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Samstag 1. Juli 2023


Bundesweite Verteidigung

Obwohl ich die kurzen Wege im Kriminalgericht Moabit in Berlin schätze, bin ich doch auch bundesweit tätig. So habe ich in letzter Zeit vermehrt Anfragen aus anderen Bundesländern festgestellt, in denen es anscheinend keine fachkundigen Strafverteidiger für Sexualstrafrecht gibt. Gerade in diesem Spezialgebiet ist es sicherlich auch sinnvoll einen Rechtsanwalt mit Erfahrung auszusuchen. Wenn hier Beschuldigte in Fällen notwendiger Verteidigung darauf warten, dass ihnen ihr Richter einen Verteidiger aussucht, können sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Auswahl nach den Interessen des Gerichtes, nicht nach den Interessen des Beschuldigten, getroffen wird.
Eine überregionale Verteidigung in Haftsachen bedeutet einen gesteigerten Aufwand, so dass dies fast immer nur bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung möglich ist. In anderen Bereichen lassen sich alle Absprachen und Besprechungen mit dem Mandanten auch unproblematisch per Telefon erledigen, insbesondere dann wenn das Ziel die Einstellung eines Verfahrens ohne öffentliche Hauptverhandlung ist.
Aber nicht nur im Sexualstrafrecht bin ich überregional tätig. Im Folgenden eine kleine Auswahl der Gerichte, an denen ich tätig war.


v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin, LG Neuruppin, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Sexuelle Nötigung, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin (LG Berlin und AG Tiergarten) , LG Neuruppin (Land Brandenburg), Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen und Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, Jugendstrafrecht, Betäubungsmittelstrafrecht, Sexualstrafrecht, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen (Ausweichquartier Wildau) (Land Brandenburg) und AG Tiergarten, Kirchstraße 6, Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Landgericht Cottbus und Landgericht Coburg, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Schwurgericht, BtM, Drogendelikte, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

v.l.n.r.: Landgericht Cottbus (Land Brandenburg) und Landgericht Coburg (Freistaat Bayern), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht Bernau und Amtsgericht Strausberg

v.l.n.r.: Amtsgericht Bernau (Land Brandenburg) und Amtsgericht Strausberg (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), Fachanwalt für Strafrecht, Verteidigung von Sexualdelikten, Sexualstrafrecht, Allgemeines Strafrecht, Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Strafverteidiger, Sexualstrafrecht, Schwurgericht, § 176 StGB, § 176a StGB, § 177 StGB, § 184 StGB, § 184b StGB, § 212 StGB, § 249 StGB, BtMG

Amtsgericht Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Copyright Malte Höpfner

Justizzentrum Potsdam (Amtsgericht und Landgericht) (Land Brandenburg) und Justizzentrum Bochum (Amtsgericht und Landgericht Bochum) (Land Nordrhein-Westfalen), Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht Gifhorn (Niedersachsen) und Amtsgericht Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern)

Links AG Fürstenwalde (Land Brandenburg) Rechts AG Bonn (Land NRW)


Da jeder Fall ein Einzelfall rufen Sie mich an, um eine Übernahme des Mandates zu besprechen.

(Artikel wird fortlaufend aktualisiert.)


Donnerstag 1. April 2021


Schlafende Richter

Auch wenn mir in zehn Jahren Praxis noch kein schlafender Richter begegnet ist, so scheint er in der deutschen Rechtsprechung kein Unbekannter zu sein. Durch alle Gerichtszweige hindurch scheint es schlafende Richter zu geben und so scheint es wohl nur eine Frage der Zeit bis die ersten Doktorarbeiten über dieses Rechtsproblem verfasst werden. Die Verwaltungs- und die Finanzgerichtsbarkeit wirken besonders einschläfernd, wenn man die Zahl der ergangenen Entscheidungen betrachtet.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) war dabei sehr bemüht die Entscheidungen der Vorinstanzen aufrechtzuerhalten: Das Schließen der Augen über weite Strecken der Verhandlung und das Senken des Kopfes auf die Brust beweist allein nicht, dass der Richter schläft. Denn diese Haltung kann auch zur geistigen Entspannung oder zwecks besonderer Konzentration eingenommen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 1975 a.a.O.; Urteil vom 24. Januar 1986 – BVerwG 6 C 141.82 – Buchholz 310 ァ 133 VwGO Nr. 63 S. 44; BFH, Beschlüsse vom 5. Dezember 1985 und vom 17. Mai 1999 a.a.O.).

