verurteilung aber trotzdem aufheben musste, bevor er die Sache zurückverwies. Die Landrichter haben mit ihrer Entscheidung keiner Seite einen Gefallen getan, insbesondere auch nicht der Geschädigten, die nun noch einmal eine Verhandlung vor sich hat.


Sonntag 15. September 2013


Ablauf der U-Haft

Die Untersuchungshaft kann nur durch einen Richter durch einen Haftbefehl angeordnet werden. Zuvor stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten. Dieser Haftbefehlsantrag kann vor einer Festnahme durch die Polizei erfolgen oder auch nach einer Festnahme durch die Polizei.

Ein Haftbefehl wird angeordnet, wenn ein dringender Tatverdacht und ein Haftgrund wie Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr oder Wiederholungsgefahr vorliegt und die Haft im Übrigen auch verhältnismäßig ist.

Bei der Festnahme ist der Festgenommene über den Grund der Festnahme zu informieren, so bald wie möglich muss ihm der Haftbefehl bekannt gegeben werden, von dem er eine Abschrift zu erhalten hat.

Jederzeit kann der Festgenommene einen Anwalt informieren.

Nach einer Festnahme ist der Verhaftete spätestens am nächsten Tag dem zuständigen Richter oder dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

Der Richter soll feststellen, ob die richtige Person festgenommen wurde. Ist dies erfolgt soll er den Festgenommenen über den Gegenstand der Beschuldigung vernehmen. Dabei soll er die belastenden Umstände bekannt geben und über die Rechte sich zu äußern oder schweigen aufklären.

Danach wird der Richter entscheiden, ob der Haftbefehl aufrechterhalten wird und er muss über eine Aussetzung des Haftbefehls entscheiden. Eine Aussetzung des Haftbefehls kann bei Vorliegen von Fluchtgefahr dann erfolgen, wenn andere Maßnahmen wie eine polizeiliche Meldeauflage oder Entzug des Reisepasses oder eine Sicherheitsleistung als ausreichend erscheinen.

Über die Fortdauer der Haft muss der Richter unverzüglich einen Angehörigen oder eine Person des Vertrauens des Festgenommenen benachrichtigen. Wenn keine Verdunkelung droht, darf der Festgenommene auch selbst einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens benachrichtigen.

Wenn der Richter die Aufrechterhaltung der Haft beschlossen hat, muss er über die Möglichkeit von Haftprüfung und Haftbeschwerde belehren.

Auch in der Haft hat der Festgenommene das Recht jederzeit einen Rechtsanwalt benachrichtigen zu lassen.

Für Untersuchungsgefangene gibt es keine Arbeitspflicht und die Haftregeln sind unter Umständen zur Verhinderung von Flucht und Verdunkelung strenger als für in Strafhaft befindliche Insassen. Wegen der Unschuldsvermutung wurde die JVA Weiterstadt in Hessen als Untersuchungshaftanstalt erheblich luxuriöser als andere Justizvollzugsanstalten gebaut. Leider kann von solchen Überlegungen zum Beispiel in Berlin in der JVA Moabit keine Rede sein. Grundsätzlich halte ich aber die Idee, dass eine Untersuchungshaftanstalt besser ausgestattet wird, für sinnvoll.

Die U-Haft endet mit Aufhebung des Haftbefehls oder dessen Außervollzugsetzung.

Fachanwalt für Strafrecht - Rechtsanwalt Malte Höpfner, Strafverteidigung in Berlin, Brandenburg und Bundesweit

Vergitterte Fenster – Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

 


Sonntag 1. September 2013


Die Frage ist schon die halbe Antwort – ein gefährlicher Vernehmungspsychologe

Seit den katastrophalen Falschbeschuldigungen in den Prozessen von Worms und Saarbrücken sollte die Justiz die Anforderungen an Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen kennen und kritisch Beeinflussungen der Zeugen von außen überprüfen.

In Berlin war ich Verteidiger in einem Verfahren, bei dem es schien, als ob die Polizei mit ihrer Vernehmungstaktik noch in den späten 70igern stehen geblieben wäre. Zu Anfang einer Vernehmung soll man den Zeugen Raum zu freiem Reden geben, um suggestiven Einfluss soweit wie möglich auszuschließen. Diese Regel, die jeder Richter und jeder Staatsanwalt kennt, war den vernehmungspsychologisch geschulten Beamten offensichtlich fremd.

Auf offene Fragen wurde fast durchgehend verzichtet und die meisten Fragen waren gefüllt mit Inhalten und vermeintlichen Vorwissen. Hier hätte jeder unbeteiligte Dritte gewusst, welche Antworten man von den Zeugen erwartete und sie auch entsprechend gegeben.

Völlig unbegreiflich war mir, dass die Beamten zu keiner Zeit nach den vom BGH und der Aussagepsychologie aufgezeigten Fehlerquellen fragten. Hier hätten sich Fragen angeboten, wie oft schon vor der polizeilichen Aussage mit den Zeugen über die Sachverhalte gesprochen wurde, wie viele Psychologen schon mit ihnen gearbeitet hatten. Vielleicht war es mir aber doch begreiflich, nur dann wäre das Bild der vernehmenden Beamten noch negativer.

Wenn eine Antwort den Vernehmern nicht passte, wurde solange nachgefragt und gestikuliert, bis die Antwort in das Konzept passte.

Die richterliche Videovernehmung war dann ein völliger Bruch, da die Ermittlungsrichterin streng nach Strafprozessordnung und den neuesten Erkenntnissen der Aussagepsychologie vorging. Die Fragen waren offen und auf Suggestionen wurden verzichtet. Im Gegensatz zur Polizei wurden Hintergründe der Anzeige erfragt und die Antworten hierauf waren aufschlussreich. Außer berechtigten Zweifeln blieb nach dieser Vernehmung nichts mehr übrig.

