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Mittwoch 15. Mai 2013


Pflichtverteidiger für Jugendliche – Anwalt für Jugendstrafrecht in Berlin

Auch Jugendliche können einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger haben, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Der Hauptfall ist das Vorliegen eines Verbrechens, wenn das Gesetz eine Mindeststrafe von einem Jahr für Erwachsene vorsieht. Das sind zum Beispiel Raub und räuberische Erpressung, als „Abziehen von Kleidung, Handys, etc.“ unter Jugendlichen nicht selten.

Bei Vergehen, wenn eine Strafe von über einem Jahr zu erwarten ist, liegt ebenfalls ein Pflichtverteidigungsfall vor. Ebenso ist dies der Fall, wenn der Fall rechtlich und sachlich schwierig ist, bzw. der Beschuldigte  sich nicht selbst verteidigen kann.

Verteidigung von Jugendlichen, JGG, Jugendstrafe

Kriminalgericht Moabit – Wilsnacker Straße, Copyright Malte Höpfner

In den Fällen, in denen kein Anspruch auf eine Pflichtverteidigung besteht, ist Eltern zu empfehlen trotzdem anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, im Notfall im Rahmen der Beratungshilfe.  Das Jugendstrafrecht enthält ernsthafte Sanktionen vom Arrest bis zur Jugendstrafe und aus erzieherischen Gründen werden manchmal auch höhere Strafen als im Erwachsenenstrafrecht gefordert und verhängt. In einem Fall erlebte ich, dass ein Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe aus pädagogischen Gründen noch eine Sanktion forderte, obwohl ernste Zweifel an seiner Schuld bestanden. Der JGH-Mitarbeiter hing damals dem Gedanken an, dass der Beschuldigte schon für so viele Straftaten nicht bestraft worden sei, dass man ihn nun zum Ausgleich einmal für eine Straftat bestrafen könnte, die er nicht begangen hatte.  Natürlich kam es in meiner Anwesenheit nicht zu einem solchen Unsinn.


Mittwoch 1. Mai 2013


§ 31 BtMG – Strafmilderung oder Absehen von Strafe (Aufklärungshilfe)

Nach § 31 BtMG kann das Gericht nach seinem Ermessen die Strafe mildern oder in den Fällen des § 29 Abs. 1, 2, 4 oder 6 BtMG ganz von einer Bestrafung absehen, wenn der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Beitrag hinaus aufgedeckt werden konnte. Die gleichen Vorteile erhält er, wenn er sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle mitgeteilt hat, dass Straftaten nach §§ 29 Abs. 3, 30 Abs. 1, 30a Abs.1, von deren Planung er weiß, noch verhindert werden können.

Durch diesen Paragraphen will der Gesetzgeber den Strafverfolgungsbehörden Informationen verschaffen, da im Bereich der Betäubungsmitteldelikte sonst alle Beteiligten regelmäßig schweigen.

Für den Strafverteidiger stellt sich die Frage, ob er seinem Mandanten zur Aufklärungshilfe raten soll. Zur Aufklärungshilfe bei der Polizei kann man nur abraten, da hier ein Überblick über den Erfolg nicht absehbar ist. Absprachen sollten nur mit Staatsanwaltschaft und Gericht getroffen werden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass § 31 BtMG aus zwei Gründen für Mandanten ausscheidet.

Zum einen befinden sich Mandanten in diesem Deliktsbereich oft in Geschäftsbeziehungen zu Personen, die sie mehr als Polizei und Gefängnis fürchten. Diese Furcht ist in der Regel auch berechtigt, da in Deutschland anders als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten Zeugenschutz nicht funktioniert und in der Ebene darunter Polizei auch keine Schutzzusagen machen kann.

Zum anderen hat die Polizei immer nur einen kleinen Ausschnitt aufgedeckt und es besteht die Gefahr, dass die im Rahmen der Aufklärungshilfe Belasteten nun wieder den Mandanten mit anderen Sachverhalten belasten. Durch diese Spirale wäre die Strafe des Mandanten trotz Aufklärungshilfe am Ende höher, als wenn er von Anfang an geschwiegen hätte.

Es empfiehlt sich für jeden Beschuldigten die Hilfe eines Strafverteidigers in Anspruch zu nehmen und im Rahmen der Akteneinsicht zu prüfen, ob die Aufklärungshilfe des § 31 BtMG im konkreten Fall für ihn Vorteile oder Nachteile bringt. Dies lässt sich nur nach Akteneinsicht und intensiven Besprechungen mit dem Mandanten klären.