Noch aktueller war der Bundesfinanzhof am 17.Februar 2011, IV B 108/09, Denn ein Richter kann dem Vortrag während der mündlichen Verhandlung auch mit (vorübergehend) geschlossenen Augen und geneigtem Kopf folgen.

Die vom BVerwG aufgestellten Anforderungen an die Feststellung des Schlafes sind recht streng, Deshalb kann erst dann davon ausgegangen werden, dass ein Richter schläft oder in anderer Weise „abwesend“ ist, wenn andere sichere Anzeichen hinzukommen, wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder ruckartiges Aufrichten mit Anzeichen von fehlender Orientierung (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 1986 a.a.O. und Beschluss vom 3. März 1975 a.a.O.; BFH, Beschluss vom 17. Mai 1999 a.a.O.)

Aber auch das Hochschrecken reicht dem BVerwG nicht, denn „Hochschrecken“ allein kann auch darauf schließen lassen, dass es sich lediglich um einen die geistige Aufnahme des wesentlichen Inhalts der mündlichen Verhandlung nicht beeinträchtigenden Sekundenschlaf gehandelt hat. Dies bestätigte es dann am 15.11.2004, BVerwG 7 B 56.04, dann am 22.05.2006 in einer weiteren Entscheidung, BVerwG 10 B 9.06 und am 19.07.2007,BVerwG 5 B 84.06.

Im Übrigen reicht die Feststellung des Schlafens allein nicht aus. Es muss noch vorgetragen werden, was während des Schlafens des Richters in der mündlichen Verhandlung passiert ist. Denn das BVerwG verlangt die geistige Anwesenheit der Richter nur bei wesentlichen Vorgängen in der mündlichen Hauptverhandlung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.05.1992, 1 BvR 986/91 scheint der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegenzustehen, Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.

Bei anderen Prozessbeteiligten gelten im Übrigen andere Maßstäbe. So entschied das OLG Hamm am 02.03.2006 in 2 Ss 47/06, dass Staatsanwälte über einen nicht unerheblichen Zeitraum fest schlafen müssten, um eine Revision zu begründen.

Am 04.Juli 2007 enthielt sich der Bundesgerichtsgerichtshof 4 StR 25/12 geschickt einer eigenen Entscheidung und begründete dies mit einem verspäteten Revisionsvortrag. Ich würde persönlich vermuten, dass der BGH im Rahmen seiner Widerspruchslösung ein Wecken des Richters fordern würde und deshalb niemals einer Revision stattgeben würde. Insgesamt scheint es in der Strafgerichtsbarkeit wenige aktuelle Entscheidungen zu geben, obwohl aus meiner Erfahrung stundenlange Telefonüberwachungen recht ermüdend sein können. Allgemein scheinen Strafverhandlungen spannender zu sein, als Verhandlungen beim Verwaltungs- oder dem Finanzgericht.


Montag 14. Dezember 2020


Erfolg beim Bundesgerichtshof

Im Dezember 2019 hatte ich bei der Staatsschutzkammer beim Landgericht Berlin bei einer Anklage wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, § 89a StGB, nach über 10 Verhandlungstagen einen Freispruch gegen die Generalstaatsanwaltschaft Berlin erzielt.

Die Generalstaatsanwaltschaft legte umgehend Revision gegen den Freispruch ein. Mit einer mehrseitigen Stellungnahme widerlegte ich die Argumente der Berliner Generalstaatsanwaltschaft und erfuhr im Dezember 2020 nach mehreren Monaten und einigen Telefonaten mit dem Terrorsenat beim Bundesgerichtshof und der Bundesanwaltschaft, dass die Generalstaatsanwaltschaft auf meine Stellungnahme hin die Revision zurückgezogen hatte.


