Dienstag 15. Januar 2013



Wenn es mal schnell gehen muss – Verteidiger im Jugendstrafrecht

In Berlin gibt es für weibliche Jugendliche keine eigene Haftanstalt, sie werden in der Haftanstalt der Frauen in Berlin-Lichtenberg untergebracht. Ich halte diese Regelung aus sozialpädagogischen Gründen für schlecht und war daher auch nicht besonders glücklich als ich einer zur Tatzeit 14-Jährigen als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, die gerade festgenommen worden war. Es war ein Donnerstag und ich kontaktierte noch am selben Tag den zuständigen Richter. Da die Festgenommene schon mehr als eine Hauptverhandlung versäumt hatte, war der Richter leider, aber verständlich, nicht zur Aussetzung des Haftbefehls bereit. Um meine Mandantin trotzdem schnell aus dem Gefängnis zu bekommen, vereinbarte ich mit ihm einen schnellen Verhandlungstermin. Er selbst wollte in der Mitte der nächsten Woche in den Urlaub fliegen, und wir konnten uns mit Mühe auf den Montag einigen. Ich war bereit im Interesse meiner Mandantin auf Ladungsfristen zu verzichten und nahm sofort Kontakt mit der zuständigen Jugendgerichtshilfe (JGH) auf. Diesmal hatte ich Glück und geriet an einen sehr guten, hochkompetenten Beamten, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet hatte. Er suchte nach seinem regulären Feierabend noch am Freitag die Jugendliche im Gefängnis auf, um seinen Bericht und einen Hilfeplan für das Gericht zu fertigen.

Um die Hauptverhandlung vorzubereiten, aber auch um ein wenig Trost zu spenden, vereinbarte ich mit der Anstaltsleitung, dass ausnahmsweise eine Anwaltssprechzelle auch am Sonnabend zur Verfügung gestellt wurde. Damit auch wirklich nichts mehr schiefging, informierte ich zur Sicherheit direkt die JVA über die Hauptverhandlung und die Notwendigkeit des Gefangenentransports zum Termin. Den Rest des Sonnabends verbrachte ich damit die Akte durchzuarbeiten und die Verhandlung vorzubereiten.

Am Montag im Gerichtssaal hatte sich alles zum Guten gewandt. Der Hilfeplan der Jugendgerichtshilfe stellte sicher, dass die Mandantin auf einen richtigen Weg geschickt wurde und der kurze Aufenthalt im Gefängnis und unseren intensiven Gespräche hatten dafür gesorgt, dass das Gericht davon ausgehen konnte, dass die Mandantin nun alle ihre Termine wahrnehmen würde.  So konnte das Gericht auf einen weiteren Freiheitsentzug verzichten und sich mit dem Hilfeplan der JGH für einverstanden erklären.

Im Nachgang erfuhr ich, dass sich der Einsatz gelohnt hatte und die Mandantin auf dem rechten Weg war.  Ein längerer Aufenthalt in der JVA Lichtenberg hätte nach meiner Einschätzung sicher keine positive Wirkung gehabt, da man in diesen Einrichtungen als Jugendliche leider auch von den Falschen lernen kann. Dies ist umso mehr der Fall, da die JVA Lichtenberg eigentlich nicht auf Jugendliche eingestellt ist.

Als Strafverteidiger von Jugendlichen hatte ich hier aber auch mehrfach Glück, zum einen den guten Kontakt zum entscheidenden Richter zu pflegen, zum anderen mit dem zuständigen JGH-Beamten schon in anderen Verfahren erfolgreich zusammengearbeitet zu haben und das Entgegenkommen der JVA-Leitung.

Von Donnerstag zu Montag, das war für mich das kürzeste vollständige Verfahren in meiner bisherigen Praxis. Der Arbeitsaufwand konnte sich aber mit drei Gefangenenbesuchen und langen Telefonaten aber mit jedem normalen Verfahren messen.