Im Rahmen eines Privatgutachtens meldete sich dann ein Vernehmungspsychologe und war der Ansicht die gute Vernehmungsführung der Ermittlungsrichterin kritisieren zu müssen. Seine Kritikpunkte, dass man doch hätte spielerisch Handlungen demonstrieren können, stammten meiner Ansicht aus der Zeit vor Worms, als die Kindesmissbrauchsaufklärer noch mit Penispuppen Kinder traktierten. Das Wort Nullhypothese kam in seinem Privatgutachten nicht vor, eher bekam ich den Eindruck, dass er der Ansicht war, jeden unabhängig von der objektiven Wahrheit zu einer belastenden Aussage bekommen zu können.

Das Vorgehen der Berliner Polizei wurde mir erklärlich, als der Vernehmungspsychologe bekannt gab, dass er auch Berliner Polizisten ausgebildet habe.

Diese Fortbildungspraxis der Berliner Polizei war für mich unbegreiflich, da die Polizei hier in Berlin auf eines der weltführenden Zentren zur Aussagepsychologie zurückgreifen kann, mit einem vom Bundesgerichtshof respektierten Spitzenwissenschaftler und als Kapazität anerkannten Gutachter, Professor Steller.


Donnerstag 15. August 2013


Eintragungen in das Führungszeugnis und Eintragungen in das Bundeszentralregister

Neben der direkten Einwirkung auf den Verurteilten hat die Strafhöhe auch noch eine Bedeutung für das Bundeszentralregister und das daraus abgeleitete Führungszeugnis.

In das Bundeszentralregister werden unter anderem alle strafgerichtlichen Verurteilungen aufgenommen. Unbegrenzten Zugriff auf das Bundeszentralregister haben aber neben Gerichten und der Staatsanwaltschaft nur einige spezielle Behörden.

Andere können nur über das Führungszeugnis Zugriff auf die Daten nehmen, wobei Daten auch nur eingeschränkt übermittelt werden.

1. Erstmalige Verurteilung nicht über 90 Ts

Wenn der Verurteilte erstmalig zu einer Geldstrafe von nicht über 90 Ts verurteilt wurde, wird diese Verurteilung nicht in das Führungszeugnis aufgenommen. In Beratungen wunderten sich manche Fragesteller, dass sie ja schon mehrfach verurteilt wurden, aber die Summe noch nicht 90 Ts erreichte und ihre Verurteilungen im Führungszeugnis auftauchten. Die Antwort ist klar, es geht um die erstmalige Verurteilung. Sobald auch nur eine zweite Verurteilung dazu kommt, tauchen beide Verurteilungen im Führungszeugnis auf.

2. Jugendstrafen bis zu einer bestimmten Höhe

Auch Jugendstrafen werden bis zu einer bestimmten Höhe nicht in das Führungszeugnis eingetragen.

3. Löschungsfristen

Die Löschungsfristen im Führungszeugnis sind erheblich kürzer als die Tilgungsfristen im Bundeszentralregister. Es ist aber zu beachten, dass im Prinzip jeder Neueintrag dazu führt, dass auch die alten Einträge nicht gelöscht werden, bis der neue Eintrag wieder gelöscht wird.

4. Erweitertes Führungszeugnis, §§ 30a, 31 BZRG

Zum Schutz von Kindern und Jugendlichen wurde ein erweitertes Führungszeugnis für Personen eingeführt, die beruflich oder ehrenamtlich mit Kindern tätig sind. Nach § 32 Abs. 5 BZRG erhalten die beantragenden Stellen eine Auskunft mit erheblich weniger Einschränkungen.

5. Einstellung mit Auflagen anstelle einer Verurteilung oder eines Strafbefehls

Da eine Einstellung mit Auflagen nach § 153a StPO nicht in das Führungszeugnis eingetragen wird, kann es unter Umständen sinnvoll sein, eine solche Lösung anstatt eines Urteils oder eines Strafbefehls anzustreben. Voraussetzung ist regelmäßig, dass bei dieser Lösung etwas mehr an die Justizkasse gezahlt wird, als bei einer Geldstrafe. Zur Vermeidung von negativen beruflichen Konsequenzen bei einem Eintrag in das Führungszeugnis kann dies aber anzuraten sein.

6. Anwaltliche Beratung sinnvoll

Um eine Lösung wie unter Punkt 5 zu erreichen, ist die Vertretung durch einen Strafverteidiger im Strafverfahren sinnvoll. Sie können eine Selbstauskunft kostenpflichtig selbst beim Einwohnermeldeamt oder Bürgeramt beantragen. Um zu prüfen, ob die Eintragungen korrekt sind, empfiehlt sich dann aber eine Prüfung durch einen strafrechtlich versierten Rechtsanwalt.


Montag 15. Juli 2013


Einziehung des Computers bei Besitz von Kinderpornographie

Während eines Strafverteidigerstammtisches vor fast zwei Jahren sprach mich ein Kollege auf eine damals neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes an, wonach Computer bei Besitz von Kinderpornographie nicht mehr eingezogen werden können und sich die Einziehung nur auf die Datenträger beschränken müssen. Am Stammtisch, ohne die Möglichkeit der Recherche, sagte mir mein Judiz, dass dies kaum sein könne.

Also recherchierte ich sofort und fand zwei entsprechende Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, den Beschluss BGH 4 StR 657/11 vom 08.02.2012 und den weiteren BGH 4 StR 612/11 vom 11.01.2012.

In den Entscheidungen stellte der BGH klar, dass sich die Einziehung nach § 184 b Abs. 6 S. 2 StGB nur auf das Speichermedium, wie eine Festplatte, bezieht. Die Einziehung des Computers als Tatwerkzeug müsse nach § 74 Abs. 1 StGB geprüft werden. Hier gebiete die Verhältnismäßigkeit auch die Prüfung, ob nicht mildere Maßnahmen in Betracht kommen würden.

In beiden Fällen war die Kinderpornographie auf den Computern eher von untergeordneter Bedeutung, so dass in den meisten Praxisfällen weiterhin davon auszugehen ist, dass die Justiz bei dem Besitz einigen Hundert, bzw. Tausenden von Bildern die Einbeziehung des Computers als Tatwerkzeug regelmäßig bejahen wird. Dass man bei wenigen Bildern die Verhältnismäßigkeit nicht aus dem Auge verlieren sollte, ist keine wirklich neue Regel, abgesehen für die beiden Landgerichte der Vorinstanz.