Dienstag 15. Januar 2013


Wenn es mal schnell gehen muss – Verteidiger im Jugendstrafrecht

In Berlin gibt es für weibliche Jugendliche keine eigene Haftanstalt, sie werden in der Haftanstalt der Frauen in Berlin-Lichtenberg untergebracht. Ich halte diese Regelung aus sozialpädagogischen Gründen für schlecht und war daher auch nicht besonders glücklich als ich einer zur Tatzeit 14-Jährigen als Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, die gerade festgenommen worden war. Es war ein Donnerstag und ich kontaktierte noch am selben Tag den zuständigen Richter. Da die Festgenommene schon mehr als eine Hauptverhandlung versäumt hatte, war der Richter leider, aber verständlich, nicht zur Aussetzung des Haftbefehls bereit. Um meine Mandantin trotzdem schnell aus dem Gefängnis zu bekommen, vereinbarte ich mit ihm einen schnellen Verhandlungstermin. Er selbst wollte in der Mitte der nächsten Woche in den Urlaub fliegen, und wir konnten uns mit Mühe auf den Montag einigen. Ich war bereit im Interesse meiner Mandantin auf Ladungsfristen zu verzichten und nahm sofort Kontakt mit der zuständigen Jugendgerichtshilfe (JGH) auf. Diesmal hatte ich Glück und geriet an einen sehr guten, hochkompetenten Beamten, mit dem ich schon öfter zusammengearbeitet hatte. Er suchte nach seinem regulären Feierabend noch am Freitag die Jugendliche im Gefängnis auf, um seinen Bericht und einen Hilfeplan für das Gericht zu fertigen.

Um die Hauptverhandlung vorzubereiten, aber auch um ein wenig Trost zu spenden, vereinbarte ich mit der Anstaltsleitung, dass ausnahmsweise eine Anwaltssprechzelle auch am Sonnabend zur Verfügung gestellt wurde. Damit auch wirklich nichts mehr schiefging, informierte ich zur Sicherheit direkt die JVA über die Hauptverhandlung und die Notwendigkeit des Gefangenentransports zum Termin. Den Rest des Sonnabends verbrachte ich damit die Akte durchzuarbeiten und die Verhandlung vorzubereiten.

Am Montag im Gerichtssaal hatte sich alles zum Guten gewandt. Der Hilfeplan der Jugendgerichtshilfe stellte sicher, dass die Mandantin auf einen richtigen Weg geschickt wurde und der kurze Aufenthalt im Gefängnis und unseren intensiven Gespräche hatten dafür gesorgt, dass das Gericht davon ausgehen konnte, dass die Mandantin nun alle ihre Termine wahrnehmen würde.  So konnte das Gericht auf einen weiteren Freiheitsentzug verzichten und sich mit dem Hilfeplan der JGH für einverstanden erklären.

Im Nachgang erfuhr ich, dass sich der Einsatz gelohnt hatte und die Mandantin auf dem rechten Weg war.  Ein längerer Aufenthalt in der JVA Lichtenberg hätte nach meiner Einschätzung sicher keine positive Wirkung gehabt, da man in diesen Einrichtungen als Jugendliche leider auch von den Falschen lernen kann. Dies ist umso mehr der Fall, da die JVA Lichtenberg eigentlich nicht auf Jugendliche eingestellt ist.

Als Strafverteidiger von Jugendlichen hatte ich hier aber auch mehrfach Glück, zum einen den guten Kontakt zum entscheidenden Richter zu pflegen, zum anderen mit dem zuständigen JGH-Beamten schon in anderen Verfahren erfolgreich zusammengearbeitet zu haben und das Entgegenkommen der JVA-Leitung.

Von Donnerstag zu Montag, das war für mich das kürzeste vollständige Verfahren in meiner bisherigen Praxis. Der Arbeitsaufwand konnte sich aber mit drei Gefangenenbesuchen und langen Telefonaten aber mit jedem normalen Verfahren messen.


Montag 15. Oktober 2012


Das letzte Wort des Angeklagten

Nach dem Plädoyer von Anklage und Verteidigung hat der Angeklagte das letzte Wort.

Für den Angeklagten stellt das letzte Wort eine Chance, aber auch eine Gefahr dar. Der schuldige Angeklagte kann vielleicht mit ehrlicher Reue noch einmal überzeugen und bei der Strafzumessung Pluspunkte sammeln. Der leugnende Angeklagte kann wiederum mit den falschen Worten beim letzten Wort den schon sicher geglaubten Freispruch einbüßen. Wenn man erfolgreich geleugnet hat und die Beweise für eine Verurteilung sonst nicht ausreichen, dann liefert der Angeklagte mit dem Satz, „Die Tat tut mir leid.“, den einzigen, aber völlig ausreichenden Beweis für eine Verurteilung.