Mittwoch 9. Mai 2018


Das schönste Hochzeitsgeschenk

„Sie haben uns das schönste Hochzeitsgeschenk gemacht.“, meinte die Verlobte meines Mandanten heute nach der Urteilsverkündung zu mir. Nachdem der Angeklagte in der ersten Instanz beim Amtsgericht, damals noch von einem Kollegen verteidigt, zu 3 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt war, bat mich der Kollege die Verteidigung in der Berufung zu übernehmen. Nach vier Jahren Berufungsverfahren, mehreren Anläufen zur Hauptverhandlung und insgesamt einer zweistelligen Zahl von Verhandlungstagen hatte das Landgericht meinen Mandanten nun freigesprochen. In den Jahren hatte das Leben des Mandanten nicht stillgestanden und so war es gekommen, dass die Urteilsverkündung einen Tag vor der Hochzeit war.


Freitag 9. Februar 2018


Erfolg beim Bundesgerichtshof, aber kein reines Siegesgefühl

Nachdem ich heute am 09.02.2018 den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 25.01.2018 auf Aufhebung eines landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung an eine andere Kammer erhalten habe, recherchierte ich noch einmal genauer nach der durchschnittlichen Erfolgsquote von strafrechtlichen Revisionen.

So wie die Revision selbst ist auch die Recherche nach den Erfolgsquoten eine Qual. Der Focus berichtet in einem Artikel, nur drei Prozent der strafrechtlichen Revisionen sind erfolgreich. Von anderer Seite hört man von nur 2 Prozent erfolgreichen strafrechtlichen Revisionen beim Bundesgerichtshof. Dazu muss man noch wissen, dass hochbezahlte Revisionsspezialisten eine mehr als doppelt so hohe Erfolgsquote als der normale Strafverteidiger haben. Der Grund liegt darin, dass strafrechtliche Revisionen beim Bundesgerichtshof hauptsächlich zeitaufwändige Fleißarbeiten sind. Der Pflichtverteidiger kann diese in der Regel bei einer Vergütung von 492,00 € und einer Kostenquote von mindestens 50 Prozent nicht leisten, der ausgewiesene Revisionsspezialist nimmt je nach Fall zwischen 5.000,00 € und 20.000,00 €. Der Bundesgerichtshof bemüht sich diese Entwicklung zu fördern und pflichtverteidigte Mandanten vom Zugang zum Recht abzuschneiden, in dem er den formalen Begründungsaufwand an eine Revision immer weiter erhöht. Bei hiesiger erfolgreicher Revision rechnete ich einmal zusammen, was die Bundesanwaltschaft in ihrer Gegenstellungnahme zu meiner Revisionsbegründung noch für notwendig gehalten hätte. Nach der Bundesanwaltschaft hätte ich knapp 200 Seiten schreiben müssen, um die formalen Revisionsanforderungen zu erfüllen. Hier macht es dann vielleicht noch Sinn zu wissen, dass ein guter Autor für eine Seite eine halbe Stunde benötigt, wenn er im Fluss ist.

Dazu kommen dann das Einholen der Protokolle, Studium derselben und des Urteils und am Ende eine Erwiderung auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft. Insgesamt habe ich wohl etwas über 30 Stunden für die erfolgreiche Revision benötigt, ein klassischer Fall von Selbstausbeutung. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft, welcher meist der BGH folgt, wären wohl 150 Stunden angemessen gewesen.

Der Bundesgerichtshof benötigte für seinen Aufhebungsbeschluss BGH 5 StR 543/17 wiederum nur 4 Seiten, inklusive einer Seite Deckblatt und einer halben Seite für die Richternamen. Das sind aber immerhin drei Seiten mehr als bei einem begründungslosen Verwerfungsbeschluss.


Sonntag 14. Mai 2017


Stalking – Nachstellung

Den Straftatbestand der Nachstellung, § 238 StGB, gibt es erst seit 2007. Seit dieser Zeit wuchs die Fallzahl und wurde er schon vom Gesetzgeber noch weiter verschärft.

Was ist Nachstellung, bzw. Stalking?

Als Nachstellung wird ein vorsätzliches, wiederholtes und auch unbefugtes Verfolgen oder Belästigen betrachtet, welches geeignet ist, die Lebensgestaltung der anderen Personen schwerwiegend zu beeinträchtigen.

