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Donnerstag 1. Februar 2024


222 Sexualdelikte

Als erfahrener Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger habe ich nun über 222 Fälle im Sexualstrafrecht bearbeitet.

Im Laufe meiner Karriere hatte ich das Privileg, Mandanten in unterschiedlichsten Situationen zu vertreten, sei es in Fällen von sexueller Nötigung, Missbrauch, Vergewaltigung oder sexueller Belästigung. Jede dieser Straftaten bringt ihre eigenen Herausforderungen mit sich und erfordert eine spezifische Herangehensweise, um die bestmögliche Verteidigung zu gewährleisten.

Eine erfolgreiche Verteidigung im Sexualstrafrecht erfordert nicht nur fundierte juristische Kenntnisse, sondern auch Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, sensible Themen mit größter Diskretion und Respekt zu behandeln. Es ist mein oberstes Ziel, die Rechte meiner Mandanten zu schützen und ihnen in einer oft schwierigen und belastenden Zeit zur Seite zu stehen.

Die hohe Anzahl der von mir bearbeiteten Fälle ist nun schon ein Wert für sich, denn Erfahrung kann man nicht erlernen, sondern nur über die Zeit erlangen.

Mit meiner Erfahrung und meinem Fachwissen im Sexualstrafrecht habe ich viele Mandanten erfolgreich verteidigt. Dabei ist es mir wichtig, stets auf dem neuesten Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung zu bleiben, um meinen Mandanten die bestmögliche Verteidigung bieten zu können. Die Arbeit findet aber nicht nur im Gerichtssaal statt; es geht auch um Therapienachweise, Schadenswiedergutmachungen und psychiatrische Diagnostik, die organisiert werden müssen.

Ich bin stolz auf die Arbeit, die ich geleistet habe, und werde weiterhin alles daran setzen, die Rechte meiner Mandanten im Sexualstrafrecht zu verteidigen und ihnen in jeder Phase des Verfahrens kompetent und vertrauensvoll zur Seite zu stehen.

Mit meiner Expertise und meinem Engagement bin ich bestrebt, auch in Zukunft vielen weiteren Mandanten erfolgreich zur Seite zu stehen und ihnen durch meine Verteidigung eine faire Chance im Justizsystem zu ermöglichen.

Vielen Dank für Ihr Vertrauen.


Samstag 1. Juli 2023


Bundesweite Verteidigung

Obwohl ich die kurzen Wege im Kriminalgericht Moabit in Berlin schätze, bin ich doch auch bundesweit tätig. So habe ich in letzter Zeit vermehrt Anfragen aus anderen Bundesländern festgestellt, in denen es anscheinend keine fachkundigen Strafverteidiger für Sexualstrafrecht gibt. Gerade in diesem Spezialgebiet ist es sicherlich auch sinnvoll einen Rechtsanwalt mit Erfahrung auszusuchen. Wenn hier Beschuldigte in Fällen notwendiger Verteidigung darauf warten, dass ihnen ihr Richter einen Verteidiger aussucht, können sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Auswahl nach den Interessen des Gerichtes, nicht nach den Interessen des Beschuldigten, getroffen wird.
Eine überregionale Verteidigung in Haftsachen bedeutet einen gesteigerten Aufwand, so dass dies fast immer nur bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung möglich ist. In anderen Bereichen lassen sich alle Absprachen und Besprechungen mit dem Mandanten auch unproblematisch per Telefon erledigen, insbesondere dann wenn das Ziel die Einstellung eines Verfahrens ohne öffentliche Hauptverhandlung ist.
Aber nicht nur im Sexualstrafrecht bin ich überregional tätig. Im Folgenden eine kleine Auswahl der Gerichte, an denen ich tätig war.


v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin, LG Neuruppin, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Sexuelle Nötigung, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin (LG Berlin und AG Tiergarten) , LG Neuruppin (Land Brandenburg), Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen und Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, Jugendstrafrecht, Betäubungsmittelstrafrecht, Sexualstrafrecht, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen (Ausweichquartier Wildau) (Land Brandenburg) und AG Tiergarten, Kirchstraße 6, Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Landgericht Cottbus und Landgericht Coburg, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Schwurgericht, BtM, Drogendelikte, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

v.l.n.r.: Landgericht Cottbus (Land Brandenburg) und Landgericht Coburg (Freistaat Bayern), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht Bernau und Amtsgericht Strausberg

v.l.n.r.: Amtsgericht Bernau (Land Brandenburg) und Amtsgericht Strausberg (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), Fachanwalt für Strafrecht, Verteidigung von Sexualdelikten, Sexualstrafrecht, Allgemeines Strafrecht, Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Strafverteidiger, Sexualstrafrecht, Schwurgericht, § 176 StGB, § 176a StGB, § 177 StGB, § 184 StGB, § 184b StGB, § 212 StGB, § 249 StGB, BtMG

Amtsgericht Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Copyright Malte Höpfner

Justizzentrum Potsdam (Amtsgericht und Landgericht) (Land Brandenburg) und Justizzentrum Bochum (Amtsgericht und Landgericht Bochum) (Land Nordrhein-Westfalen), Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht Gifhorn (Niedersachsen) und Amtsgericht Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern)

Links AG Fürstenwalde (Land Brandenburg) Rechts AG Bonn (Land NRW)


Da jeder Fall ein Einzelfall rufen Sie mich an, um eine Übernahme des Mandates zu besprechen.

(Artikel wird fortlaufend aktualisiert.)


Sonntag 1. Januar 2023


Fortbildungen 2022

Das Fortbildungsjahr begann diesmal recht spät am 11.Mai 2022 mit einer Veranstaltung zum Befangenheitsrecht. Am 17.06.2022 besuchte ich wieder einmal die Junitagung für Forensische Psychiatrie und Psychologie. Am 22.08.2022 nahm ich an einer Fortbildung zur Wiederaufnahme von Strafverfahren nach rechtskräftigem Freispruch teil, gefolgt von einer Fortbildung zur Kriminalistik am 21. Oktober 2022. Am Ende des Jahres gab es noch eine Fortbildung zum Berufsrecht und eine weitere Fortbildung zum Strafrecht mit Prof. Dr. Werner Beulke am 02.11.2022.


Mittwoch 1. Januar 2020


Fortbildung 2019

Am 24.Januar 2019 war ich zu einer Fortbildung zur neuen Rechtslage im Ausländerrecht und zur aktuellen Praxis der Ausländerbehörde. Kapazitätsbedingt war die Berliner Ausländerbehörde von 2015 die nachlässigste Behörde in Deutschland gewesen. Mit dem Aufwuchs an Personal hat sich dies aber seit 2018 geändert und die Berliner Ausländerbehörde scheint nun etwas überzukompensieren. Auch Strafverteidiger, die nicht im Ausländerrecht tätig sind, müssen die Regelungen und die Rechtspraxis natürlich verfolgen.

Am 21. Februar 2019 besuchte ich eine Fortbildung zum Täter-Opfer-Ausgleich und den Möglichkeiten dafür Behördenhilfe zu benutzen, vom polizeilichen Diversionsbeauftragten, bis zu im Behördenauftrag tätigen Vereinen. Im Laufe des Jahres führte ich dann erfolgreich mehrere Täter-Opfer-Ausgleichsverfahren durch, nachdem die Behörden im jeweiligen Fall die Durchführung eines TOA für aussichtslos gehalten hatten. Am 14.03.2019 war das Strafvollzugsrecht und die Strafvollstreckung Thema der Fortbildung.

Zwei Tage nahm ein Rhetorikseminar vom 29.-30.März 2019 in Anspruch, gefolgt von der Junitagung der Forensischen Psychiatrie und Psychologie am 21. Juni 2019. Am 20.11.2019 besuchte ich eine Fortbildung zu Polizeidatenbanken und gruselte mich. Vom Gesetz her gibt es in Berlin klare Löschungsfristen, nur werden die Akten auf Anfrage von 5 Polizeibeamten händisch bearbeitet und auf die Löschbarkeit geprüft, während über 10.000 Polizeibeamte täglich neue Akten schaffen. Im Bundeszentralregister funktioniert dies anders. Dort löscht der Computer nach Ablauf der gesetzlichen Fristen und einer einjährigen Überliegefrist automatisch. Einen Tag später besuchte ich dann noch eine Fortbildung zur Änderung von Jugendgerichtsgesetz und den Regelungen zur Pflichtverteidigung auf Grundlage einer EU-Verordnung.

Die letzte Fortbildung im Jahr 2019 erfolgte dann im Dezember zum Thema Vermögenseinziehung durch die Justiz.


Dienstag 1. Oktober 2019


Irrtümer und Versehen

Der größte Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge, sondern der Irrtum. Die Wahrheit dieses Satzes bestätigt sich mir immer wieder aufs Neue in vielen Verfahren. Zwei Fälle waren in letzter Zeit besonders eindrücklich.

Bei einem Fall wurde der Mandant in seiner Wohnung von den eingesetzten Polizisten recht nachdrücklich zu Boden gebracht. Man beschlagnahmte alle Computer und sonstigen Datenträger, darunter natürlich auch das berufliche Mobiltelefon. Wie so oft in solchen Verfahren drohte schon die Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis als ich das Mandat vom leugnenden Mandanten übernahm.

Ich erhielt überraschend schnell Akteneinsicht und las mich schon auf dem Gang vor der Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft ein. Anders als früher hatte man nicht erst den Vertrag ermittelt und über den Telefonanbieter den Beschuldigten identifiziert. Nein, diesmal gab es eine neue zentrale Datei, die ohne Zwischenschritte den Beschuldigten der Nummer zuwies. Den Vertrag wollte ich trotzdem sehen, da ich eine Verwechslung über Prepaid-Verträge und Nummernneuvergaben für möglich hielt. Nach einigem Hin- und Herr mit der Staatsanwaltschaft über die Notwendigkeit meiner Anfrage, ging die Staatsanwaltschaft nun meinem Beweisermittlungsantrag doch nach und wurde überrascht.

Kurze Zeit später wurde die Verfahrenseinstellung mitgeteilt, eine Polizeibeamtin hätte die Nummer falsch eingegeben, nun würde gegen den Richtigen das Verfahren eröffnet. Ärgerlich war, dass trotz aller Beeinträchtigungen für den Mandanten zu keinem Zeitpunkt von der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder dem für die Wohnungsdurchsuchung zuständigen Ermittlungsrichter eine Entschuldigung erfolgte. Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter hatten sich überdies blind auf die Richtigkeit der zentralen Rufnummerndatei verlassen und nicht einmal den Versuch der selbständigen Überprüfung unternommen.

Sexuelle Nötigung ist ein schwerer Tatvorwurf und für den Mandanten in einem anderen Fall standen eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung und auch eine Ausweisung im Raum als er zu mir kam und mitteilte, dass er unschuldig sei. Die Zeugenaussagen waren aber ebenso eindeutig und identifizierten den Mandanten namentlich als Kollegen.