Ich hatte in einer Verhandlung wegen Drogen im Gefängnis eine äußerst milde Ersttäterbestrafung mit dem Richter ausgehandelt, welche der Angeklagte mit seinem letzten Wort, „Ich rauche nicht oft und nur sehr wenig.“, erfolgreich torpedierte. Zur Erklärung ist noch hinzuzufügen, dass es bei Drogenbesitz in den Justizvollzugsanstalten keine Einstellung wegen geringfügiger Menge gibt.

Ein Kollege vertrat einen Mandanten wegen eines Propagandadelikts und hatte schon einen Freispruch sicher, da die Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichten. Der Angeklagte übernahm dann aber die Arbeit für die Staatsanwaltschaft, als er im letzen Wort ausgiebig zum Zeigen des deutschen Grußes in der Öffentlichkeit Stellung nahm und diesen rechtfertigte. Der Kollege musste durch seinen Mandanten zweifach leiden. Zum einen kam es nicht zum sicher geglaubten Erfolg, zum anderen verstauchte er sich den Fuß, als er versuchte gegen den Stuhl seines Mandanten zu treten und nicht mitbekommen hatte, dass der Tisch nach vorn nicht offen war.

Ein verteidigter Angeklagter kann sich eigentlich immer auf den Satz zurückziehen, „Ich schließe mich den Worten meines Verteidigers an.“ Wenn ein Mandant nicht in der Lage ist, die Chance des letzten Wortes positiv zu nutzen, dann ist diese Allgemeinformulierung auf jeden Fall besser als nur zu schweigen.

In der Vorbereitung auf jede Hauptverhandlung bespreche ich auch ausgiebig das letzte Wort mit dem jeweiligen Mandanten. Denn aus meiner Sicht kann auch das scheinbar unbedeutende letzte Wort noch etwas bewegen und stellt einen Teil der umfangreichen Konstruktion dar, auf welcher ein Erfolg aufgebaut ist.

Manchmal kann man auch als Verteidiger nur noch die Augen schließen und darauf hoffen, dass es zu Ende geht. Ein Mandant ignorierte alle eindringlichen Ratschläge zu schweigen oder sich meinen Worten anzuschließen und forderte die Richterin auf ihren Männerhass zu überwinden und ihn endlich freizulassen. Nicht besonders hilfreich waren auch seine Überlegungen, dass er stehlen müsse, um an der Gesellschaft Vergeltung zu üben. Er sprach weiter, dass man die „ollen Bullen“ gar nicht beleidigen könne und ich beschloss diesen Artikel zu schreiben.


Samstag 1. September 2012


Beratungshilfe im Strafrecht

Für mittellose Personen  gibt es auch im Strafrecht die Möglichkeit sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dies geschieht auf Grundlage der Beratungshilfe.

Wegen des nicht honorierten hohen zeitlichen Aufwandes und politisch gewollt pingeligen Gerichten lehnen die meisten Anwälte eine Beantragung von Beratungshilfe ab und beraten nur, wenn ein Beratungshilfeschein vom Gericht mitgebracht wird. Dafür muss der zukünftige Mandant mit Einkommensbelegen wie zum Beispiel dem Hartz-IV-Bescheid; dann dem Mietvertrag und den Kontoauszügen der letzten 3 Monate zu seinem lokal zuständigen Amtsgericht gehen und einen Beratungshilfeschein beantragen. Auch wenn am zentralen Berliner Kriminalgericht, dem Amtsgericht Tiergarten eine Tat angeklagt ist, so ist für den Beratungshilfeschein das lokale Amtsgericht zuständig. Die meisten Amtsgerichte bestehen dann auch noch auf einen Nachweis des Beratungsbedarfs wie einem  Schreiben von der Justiz oder der Polizei, zum Beispiel eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung oder eine Anklage.

Mit Beratungshilfeschein und 15 Euro kann man dann zum Anwalt gehen und um eine Beratung bitten, zu welcher Rechtsanwälte auch verpflichtet sind. Im Strafrecht gibt es eine Einschränkung zum Zivilrecht, da hier keine Tätigkeit durch die Beratungshilfe bezahlt wird, sondern ausschließlich die Beratung. Das Abfassen eines Einspruchsschreibens oder eine Schutzschrift werden also durch die Beratungshilfe nicht bezahlt.