Im Rahmen des Aushandelns von Strafbefehlen oder Einstellungen mit Auflage wird die Frage der Einziehung immer mit behandelt und sollte nicht zum Scheitern der Einigung führen. Wichtiger ist meiner Meinung nach, dass man dafür sorgt, dass die Polizei wenn möglich nicht inkriminierte Geschäftsdaten und wichtige Privatdaten auf einem zweiten Datenträger sichert und dem Beschuldigten überlässt. Wenn auf diese Weise der Verlust von wichtigen Daten verhindert wird, ist der Verlust des Originaldatenträgers eher zu verschmerzen.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass Computer auch weiterhin eingezogen werden können und sich die Einziehung nicht nur auf die Datenträger beschränkt. Die beiden Beschlüsse des Bundesgerichtshof stellen die gesetzliche Regelung klar, zeigen dass es sich die unteren Instanzen nicht allzu leicht machen dürfen, bedeuten in der praktischen Anwendung aber keine völlige Revolution.


Montag 1. Juli 2013


Raub und räuberische Erpressung, §§ 249, 255 StGB

Wer rechtswidrig eine fremde bewegliche Sache, jemand anderem mit Gewalt oder mit Drohung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben wegnimmt, um es sich selbst oder einem Dritten zuzueignen, macht sich des Raubes strafbar. Die räuberische Erpressung wird von den Gerichten durch das äußere Erscheinungsbild abgegrenzt und umfasst die Fälle, in denen das Opfer durch Gewalt oder Drohung, siehe oben, gezwungen wird, die Sache herauszugeben.

Raub und räuberische Erpressung stellen zahlenmäßig die wichtigsten Verbrechenstatbestände dar, also Straftaten mit einer gesetzlichen Mindeststrafe von einem Jahr. Sie umfassen in der Praxis den Räuber auf der Straße, wie auch Jugendliche, die Kleidung oder Handys abziehen.

Welche Strafe ist zu erwarten?

Die Mindeststrafe ist, wie oben schon geschrieben, ein Jahr. Bei Qualifikationen wie das Führen einer Waffe steigt die Mindeststrafe auf drei Jahre, bei Verwendung einer Waffe auf fünf Jahre. Sollte bei einem Raub eine andere Person zu Tode kommen, ist die Strafe lebenslang oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

JVA Tegel - Haupteingang, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht, Rechtsanwalt, Sexualdelikte - Verteidigung, Nebenklage, Schwurgericht, Landgericht Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

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Benötige ich einen Verteidiger? Gibt es einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger?

Bei einem Verbrechensvorwurf liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor.  Es gibt einen Anspruch auf die Stellung eines Pflichtverteidigers. Wegen der Schwere der in Aussicht stehenden Strafe empfiehlt sich die unverzügliche Kontaktaufnahme mit einem Strafverteidiger.

Welche Besonderheiten gibt es bei Jugendlichen?

Auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor und es empfiehlt sich auch die sofortige Kontaktaufnahme zu einem Strafverteidiger. Je nach Vorbelastungen und Schwere der Tat kann es auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden selbst bei Anwendung von Jugendstrafrecht zu Jugendarrest und Jugendstrafen kommen.


Samstag 15. Juni 2013


Kinderpornographie / Jugendpornographie – Besitz und Verbreitung

Bei § 184b StGB handelt sich um einen schlecht gemachten Paragraphen, der den eigentlichen Grundtatbestand des Besitzes im Absatz IV aufführt und die Qualifikationen wie die Verbreitung im ersten Absatz. § 184c StGB orientiert sich an §184b StGB, so dass ich unten im Erklärungsteil auf eine gesonderte Darstellung zur Strafbarkeit von Jugendpornographie verzichte.

§ 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften

(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Kindern (§ 176 Abs. 1) zum Gegenstand haben (kinderpornographische Schriften),

1. verbreitet,

2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder

3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und die kinderpornographischen Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(4) Wer es unternimmt, sich den Besitz von kinderpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer die in Satz 1 bezeichneten Schriften besitzt.

(5) Die Absätze 2 und 4 gelten nicht für Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten dienen.

(6) In den Fällen des Absatzes 3 ist § 73d anzuwenden. Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 oder Absatz 4 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.

§ 184c Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften

(1) Wer pornographische Schriften (§ 11 Abs. 3), die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen von vierzehn bis achtzehn Jahren zum Gegenstand haben (jugendpornographische Schriften),

1. verbreitet,

2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst zugänglich macht oder

3. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einem anderen eine solche Verwendung zu ermöglichen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer es unternimmt, einem anderen den Besitz von jugendpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, und die jugendpornographischen Schriften ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben.

(4) Wer es unternimmt, sich den Besitz von jugendpornographischen Schriften zu verschaffen, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, oder wer solche Schriften besitzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Handlungen von Personen in Bezug auf solche jugendpornographischen Schriften, die sie im Alter von unter achtzehn Jahren mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt haben.

(5) § 184b Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.

 

„Wann liegt Besitz von Kinderpornographie vor?“

Nach der heutigen herrschenden Meinung in der Rechtsprechung liegt der Besitz von Kinderpornographie schon vor, wenn die Datei beim Ansehen im Arbeitsspeicher, im Cache des Computer geladen wird, ein Abspeichern auf dem Computer ist also nicht notwendig,  Der Besitz liegt auch noch vor, wenn die Datei auf dem Computer gelöscht wurde, aber noch wiederherstellbar ist. Sollte jemand Kinderpornographie unverlangt per E-Mail zugesandt bekommen, sollte er diese umgehend löschen, da sonst die Gefahr besteht, dass Besitz angenommen werden könnte.