Nur konnte der Mandant mir einen Arbeitsvertrag zur gleichen Zeit bei einem anderen Arbeitgeber vorlegen. Nur gebrochen Deutsch sprechend war er zuvor noch bei der Polizei gewesen und hatte dort den Eindruck eines notorisch Uneinsichtigen hinterlassen. Wir bekamen dann aber heraus, dass er einen Landsmann bei sich hatte übernachten lassen. Irgendwann hatte dieser seine Aufenthaltspapiere kopiert und so selbst eine Arbeit unter der falschen Identität meines Mandanten angetreten.

Ich trug dies bei Gericht vor und legte Fotos bei, beantragte Nachermittlungen und fand kein Gehör. Zur Verhandlung gelang es den wahren Täter mit ins Gericht zu nehmen, wo er nun auch noch mit Verspätung eintraf. Da ich in den Gerichtssaal musste, aber den wahren Täter nicht mit dem Opfer und deren wütenden Freund allein sein lassen wollte, sprach ich ein paar mir bekannte Justizwachtmeister an und bat sie vor dem Saal aufzupassen. Hier war mir meine Bekanntheit am Gericht zugutegekommen. In der Verhandlung wurde alles wieder mündlich vorgetragen und das Gericht und die Staatsanwaltschaft ließen ihren Unglauben klar erkennen. Dann kam die Geschädigte in den Saal und wurde befragt, ob sie den im Saal sitzenden Angeklagten kennen würde. Hier hatte ich schon Sorge, dass für sie vielleicht nur die Hautfarbe entscheidend sein würde, aber sie antwortete, dass sie ihn nicht kennen würde und der Täter wäre doch vor dem Gerichtssaal. Jetzt waren auch Staatsanwaltschaft und Gericht überzeugt und der Freispruch kam nun recht zügig.

„Als Sie zu mir kamen, habe ich Ihnen die Geschichte nicht abgenommen.“, sagte mir die Richterin nach der Verhandlung. Ich sagte ihr nicht, dass ich ihr das damals schon am Gesicht angesehen hatte.


Montag 1. April 2019


Sherlock Holmes und der Columbo-Effekt

Die Kriminalistik beeinflusste immer wieder die Fiktion. Ob es nun der sehr die Öffentlichkeit nutzende Berliner Mordermittler Ernst Gennat in der Weimarer Republik war oder der heutige Leiter der Berliner Gerichtsmedizin Michael Tsokos. So wie Ernst Gennat zu seiner Zeit ist auch der Gerichtsmediziner Tsokos heute ein Medienstar. Während der Gerichtsmediziner selbst fiktional tätig ist, Bücher schreibt und im Fernsehen auftritt, ließ Ernst Gennat 1938 die erste Fernsehfahndung ausstrahlen und stand Pate für den Filmcharakter des Kriminalkommissars Karl Lohmann in den Fritz-Lang-Filmen M und das Testament des Dr. Mabuse.

Erheblich seltener wird die Kriminalistik durch die Fiktion beeinflusst. Mir sind nur zwei fiktionale Charaktere bekannt, die einen ernsthaften Beitrag zur Kriminalistik geleistet haben.

Sherlock Holmes war dabei die bedeutende Lichtgestalt, welche die reale Kriminalistik erheblich beeinflusste. Mit seiner sachlich-rationalen Herangehensweise, der Nutzung von Naturwissenschaften und Technik, dem geistigen Wettkampf begründete er faktisch die moderne Kriminalistik. Bis dahin wurde Folter zur Geständniserzwingung immer noch als probates Mittel angesehen. Die Pariser Sûreté war schon 1811 gegründet worden, gefolgt von Scotland Yard in London 1829. Obwohl beide Behörden auf dem Gebiet Kriminalistik Vorreiter waren, machte doch erst Sherlock Holmes den geistigen Wettstreit des Kriminalisten mit dem Beschuldigten in der Öffentlichkeit bekannt und akzeptabel.

Als Verteidiger muss man auch heute noch immer die Entwicklungen in der Wissenschaft und Technik verfolgen. Während bis vor wenigen Jahren Zellspuren von Zwillingspaaren von der DNA nicht unterschieden werden konnten, gibt es heute Entwicklung sie möglicherweise über Mitochondrien zu unterscheiden. Die Bedeutung von Zeugen ist heute immer noch hoch, aber heute werden auch Autos „vernommen“. Die Motorsteuerung gibt ebenso Auskunft wie ein Navigationssystem und beide weisen weniger Gedächtnislücken als menschliche Zeugen auf.

Nach Sherlock Holmes dauerte es fast 100 Jahre bis mit Inspektor Frank Columbo wieder einmal ein fiktionaler Charakter mit dem Columbo-Effekt einen Beitrag zur Kriminalistik leisten durfte. Dabei stellte sich Columbo unwissend und unkonzentriert, vermittelte dem Vernommenen ein Gefühl der Überlegenheit, wobei er sogar den Vernommenen umschmeichelte. Dadurch fühlt sich der Vernommene in Sicherheit und begeht im besten Fall Fehler und entlarvt sich vielleicht selbst. Der typische Columbo-Spruch im Türrahmen, „Eine Frage hätte ich da noch“, gehört ebenfalls zur Methode. Der Vernommene fühlt sich in Sicherheit und faktisch auf der Ziellinie und wird nun dazu gebracht ohne großes Überlegen zu antworten und dabei wieder Fehler zu begehen. Dabei ergaben sich in der Serie aus der einen Frage meist noch andere Fragen.

Es ist selten, aber kommt vor, dass man den Columbo-Effekt im Gerichtssaal als Verteidiger anwenden kann. In der Regel sind die Vernommenen aber schon durch die Atmosphäre des Gerichts vorgewarnt. Für Staatsanwälte und Richter bietet sich die Methode noch weniger an, weil sie schwerer Unwissenheit simulieren können und bei verteidigten Angeklagten die Methode sowieso ausgeschlossen ist. Besonders egozentrische und eitle Zeugen haben mir aber schon einige Male die Möglichkeit gegeben erfolgreich auf den Spuren von Frank Columbo zu wandeln.


Freitag 9. Februar 2018


Erfolg beim Bundesgerichtshof, aber kein reines Siegesgefühl

Nachdem ich heute am 09.02.2018 den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 25.01.2018 auf Aufhebung eines landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung an eine andere Kammer erhalten habe, recherchierte ich noch einmal genauer nach der durchschnittlichen Erfolgsquote von strafrechtlichen Revisionen.

So wie die Revision selbst ist auch die Recherche nach den Erfolgsquoten eine Qual. Der Focus berichtet in einem Artikel, nur drei Prozent der strafrechtlichen Revisionen sind erfolgreich. Von anderer Seite hört man von nur 2 Prozent erfolgreichen strafrechtlichen Revisionen beim Bundesgerichtshof. Dazu muss man noch wissen, dass hochbezahlte Revisionsspezialisten eine mehr als doppelt so hohe Erfolgsquote als der normale Strafverteidiger haben. Der Grund liegt darin, dass strafrechtliche Revisionen beim Bundesgerichtshof hauptsächlich zeitaufwändige Fleißarbeiten sind. Der Pflichtverteidiger kann diese in der Regel bei einer Vergütung von 492,00 € und einer Kostenquote von mindestens 50 Prozent nicht leisten, der ausgewiesene Revisionsspezialist nimmt je nach Fall zwischen 5.000,00 € und 20.000,00 €. Der Bundesgerichtshof bemüht sich diese Entwicklung zu fördern und pflichtverteidigte Mandanten vom Zugang zum Recht abzuschneiden, in dem er den formalen Begründungsaufwand an eine Revision immer weiter erhöht. Bei hiesiger erfolgreicher Revision rechnete ich einmal zusammen, was die Bundesanwaltschaft in ihrer Gegenstellungnahme zu meiner Revisionsbegründung noch für notwendig gehalten hätte. Nach der Bundesanwaltschaft hätte ich knapp 200 Seiten schreiben müssen, um die formalen Revisionsanforderungen zu erfüllen. Hier macht es dann vielleicht noch Sinn zu wissen, dass ein guter Autor für eine Seite eine halbe Stunde benötigt, wenn er im Fluss ist.

Dazu kommen dann das Einholen der Protokolle, Studium derselben und des Urteils und am Ende eine Erwiderung auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft. Insgesamt habe ich wohl etwas über 30 Stunden für die erfolgreiche Revision benötigt, ein klassischer Fall von Selbstausbeutung. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft, welcher meist der BGH folgt, wären wohl 150 Stunden angemessen gewesen.

Der Bundesgerichtshof benötigte für seinen Aufhebungsbeschluss BGH 5 StR 543/17 wiederum nur 4 Seiten, inklusive einer Seite Deckblatt und einer halben Seite für die Richternamen. Das sind aber immerhin drei Seiten mehr als bei einem begründungslosen Verwerfungsbeschluss.


Samstag 1. April 2017


§ 177 StGB Sexueller Übergriff, Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.

das Opfer

a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 


 

Mit einer möglichen Höchststrafe von 15 Jahren ist die Vergewaltigung als eine der schwersten Straftaten im Strafgesetzbuch geächtet. Für Beschuldigte und Opfer stellt sich beim Strafverfahren das gleiche Problem, dass in der Regel nur sie beide während des Geschehens anwesend waren. Dies wird dann problematisch, wenn nicht der Geschlechtsverkehr unter Abrede gestellt wird, sondern die Nötigungskonstellation. Die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation kann aber durch andere Beweismittel aufgebrochen werden. Wenn der Geschlechtsverkehr durch den Beschuldigten bestritten wird, kann eine gynäkologische Untersuchung des Opfers oder auch die Untersuchung von Kleidung auf Spermaspuren weitere Aufklärung bringen. Aber auch das eigene Lobpreisen, früher im Freundeskreis, heute in den sozialen Medien, kann einen Beschuldigten zu einem längeren Gefängnisaufenthalt verhelfen. Manchmal hat die Polizei auch Glück, wenn sich Beschuldigte durch Dummdreistigkeit selbst ans Messer liefern, indem sie ungefragt Täterwissen preisgeben. In letzter Zeit neu ist die Entwicklung, dass Täter ihre Taten mittels Handyvideo aufzeichnen. Umgekehrt kann es auch Falschbeschuldigungen durch vermeintliche Opfer geben, wobei die Motive vielfältig sein können. Neben bewussten Falschbeschuldigungen kann es auch Irrtümer geben oder Opfer mit fremd- oder selbstsuggerierten falschen Erinnerungen.
Ich bin in Verfahren mit dem Tatvorwurf sexueller Nötigung, Vergewaltigung als Verteidiger und als Nebenklägervertreter tätig gewesen und auch immer noch tätig. Im Vergleich zu anderen Delikten erwiesen sich diese Verfahren immer als besonders schwierig und erforderten neben vollem Einsatz viel Spezialwissen, angefangen von den Fristen bei gynäkologischen Untersuchungen bis zu den Nachweiszeiten von KO-Tropfen. Einmal war es notwendig dem Gericht aufzuzeigen, dass ein rechtsmedizinisches Gutachten die Wirkung einer Droge unterschätzt hatte; in einem anderen Fall musste eine intensive Beschäftigung mit den psychoreaktiven Wirkungen von Medikamenten erfolgen. Ein Verteidiger sollte wissen, wann er ein Glaubhaftigkeitsgutachten beantragt und welche Gutachter er Staatsanwaltschaft und Gericht vorschlägt. Für die Mandanten ist es in diesen Verfahren daher besonders wichtig einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Rechtsanwalt auszuwählen.