Neben § 238 StGB kann aber auch § 4 Gewaltschutzgesetz zur Anwendung, wenn gegen eine entsprechende einstweilige Verfügung zuwider gehandelt wird. Keine strafrechtlichen Sanktionen sind Ordnungsgeld und Ordnungshaft, die vom Zivilgericht bei Zuwiderhandlung gegen gerichtliche Anordnungen verhängt werden können.

Stalking ist oft mit weiteren Straftaten, wie Hausfriedensbruch – § 123 StGB, Beleidigung – § 185ff. StGB,  Körperverletzungsdelikten – § 223ff. StGB, Nötigung – § 240 StGB und Bedrohung – § 241 StGB verbunden. Es kommen aber auch andere Straftaten vor, wie Eigentumsdelikte, Straftaten gegen das Recht auf Privatsphäre und in schwersten Fällen auch Tötungsdelikte.

Was kann ein Rechtsanwalt tun?

Durch das Verwenden unbestimmter Rechtsbegriffe im § 238 StGB, welche durch die Justiz erst ausgefüllt und ausgelegt werden müssen,  bieten sich für einen Verteidiger erhebliche Möglichkeiten schon im Ermittlungsverfahren eine Verfahrenseinstellung zu erreichen. Aber auch in schwereren Fällen kann man mit einer guten Verteidigungsstrategie noch eine Einstellung mit Auflagen erreichen. Dem Beschuldigten ist in jedem Fall davon abzuraten zur polizeilichen Beschuldigtenvernehmung zu erscheinen, da er dann unbeabsichtigt der Polizei bei ihrer Beweisführung hilft. Mit einem Verteidiger an Ihrer Seite wird man das Schweigen auch nicht negativ auslegen, da die Polizei dann weiß, dass der Strafverteidiger seine Arbeit beherrscht.

Als Verteidiger nimmt man nach der Mandatierung Akteneinsicht, um dann die Akte mit dem Mandanten zu besprechen und gegebenenfalls dann eine Schutzschrift zu verfassen.  Sofern der erfahrene Verteidiger zum Schluss kommt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 238 StGB vorliegen, gibt es § 238 StGB einige Möglichkeiten um anstelle einer Verurteilung noch eine Einstellung ohne Eintrag in das Führungszeugnis zu erhalten. Das erfordert dann neben der engen Kooperation zwischen Verteidiger und Mandant weitere intensive Bemühungen vom Mandanten.

Ohne  einen Strafverteidiger an der Seite erwarten den Beschuldigten als Ersttäter bei einfachen Fällen meist Geldstrafen, während bei Wiederholungstätern sehr schnell Freiheitsstrafen verhängt werden, die dann oft auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden.  Auch Geldstrafen können schon zu Eintragungen im Führungszeugnis führen, was oft berufliche Nachteile bedeutet.

Praxis und Erfahrung

In den letzten Jahren haben Strafverfahren wegen Stalking in meiner Kanzlei stark zugenommen und beschäftigen mich nicht nur in Berlin-Brandenburg, sondern auch bundesweit.  Am Abend des 09.Mai 2017 besuchte ich eine Veranstaltung der Rechtsanwaltskammer zum Thema „Stalking“, wobei ein Berliner Psychotherapeut die psychosoziale Seite beleuchtete und mir trotz meiner langjährigen Erfahrung einige neue Ideen eröffnete. Auch wenn die Veranstaltung schlecht besucht war, stützte sie doch meine Ansicht, dass für eine erfolgreiche Verteidigung eine kontinuierliche Fortbildung notwendig ist.


Sonntag 7. Mai 2017


Operation Pacifier – Aufdeckung eines Kinderpornoringes

Am 05.Mai 2017 gaben FBI und Europol die Aufdeckung eines Kinderpornonetzes mit 900 Verdächtigen in Europa und den Vereinigten Staaten bekannt.  Auch wenn ich bei manchen internationalen Operationen jeweils gleiche mehrere neue Mandanten bekam, so sind doch die zu erwartenden späteren Folgeverfahren von erheblicher größerer Zahl. In der Regel haben die Verdächtigen solcher Netzwerke jeweils noch mehrere Tauschpartner und für die Strafverfolgungsbehörden interessante Kontakte außerhalb des Netzwerkes. Für eine deutsche Staatsanwaltschaft ergeben sich dann aus einer Durchsuchung gleich mehrere Ermittlungsverfahren gegen neue Verdächtige.