„Wie kommt es zu Ermittlungen? Wie verfährt die Polizei?“

Nach meiner Erfahrungen mit den entsprechenden Mandaten hatte die Polizei Anbieter von Kinderpornographie im Internet gefunden und dann über Monate überwacht. Im Rahmen dieser oft internationalen Operationen wurden IP-Adressen von Nutzern gesammelt und den nationalen Polizeibehörden ermittelt, welche dann die Eigentümer der IP-Adressen ermittelten. Sobald der Anfangsverdacht des Besitzes von Kinderpornographie vorliegt, informiert die Polizei die Staatsanwaltschaft welche beim Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbefehl beantragt. Mit diesem Durchsuchungsbefehl durchsucht die Polizei dann Wohnungen, bzw. Geschäftsräume der Beschuldigten und beschlagnahmt dabei dann Computer, Festplatten und andere Datenträger. Die Beschuldigten erfahren in der Regel erst durch die Durchsuchung, dass gegen sie ermittelt wird. Die Datenträger werden durch die Polizei untersucht, wobei zur Beschleunigung oft auch Programme wie BKA Hash, bzw. die Fortentwicklung Perkeo eingesetzt werden. Diese Programme haben ein Archiv mit Hash-Werten von bekannten kinderpornographischen Bildern und nehmen nun einen schnellen Abgleich mit den Dateien auf dem Datenträger vor. Wer wissen möchte, was Hash-Werte sind, sollte den entsprechenden Artikel auf Wikipedia durchlesen.

„Verhaltenstipps für die Hausdurchsuchung“

Sie können die Durchsuchung nicht vermeiden und schon gar nicht den Polizisten den Zutritt verwehren. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit erfolgt immer erst im Nachhinein. Geben Sie Ihre Personalien bekannt, aber äußern Sie sich nicht zur Sache. Und vermeiden Sie einen Fehler, die alle meine Mandanten gemacht haben – unterschreiben Sie auf dem Protokoll nichts und schon gar keine Freiwilligkeitsvermerke. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbefehl geben und lassen Sie sich die Aktenzeichen, polizeilichen Vorgangsnummern notieren. Die richtigen Aktenzeichen erleichtern einem Strafverteidiger in der Anfangsphase eines Mandats erheblich die Arbeit.

„Benötige ich einen Strafverteidiger? Kann ich eine Hauptverhandlung vermeiden?“

Bei diesem Vorwurf ist eine Verteidigung in der Regel anzuraten, da hier bei geschickter Verteidigung oft auch noch ein Strafbefehl oder eine Verfahrenseinstellung möglich ist, so dass sich eine öffentliche Hauptverhandlung verhindern lässt. Eine Einlassung in diesem Verfahren sollte immer mit einem Strafverteidiger abgesprochen werden, der auch persönlich Akteneinsicht nimmt.


Samstag 1. Juni 2013


Der Gnadenantrag – Das Gnadengesuch

Gnade ist die letzte Instanz im Justizsystem. Im deutschen Recht gibt es zwar kein Recht auf Gnade, aber das Recht einen Gnadenantrag stellen zu können. Gnadenentscheidungen stehen über dem Recht und können eine rechtskräftig verhängte Entscheidung abändern oder sogar aufheben.

Was können nun Gründe für einen erfolgversprechenden Gnadenantrag sein?

Bekannt sind die Fälle reuevoller Terroristen, die zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt, vom Bundespräsidenten nach Absitzen eines großen Strafteils begnadigt wurden. Dies dürfte aber praxismäßig die absolute Ausnahme im Gnadenverfahren darstellen. In meiner Praxis sind es eher gesundheitliche Probleme, die zu erfolgreichen Gnadenentscheidungen geführt haben.

Ein Mandant war nach langjähriger krimineller Karriere zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. In der Zwischenzeit hatte er eine massive Verschlechterung der Gesundheit erfahren, so dass schon an der Haftfähigkeit zu zweifeln war. Es war nach meiner Ansicht jedenfalls sicher, dass dieser Mandant selbst wenn er wollte, keine Straftaten mehr begehen würde. Hier bot sich ein Gnadenantrag an und so legte ich ihn für meinen Mandanten ein. Die Gnadenstelle ließ das Verfahren in einer faktischen Bewährungsfrist liegen und gewährt dann die beantragte Umwandlung der unbedingten Freiheitsstrafe in eine Bewährungsstrafe.

Was funktioniert nicht?

Ein Jugendlicher war gerade in die Jugendhaftanstalt gekommen und bat mich zu einem Gespräch im Rahmen einer kostenlosen Rechtsberatung. Er wollte einen Gnadenantrag stellen, konnte mir aber keine Gründe nennen. Sein einziger Grund war, dass es ihm in der Jugendhaftanstalt nicht gefiel und sein früherer Anwalt schlechte Arbeit geleistet hatte. Für den zweiten Grund hatte er auch keine wirkliche Begründung und an Reue oder auch nur Einsichtsfähigkeit für das Leiden seiner Opfer fehlte es völlig. Ich konnte ihm keine Hoffnung machen und ärgerte mich, dass er so sinnlos meine Zeit vergeudet hatte.

Auch Anträge von Gruppen scheiden regelmäßig aus, da die Gnadenentscheidung eine Einzelentscheidung ist.

Die Weihnachtsamnestie ist keine Gnadenentscheidung, sondern eine Amnestie für eine Gruppe von Personen mit gleichen Voraussetzungen, wie bald bevorstehender Entlassung, guter Führung, etc.

Wer begnadigt?

Nur in Verfahren auf Bundesebene entscheidet nach § 452 StPO der Bundespräsident, während in allen anderen Sachen das Begnadigungsrecht den Ländern zusteht. In Berlin ist es die Senatsverwaltung für Justiz, Abteilung III C – Gnadenstelle.

Benötigt man einen Strafverteidiger?

Einen Gnadenantrag kann der Verurteilte auch ohne Anwalt stellen, aber nach meiner Erfahrung sind dabei die Gefahren hoch. Obwohl keine Formvorschriften existieren, muss doch die Begründung  mit größter Sorgfalt erfolgen. Manch falsches Wort oder Floskel könnte der Gnadenstelle negativ beeinflussen. Eine anwaltliche Beratung, die vom Verurteilen selbst zu bezahlen ist, stellt eine sinnvolle Geldaufwendung dar.