Da als Beratungshilfe nur 35,00 € zzgl. Mehrwertsteuer gezahlt werden, sind für die meisten Kanzleien Beratungshilfemandate Verlustgeschäfte, da die Bürokosten schon höher sind. Mehr als einen einstelligen Stundenlohn wird kein Strafverteidiger auch bei einer sehr niedrigen Kostenstruktur mit einem Beratungshilfemandat verdienen können.

Da wo die Politik versagt, leistet die Anwaltschaft mit ihrer Opferbereitschaft Nothilfe am erkrankten Rechtsstaat. Deshalb sind auch Mandanten mit einem Beratungshilfeschein in meiner Kanzlei willkommen und ich bemühe mich um die bestmögliche Beratung für Sie im Rahmen der Beratungshilfe.


Mittwoch 1. August 2012


Vergütung nach gesetzlichen Gebühren

Bei jeder Verteidigung fällt die Grundgebühr an. Sofern im Ermittlungsverfahren verteidigt wird, kommen dazu die Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren und eventuelle Terminsgebühren für die Teilnahme an Vernehmungen, Verhandlungen, etc.

Im gerichtlichen Verfahren gibt es entsprechend eine Verfahrensgebühr für jede Instanz und für jeden Verhandlungstag eine Terminsgebühr.

Sofern der Anwalt daran mitwirkt eine gerichtliche Hauptverhandlung zu vermeiden, kann er auch eine zusätzliche Gebühr nach RVG 4141 beanspruchen.

Das waren die wesentlichen Gebühren, die in den meisten Fällen ihre Anwendung finden. Bei diesen Gebühren kann es noch zu Erhöhungen durch Aufschläge für besondere Verfahrensarten, höhere Instanzen und Haftzuschläge kommen.

Die gesetzlichen Gebühren sind Rahmengebühren, aus denen eine Mittelgebühr gebildet wird, in dem der untere und der obere Wert addiert werden und dann durch 2 geteilt. Von der Mittelgebühr wird der Verteidiger dann nach oben und nach unten abweichen, in dem er die Schwere des Falls berücksichtigt, den Umfang seiner Tätigkeit und noch andere mandatsbezogene Merkmale.

Zu den Gebühren kommen noch die Auslagen wie für Post und Telekommunikation, für das Kopieren aus Behördenakten und besonders wichtig die Umsatzsteuer.

Beispiel 1 : Verfahren vor dem Amtsgericht, Beauftragung während des gerichtlichen Verfahrens, 1 Verhandlungstag, 25 Kopien, durchschnittliches Verfahren

Grundgebühr RVG 4100 : 165,00 €

Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht RVG 4106 : 140,00 €

Terminsgebühr in den Verfahren gemäß RVG 4106, je Verhandlungstag RVG 4108 : 230,00 €

Dokumentenpauschale für die ersten 50 S. je 0,50 €, für weitere s. 0,15 € RVG 7000: 25,00 €

Post- und Telekommunikationspauschale RVG 7002 : 20,00 €

Umsatzsteuer 19 % RVG 7008 : 110, 20 €

Summe : 690,20 €

Beispiel 2 : Verfahren vor dem Landgericht, Beauftragung im Ermittlungsverfahren, Haft während des gesamten Verfahrens, 1 Haftprüfung, 2 Verhandlungstage, 700 Kopien, keine Berufung – da Bewährungsstrafe akzeptiert, durchschnittliches Verfahren

Grundgebühr RVG 4101 : 202,50 €

Verfahrensgebühr Ermittlungsverfahren, RVG 4105 : 171,25 €

Termingebühr Haftprüfung, RVG 4103 : 171,25 €

Verfahrensgebühr 1. Instanz Strafkammer RVG 4113 : 188,75 €

Terminsgebühr 1. Instanz Strafkammer RVG 4115 : 328,75 €

Terminsgebühr 1. Instanz Strafkammer ( 2. Verhandlungstag) RVG 4115 : 328,75 €

Dokumentenpauschale für die ersten 50 S. je 0,50 €, für weitere s. 0,15 € RVG 7000 : 147,50 €

Post- und Telekommunikationspauschale RVG 7002 : 20,00 €

Umsatzsteuer 19 % RVG 7008 : 296,16  €

Summe : 1.854,91 €

(Achtung, Rechenbeispiele beziehen sich auf die RVG 2004. Am 01.08.2013 und am 01.01.2021 wurden die gesetzlichen Vergütungssätze erhöht.)