Samstag 1. Oktober 2016


Sexualstrafrecht

Sexualstrafrecht umfasst die Paragraphen des 13. Abschnitts. Das Sexualstrafrecht dient heute überwiegend dem Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung, während früher die Sexualmoral im Vordergrund stand. Es geht hier unter anderem um Missbrauch von Schutzbefohlenen nach § 174 StGB, Kindesmissbrauch nach § 176 StGB, dem schweren Kindesmissbrauch nach § 176a StGB, Vergewaltigung und sexueller Nötigung nach § 177 StGB, sowie der Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften nach § 184b StGB.

Als Anhang zu Sexualstraftaten kann man sich faktisch aber auch jeden anderen Paragraphen vorstellen, von der sexualisierten Beleidigung, über die Körperverletzung, der Nötigung und der Freiheitsberaubung bis zum Totschlag.

Für den Beschuldigten, ob unschuldig oder schuldig, sind Sexualstraftaten, Sexualdelikte immer besonders unangenehm und peinlich. Im Interesse des Beschuldigten liegt es das Strafverfahren schnell und ohne große Aufmerksamkeit zu beenden. Diese Tatvorwürfe sind immer schwierig und für jeden Beschuldigten gefährlich, da zum einen nicht selten eine aufgeheizte Stimmung durch den Boulevardjournalismus besteht, zum anderen hier auch einige Strafrichter aufgrund von persönlichen Vorurteilen nicht unbefangen sind. Noch mehr als bei anderen Straftaten stellt hier ein Führungszeugniseintrag aus dem Bundeszentralregister eine schwere Belastung für jedes Arbeitsverhältnis dar und erschwert erheblich die Arbeitssuche.

Leider ist die Falschbelastungstendenz im Sexualstrafrecht besonders hoch. Es gibt Studien, in denen von 50 Prozent falschen Anschuldigungen ausgegangen wird. Im Rahmen böser Trennungen wird aus Rache schnell aus einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr eine Nötigung, bzw. eine Vergewaltigung. Aus dem Bereich von Kollegen, die im Familienrecht tätig sind, erfährt man immer wieder von Anwälten, die in Sorgerechtsstreitigkeiten dazu raten, das andere Elternteil mit der Behauptung des Kindesmissbrauches zu diskreditieren.

Als Verteidiger besteht meine Aufgabe dem unschuldig Angeklagten zum Freispruch zu verhelfen. Viele Gerichte neigen aus Opferschutzgründen aber auch dazu, die Beschuldigtenrechte zu beschränken und kommen damit aber ihrer Pflicht zur Ermittlung der Wahrheit nicht nach. Es liegt hier in der Aufgabe des Verteidigers dafür zu sorgen, gegen die Vorverurteilung eines unschuldigen Angeklagten vorzugehen. Dazu bedarf es einer entschlossenen und umsichtigen Verteidigung. Dem überführten Beschuldigten ist mit einer Strafzumessungsverteidigung am besten geholfen. Hierbei geht es darum, seine Verfahrensrechte zu verteidigen und auf eine möglichst geringe Strafe hinzuarbeiten, wobei das Gericht die Rücksichtnahme auf das wahre Opfer honoriert. Bei der Strafzumessungsverteidigung gibt es neben der geständigen Einlassung noch drei weitere Stellschrauben, wobei zwei sogar zu einer Strafrahmenverschiebung nach unten führen können und die dritte äußerst bedeutsam für die eigentliche Strafzumessung und Bewährungsfragen ist.

Da viele Strafverteidiger aus freiem Willen kein Sexualstrafrecht bearbeiten, aber auch Erfahrung und Sonderwissen für eine gute Verteidigung notwendig sind, sollte sich ein Beschuldigter an einen spezialisierten Strafverteidiger wenden. Die Verteidigung im Sexualstrafrecht ist mit mehreren Hundert Mandaten der Schwerpunkt meiner Tätigkeit.

Nebenklage

Wenn ich Opfer vertrete, geht es mir hauptsächlich um ein schonendes Verfahren für das Opfer als Zeugen, um den Gerichtsprozess nicht zum „erneuten Vergewaltigungserlebnis“ werden zu lassen. Das Opfer muss über den Ablauf des Verfahrens informiert werden, um nicht durch Fragen oder andere Prozesshandlungen überrascht zu werden. In manchen Situationen geht es aber um die entschiedene Abwehr von ungerechtfertigten Fragen, Vorwürfen und sonstigen unzulässigen Beeinträchtigungen, https://straf-kanzlei.de/nebenklage-oder-was-einen-guten-nebenklagervertreter-ausmacht/ .

Kontakt


Montag 2. Mai 2016


Verteidigung am 01.Mai 2016

In Berlin  muss niemand auf den Rat eines Strafverteidigers verzichten, auch wenn er in der Nacht, an Wochenenden oder an Feiertagen festgenommen wird.  Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V.  hat einen Anwaltsnotdienst in Strafsachen organisiert. Die Nummer des Notdienstes kann von Beschuldigten bei Polizei und Justiz erfragt werden und diese ermöglichen auch einen Anruf.

Alle Anrufe auf der Notdienstnummer werden auf das Mobiltelefon des jeweiligen Bereitschaftsanwaltes umgeleitet. Die Notdienstanwälte erteilen telefonischen Rechtsrat in Strafsachen oder suchen den Rechtssuchenden bei Festnahmen gegebenenfalls auch auf. Der Notdienst ersetzt keinesfalls eine reguläre anwaltliche Beratung oder Vertretung und beschränkt sich auf den Notfall. In Berlin erfolgt der Notdienst der Strafverteidigervereinigung kostenlos. Werden Übersetzer notwendig, sollten diese von der jeweiligen Behörde gestellt werden. Das Notmandat erlischt mit Ende der Notdiensttätigkeit.

Sollten Sie danach eine weitere, dann entgeltliche Tätigkeit des Notdienstanwaltes wünschen, muss wie üblich ein Mandat erteilt werden.

Vom 01.Mai 2016 bis zum 02.Mai 2016 war ich wieder beim Notdienst tätig. Während an normalen Tagen die Anrufer wegen verschiedenster Straftaten anrufen, geht es am 1. Mai in der Regel um Schweren Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandsvorwürfe, wie sich wieder einmal bestätigt hat. In allen von mir im Rahmen des Notdienstes bearbeiteten Fällen wegen schweren Landfriedensbruch erreichte ich nach mehrfachen Telefonaten mit der Staatsanwaltschaft eine Gewahrsamsentlassung.

In der Regel übernehme ich ein bis zwei Mal im Jahr die Bereitschaft für den Anwaltsnotdienst in Strafsachen.

Unabhängig vom Strafverteidigernotruf stehe ich Ihnen in Berlin bei Festnahmen und Durchsuchungen auch direkt und fast immer über meine Mobilfunknummer 0175 – 618 90 68 zur Verfügung. Sollten Sie in allen anderen Fällen eine Vertretung durch mich wünschen, können Sie mich unter der Telefonnummer 030 – 5480 1493 erreichen.

Rechtsanwalt Malte Höpfner

Allee der Kosmonauten 28

12681 Berlin

hilfe@straf-kanzlei.de

Telefon : 030 – 5480-1493

Mobil : 0175- 618 90 68


Dienstag 1. Dezember 2015


Reisekosten des Angeklagten

Der Angeklagte kann schon im Verfahren einen Antrag auf Reisekostenerstattung zum Gerichtstermin stellen, wenn er mittellos ist. Damit kann er dann aber auch sein Fehlen nicht damit entschuldigen, dass er kein Geld für die Anreise hatte.

Die Reisekostenerstattung ist in der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) geregelt. Man sollte die Vorschrift kennen und gegebenenfalls darauf hinweisen, da sie in der Justiz, aber auch bei Rechtsanwälten nicht überall bekannt ist.

Wenn noch genügend Zeit ist, sollte der mittellose Angeklagte das Gericht anschreiben. Unter Angabe des korrekten Aktenzeichens muss er seine Mittellosigkeit behaupten und dann mit Hilfe zum Beispiel der Kopie seines ALG-II-Bescheides nachweisen. Vor dem Termin wird er dann vom Gericht einen Gutschein, das Ticket oder Bargeld zugeschickt erhalten.

In Eilfällen kann der Angeklagte auch zu seinem lokal zuständigen Amtsgericht gehen und Fahrtkosten beantragen. Auch dazu braucht er einen Nachweis der Mittellosigkeit und hier auch noch die Ladung des Gerichtes oder der Behörde.

Wenn Sie dann Ihr Ziel erreicht haben, sollten Sie im Zweifel den Richter darum bitten, sich um eine Rückfahrkarte für Sie zu kümmern.

Die Justiz wird in der Regel nur Fahrten in der 2. Klasse per Eisenbahn oder Öffentlichen Personennahverkehr bezahlen. Reisen in der 1. Klasse oder Flüge werden daher eher nicht bewilligt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht

Bundesweite Verteidigung, Copyright Malte Höpfner

Bei längeren Terminen bezahlt die Justizkasse auf Antrag auch Tagegelder und Übernachtungskosten.

Wenn Sie mich als Verteidiger haben, werde ich Sie gern bei diesem Antrag unterstützen.

Keine Alternative ist es jedenfalls den Termin zu versäumen, da das Gericht dann in der Regel den roten Zettel ausfüllen wird und danach zwar Reise- und Unterbringungskosten direkt vom Staat übernommen werden, die Unterbringung aber in einer JVA erfolgt und der Transport gefesselt in Begleitung von Justizwachtmeistern.

Nach einem Freispruch kann der ehemalige Angeklagte seine Reisekosten gegenüber der Landeskasse als erstattungsfähige Auslagen in Ansatz bringen. Bei einem Verhandlungstag in Berlin dürfte hier aber der Aufwand für den Antrag meist den Nutzen übersteigen. Bei mehreren Verhandlungstagen, Anreisen aus der Ferne oder bei Taxikosten eines Gehbehinderten sollte man den Antrag aber nicht vergessen.