JVA Moabit - Wachturm, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner - Strafverteidiger, Verteidigung BtM-Drogendelikte, Drogenhandel, Drogenbesitz, Vergewaltigung, Sexuelle Nötigung, Missbrauch

JVA Moabit – Wachturm, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner – Strafverteidiger


Mittwoch 15. Mai 2013


Pflichtverteidiger für Jugendliche – Anwalt für Jugendstrafrecht in Berlin

Auch Jugendliche können einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger haben, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Der Hauptfall ist das Vorliegen eines Verbrechens, wenn das Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr für Erwachsene vorsieht. Das sind zum Beispiel Raub und räuberische Erpressung, als „Abziehen von Kleidung, Handys, etc.“ unter Jugendlichen nicht selten.

Bei Vergehen, wenn eine Strafe von über einem Jahr zu erwarten ist, liegt ebenfalls ein Pflichtverteidigungsfall vor. Ebenso ist dies der Fall, wenn der Fall rechtlich und sachlich schwierig ist, bzw. der Beschuldigte  sich nicht selbst verteidigen kann.

Verteidigung von Jugendlichen, JGG, Jugendstrafe

Kriminalgericht Moabit – Wilsnacker Straße, Copyright Malte Höpfner

In den Fällen, in denen kein Anspruch auf eine Pflichtverteidigung besteht, ist Eltern zu empfehlen trotzdem anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, im Notfall im Rahmen der Beratungshilfe.  Das Jugendstrafrecht enthält ernsthafte Sanktionen vom Arrest bis zur Jugendstrafe und aus erzieherischen Gründen werden manchmal auch höhere Strafen als im Erwachsenenstrafrecht gefordert und verhängt. In einem Fall erlebte ich, dass ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe aus pädagogischen Gründen noch eine Sanktion forderte, obwohl ernste Zweifel an seiner Schuld bestanden. Der JGH-Mitarbeiter hing damals dem Gedanken an, dass der Beschuldigte schon für so viele Straftaten nicht bestraft worden sei, dass man ihn nun zum Ausgleich einmal für eine Straftat bestrafen könnte, die er nicht begangen hatte.  Natürlich kam es in meiner Anwesenheit nicht zu einem solchen Unsinn.


Mittwoch 1. Mai 2013


§ 31 BtMG – Strafmilderung oder Absehen von Strafe (Aufklärungshilfe)

Nach § 31 BtMG kann das Gericht nach seinem Ermessen die Strafe mildern oder in den Fällen des § 29 Abs. 1, 2, 4 oder 6 BtMG ganz von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Die gleichen Vorteile erhält er, wenn er sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle mitgeteilt hat, dass Straftaten nach §§ 29 Abs. 3, 30 Abs. 1, 30a Abs.1, von deren Planung er weiß, noch verhindert werden können.

Durch diesen Paragraphen will der Gesetzgeber den Strafverfolgungsbehörden Informationen verschaffen, da im Bereich der Betäubungsmitteldelikte sonst alle Beteiligten regelmäßig schweigen.

Für den Strafverteidiger stellt sich die Frage, ob er seinem Mandanten zur Aufklärungshilfe raten soll. Zur Aufklärungshilfe bei der Polizei kann man nur abraten, da hier ein Überblick über den Erfolg nicht absehbar ist. Absprachen sollten nur mit Staatsanwaltschaft und Gericht getroffen werden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass § 31 BtMG aus zwei Gründen für Mandanten ausscheidet.

Zum einen befinden sich Mandanten in diesem Deliktsbereich oft in Geschäftsbeziehungen zu Personen, die sie mehr als Polizei und Gefängnis fürchten. Diese Furcht ist in der Regel auch berechtigt, da in Deutschland anders als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten Zeugenschutz nicht funktioniert und in der Ebene darunter Polizei auch keine Schutzzusagen machen kann.

Zum anderen hat die Polizei immer nur einen kleinen Ausschnitt aufgedeckt und es besteht die Gefahr, dass die im Rahmen der Aufklärungshilfe Belasteten nun wieder den Mandanten mit anderen Sachverhalten belasten. Durch diese Spirale wäre die Strafe des Mandanten trotz Aufklärungshilfe am Ende höher, als wenn er von Anfang an geschwiegen hätte.

Es empfiehlt sich für jeden Beschuldigten die Hilfe eines Strafverteidigers in Anspruch zu nehmen und im Rahmen der Akteneinsicht zu prüfen, ob die Aufklärungshilfe des § 31 BtMG im konkreten Fall für ihn Vorteile oder Nachteile bringt. Dies lässt sich nur nach Akteneinsicht und intensiven Besprechungen mit dem Mandanten klären.


Montag 15. April 2013


Kooperation mit Kollegen in verschiedenen Rechtsgebieten

Vor einem Jahrhundert war das Ideal des Rechtsanwaltes noch der Wald- und Wiesenanwalt, bzw. der Alleskönner, während heute die Spezialisierung immer weiter voranschreitet. Neben Fachanwaltschaften haben sich weitere Spezialisierungen herausgebildet, von Anwälten für Internetrecht, über das Pferderecht bis zu Rechtsanwälten, die sich auf die Beratung im Erotikgewerbe spezialisiert haben.

Während den Rechtswissenschaftlern 1900 bei der Schaffung des BGB für einen Paragraphen noch 3 – 5 Zeilen ausreichten, umfassen die neueren BGB-Paragraphen ebenso viele Seiten. Im Arbeitsrecht ist ein guter Teil der Paragraphen verfassungswidrig, europarechtswidrig und teilweise durch die Rechtsprechung vollkommen überarbeitet worden. Wegen der fehlenden Normenklarheit dank eines unfähigen und faulen Gesetzgebers haben schon unspezialisierte Rechtsanwälte Probleme mit dem Verständnis des Arbeitsrechts. Die Ergänzungsliteratur zum deutschen Steuerrecht stellt 2/3 des Weltbestandes an Steuerliteratur.

In meinem Fachgebiet des Strafrechts kommt es weniger auf die reinen Straftatbestände als auf eine richtige Sachverhaltsfeststellung und eine profunde Kenntnis des Strafprozessrechts an. Ein Strafverteidiger sollte neben den juristischen Kenntnissen, Wissen zur Aussagepsychologie erworben haben und gleichzeitig die Entwicklung der Wissenschaft in Hinblick auf Blutuntersuchungen, Psychiatrie, Neurologie, Suchtforschung und selbst ein Forschungsgebiet wie die Bemerkbarkeit von Autounfällen im Blick behalten.