Sonntag 15. Juli 2012


E. Schnäppchenangebote, die Suche nach dem günstigsten Preis, der Promianwalt

Für den einzelnen Rechtssuchenden ist es schwer den richtigen Verteidiger zu finden.

Empfehlungen von Freunden und Bekannten sind in der Regel nützlich, sofern sie einen spezialisierten Strafverteidiger empfehlen können und nicht nur den Anwalt, der „auch schon gegen den Vermieter erfolgreich war“.

Der wohl wichtigste Ratschlag ist, sich einen Anwalt zu suchen, der sich im Tätigkeitsschwerpunkt mit dem Strafrecht befasst. Mancher Anwalt mag im Mietrecht oder im Familienrecht ein Spezialist sein, dies macht ihn aber nicht automatisch auch zu einem guten Strafverteidiger.

Der aus Film, Funk und Zeitungen bekannte Anwalt ist ein mehrschneidiges Schwert. Manch ein Anwalt ist durch einen Fall berühmt geworden und zehrt trotz schwacher Leistungen und beginnender Demenz auch noch Jahrzehnte später von dem frühen Ruhm. Es gibt auch den guten prominenten Anwalt, der wegen dauerhafter Überlastung die meisten seiner Fälle durch Referendare und frische Universitätsabsolventen bearbeiten und auch vor Gericht vertreten lässt. Anstelle des erwarteten erfahrenen Dr. X trifft der überraschte Mandant vor dem Gerichtssaal dann auf jungen Assessor Y. In diesen Fällen hat der Mandant wenigstens das Honorar auf Basis von Dr. X bezahlt, wenn er auch nur eine Leistung aus der Basis von Assessor Y erhalten hat. Ein weiteres Problem des prominenten Anwaltes ist die Jury, die in der Regel aus rechtsunkundigen Journalisten besteht. In Gesprächen unter Strafverteidigern kommen meist andere Listen zustande.

Neben den Empfehlungen sollte man versuchen auch andere Informationsquellen, wie vielleicht eine Internetseite, heranzuziehen.

„Erstberatung umsonst, nur 50,00 € oder bei Erstberatung erhalten Sie 5,00 €“, sind Werbebotschaften, die einige Kanzleien heute aussenden. Diese Botschaften sind Hasenfallen, in welche das Opfer gelockt wird, um ihm dann das Fell über die Ohren zu ziehen. Wenn die Erstberatung länger als einige Minuten dauert, wird dem „Opfer“ mitgeteilt, dass für richtigen Rat natürlich ein Mandat erteilt werden müsse oder zumindest ein üppiges Beratungshonorar gezahlt. Da das Opfer sich schon im anwaltlichen Büro, bzw. der Falle befindet, wird das Opfer schon aus Trägheit auf die Forderung eingehen. Ganz klar ist bei der Masche der Mandatsgewinnung um jeden Preis, dass das System nicht funktionieren kann, wenn die Kanzlei Mandate aus mangelnder Kompetenz ablehnt oder aus fehlenden Erfolgsaussichten von einer Rechtsverfolgung abrät. Hier wird jedes Mandat bearbeitet, wobei der Mandant danach den Preis nicht nur mit dem vereinbarten Honorar zahlt, sondern mit einer höheren als notwendigen Strafe. Dieses Geschäftsmodell muss zwangsläufig damit Probleme haben, einem Mandanten von einer aussichtslosen Rechtsverfolgung abzuraten. Wichtig festzustellen ist, dass die vermeintlichen Schnäppchenangebote bei der Erstberatung auch unter nur finanzieller Betrachtung beim Endpreis keine Schnäppchen mehr sind.

Das Herunterhandeln ist eine lästige Methode, die einige Rechtssuchende bei Anwälten versuchen. Man erhält dann E-Mails oder Anrufe mit einer völlig unzureichenden Sachverhaltsangabe und meist auch noch gleich mit echten oder unechten Konkurrenzangeboten von anderen Anwälten. Seriöse Kanzleien lassen sich auf solche Unterbietungswettbewerbe nicht ein, auch mit der Befriedigung, dass dieser Rechtssuchende am Ende auf die eine oder andere Weise draufzahlen wird.