Für den Täter dieser Straftaten empfiehlt es sich, so bald wie möglich mit einem auf Sexualstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger Kontakt aufzunehmen. Mit einem Strafverteidiger an der Seite lassen sich viele Fehler vermeiden, die oft passieren, wenn Beschuldigte allein mit der Polizei kommunizieren. Ein großer Fehler ist es sicher auch zu warten, bis die Polizei sich auf die eine oder andere Weise meldet.

Die Verbreitung von Kinderpornographie, § 184b Abs. 1 StGB führt mit einer Mindeststrafe von drei Monaten fast immer zu einer Eintragung in das Führungszeugnis, aber auch die Strafen für den Erwerb haben sich durch Anweisungen der Generalstaatsanwälte an die ermittelnden Staatsanwälte alle Sexualdelikte soweit wie möglich vor Gericht zu bringen, praktisch erheblich erhöht. Für im Öffentlichen Dienst beschäftigte Täter kann auch eine unter einem Jahr liegende Strafe schnell zu einer Entlassung führen.

Rechtlich interessant an dem Fall ist, dass das FBI weltweit mehr als 1.000 Rechner auf Grundlage eines einzigen amerikanischen Gerichtsbeschlusses hackte. Auch wenn das deutsche Recht nicht die amerikanische Rechtskonstruktion der „Früchte des verbotenen Baumes“ kennt, so bietet doch die Konstellation Verteidigungsansätze, die vielleicht zu einer mandantenfreundlichen Verständigungslösung mit der deutschen Justiz führen können.

Ich vertrete Sie bundesweit gern bei allen sexualstrafrechtlichen Beschuldigungen.


Samstag 1. April 2017


§ 177 StGB Sexueller Übergriff, Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.

das Opfer

a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 


 

Mit einer möglichen Höchststrafe von 15 Jahren ist die Vergewaltigung als eine der schwersten Straftaten im Strafgesetzbuch geächtet. Für Beschuldigte und Opfer stellt sich beim Strafverfahren das gleiche Problem, dass in der Regel nur sie beide während des Geschehens anwesend waren. Dies wird dann problematisch, wenn nicht der Geschlechtsverkehr unter Abrede gestellt wird, sondern die Nötigungskonstellation. Die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation kann aber durch andere Beweismittel aufgebrochen werden. Wenn der Geschlechtsverkehr durch den Beschuldigten bestritten wird, kann eine gynäkologische Untersuchung des Opfers oder auch die Untersuchung von Kleidung auf Spermaspuren weitere Aufklärung bringen. Aber auch das eigene Lobpreisen, früher im Freundeskreis, heute in den sozialen Medien, kann einen Beschuldigten zu einem längeren Gefängnisaufenthalt verhelfen. Manchmal hat die Polizei auch Glück, wenn sich Beschuldigte durch Dummdreistigkeit selbst ans Messer liefern, indem sie ungefragt Täterwissen preisgeben. In letzter Zeit neu ist die Entwicklung, dass Täter ihre Taten mittels Handyvideo aufzeichnen. Umgekehrt kann es auch Falschbeschuldigungen durch vermeintliche Opfer geben, wobei die Motive vielfältig sein können. Neben bewussten Falschbeschuldigungen kann es auch Irrtümer geben oder Opfer mit fremd- oder selbstsuggerierten falschen Erinnerungen.
Ich bin in Verfahren mit dem Tatvorwurf sexueller Nötigung, Vergewaltigung als Verteidiger und als Nebenklägervertreter tätig gewesen und auch immer noch tätig. Im Vergleich zu anderen Delikten erwiesen sich diese Verfahren immer als besonders schwierig und erforderten neben vollem Einsatz viel Spezialwissen, angefangen von den Fristen bei gynäkologischen Untersuchungen bis zu den Nachweiszeiten von KO-Tropfen. Einmal war es notwendig dem Gericht aufzuzeigen, dass ein rechtsmedizinisches Gutachten die Wirkung einer Droge unterschätzt hatte; in einem anderen Fall musste eine intensive Beschäftigung mit den psychoreaktiven Wirkungen von Medikamenten erfolgen. Ein Verteidiger sollte wissen, wann er ein Glaubhaftigkeitsgutachten beantragt und welche Gutachter er Staatsanwaltschaft und Gericht vorschlägt. Für die Mandanten ist es in diesen Verfahren daher besonders wichtig einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Rechtsanwalt auszuwählen.