Während ich in meinem Tätigkeitsschwerpunkt Strafrecht durch Fortbildungen auf dem neuesten Stand gehalten werde, kooperiere ich bei Anfragen zu anderen Rechtsgebieten mit Kollegen, und empfehle diese gerne bei Anfragen weiter.

Im Laufe der Jahre habe ich verschiedene Kollegen kennen gelernt, die ebenfalls auf ihre jeweiligen Rechtsgebiete fokussiert sind.

Im Familienrecht kann ich drei Kollegen in Berlin-Karow, Berlin-Weißensee und Berlin-Mitte empfehlen. Im Ausländerrecht und Sozialrecht habe ich einen guten Bekannten in Berlin-Mitte, während ich einen Kollegen ebenfalls in Berlin-Mitte immer gern bei Anfragen zur Abwehr von urheberrechtlichen Abmahnungen und Unterlassungserklärungen weiterempfehle. Einen Kollegen mit zwei Standorten in Berlin-Moabit und Berlin-Prenzlauer Berg zum Sozialrecht schätze ich ebenfalls.

Da ein Verteidiger im Strafrecht zur Vermeidung eines Interessenkonfliktes nur einen Angeklagten verteidigen kann, wird es manchmal notwendig bei mehreren Beschuldigten noch andere im Strafrecht tätige Kollegen zu organisieren. Die Einschaltung von Kollegen wird auch notwendig, wenn der Beschuldigte anstelle eines einzelnen Strafverteidigers ein Team wünscht. Auch in diesen Fällen bin ich in der Lage mit Hilfe eines in Jahren aufgebauten Netzwerkes entsprechend qualifizierte Kollegen zu empfehlen.


Freitag 1. März 2013


JVA Heidering – Berlins modernstes Gefängnis

Sechshundertachtundvierzig Haftplätze entstehen neu in der Justizvollzugsanstalt. Die JVA Heidering soll die veralteten Teilanstalten 1 und 3 in Tegel ersetzen und das Gefängnis Lehrter Straße in Moabit, einer Außenstelle der JVA Plötzensee.

Die JVA Heidering liegt zwar auf dem Gebiet des Bundeslandes Brandenburg, durch einen Staatsvertrag zwischen den beiden Ländern wird in der Berliner Anstalt Berliner Vollzugsrecht gelten und wird Berliner Personal zum Einsatz kommen.

 

JVA Heidering Wohngebäude, Verteidigung - Fachanwalt für Strafrecht - Sexualstrafrecht, Jugendstrafrecht - Copyright Malte Höpfner

JVA Heidering Wohngebäude, Verteidigung – Fachanwalt für Strafrecht – Copyright Malte Höpfner

Einer der wenigen Kritikpunkte an der Anstalt ist dann aber auch die Lage in der Nähe eines Industriegebiets in Großbeeren im Landkreis Teltow-Fläming. Ob es sich um Besucher oder Rechtsanwälte handelt, die Erreichbarkeit kann man gelinde als äußerst schlecht bezeichnen. Zehn Kilometer von der Berliner Stadtgrenze entfernt, wird man die Haftanstalt nur mit einem selten fahrenden Bus erreichen, wenn man auf den ÖPNV beschränkt ist. Da die Besucher von Strafgefangenen eher selten wohlhabende Personen mit eigenem PKW sind, wird man wohl sagen dürfen, dass die Lage ein ernsthaftes Hindernis für eine Resozialisierung der Gefangenen ist. Zur Resozialisierung gehört auch das Ermöglichen von Besuch, da eine Familie in den meisten Fällen immer einen stabilisierenden Faktor im Leben eines Gefangenen bedeutet.

In der Presse und verschiedenen Internetmedien werden immer die großen Fensterfronten erwähnt, die Vollzugsmagistrale, in der sich Gefangene ohne Begleitung bewegen dürfen.  Mit ein wenig Erfahrung und Interesse weiß man, dass es dabei nicht um eine Verhätschelung der Gefangenen geht, sondern um glasklare Sicherheitserwägungen und um die Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Glasfronten und die hellen Gänge ermöglichen zum einen eine bessere Kontrolle als die eher engen Gänge in den alten Gebäuden der JVA Tegel.  Zum anderen gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, dass es zu weniger Auseinandersetzungen kommt je mehr Tageslicht in eine Anstalt geleitet wird. Aber auch die Resozialisierung der Gefangenen wird durch eine moderne JVA einen Schub erfahren. Für die Unbelehrbaren auf beiden Seiten kann ich aus meiner Erfahrung berichten, dass selbst in einer modernen Anstalt man eine Strafe nicht „auf einer Arschbacke“ absitzt oder Gefangene verwöhnt werden. Das entscheidende Merkmal einer JVA des geschlossenen Vollzuges ist die Beschränkung der Gefangenen auf die Anstalt. Wenn sich die Tore geschlossen haben, öffnen sie sich nicht so bald wieder. Ich habe einige Leute kennengelernt, die mir vorher erzählt haben, dass sie „keine Angst vor dem Knast haben“ oder sich „auf die Ruhe freuen“. Wenn wir uns wiedersahen, erzählte mir keiner mehr diesen Unsinn. Selbst die meisten Strafverteidiger haben auch nach Jahren der Tätigkeit immer noch ein Gefühl der Beklommenheit, wenn sich die Tore hinter uns schließen. Dabei wissen wir, dass wir nach einer Mandantenbesprechung  das Gefängnis wieder verlassen können. Einen etwas echteren Eindruck erhält man als Strafverteidiger, wenn man im Fall von Alarmen oder auch bei Schichtwechseln mal etwas länger warten muss.

Architektonisch gehört die von dem Grazer Architekten Josef Hohensinn geplante JVA Heidering zu einer neuen Generation von Gefängnissen in Europa, die nach dem Jahr 2000 entstanden. Dafür steht das vom gleichen Architekten entworfene Justizzentrum Leoben. In Leoben und in einem Schweizer Gefängnis wurde gezeigt, dass die neue Gefängnisgeneration sowohl bei der Sicherheit als auch bei der Resozialisierung Vorteile brachte.