Viele seriöse Strafverteidigerkanzleien haben 2 Pauschalhonorare für Erstberatungen in einfachen Fällen. Für die einfache Erstberatung werden 150,00 € + Umsatzsteuer veranschlagt und für eine Rechtsberatung mit Akteneinsicht 250,00 € + Auslagen + Mehrwertsteuer. Ein einfacher Fall liegt dabei vor, wenn die Akte aus nicht wesentlich mehr als 250 Seiten besteht und insbesondere keine vollen Postkisten umfasst. Außerdem sollten die zu klärenden Probleme aus dem Strafgesetzbuch und üblichen Nebengesetzen stammen, aber nicht das Studium von mehreren Tausend Seiten Lektüre zur Abgabenordnung erfordern. Diese beiden Honorarsätze sind fair und überfordern weder den Mandanten noch den Strafverteidiger. Inwieweit die Honorare für die Erstberatung auf die weitere Vergütung angerechnet werden, sollten Mandant und Anwalt klären.

Der wichtigste Rat: Sprechen Sie vor der Mandatierung mit dem Rechtsanwalt über das Honorar; Ihre möglichen finanziellen Einschränkungen, ob eine Pflichtverteidigung in Frage kommt; Zeithonorar oder eine Pauschale. Die Inanspruchnahme von Beratungshilfe muss vor der Beratung geklärt werden, sonst gelten die normalen Gebühren. Zuerst unterschreiben und dann sich über die Gebührenvereinbarung streiten, hat geringe Erfolgsaussichten. Lassen Sie sich vor dem Unterschreiben von Vollmacht und Gebührenvereinbarung erklären, warum der Rechtsanwalt von den gesetzlichen Gebühren abweichen will. Dies kann unter anderem wegen eines großen Arbeitsaufwandes im Mandat begründet sein, sollte aber vom Anwalt auch erklärt werden.


Samstag 7. Juli 2012


Gründe für Falschanzeigen im Sexualstrafrecht Nr. 4, 5, 6

Vor einiger Zeit schrieb ich schon einen Artikel über Gründe für Falschaussagen im Sexualstrafrecht. Damals waren es aus gegebenem Anlass die Motive Rache, das Bedürfnis Opfer zu sein und Missverständnisse bei Aussagen von Kindern.

Diesmal stütze ich mich wieder auf auf Fälle meiner Kanzlei und einen Fall eines Kollegen.

Für mich unerwartet wurde ich in mehreren Fällen mit Sympathieanzeigen konfrontiert. Der Hintergrund waren echte, aber auch erfundene Taten einer jeweils anderen Anzeigenerstatterin. In diesen Fällen gab es eine Bekanntmachung im Familien- oder im Bekanntenkreis, wobei dann vermutlich auch die Erfolgsaussichten der Strafanzeigen erörtert wurden. Verwandte und Freundinnen entschlossen sich dann ebenfalls Anzeige gegen den Beschuldigten zu stellen, wobei die Taten diesmal eindeutig erfunden waren. Ziel dieser Anzeigen war es die Strafanzeige der ersten Anzeigenerstatterin zu stützen. Während in einem Teil der Fälle diese Vorgehensweise mit der ersten Anzeigenerstatterin vermutlich abgesprochen war, gab es in dem anderen Teil der Fälle solche Absprachen vermutlich nicht. Hier kann ich aber nur Vermutungen treffen. Vergeblich habe ich bisher auf das Motiv der Trittbrettfahrerin gewartet, die eine Sympathieanzeige vielleicht aufgibt, um vom Opferstatus zu profitieren. Aber dies ist vermutlich nur eine Frage der Zeit.