Sonntag 1. November 2015


Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft wird umgangssprachlich als U-Haft abgekürzt und diese Abkürzung ist eine der wenigen Abkürzungen im Justizbereich, die auch jedem Laien bekannt ist. Vieles andere scheint aber nicht bekannt zu sein, insbesondere Politikern und der Presse. In der Zeitung liest man dann auch immer wieder, „Skandal – Ermittlungsrichter lässt jugendlichen Räuber wieder frei“ oder Politiker fordern, „Wir erwarten von der Justiz jetzt das Zeichen, dass diese Brandstifter in U-Haft kommen.“

Solche falschen Erwartungen sind für den Strafjuristen schwer nachvollziehbar, da er die gesetzlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft in §§ 112ff. StPO kennt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht, Untersuchungshaft

Ermittlungsrichtersaal im Amtsgericht Tiergarten – Copyright Malte Höpfner

Ein dringender Tatverdacht muss bestehen und dieser liegt dann vor, wenn eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit besteht.

Die zweite Voraussetzung ist der Haftgrund und das sind in Deutschland nur Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr.

Eine Fluchtgefahr liegt, wenn die zu erwartende Strafe einen Fluchtanreiz bietet und die persönlichen Umstände diese nicht widerlegen. Da die Abwägung umfassend zu erfolgen hat, mag bei dem einen Beschuldigten schon eine U-Haft bei einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verhängt werden, während ein anderer bei einer zu erwartenden Strafe von 4 Jahren noch nicht in die U-Haft kommt. Die Fluchtgefahr ist der häufigste von Ermittlungsrichtern angewendete Haftgrund.

Die Verdunkelungsgefahr liegt vor, wenn der Beschuldigte davon abgehalten werden soll, Beweismittel zu vernichten oder zu verändern, wobei auch Zeugen Beweismittel in diesem Sinne sind. Sobald die Beweissicherung aber abgeschlossen ist, entfällt die Verdunkelungsgefahr.

Sowohl Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr lassen den Zweck der U-Haft erkennen und das ist die Sicherung des Verfahrens. Die Hauptverhandlung soll nicht deshalb entfallen, weil der Beschuldigte geflohen ist oder Beweismittel vernichtet hat.

Deshalb ist der Haftgrund Wiederholungsgefahr auch nur nachrangig, er soll Serientäter von weiteren Straftaten abhalten.

Bei dem oben genannten jugendlichen Räuber erschien der jugendliche Beschuldigte pünktlich zum Gerichtstermin, womit sich die Prognoseentscheidung des Ermittlungsrichters als richtig gezeigt hatte, darüber berichtete nun aber keine Zeitung.

Bei Aufforderungen von Politikern an Ermittlungsrichter „Zeichen zu setzen“ handelt es sich meiner Ansicht nach, klar um eine Aufforderung eine strafbare Rechtsbeugung zu begehen. Die Justiz darf Zeichen setzen und Abschreckung in ihren Urteilen betreiben, die Forderungen der Politiker hingegen greifen die Unschuldsvermutung an. Da soll dann ein möglicherweise Unschuldiger zu Unrecht in die U-Haft kommen, um damit politische Botschaften zu senden.

Nach der Prüfung der Haftgründe muss der Ermittlungsrichter die Verhältnismäßigkeit prüfen. Wenn die Straferwartung nur bei sechzig Tagessätzen liegt, wäre eine viermonatige Untersuchungshaft wohl falsch. Bei Bagatelldelikten wird der Richter im Übrigen besonders genau die Verhältnismäßigkeit von U-Haft abwägen. Das gleiche gilt, wenn die Justiz zu zügigen Verhandlungen nicht in der Lage ist. Wenn durch Auflagen die Fluchtgefahr abgewendet werden kann, so kann die Untersuchungshaft zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Die am meisten gebräuchliche Auflage in Deutschland ist die Meldeauflage bei der Polizei, bei Beschuldigten mit Auslandsbezug werden die Pässe eingezogen. Anders als in den USA findet in Deutschland die Sicherheitsleistung durch Geld, die Kaution, nur selten Anwendung und die Summen sind meist erheblich niedriger.

Wenn ein Angeklagter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung erscheint, kann gemäß § 230 Abs. 2 StPO ein Haftbefehl erlassen werden, was eine Sonderform der U-Haft darstellt.


Donnerstag 1. Oktober 2015


Reform des Mordparagraphen

Am 14.09.2015 war ich zu einer Diskussionsveranstaltung zur Reform des Mordparagraphen in die saarländische Landesvertretung in Berlin eingeladen worden.

Es ging um die vom Justizminister Maas beabsichtigte Reform der Tötungsdelikte, vereinfacht der Reform des Mordparagraphen. In der Rechtswissenschaft diskutierte man verstärkt seit den Sechzigerjahren über eine Reform, damals mehr aus Prinzip, heute eher mit dem Wissen praktischer schiefer Fälle.

Auch auf der Veranstaltung wurde der 1941 eingeführte Paragraph mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und man unterschlug, dass der Paragraph eine Kopie aus einem Entwurf für ein Schweizer Strafgesetzbuch war. Der Verfasser des Schweizer Entwurfes von 1893, ein Herr Stooss, hatte sich für seinen Entwurf an einer volkstümlichen, traditionellen Wertethik orientiert.

Überzeugender als Änderungsgrund waren für mich die Gerechtigkeitslücken und Schieflagen, die der heutige Mordparagraph immer wieder verursacht. Vorgetragen wurden einige reale Beispielfälle. So kümmerte sich ein Rentner über Jahre aufopferungsvoll um seine demente und lang dahin siechende Ehefrau. Am Ende erstickte er seine schlafende Frau aus Liebe und um ihr weiteres Leiden zu ersparen mit einem Kissen. Wegen des Ausnutzens des Schlafes war die Tat heimtückisch und nur eine lebenslange Freiheitsstrafe nach dem Wortlaut des § 211 StGB denkbar.
Ein Chef einer Rockerbande ließ einen Aussteiger wegen des Verstoßes gegen den Ehrencodex in den Wald bringen und exekutierte ihn nach stundenlanger Todesangst. Nach sechs Jahren war der nur wegen Totschlages verurteilte Rocker wieder frei. Die ausgeurteilten Ergebnisse waren in Hinblick auf die Gesetzeslage absolut korrekt – anhand dieser beiden Beispiele mag sich jeder Leser selbst ein Bild machen, ob es Schieflagen beim Mordparagraphen gibt.

Eine andere schiefe Tatkonstellation ist die Gewalt in der Ehe. Der Haustyrann, der seine Frau totprügelt, wird wegen Totschlages zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt und ist nach einigen Jahren wieder auf der Straße. Die eingeschüchterte Frau, die nach langen Leidensjahren vielleicht nicht einmal wegen sich selbst, sondern aus Sorge um das ebenfalls misshandelte Kind den schlafenden Haustyrannen mit der Bratpfanne erschlägt, wird wegen Heimtücke zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haustyrannenfall ist das Lieblingsbeispiel des Bundesjustizministers. Auch der Strafverteidiger Prof. Dr. Stefan König kannte solche Fälle aus der Praxis und diese waren auch eine Motivation für den Reformvorschlag des Deutschen Anwaltsvereins.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen äußerte die Sorge, dass nach einer Reform faktisch die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft würde. Hier wies Prof. Dr. Michael Kubiciel daraufhin, dass die Schweiz die Absolutheitsregel bei Tötungsdelikten schon vor einigen Jahren abgeschafft hätte und es danach dort nur geringe Veränderungen bei der Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe gegeben hätte.

Prof. Dr. Albin Eser wurde zur deutschen Strafhöhe im internationalen Vergleich befragt und wies daraufhin, dass man die reine Strafhöhe nicht sinnvoll vergleichen könne. In Großbritannien seien die verhängten Freiheitsstrafen erheblich höher als in Deutschland. Die Verurteilten kämen aber wegen der eher großzügigen Vollstreckungsregeln aber eher als in Deutschland wieder frei.

Prof. Dr. König äußerte Kritik an der Einführung an dem qualifizierenden Gesinnungsmerkmal „rassistisch/fremdenfeindlich“ und fragte, wo denn der Unterschied sei, ob jemand wegen seiner Hautfarbe oder wegen einer falschen Musikrichtung getötet werde. Der Bundesjustizminister ging nicht wirklich darauf ein, sondern verwies recht grob auf notwendige politische Zeichensetzung.

Die Veranstaltung war recht kurzweilig und trotz Juristen auf dem Podium kam doch wenigstens zeitweilig auch etwas Spannung auf. Nach dem Schluss der Diskussion verlagerten sich die Gespräche recht schnell zum Büffet im Eingangsbereich der Landesvertretung und hier konnte ich mit Prof. Dr. König über Vor- und Nachteile der verschiedenen Reformvorschläge diskutieren und fand dann noch Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit dem Bundesjustizminister, um in einer anderen Sache eine mögliche Gesetzesänderung zu erörtern.


Montag 15. Juni 2015


Mengenbegriffe im Betäubungsmittelgesetz

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) kennt drei verschiedene Mengenbegriffe. Die drei Mengenbegriffe „geringe Menge“, „normale Menge“ oder auch „einfache Menge“ genannt und die nicht geringe Menge führen zu unterschiedlichen Strafrahmen.

1. Bei der geringen Menge kann von der Verfolgung abgesehen werden. Anders als vielfach in der Gesellschaft vermutet, liegt jedoch kein strafloses Tun, sondern Staatsanwaltschaft und Gericht können von der Strafverfolgung absehen. Das kann bei Eigenverbrauch der Fall sein, wenn keine Fremdgefährdung vorliegt. Eine solche wird in „geschützten“ Räumen angenommen, wozu man Justizvollzugsanstalten, Kasernen, Schulen oder auch Drogenrehabilitationseinrichtungen zählt.

Die Abgabe auch von geringen Mengen an Drogen durch Erwachsene an Minderjährige wird jedoch als Verbrechen, mit einer Mindeststrafe von einem Jahr gewertet, § 29a Abs. 1 BtMG.
Ein Drogendealer, der heute nur geringe Mengen bei sich führt, wird nach einer mehrfachen Festnahme sicherlich auch nicht mehr mit einer Einstellung rechnen können. Da funktioniert die allgemeine Taktik, das Geschäft in Verkäufer, Läufer und Bunker aufzuteilen und den Läufer nur mit Kleinstmengen auszustatten, nur begrenzt.

Die geringe Menge unterscheidet sich von Droge zu Droge und von Bundesland zu Bundesland. In der Regel geht die Justiz aber von 3 Konsumeinheiten aus. Die Konsumeinheit wird bei Marihuana mit 2 Gramm angesetzt, so dass man auf eine Freigrenze von 6 Gramm kommt. Die geringe Menge von 6 Gramm ist der Standard in den Bundesländern. Mecklenburg weicht mit 5 Gramm davon nach unten ab, während Berlin zwischen 10 und 15 Gramm ansetzt. Die abweichende Berliner Regelung verstößt zwar gegen das Grundgesetz und Völkerrecht, aber hier wird man als Verteidiger sicher nicht protestieren.