Ebenso wichtig wie der eigentliche Gefängnisbau sind für die Resozialisierung von Gefangenen die Beschäftigungsmöglichkeiten in Gefängnisbetrieben und die Möglichkeiten Schulabschlüsse nachzuholen oder Ausbildungen zu absolvieren. Hier steht für die JVA Heidering die Bewährungsprobe noch aus, nachdem die sonst veraltete und teilweise auch vergammelte JVA Tegel seit Jahrzehnten in diesem Bereich eine Vorbildfunktion im deutschen Strafvollzug gehabt hatte.

Wegen des kurzen Weges werde ich als Berliner Strafverteidiger aber weiterhin die alte Untersuchungshaftanstalt Moabit als meinen Favoriten betrachten. Hier kann man von der Anwaltsschleuse im Kriminalgericht direkt seine Mandanten in der JVA besuchen.


Freitag 15. Februar 2013


Ablauf einer Verhandlung vor dem Strafgericht

Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf zur Sache. Dabei werden alle Beteiligten aufgefordert in den Gerichtssaal zu kommen. Auch die Zuhörer dürfen jetzt Platz nehmen. Das Gericht stellt nun die Anwesenheit des Angeklagten und etwaiger Zeugen fest. Anschließend werden die Zeugen zur Wahrheitspflicht belehrt und dann bis zu ihrer Vernehmung wieder aus dem Saal geschickt.

Das Gericht stellt nun die Personalien des Angeklagten fest. Ob der Angeklagte auch zu seinem Einkommen Angaben machen will, ist ihm dabei überlassen. Manche Richter verbinden die Personalien auch mit einer Befragung zur Person, während andere Richter die Fragen zur Person und den persönlichen Verhältnissen erst stellen, wenn sie die Fragen zur Tat abgeschlossen haben.

Nun verliest der Staatsanwalt, bzw. der Amtsanwalt die Anklage. Der Angeklagte darf nun Stellung nehmen und wird damit zur Sache vernommen. Der Angeklagte kann auch eine Aussage verweigern, und darf sogar lügen, solange er damit nicht andere falsch belastet.

Die Einlassung des Angeklagten ist ein Beweismittel in der Beweisaufnahme, andere sind Zeugenaussagen, Sachverständige, Urkunden und in Inaugenscheinnahme. Zeugen dürfen bei ihrer Frage erst allgemein Stellung nehmen, bevor dann Richter, Staatsanwalt, Nebenkläger, Verteidiger und der Angeklagte sie befragen.

Sobald die Beweisaufnahme beendet wurde, halten Staatsanwalt, Nebenkläger und Verteidiger ihre Plädoyers, bewerten das Ergebnis der Beweisaufnahme aus ihrer Sicht und stellen dann die Anträge auf Bestrafung oder Freispruch des Angeklagten.

Der Angeklagte selbst hat das letzte Wort. Er kann sich umfassend äußern, darf auch schweigen oder sich den Worten seines Verteidigers anschließen.

Das Gericht zieht sich dann zur Urteilsfindung in das Beratungszimmer zurück. Wenn das Gericht in den Sitzungssaal zurückkehrt, wird das Urteil durch das Gericht verkündet und begründet, bevor die Rechtsmittelbelehrung erfolgt.

Diese Darstellung ist eine Vereinfachung und berücksichtigt unter anderem keine Rechtsmittelverfahren, Einspruchsverhandlungen oder Jugendgerichtsverfahren, sowie Stuhlurteile.

Ich empfehle auch bei vermeintlich kleinen Delikten zumindest eine anwaltliche Beratung, um vermeidbare Fehler in der Gerichtsverhandlung zu vermeiden. Leider stellen die Gerichtsshows im Fernsehen meist ein unrealistisches Bild dar.

Kriminalgericht Berlin-Moabit Eingang Turmstraße 91

 


Freitag 1. Februar 2013


Der Deal, bzw. die Verständigung im Strafprozess

Als ein Deal, eine Verständigung im Strafverfahren, wird eine Absprache zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Angeklagten, bzw. seinem Verteidiger, bezeichnet, bei dem die Rechtsfolgen einer Verurteilung abgestimmt werden.

Durch das vereinbarte Geständnis sparen Staatsanwaltschaft und Gericht Zeit und Aufwand, während der Angeklagte eine erhebliche Strafmilderung erhält und auch eine nicht zu unterschätzende Sicherheit über den Verfahrensausgang. Auch Zeugen und Opfer profitieren von Einigungen, wenn sie nicht mehr einer belastenden, langwierigen Vernehmung ausgesetzt werden.

Allen ideologischen Vorurteilen zum Trotz stelle ich an dieser Stelle fest, dass es den Deal im Strafprozess sicherlich auch schon zu Zeiten des Königlich Bayerischen Amtsgerichts gab. Sofern sich die Absprache darauf beschränkt, dass für eine Verfahrensverkürzung ein Strafrabatt gewährt wird, spricht aus Sicht eines Verteidigers auch nicht viel gegen einen Deal. Solange die Justiz das ungeliebte Stiefkind einer Regierung ist, haben chronisch überlastete Richter ein Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung. Die Verständigung im Strafprozessrecht erscheint dabei noch das dem Rechtsstaat am meisten entsprechende Mittel, während Politiker sonst gerne Schnellgerichte, die Abschaffung von Unschuldsvermutung und unabhängiger Justiz fordern.

Der Deal wird juristisch korrekt als Verständigung im Strafverfahren bezeichnet. Während in den meisten anderen Verfahrensarten im Idealfall ein Vergleich geschlossen werden soll, ist das Strafrecht im Prinzip vergleichsfeindlich ausgestaltet. Im Gegensatz zu biblischen oder islamischen Traditionen findet kein Handel um Blutgeld und Entschädigungen statt. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet die Wahrheit aufzuklären.