Sehr schwierig sind die Wahnhaften und Geisteskranken als Anzeigenerstatter. Während mir als Laien in einer Akte schon schnell Zeichen für eine Geisteskrankheit bei der Anzeigenerstatterin auffielen, ignorierten Polizisten diese Anzeichen und ermittelten stur weiter gegen einen Mandanten. Dabei muss man feststellen, dass Polizisten selbst von Geisteskranken oft Sexualstraftaten unterstellt werden, diese werden aber in der Regel nicht einmal zur Anzeige entgegengenommen. Während die Polizei bei ihren Leuten als Beschuldigten diese mit Seidenhandschuhen vor jedem Übel abschirmt, ermitteln sie in anderen Fällen oft sehr einseitig. In solchen Fällen muss man dann die Panzerhandschuhe anziehen, um Polizei und Staatsanwaltschaft klarzumachen, dass man offene Fragen nicht einfach nur deshalb ignorieren darf, weil sie einem nicht in das gewünschte Bild passen. Bevor man sich der Aussage widmen kann, sollte man vielleicht den neurologischen Status der Anzeigenerstatterin untersuchen. Zu dieser Erkenntnis kam die Polizei allein nicht, ebenso wenig auf die Idee einmal in medizinischer Fachliteratur eine Liste von verabreichten Medikamenten auf Nebenwirkungen zu überprüfen. Selbst bei einem Opiat kamen die Beamten nicht auf die Idee, dass dieses vielleicht Nebenwirkungen haben könnte. Die medizinische Fachliteratur listete dann für die Medikamente Wahnvorstellungen, Zwangshandlungen, Aggressionen, Depressionen, unmotivierte Feindseligkeit, übersteigerte Phantasie und vieles mehr auf. Motive aus dem kulturellen und dem persönlichen Bereich, die eine Falschaussage wahrscheinlich erscheinen ließen, wurden ebenso ignoriert und erschütterten mein Vertrauen in die polizeiliche Ermittlungsarbeit vollständig. Erst die Staatsanwaltschaft begriff nach langem Bemühen, dass an den Zweifeln des Verteidigers an der Aussagefähigkeit und Aussagetüchtigkeit der vermeintlich Geschädigten doch etwas dran sein könnte und stellte dann das Verfahren ein. Gerechterweise muss man aber feststellen, dass auch ein Geisteskranker ein Opfer einer Sexualstraftat werden kann und nach wissenschaftlichen Befragungen gibt es gerade in entsprechenden Einrichtungen viele solcher Taten, weniger aber durch Personal, sondern hauptsächlich in Form von Übergriffen durch Mitpatienten. Hier wird aber viel totgeschwiegen, um den Ruf der Einrichtungen nicht zu beschädigen und um Fragen nach Aufsichtspflichten der Personals zu vermeiden.

Der Fall eines Kollegen war mir neu, nach Umfragen unter Kollegen kommt er aber nicht selten vor. Eine junge Frau aus einem ausländischen Kulturkreis war mit ihrem Freund durchgebrannt, nachdem die Familie die Beziehung abgelehnt hatte. Zurückgekehrt in den Familienkreis konnte sie ihre eigene Verfehlung aber nicht zugeben und sprach dann über eine Entführung und Vergewaltigung. Vielfach werden solche Fälle an der deutschen Justiz vorbei durch private Schlichter geklärt, aber diesmal kam der Fall vor die Justiz und der Kollege konnte nur mit Mühe die Unschuld seines Mandanten beweisen und einen Freispruch erzielen.

In jeder der Fallkonstellationen wären die Beschuldigten ohne die Unterstützung des Anwaltes auf der Strecke geblieben. Gerade bei den oft einseitigen Ermittlungen im Sexualstrafrecht durch die Polizei droht oft der Verlust von entlastenden Beweismitteln. Bei Sexualdelikten kann man daher nur raten, so schnell wie möglich einen Strafverteidiger einzuschalten.


Freitag 29. Juni 2012


Rechtsanwaltsvergütung im Strafrecht

Erklärungen zur Rechtsanwaltsvergütungen beginnen in Zeitungen in der Regel mit dem Satz, „Die Gebühren des Anwalts richten sich grundsätzlich nach dem Gegenstandswert.“

Dies ist für das Strafrecht ebenso grundsätzlich falsch, da es hier regelmäßig keinen Gegenstandswert gibt, wobei es auch hier wieder Ausnahmen gibt.

Im Strafrecht gibt es 4 Vergütungssysteme.

Eine große Bedeutung hatte immer die vereinbarte Pauschalvergütung gehabt und hat sie auch heute noch. Dabei gibt es neben der einen vereinbarten Pauschale für ein Verfahren auch abgestufte Vereinbarungen mit Pauschalen für einzelne Verfahrensabschnitte.

In größeren Verfahren und meist auch in Wirtschaftsstrafsachen werden auch Zeithonorare mit festgelegten Stundensätzen vereinbart. Die Zeithonorare spielen vor allem in umfangreichen Wirtschaftsverfahren auch deshalb eine große Rolle, da zum einen gesetzliche Gebühren den Arbeitsaufwand nicht mehr angemessen vergüten und zum anderen die Kanzleien den Arbeitsaufwand vor der Arbeitsaufnahme nicht einschätzen können, um eine angemessene Pauschale zu vereinbaren. In diesen Fällen stellt das Zeithonorar ein für beide Seiten gerechtes Vergütungssystem dar.