Bei anderen Drogen gibt es teils formelle Regelungen und auch informelle Regelungen. Bei Heroin kann bis 1 Gramm eine Einstellung erfolgen, während Kokain in manchen Ländern von 1-3 Gramm eingestellt wird. Bei Ecstasy wird je nach Bundesland das Verfahren bei 3-20 Tabletten eingestellt.

Der Konsument sollte aber auch wissen, dass die Polizei auch geringe Mengen von Drogen beschlagnahmen wird und dass beim Führen eines Fahrzeugs auch noch andere Straftatbestände in Betracht kommen können.

2. Die „normale“ oder auch „einfache“ Menge ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt, aber ergibt sich nach dem Ausschlussverfahren. Es handelt sich um eine Menge, die größer ist als die geringe Menge und aber auch kleiner als die „nicht geringe Menge“.

3. Die „nicht geringe Menge“ ist höher als die normale Menge. Im Schnitt kann man sagen, dass die nicht geringe Menge beim zehnfachen der geringen Menge beginnt. Korrekt gibt es aber für jede Droge festgesetzte Grenzwerte, die sich im Übrigen auf die Substanz und nicht auf die Bruttomenge beziehen. Hundert Gramm Kokaingemisch mit einem Substanzgehalt von 1 Prozent reinen Kokain und 99 Prozent Milchpulver sind also weniger als zehn Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgrad von 50 Prozent.

So hatte ich ein Verfahren, wo die Angeklagten zwar zuerst sauer auf ihren Lieferanten wegen des verschnittenen Stoffes waren, sich dies aber nach ihrer Festnahme sehr schnell änderte, als das durch die Staatsanwalt in Auftrag gegebene Gutachten bestätigte, dass das beschlagnahmte Amphetamin nur zwischen 3-4 Prozent Amphetaminbase aufwies. Die schlechte Qualität kam ihnen nun im Strafprozess zu Gute.


Montag 1. Juni 2015


Unter Strom

Auch wenn Strafverteidiger unter Strom stehen mögen, benötigen unsere Notebooks im Gerichtssaal Elektrizität aus einer herkömmlichen Steckdose. Und hier stellt man dann schnell fest, dass die Justiz entweder geistig noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen ist oder ein Problem mit der Herstellung von Waffengleichheit hat.

In einem Zivilprozess sind die Probleme wegen der kürzeren Verhandlungen vermutlich noch verschmerzbar, aber eine Verhandlung vor einem Strafgericht läuft gern schon einmal mehr als fünf Stunden und auch acht Stunden sind keine Seltenheit. Hier versagt dann jeder Akku und man ist auf eine stationäre Stromversorgung angewiesen.

In einem Verfahren in einem alten Berliner Gerichtssaal mussten ein Kollege und ich uns eine Steckdose teilen und luden unsere Notebooks nun abwechselnd. Der Verteidigerkollege zeigte mir dann auch noch stolz seinen Ersatzakku, bzw. das Powerpack und stellte dann enttäuscht fest, dass sein Büropersonal am Vortag vergessen hatte, den Akku zu laden. In anderen Verfahren verteilten sich die Verteidiger nach den notwendigen Abständen zu den Steckdosen im Gerichtssaal, während mir manchmal Justizwachtmeister, Protokollanten und Richter halfen, mein Notebook an eine Steckdose auf der Richterbank anzuschließen.

In einem Verfahren schlug ein Staatsanwalt auf eine Beschwerde von Verteidigern vor, dass wir doch mit Verlängerungskabeln kommen sollte, worauf ihm ein Kollege erwiderte, dass wir ja alternativ auch benzinbetriebene Generatoren oder ganze Kabeltrommeln mitbringen könnten. Ein Justizwachtmeister wies bei der Diskussion im Gerichtssaal dann darauf hin, dass wild verlegte Stromkabel von Verteidigern als Stolperfallen schon Zeugen zu Boden geschickt hätten. Staatsanwälte stellen auch oft die Frage in den Raum, ob Verteidiger überhaupt vom Strom aus den Steckdosen der Justiz legal konsumieren dürfen. Staatsanwälte übersehen dabei, dass sie selbst nicht dem Gericht angehören und dass für sie ebenfalls keine Regelung galt.

Ich sprach einen zivilrechtlichen Kollegen, der auch Abgeordneter in Berlin ist, auf das Problem an. Der praxiskundige Kollege startete eine Anfrage im Abgeordnetenhaus an den Senat von Berlin. Für Berlin erklärte die Senatsjustizverwaltung, dass der Strom für die technischen Geräte von Verteidigern entsprechend mangels anderer Regelungen im Gerichtskostengesetz kostenlos sei. Auch kündigte man dann an, dass im Kriminalgericht der Einbau von Steckdosen an den Plätzen der Verteidiger beginnen würde.

Während ich nun in einigen Sälen zufrieden die Erfolge meines Bemühens beobachten konnte, gab es in anderen Sälen durch die Justizverwaltung vorgeschobene Bedenken wegen des Denkmalschutzes. Dabei wären Steckdosen gerade an den Sitzplätzen der Verteidiger in den historischen Sälen problemlos mit einem schon vorhandenen Sichtschutz einzurichten.

Während die Bundesregierung schon die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen plant, scheitert die Umsetzung auf Länderebene schon an solchen Kleinigkeiten wie ausreichend Steckdosen in Gerichtssälen.

In den Justizvollzugsanstalten hinkt man selbst den Gerichten noch hinterher. Hier scheint es bundesweit noch kein Konzept zu geben, wie man den Gefangenen ermöglicht, vom Akteninhalt Kenntnis zu nehmen und ihre Verteidigung vorzubereiten. Ganze Kopienbände scheiden in Großverfahren, zum einen wegen des Brandschutzes in den Zellen, als auch wegen der fehlenden Praktikabilität, aus. Die Lösung wird hier sein, dass die Justizvollzugsanstalten, im Bios gegen unerlaubte Nutzungen gesicherte, Notebooks den Gefangenen zur Verfügung stellen.


Freitag 1. Mai 2015


Fehlerbehafteter Journalismus

Bei der Presseberichterstattung über Gerichtsverfahren stelle ich häufig Fehler fest. In Bayern war ich nun jüngst selbst betroffen, als die Presse einen von mir erkämpften Freispruch, nachträglich zu einer moralischen Anklage gegen den Freigesprochenen nutzte.

Solche journalistischen Anklagen von unfähigen Richtern und moralisch verkommenen Verteidigern lassen sich vermutlich besser, als einen vernünftig das Urteil erklärenden Text, verkaufen und sind sicherlich auch schneller und einfacher zu schreiben.

Vielleicht fehlt den Journalisten aber auch einfach nur das Handwerkszeug und die Zeit zur Recherche. In der Berliner Zeitung ärgerte ich mich am 26.03.2015 gleich zweifach über die fehlende juristische Kompetenz der Artikelschreiber. Im ersten Artikel zu einem Berliner Fall schrieb der Journalist, dass der Täter zu einer Bewährungsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden war. Meinen Mandanten sehe ich solche Auskünfte als Laien nach, wenn ich sie zu Vorstrafen befrage. Ein Journalist sollte aber wissen, dass man nur zu einer Bewährungsstrafe von maximal 2 Jahren verurteilt werden kann. Die Bewährungszeit kann dann regulär bis zu fünf Jahre betragen.

Im nächsten Artikel zu einem Brandenburger Fall wurde dann über den Suizid eines Autohändlers in der JVA Brandenburg berichtet, den wenige Stunden zuvor das Landgericht Potsdam zu 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt hatte. Der Autor schrieb dazu, dass der Verurteilte noch in Berufung hätte gehen können. Auch Journalisten sollten wissen, dass Berufungen nur gegen Urteile des Amtsgerichts möglich sind. Gegen Urteile des Landgerichts ist nur die Revision möglich und eine solche Überprüfung auf Rechtsfehler hat statistisch erheblich geringere Erfolgsaussichten als eine Berufung, die faktisch eine zweite vollständige Tatsacheninstanz darstellt. Mit diesem Hintergrundwissen hätte der Journalist den Selbstmord vielleicht weniger unerklärlich gefunden.


Freitag 7. November 2014


Rockerprozess in Moabit behindert Verteidigung in anderen Verfahren

Wieder einmal war der Zugang zum inhaftierten Mandanten vor und nach einer Verhandlung Thema für mich geworden. Am 07.11.2014 fand im Kriminalgericht Moabit vor einer Strafkammer des Landgerichts ein Prozess gegen Rocker der Hells Angels unter erhöhten Sicherheitsbedingungen statt. Aus Angst vor Gefangenenbefreiungen, wegen einem im Zeugenschutzprogramm befindlichen Angeklagten und Trennungsanweisungen für andere Angeklagte sperrte man den Vorführzellenbereich an den Tagen dieses Prozesses für Verteidiger.

Ich bespreche mich vor und nach einer Verhandlung mit den inhaftierten Mandanten im Vorführzellenbereich, so wie ich umfangreiche Vor- und Nachbesprechungen mit den nicht inhaftierten Mandanten vor dem Saal durchführe. Nach den früheren großen Besprechungen in der Kanzlei oder in der Haftanstalt kann man so noch schnell aktuelle Probleme besprechen und wirkt auch noch beruhigend auf Mandanten.

Nachdem ich schon vor kurzem ein ähnliches Problem mit dem Zugang zu einem polizeilich vorgeführten Angeklagten erfolgreich mit dem Präsidium des Amtsgericht Tiergarten durchgekämpft hatte, wendete ich mich diesmal gleich an den Sicherheitschef des Kriminalgerichts und klärte mit ihm, dass ich mein verfassungsrechtlich hergeleitetes Recht als Verteidiger auf Zugang zum Mandanten wahrnehmen konnte. Nach einem Anruf bei den Justizwachtmeistern durch den Sicherheitschef konnte ich nun doch runter in die Katakomben des Kriminalgerichts Berlin. Wie mir die Justizwachtmeister später erzählten, sei ich der einzige Verteidiger an diesem Tag gewesen, der Zugang zum Vorführbereich erhalten hat.

Der Rockerprozess hatte mit seinen Sicherheitsverfügungen auf getrennte Unterbringung der mehreren Angeklagten auch noch dazu geführt, dass der schon durch Baumaßnahmen beeinträchtigte Vorführzellenbereich, nun endgültig überlastet war und man meinen Mandanten mit anderen Gefangenen gemeinsam untergebracht hatte. Auch hier konnte ich erfolgreich auf eine einzelne Unterbringung des gesundheitlich beeinträchtigten Mandanten hinwirken.