Der Bundesgerichtshof und dann auch der Gesetzgeber mussten sich aber der Realität stellen und erkennen, dass in den unteren Instanzen eine Verständigung zwischen den Parteien eben doch einen Regelfall darstellt. Der Bundesgerichtshof stellte nach dieser Erkenntnis nun selbst Regeln für die Verständigung im Strafprozess auf, welche der Bundesgesetzgeber dann übernahm und im Paragraphen 257c StPO in Gesetzesform gegossen hat.

Danach ist ein Deal nur zulässig, wenn das Gericht seiner Aufklärungspflicht grundsätzlich nachgekommen ist und nur noch der Strafausspruch zur Erörterung gestellt wird. Vom Angeklagten dürfen keine verfahrensfremden Leistungen verlangt werden und er darf nicht zu einem Rechtsmittelverzicht verpflichtet werden.

Für den Verteidiger ist der Deal ein zweischneidiges Schwert. Bei einem Mandanten, der sich gegenüber seinem Verteidiger für schuldig erklärt und gegen den auch die Beweislage klar ist, ist die Verständigung eine gute Methode um die Strafe zu reduzieren. Bei einem Mandanten, der sich als unschuldig bezeichnet und bei unklarer Beweislage, wird der Anwalt über die Risiken und Chancen der jeweiligen Vorgehensweise aufklären müssen, aber die letztendliche Entscheidung muss der Mandant treffen. Als Verteidiger gerät man hier in die Gefahr, aus dem Primat des sichersten Weges heraus, den wirklich unschuldigen Angeklagten zur Annahme des Deals zu drängen. Ebenso könnte aber beim leugnenden Mandanten am Ende des Prozesses die Beweislage doch gegen ihn sprechen und dann hätte er die Chance der strafmildernden Verständigung verpasst. Die letztendliche Entscheidung über die Annahme eines Deals oder das Ablehnen desselben, wird also der Angeklagte  treffen müssen, immerhin ist er auch der Einzige, der die Wahrheit kennt.

(Nach der neuesten Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ist die bisherige Handhabung des Deals in weiten Teilen verfassungswidrig. Über neue Regelungen gibt es erhebliche Zweifel und manche Richter verweigern mit Verweis auf Karlsruhe jegliche Überlegungen zu einer Verständigung. Zu gegebener Zeit werde ich dies in einem weiteren Artikel darlegen.)

 


Dienstag 15. Januar 2013


Wenn es mal schnell gehen muss – Verteidiger im Jugendstrafrecht

In Berlin gibt es für weibliche Jugendliche keine eigene Haftanstalt, sie werden in der Haftanstalt der Frauen in Berlin-Lichtenberg untergebracht. Ich halte diese Regelung aus sozialpädagogischen Gründen für schlecht und war daher auch nicht besonders glücklich als ich einer zur Tatzeit 14-Jährigen als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, die gerade festgenommen worden war. Es war ein Donnerstag und ich kontaktierte noch am selben Tag den zuständigen Richter. Da die Festgenommene schon mehr als eine Hauptverhandlung versäumt hatte, war der Richter leider, aber verständlich, nicht zur Aussetzung des Haftbefehls bereit. Um meine Mandantin trotzdem schnell aus dem Gefängnis zu bekommen, vereinbarte ich mit ihm einen schnellen Verhandlungstermin. Er selbst wollte in der Mitte der nächsten Woche in den Urlaub fliegen, und wir konnten uns mit Mühe auf den Montag einigen. Ich war bereit im Interesse meiner Mandantin auf Ladungsfristen zu verzichten und nahm sofort Kontakt mit der zuständigen Jugendgerichtshilfe (JGH) auf. Diesmal hatte ich Glück und geriet an einen sehr guten, hochkompetenten Beamten, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet hatte. Er suchte nach seinem regulären Feierabend noch am Freitag die Jugendliche im Gefängnis auf, um seinen Bericht und einen Hilfeplan für das Gericht zu fertigen.

Um die Hauptverhandlung vorzubereiten, aber auch um ein wenig Trost zu spenden, vereinbarte ich mit der Anstaltsleitung, dass ausnahmsweise eine Anwaltssprechzelle auch am Sonnabend zur Verfügung gestellt wurde. Damit auch wirklich nichts mehr schiefging, informierte ich zur Sicherheit direkt die JVA über die Hauptverhandlung und die Notwendigkeit des Gefangenentransports zum Termin. Den Rest des Sonnabends verbrachte ich damit die Akte durchzuarbeiten und die Verhandlung vorzubereiten.

Am Montag im Gerichtssaal hatte sich alles zum Guten gewandt. Der Hilfeplan der Jugendgerichtshilfe stellte sicher, dass die Mandantin auf einen richtigen Weg geschickt wurde und der kurze Aufenthalt im Gefängnis und unseren intensiven Gespräche hatten dafür gesorgt, dass das Gericht davon ausgehen konnte, dass die Mandantin nun alle ihre Termine wahrnehmen würde.  So konnte das Gericht auf einen weiteren Freiheitsentzug verzichten und sich mit dem Hilfeplan der JGH für einverstanden erklären.

Im Nachgang erfuhr ich, dass sich der Einsatz gelohnt hatte und die Mandantin auf dem rechten Weg war.  Ein längerer Aufenthalt in der JVA Lichtenberg hätte nach meiner Einschätzung sicher keine positive Wirkung gehabt, da man in diesen Einrichtungen als Jugendliche leider auch von den Falschen lernen kann. Dies ist umso mehr der Fall, da die JVA Lichtenberg eigentlich nicht auf Jugendliche eingestellt ist.

Als Strafverteidiger von Jugendlichen hatte ich hier aber auch mehrfach Glück, zum einen den guten Kontakt zum entscheidenden Richter zu pflegen, zum anderen mit dem zuständigen JGH-Beamten schon in anderen Verfahren erfolgreich zusammengearbeitet zu haben und das Entgegenkommen der JVA-Leitung.

Von Donnerstag zu Montag, das war für mich das kürzeste vollständige Verfahren in meiner bisherigen Praxis. Der Arbeitsaufwand konnte sich aber mit drei Gefangenenbesuchen und langen Telefonaten aber mit jedem normalen Verfahren messen.