Dem Erfolgshonorar im herkömmlichen Sinne kommt im Strafrecht meines Erachtens keine Bedeutung zu, da sich zum einen Erfolge schwer definieren lassen und zum anderen ein Beschuldigter auch lügen darf und auch gegenüber seinem Verteidiger nicht zur Wahrheit verpflichtet ist. Im Gegensatz zum Zivilverfahren ist daher eine Vorabeinschätzung eines Erfolges viel schlechter möglich. Das strafrechtliche Erfolgshonorar basierte hingegen auf dem Modell, auf Pflichtverteidigergebührenbasis zu arbeiten und bei einem Freispruch die höheren gesetzlichen Gebühren gegenüber der Staatskasse abrechnen zu können.

Am meisten angewendet wird immer noch die Vergütung nach gesetzlichen Gebühren, welche auch die Pflichtverteidigervergütung umfasst. Zur Vergütung nach gesetzlichen Gebühren können Sie auch diesen Artikel lesen, https://straf-kanzlei.de/vergutung-nach-gesetzlichen-gebuhren/ .


Dienstag 15. Mai 2012


Gründe für Falschanzeigen bei Sexualdelikten, Nr. 1-3

Nicht selten erlebt man bei Anzeigen wegen Sexualstraftaten, dass sich diese als unbegründet herausstellen. Die Gründe dafür sind vielfältig, sie beruhen teilweise auf Irrtümern und Missverständnissen, aber vielfach auch auf krimineller Energie.

Nachdem innerhalb eines Monats gleich drei Verfahren meiner Kanzlei schon im Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, will ich einmal einige Gründe aufzeigen.

Wegen der gesteigerten Sensibilität in Hinblick auf Kindesmissbrauch kommt es immer öfter wegen Missverständnissen zu Anzeigen. Eltern konstruieren aus Äußerungen ihres Kindes einen Fall einer Straftat. Leider sind solche Konstellationen nicht selten und gerade Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten bekommen die negative Begleiterscheinung von zunehmender Sensibilisierung zu spüren. In solchen Verfahren besteht immer die Gefahr, dass im Rahmen von unprofessionellen Zeugenbefragungen bei Psychologen und der Polizei sich Falschaussagen verfestigen oder gerade erst konstruiert werden. Leider sind wenige Psychologen und noch weniger Polizisten mit Aussagepsychologie und Fehlerquellen wie Fremd- und Selbstsuggestion oder Falscherinnerungen vertraut.

Immer noch kommt es auch zu Anzeigen aus Rache. Meist liegen die Motive im persönlichen Bereich, in manchen Fällen verbinden sich diese aber auch mit taktischen Erwägungen in familienrechtlichen Streitigkeiten. Seit Familienrichter in den letzten Jahren solche Verfahren sofort an die Staatsanwaltschaft weiterlesen, werden heute weniger leichtfertig Vorwürfe in Sorgerechtsverfahren erhoben.

Geltungsbedürfnis und die gewünschte Anerkennung als Opfer sind ein weiteres Motiv. Gerade bei Personen mit gestörten, verminderten Selbstbewusstsein stellte „Opfer zu sein“ eine große Verlockung dar. Gerade bei solchen Verfahren besteht immer auch die Gefahr, dass sich die vermeintlich „Geschädigten“ selbst in einem Maße überzeugen oder im Rahmen psychologischer Behandlungen überzeugt werden, dass sie sich an ihre falsche Geschichte erinnern. Diese „false memories“ lassen sich nicht in einer Vernehmung mit der üblichen Methode von Realitätskennzeichen und Lügenmerkmalen überprüfen. Hier sind erfahrene Aussagepsychologen gefragt, welche das gesamte Verfahren bewerten und prüfen. Zudem hilft natürlich auch ein Abgleich mit anderen Beweismitteln, welche die falsche Aussage enttarnen können.

Trotz Erfahrung als Strafverteidiger und dem durch Fortbildungen erworbenen Fachwissen besteht immer die Gefahr durch inkompetente Polizisten, aber auch durch Psychotherapeuten, die nicht an der Wahrheitsfindung interessiert sind. Dies zeigen die großen Missbrauchsfälle in Worms, Trier und Saarbrücken, die sich letztendlich als falsch herausgestellt haben. Hier wurden Kinder solange durch wohlmeinende Therapeuten und Polizisten bearbeitet, bis sie jede gewünschte Person des Missbrauches beschuldigten. In verschiedenen Verfahren als Strafverteidiger in Berlin musste ich leider feststellen, dass die Fehleranalyse noch nicht bis zu allen Polizisten oder Staatsanwälten gedrungen war. Dies liegt sicherlich auch daran, dass Fortbildung bei Staatsanwaltschaft und Richtern keine Pflicht ist und nur dreißig Prozent der Richter Fortbildungsangebote überhaupt kontinuierlich wahrnehmen.