Auch wenn ich im Gegensatz zu anderen Verteidigerkollegen im konkreten Fall erfolgreich war, bemühe ich mich aber auch um eine generelle Lösung des Problems, den Zugang von Verteidigern zu ihren Mandanten sicher zu stellen. Um dies zu erreichen, habe ich die Vereinigung Berliner Strafverteidiger gebeten sich um eine generelle Klärung des Problems zu bemühen.

Der Erfolg im konkreten Fall zeigt aber zumindest, dass man sich nicht von den Anfangswiderständen der Justiz abhalten lassen sollte, sondern mit Engagement den Erfolg schon erkämpfen muss.


Mittwoch 15. Oktober 2014


Telekommunikationsüberwachung – Im Fegefeuer der Langeweile

Zwei kleine Lautsprecher wurden vor einem Mikrofon des Saals A 700 aufgestellt und übertrugen den Ton vom Notebook des Vorsitzenden Richters auf die Lautsprecheranlage des Saals. Rückkopplungen waren dadurch garantiert, aber die daraus resultierenden Kopfschmerzen hielten zumindest jeden Anwesenden wach. Wenn man sich über Stunden die Aufzeichnungen einer Telekommunikationsüberwachung anhört, versteht man warum man sich vor einer flächendeckenden Überwachung nicht zu fürchten braucht. Die Aufzeichnung von Telekommunikation ist in den heutigen Zeiten einfach geworden, aber es benötigt immer noch Personal, welches sich die Aufzeichnungen anhört, eventuell auch noch übersetzt und auswertet. Von den beteiligten Polizisten weiß man, dass sich dieser Job nicht über 8 Stunden durchhalten lässt.
Die interessanten Informationen stellen dann auch nur einen Bruchteil der Gesamtlänge dar. In der Regel handelt es sich um eine Masse von Belanglosigkeiten und Alltagsgerede. Man taucht nicht ein in eine fremde Welt, sondern wendet sich recht schnell gelangweilt ab und muss sich dazu zwingen weiter zuzuhören, um nicht doch das einzelne wichtige Informationsfragment zu verpassen. Als Verteidiger hat man schon die schriftlichen Protokolle der TKÜ gelesen und sucht im besten Fall nach bedeutsamen Übertragungsfehlern der Polizei. Wenn die vorgespielten Aufzeichnungen dann nicht einmal den eigenen Mandanten, sondern einen Mitangeklagten betreffen, kann man beobachten, wie die Kollegen vom Schlaf übermannt werden. Da ist es dann schon interessanter die Richterbank zu beobachten, um festzustellen, ob vielleicht ein Schöffe dabei ist gerade einzuschlafen.


Mittwoch 1. Oktober 2014


Flucht oder „Am Ende gewinnt immer die Justiz“

Der britische Postzugräuber Ronald Biggs war 35 Jahre auf der Flucht gewesen, bevor er freiwillig in sein Heimatland zurückkehrte. Diese Fluchtdauer ist in der jüngeren Justizgeschichte in der westlichen Welt und für eine Person ohne Verbindung zum organisierten Verbrechen ohne Frage selten.
Dem Flüchtigen in Deutschland fehlt es an der Regel an Unterstützern, Geld, einer Perspektive oder auch nur einem Plan. In der Regel werden Gerichtstermine versäumt, weil man den Kopf in den Sand steckt, keine Kalender führt oder verschläft. Oft ist es auch eine Kurzschlussreaktion sich der Justiz zu entziehen.
Bei Jugendlichen ordnet der Jugendrichter meist zuerst nur eine polizeiliche Vorführung an. Dabei holt dann die Polizei am frühen Morgen vor dem Termin oder auch am Abend zuvor den Säumigen aus seiner Wohnung ab. Nach einigen Stunden im Polizeigewahrsam erfolgt dann die Vorführung zum Gericht. Nur wenn dies nicht funktioniert, wird wie bei Erwachsenen der rote Zettel ausgefüllt, der Haftbefehl. Beim Versäumen eines Termins halte ich es immer noch für das Mittel der Wahl sich mit dem Anwalt beim zuständigen Richter selbst zu stellen. Meist gelingt es dem Verteidiger dann noch zumindest den Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug setzen zu lassen.
Bei jungen Mandanten war ich immer überrascht, wie schnell doch die Flucht endete. Es waren Routinekontrollen auf der Straße oder Razzien zum Jugendschutz in Diskotheken, wo Personalien überprüft wurden und dann die Handschellen klickten. Mal 3-4 Tage und maximal 2 Wochen dauerten hier die Fluchten.
Ein Fall war besonders juristisch interessant. Nach einer niedrigen Freiheitsstrafe hatte der Verurteilte die Bewährungsauflagen gebrochen und war nach der Ladung zum Haftantritt abgetaucht. Bei der niedrigen Strafe wäre die Vollstreckung nach 5 Jahren verjährt gewesen, aber nach 4 Jahren und 7 Monaten klickten die Handschellen.
Bei längerer Fluchtdauer und schwereren Straftaten wird in der Regel auch die Zielfahndung in Bewegung gesetzt. Dies sind dann auf die Verfolgung von Flüchtigen spezialisierte Polizisten. Hier werden Kontakte des Flüchtigen ergründet, Familienmitglieder befragt oder auch überwacht und Bewegungsprofile erstellt. Letztendlich ist die Zielfahndung fast immer erfolgreich.
Die Flucht ins Ausland ist nur selten eine Lösung, da kaum ein Staat Gewaltverbrecher gerne aufnimmt. Da braucht es dann für eine schnelle Abschiebung ins Heimatland keinen Auslieferungsvertrag. Bei Steuervergehen und Wirtschaftsstraftaten sind die Fluchtchancen schon erheblich besser. Innerhalb der Europäischen Union gibt es noch den Europäischen Haftbefehl, während sich ein Flüchtiger vor einer Flucht in andere Länder fragen sollte, ob er sich dies wirklich antun will. Korrupte Polizisten gibt es außerhalb der EU doch erheblich häufiger und ein Flüchtiger mit Geld ist ein gutes Ziel für einen Nebenerwerb. Er wird solange gemolken, bis sein Geld erschöpft ist und dann im besten Fall für den Flüchtigen doch abgeschoben. Für einen Flüchtigen ist aber auch die Gefahr größer, dass man ihn gleich ganz verschwinden lässt, da das Risiko dafür erheblich geringer als bei anderen Personen ist.
Ich würde deutsche Gefängnisse keinesfalls als Luxusknäste bezeichnen, aber das Schlechte zeichnet sich dadurch aus, dass es auch immer schlimmer geht. In diesem Sinne kann man konstatieren, dass die meisten Gefängnisse im Ausland erheblich schlechter sind und dazu kommt dann noch das Problem, das der deutsche Gefangene meist die dortige Sprache nicht spricht. Da kommt dann schon Freude auf, wenn eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft alle paar Wochen zu Besuch kommt. In Auslieferungshaft befindlich, schalten viele Flüchtige dann schnell um und wollen nun eine Beschleunigung ihrer Auslieferung, um den ausländischen Gefängnissen zu entkommen.
Ein Flüchtiger wird sich bis zur Verjährung oder bis zu seinem Lebensende immer wieder umsehen müssen – das ist der Preis, der auch bei einer erfolgreichen Flucht zu zahlen ist.


Montag 15. September 2014


Kostümball im Kriminalgericht

Am 05.09.2014 war ich überrascht, als vor dem Verhandlungssaal drei eigenartig aussehende Gestalten saßen. Bei strafgerichtlichen Verhandlungen sieht man oft absonderliche Personen, aber diese drei übertrafen alles bisher Erlebte. Die Perücken waren so offensichtlich wie der falsche Kinnbart eines der Männer. Besser war dann schon der aufgesprühte Dreitagebart bei dem neben ihn Sitzenden. Ich sah sie mir genauer an und stellte fest, dass graue Sprühfarbe einen der Männer älter machen sollte, während bei einem der anderen erhebliche Mengen von Lidschatten verwendet worden waren. In diesem Großverfahren verteidigten wir zu zweit und meine Kollegin machte mich noch darauf aufmerksam, dass man bei einem der Männer auch die oberen Augenlider hochgeklebt hatte, eine sicher schmerzhafte Prozedur.

Es war keine Mitglieder eines Karnevalsvereins, sondern Beamte des Sondereinsatzkommandos (SEK), die in unserem Verfahren aussagen mussten. Um ihre Identität geheim zu halten, war die Maskerade erfolgt. Einfacher wäre es natürlich gewesen Sturmhauben aufzusetzen. Die Maskerade ermöglichte es aber die Gesichtszüge zu beobachten, ein wichtiges Mittel für jeden, der die Glaubhaftigkeit einer Aussage einschätzen will.

Nach den SEK-Beamten kamen Observationsbeamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), die ebenfalls verkleidet waren und hier war einer grotesker als der andere anzusehen. Die Kleidung stammte vermutlich aus der Kleiderkammer einer Obdachloseneinrichtung und schlotterte an den Körpern. Einer der MEK-Beamten trug unter seinem T-Shirt noch künstliche aufgepolsterte Muskelpakete, die auch seine Statur unkenntlich machten. Während die SEK-Beamten Perücken mit Zöpfchen verwendet hatten, erhielten die MEK-Beamten gelockte Perücken, die den Eindruck erweckten, dass man sie einem bekannten Comedydarsteller weggenommen hätte.

Die Vorbereitungen der Kostümierungen fanden in einem Nachbarraum des Verhandlungssaals statt und wurden von einem Dienstvorgesetzten der Polizisten überwacht, der auch immer noch eine letzte Prüfung vor dem Verhandlungssaal vornahm. Bei einem Gespräch auf dem Flur konnte man noch erfahren, dass ein professioneller Maskenbildner im Hintergrund wirkte. Im Ergebnis war sicher keiner der Zeugen nach Verlassen des Gerichtes an seinem Aussehen zu identifizieren, nur die Stimmen blieben unverändert.

Für die anwesenden Referendare der anderen Verteidiger war dieser Hauptverhandlungstag fraglos eine große Show, während sonst weder Zuschauer noch Pressevertreter den Weg zu A 700, den prominentesten Saal des Kriminalgerichts Berlin, gefunden hatten.


Freitag 15. August 2014


Strafverteidigung und Presse

Der Umgang mit der Presse ist für jeden Strafverteidiger ein gefährliches Spielfeld, neben dem eigentlichen Strafprozess. Früher galt für die meisten Strafverteidiger, dass Schweigen gegenüber der Presse der Goldstandard sei. Anders handelten meist nur Verteidiger in politischen Verfahren und einige geltungsbedürftige Rechtsanwälte. Heute ist der Goldstandard leider nicht mehr so eindeutig, seit Staatsanwaltschaften das Gebot der Neutralität verlassen haben und von sich aus die Presse mit Informationen und Wertungen anfüttern und versuchen so das Gericht schon vor der Hauptverhandlung unter Druck zu setzen. In diesen Fällen können eigene wohlüberlegte Stellungnahmen der Verteidigung doch sinnvoll sein. Manchmal ist es auch die Stellungnahme, vor der Hauptverhandlung nichts zu sagen und der Presse freundlich Begriffe wie Unschuldsvermutung und Rechtsstaatlichkeit zu erklären.

In größeren Verfahren von finanziell liquiden Beschuldigten erlebt man heute immer öfter, dass neben zwei Verteidigern nun auch ein spezialisierter Presserechtler dem Verteidigerteam angehört und die dritte Position besetzt. Dies ist sicherlich ein idealer Weg, nur vermutlich für die wenigsten Beschuldigten finanzierbar.

In normalen Verfahren mit Pressefotografen reicht es in Berlin schon dem eigenen Mandanten eine Zeitung oder einen Aktenordner zu reichen, um das Gesicht zu verdecken. In Berlin gibt es hierbei meist wenige Probleme, da es für Pressefotografen strenge und eindeutige Anweisungen des Gerichtspräsidiums gibt. Die Generalanweisung scheint nach mehreren Verfassungsbeschwerden von beiden Seiten und anschließenden Anpassungen nun wohl die Idealform gefunden zu haben. Geregelt wird das Fotografieren im Gebäude, auf den Gängen und in der kurzen Phase zwischen Aufruf und Verhandlungsbeginn im Gerichtssaal.

Da die Gerichtspräsidien in anderen Bundesländern auf solche Generalanweisungen unverständlicherweise verzichtet haben, kann man immer noch von Verfahren wegen Nötigung und Körperverletzungen unter Beteiligung von Pressefotografen lesen. So wie in der ungeregelten Frühzeit in Berlin ein Journalist von einem älteren Beschuldigten mit dem Stock verprügelt wurde, war auch in Hamburg noch kürzlich zu klären, ob Notwehr gegen einen aufdringlichen Pressefotografen vorlag. Während in Hamburg die letztendliche Klärung aussteht, wurde in Berlin damals der stockschwingende Rentner freigesprochen.

Insgesamt halte ich Distanz zur Presse für sinnvoll, auch wenn mancher Rechtsanwalt die Presse schon sehr gut für die eigene Werbung zu nutzen weiß. Nur sehe ich aber auch Fälle, wo man nicht mehr erkennt, in wessen Interesse Verteidiger eigentlich ihre Stellungnahmen gegenüber der Presse abgeben. Auch die schreibende Zunft setzt gezielt auf Hintergrundinformationen von Verteidigern, das konnte ich neulich auf einer Tagung in Berlin sehen, als die Gerichtsreporterin des Spiegel den engen Kontakt zu Strafverteidigern suchte und ihren Sitzplatz zwischen den Verteidigern über die gesamte Tagung auch beibehielt. In der Masse der Verfahren werden Informationen aber meist von Polizei, Nebenklägervertretern und der Staatsanwaltschaft zur Presse durchgesteckt. In diesem Wettlauf des Geheimnisverrates sind die Verteidiger ehrenvoll auf der letzten Position geblieben.

Einmal in den letzten Jahren machte ich von meinen Prinzipien gegenüber der Presse eine Ausnahme, als mich ein Mandant bat mit einer ihm bekannten Gerichtsreporterin zu sprechen. Da er auch nach meiner ablehnenden Beratung an seinem Wunsch festhielt, sprach ich doch noch mit der Gerichtsreporterin einer Berliner Tageszeitung. Immerhin galt dann hier das Prinzip, dass man den Mandanten bestmöglich berät, aber er letztendlich die Entscheidungen im Verfahren selbst treffen muss.


Dienstag 15. Juli 2014


Geldwäsche, § 261 StGB

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1. Verbrechen,

2. Vergehen nach a) § 332 Abs. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und § 334, b) § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes und § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,

3. Vergehen nach § 373 und nach § 374 Abs. 2 der Abgabenordnung, jeweils auch in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen,

4. Vergehen a) nach den §§ 152a, 181a, 232 Abs. 1 und 2, § 233 Abs. 1 und 2, §§ 233a, 242, 246, 253, 259, 263 bis 264, 266, 267, 269, 271, 284, 326 Abs. 1, 2 und 4, § 328 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 348, b) nach § 96 des Aufenthaltsgesetzes, § 84 des Asylverfahrensgesetzes, nach § 370 der Abgabenordnung, nach § 38 Absatz 1 bis 3 und 5 des Wertpapierhandelsgesetzes sowie nach den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, § 142 des Patentgesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes und § 39 des Sortenschutzgesetzes, die gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, und

5. Vergehen nach § 89a und nach den §§ 129 und 129a Abs. 3 und 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, sowie von einem Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1) begangene Vergehen.

Satz 1 gilt in den Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 der Abgabenordnung für die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen und unrechtmäßig erlangten Steuererstattungen und -vergütungen sowie in den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 auch für einen Gegenstand, hinsichtlich dessen Abgaben hinterzogen worden sind.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Gegenstand 1. sich oder einem Dritten verschafft oder 2. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nicht nach Absatz 2 strafbar, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen.

(7) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. § 73d ist anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

(8) Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeichneten Gegenständen stehen solche gleich, die aus einer im Ausland begangenen Tat der in Absatz 1 bezeichneten Art herrühren, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist.

(9) Nach den Absätzen 1 bis 5 wird nicht bestraft, wer 1. die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlaßt, wenn nicht die Tat in diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte, und 2. in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt, auf den sich die Straftat bezieht. Nach den Absätzen 1 bis 5 wird außerdem nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist.

(10) (weggefallen)

Fußnote § 261 Abs. 2 Nr. 1: Nach Maßgabe der Entscheidungsformel mit GG (100-1) vereinbar gem. BVerfGE v. 30.3.2004 I 715 (2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01)

 Geldwäsche in der nichtstrafbaren Form

Geldwäsche in der nichtstrafbaren Form

 

„Warnung vor leichtfertiger Geldwäsche“

In der anwaltlichen Praxis sehe ich diesen Paragraphen meist in der Variante der leichtfertigen Geldwäsche.

An Laternen oder U-Bahneingängen kleben in Berlin oft Zettel, wie „Nebenjob mit gutem Gewinn, Arbeit von zu Hause, Arbeit in Buchhaltung, nur wenige Stunden am Tag“. Diese Botschaften finden sich aber auch in Spam-Mails und in Jobbörsen. Die Jobbörsen löschen diese Anzeigen, kommen aber zwangsläufig immer zu spät. Letztendlich wird den Interessierten dann per Telefon oder E-Mail erklärt, dass sie für eine ausländische Firma, Person tätig sein sollen, die in Deutschland wegen der Bürokratie kein Konto erhält. Sie sollen Gelder von Geschäftspartnern oder ähnlichem auf ihrem Konto entgegennehmen und dann per Geldtransferservice wie Western Union oder Money Gram zum eigentlichen Empfänger weiterleiten. Als Entlohnung sollen sie zwischen 10-30 Prozent der Summen behalten können.

Spätestens nach einigen Tagen stellt sich aber meist heraus, dass die Gelder aus Straftaten stammen, wie E-Bay-Betrug oder oft auch Computerbetrug nach Phishing. Es dauert meist einige Tage, bis die Opfer die ursprüngliche Straftat bemerken und sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Die Ermittlungen der Justiz enden faktisch immer nur am Konto des Finanzagenten, der für alle Schäden schadensersatzpflichtig ist und auch noch strafrechtlich wegen Geldwäsche verfolgt wird. Durch die Überweisung über Firmen wie Western Union ist eine Verfolgung der Hintermänner regelmäßig unmöglich gemacht.

Vielleicht sollte man noch anmerken, dass nach Deutschem Kreditwesengesetz (KWG)Konten nur von Banken anderen Personen zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Strafen bei leichtfertiger Geldwäsche, § 261 Abs. 5 StGB

Wer leichtfertig nicht erkennt, dass das Geld aus einer strafbaren Vortat stammt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Je nach Fallkonstellation erlebt man hier als Verteidiger alles. In einem Fall, wo der Mandant über ein „Soziales Netzwerk“ angesprochen wurde und nur aus Hilfsbereitschaft sein Konto zur Verfügung stellt, konnte ich eine Einstellung gegen Geldauflage erreichen, nachdem der Mandant schon allen Geschädigten das Geld zurückerstattet hatte. Bei einem anderen Mandanten, der auf die Jobmasche hereinfiel und dies interessanterweise in kurzer Zeit 2x hintereinander ließ sich noch eine Geldstrafe per Strafbefehl aushandeln. Keine Leichtfertigkeit nahm das Gericht mehr bei einem Mandanten an, der über 50.000,00 € bei über 20 Bankbesuchen innerhalb eines Tages abholte und an einen unbekannt gebliebenen Dritten in bar übergab. Hier wurde dann entsprechend des regulären Strafrahmens bestraft.

Wo sind die Hintermänner?

Zumeist in Russland, Rumänien, Polen und den Philippinen, das sind zumindest meine Erfahrungen aus der Praxis.

Wie funktioniert Geldwäsche professionell?

In Deutschland am besten mit Unterstützung des Finanzamtes. Unternehmen, zum Beispiel Restaurants werden gekauft und die künstlich durch Einleitung von Schwarzgeld aufgeblähten Gewinne dann ordnungsgemäß versteuert. Interessanterweise haben Finanzämter Computerprogramme, um rastermäßig zu prüfen, ob ein Unternehmen verdächtig zu wenig Gewinn macht. Mit dem gleichen Programm ließen sich auch den in Deutschland tätigen Geldwäschern der internationalen organisierten Kriminalität schwerer Schaden zufügen, nur scheint dies nicht gewollt.


Samstag 15. März 2014


Intransparente Pflichtverteidigerbeiordnungen

Wer sich in Fällen notwendiger Verteidigung seinen Verteidiger nicht selbst aussucht, bekommt von den Strafrichtern einen Pflichtverteidiger beigeordnet. Ein Beschuldigter hat hierbei eine gute Chance von der Justiz einen Pflichtverteidiger gestellt zu bekommen, der die Interessen des ihn bestellenden Richters über das Interesse seines Mandanten stellt. Nach Umfragen unter Kollegen ist davon auszugehen, dass mindestens 1/3 der Richter sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt und willkürlich handelt. Bei mir selbst konnte ich bei vielen Richtern beobachten, dass Beiordnungen durch die Richter ausblieben, wenn man engagiert und auch erfolgreich verteidigte. Ein Freispruch war regelmäßig die Garantie dafür, dass man nicht mehr beigeordnet wurde. Im Interesse der Mandanten muss man als Verteidiger hier die eigene Anständigkeit über das finanzielle Interesse stellen.

Andererseits ist es auch bekannt, dass einige schlecht verteidigende und in der Sache wenig erfolgreiche Rechtsanwälte von Richtern mit entsprechend vielen Beiordnungen dafür belohnt werden, dass sie es den Richtern nicht schwermachen.

Um eine transparente Vergabe von Pflichtverteidigungen durchzusetzen, wandte ich mich an den Präsidenten des AG Tiergarten, der das Problem leugnete und auch Grundrechte wie den Anspruch auf Gleichheit vor dem Gesetz, Art. 3 GG und die Freiheit des Berufes, Art. 12 GG als nicht relevant betrachtete.

Das Abgeordnetenhauses des Landes Berlin verschloss die Augen nicht auf die gleiche Weise und forderte mit Drucksache 17/1131 den Senat auf zu prüfen, wie mehr Transparenz bei der Bestellung von Insolvenzverwaltern und Pflichtverteidigern durch die Gerichte hergestellt werden kann. Der Widerstand in der Richterschaft gegen die Gefährdung ihrer willkürlichen Gefälligkeitsbeiordnungen war stark und es bleibt abzusehen, wie dieser Abgeordnetenhausbeschluss unterlaufen wird.

Beschuldigte, die vom Gericht aufgefordert werden, einen Pflichtverteidiger zu benennen, sollten dies innerhalb der Frist auch tun, da sonst der Richter, vielleicht mit Hintergedanken, einen Rechtsanwalt aussucht.

Daher ist mein Rat an jeden Beschuldigten, wählen Sie Ihren Verteidiger selbst.

Ich werde auch als Pflichtverteidiger tätig, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

PS In anderen Bundesländern existiert das Problem auch und in einigen Bundesländern wählt die Justiz nicht einmal aus Strafverteidigern aus, sondern ordnet vielfach absichtlich fachfremde Rechtsanwälte bei.


Samstag 15. Februar 2014


Welche Vorteile hat ein Verteidiger im Strafverfahren?

In den Fällen der notwendigen Verteidigung, § 140 StPO, hat das Gesetz schon die Mitwirkung eines Verteidigers im Strafverfahren bestimmt.

Sollte man nun in allen anderen Fällen auf die Beauftragung eines Verteidigers verzichten, immerhin kann man ja maximal eine Freiheitsstrafe von einem Jahr erhalten?

1. Fehlende Objektivität

Jeder von einem Rechtsstreit Betroffene ist emotional stark belastet und in einer Hauptverhandlung auch noch meist nervös. Der fehlende Abstand zum Verfahren wirkt sich regelmäßig negativ auf die Beurteilungsfähigkeit aus. Der Strafverteidiger ist hier der professionell agierende Dritte und wird das Verfahren objektiv beurteilen und seinem Mandanten ebenso beraten.

Entsprechend wird schon dem Jurastudenten beigebracht, dass sich ein Rechtsanwalt möglichst nicht selbst verteidigen solle.

2. Akteneinsicht nur mit Verteidiger

Einsicht in die Verfahrensakten wird nur einem Verteidiger gewährt, da die Justiz die Befürchtung hat, dass ein Beschuldigter seine Verfahrensakte vernichten würde. Eine Verteidigung ohne Verfahrensakte oder auch eine entsprechende Beratung bezeichne ich als Stochern im Nebel. Der Beschuldigte kennt nur seine subjektive Sicht der Dinge, aber nicht die Beweismittel in der Akte. Ohne Kenntnis der Aussagen anderer Zeugen kann der Beschuldigte erst in der Hauptverhandlung reagieren, in der Regel zu spät. Das Planen einer sinnvollen Taktik, wie zum Beispiel der Verzicht auf eine Einlassung, kann ohne Aktenkenntnis nicht erfolgen.

3. Gesetzeskenntnis des Strafverteidigers

Der Strafverteidiger kennt nicht nur die Gesetze, sondern auch die Kommentierung von Rechtsprechung und wissenschaftlicher Literatur. Der Beschuldigte wird allein im Zweifel das Prozessrecht nicht nutzen können, sondern ist hier auf die Kenntnis des Strafverteidigers angewiesen.

4. Strafverteidiger, Staatsanwalt und Gericht befinden sich Augenhöhe

Es ist zwar wohl nicht rechtmäßig, aber trotzdem allgemeine Praxis, dass Gerichte bei unverteidigten Angeklagten schnell über deren Köpfe entscheiden. Einen besonders prägnanten Fall hatte ich einmal in der Berufungsinstanz übernommen, nachdem die damals unverteidigte Angeklagte in der ersten Instanz regelrecht von der Richterin überfahren worden war. Es grenzte schon an Rechtsbeugung, dass das Gericht nicht einmal Ansätze zu einer Ermittlung des Sachverhaltes machte. Das fehlende Geständnis wurde rechtswidrig als strafverschärfend im Urteil gewertet. In der zweiten Instanz gelang es mir, mittels mehrerer Beweisanträge aufzuzeigen, dass die Belastungszeugen Falschaussagen gemacht hatten. Ein rechtsmedizinisches Gutachten zeigte dann auf, dass der von der Anklage geschilderte Geschehensablauf nicht der Realität entsprach. Am Ende kam es zum Freispruch und zur Eröffnung von Verfahren wegen falschen Verdächtigung und uneidlicher Falschaussagen gegen die Anzeigenerstatter und Belastungszeugen.

5. Gemeinsame Gesprächsbasis

Juristen sprechen die gleiche Sprache und kennen sich auch meist aus anderen Verfahren. Strafverfahren werden oft durch Absprachen außerhalb des Gerichtssaals beendet, wobei Richter und Staatsanwälte solche Absprachen in der Regel nur mit Strafverteidigern treffen. Staatsanwälte und Gerichte sind in Deutschland überlastet, da die Justiz als Stiefkind von der Politik behandelt wird. Dementsprechend sind Richter und Staatsanwälte bemüht Akten schnell von ihren Schreibtischen zu bekommen und auch zu einem Nachgeben in gewissem Umfang bereit, wenn ihnen ein Verteidiger ein akzeptables Angebot macht.

6. Vor dem Urteil – Nach dem Urteil

Wie schon in einem Artikel beschrieben, hat der Angeklagte das letzte Wort und kann mit guter Beratung dabei noch einiges erreichen oder ohne Beratung vieles falsch machen.  Wenn Sie von einem Strafverteidiger im Verfahren begleitet werden, wird dieser ein Schlussplädoyer halten und objektiv, aber parteiisch zu Ihren Gunsten den Sachverhalt würdigen und die Rechtslage bewerten.

Sofern Sie verurteilt werden, kann der Strafverteidiger Sie über die Erfolgsaussichten von Berufung oder Revision beraten und Ihnen eventuell nicht notwendige Ausgaben ersparen.

7. Tipps

Oft kommen Mandanten zu spät zu mir, bei größeren Verfahren erst nach Anklageerhebung, wobei der Strafverteidiger schon viel im Ermittlungsverfahren erreichen und auch verhindern kann. Mandanten versuchen sich durch offene Aussagen bei der Polizei zu helfen und verschaffen der Polizei damit unter Umständen die einzigen Beweismittel im Verfahren.

Sofern Sie keinen Strafverteidiger mit Ihrer Vertretung beauftragen wollen oder können, so sollten Sie sich wenigstens eine Beratung leisten. Wer auch auf die Beratung verzichtet, zahlt mit großer Wahrscheinlichkeit an anderer Stelle zu.

Verteidigung von Sexualdelikten, Drogendelikten, Allgemeinem Strafrecht

Amtsgericht Tiergarten und Staatsanwaltschaft Berlin in der Kirchstraße 6, Copyright RA Malte Höpfner


Sonntag 1. Dezember 2013


High durch Passivrauchen von Cannabis?

Ist dies die ultimative, nicht widerlegbare Ausrede nach einer Verkehrskontrolle? Könnte man sich so kostengünstig einen Rausch verschaffen? Immerhin gibt es seit Jahren Aufklärungskampagnen gegen das Passivrauchen von Tabak wegen seiner schädlichen Nebenwirkungen.

Den Gratisrausch erhält man wohl eher nicht, wie mehrere wissenschaftliche Untersuchungen beweisen. Cannabinoide, insbesondere das für den Rausch entscheidende psychoaktive THC müssen durch Essen oder aktiv durch Rauchen aufgenommen werden. Bei den Untersuchungen, die zum Teil unter extremen Bedingungen mit mehreren Rauchern in einem Kleinbus durchgeführt wurden, fühlte sich keiner der Teilnehmer bekifft.

Bei der Verkehrskontrolle sieht es da schon schlechter für den Passivraucher aus, da beim THC-Nachweis im Urin und Blut die wissenschaftlichen Untersuchungen keine eindeutigen Ergebnisse liefern. Bei einer der früheren Untersuchungen mit extremem Testaufbau hatte man später bei den Freiwilligen bis zu 6,3 ng/ml THC im Blut nachgewiesen. Hier wäre der Führerschein wohl weggewesen, wie bei einem realen Fall eines Passivrauchers mit 5,0 ng/ml THC im Blut. Dieser Testaufbau mit fünf Freiwilligen in einem Kleinwagen und sechs abgebrannten Joints galt vielen Wissenschaftlern als unrealistisch.

Bei einer späteren Untersuchung der Universitäten Jena und Mainz, die einen niederländischen Coffeeshop simulieren sollte, kam es zu keiner Blutanalyse oberhalb von 1ng/ml THC im Blut und die Werte im Urin blieben unterhalb des Schwellenwertes von 25ng/ml THC im Urin. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Leitentscheidung festgestellt, dass erst ab 1 ng/ml THC im Blut tatsächlich von einer Fahruntüchtigkeit ausgegangen werden darf.

In der polizeilichen Praxis kommt es dann auch auf die verwendeten Drogen Screenings Tests und die eingestellten Nachweisgrenzen an. Die Polizei verwendet meist auf eine Nachweisschwelle von 50ng/ml THC im Urin eingestellte Drogentests. Ein weiterer Faktor ist die konservative oder aggressive Einstellung eines Tests. Aggressive Tests liefern zwar auch bei geringen Spuren schon Nachweise, aber eben auch erheblich falsch positive Ergebnisse. Ein Ergebnis ist dann falsch positiv, wenn zu Unrecht Drogen angezeigt werden.

Die Rechtsprechung behandelte den, oben genannten real existierenden, bei einer Verkehrskontrolle aufgegriffenen Passivraucher im Übrigen recht unfreundlich. Hier wird die Behauptung von der Justiz aufgestellt, dass auch ein Passivraucher von den Wirkungen des Passivrauchens wisse und daher der Gefahr durch Passivrauchen bekifft zu werden, aus dem Weg gehen müsse. In Wahrheit geht es der Justiz wohl eher darum sich nicht mit der Ausrede ernsthaft auseinandersetzen zu müssen. Da der ertappte Passivraucher aber vermutlich in Wirklichkeit ein Aktivraucher ist, gleicht sich das aus.