Sonntag 1. Januar 2017


Fortbildungen im Jahr 2016

Der Zustrom von Flüchtlingen blieb auch für Strafverteidiger nicht unbemerkt und so begann das Jahr mit einer Fortbildungsveranstaltung der Deutsche-Anwalt-Akademie (DAA) zum Thema „Einführung in das Asylverfahrensrecht“ am 09.01.2016.

Am 11.02.2016 besuchte ich dann eine Fortbildung der Vereinigung Berliner Strafverteidiger zum Insolvenzstrafrecht und am 17.03.2016 zu den Auswirkungen der Neuregelungen von Asyl- und Aufenthaltsgesetz im Strafrecht.

Zwei Tage vom 20.-21.Mai 2016 besuchte ich das Wochenendseminar zum Thema „Psychiatrische Sachverständige“. Im Gästehaus der Stadtmission nahm ich am 09.Juni 2016 an der Fortbildungsveranstaltung zum „Straf- und Insolvenzverfahren“ teil.

Die 20. Berliner Junitagung für Forensische Psychiatrie und Psychologie mit dem Titel „Der Blick auf die Täter und der Blick auf die Opfer“ fand am 17.Juni 2016 in der Freien Universität zu Berlin statt. Neben den Vorträgen ist für mich hier immer auch der Kontakt zu Sachverständigen wichtig.

Die Wirtschaftsstrafrechtliche Vereinigung WisteV hatte mich am 20.Juli zu einem Vortrag über die „Gesetzungsgebungstechnik im Nebenstrafrecht“ eingeladen.

Den Abschluss des Fortbildungsjahres war dann ein Ausflug einmal fort vom Strafrecht beim „Upgrade Arbeitsrecht vom 09.-10.Dezember 2016.


Samstag 15. Oktober 2016


Sexuelle Belästigung in der virtuellen Realität

Die virtuelle Realität als Raum für Sexualstraftaten hatte ich bis zu einer Nachfrage eines Journalisten noch nicht auf dem Schirm gehabt.

Der Fall war eine Frau, die sich dadurch verletzt fühlte, dass ihr „Avatar“ in einem Spiel der Social Virtual Reality „unsittlich“ an der Brust berührt worden sei. Diese Presseanfrage erschien mir deshalb erst einmal skurril, aber eine kleine Recherche durch die Rechtsliteratur und das Internet zeigte schnell die Bedeutung dieser Frage für die Zukunft.

Eine sexualstrafrechtliche Ahndung wird es nach meiner Einschätzung nicht geben, da hier die virtuelle Realität sich von der realen Welt unterscheidet. Angefasst und vermeintlich „unsittlich“ berührt, wurde der Avatar und nicht deren Benutzerin. Andernfalls könnte man diese bizarren Vorstellungen noch weiterspinnen und würde dann virtuelle Tötungen vielleicht mit virtuellem Gefängnis bestrafen.

Auch gegenüber der Überlegung eine Beleidigung nach § 185 StGB als Auffangtatbestand zu betrachten, bin ich wegen der fehlenden Verbindung von der virtuellen Realität zur wirklichen Welt sehr skeptisch.

Nicht vergleichbar ist dieser Fall mit Beleidigungen und Volksverhetzung in Chatrooms, Kommentaren zu Artikeln und ähnlichen, weil hier nun klar der Vorsatz zu sehen ist, eine reale Person zu beleidigen. In diesen Fällen ist das Internet nur ein Medium, wie Papier oder das gesprochene Wort. Kinder wiederum sind im Internet durch § 176 StGB vor „pornographischen Reden“ geschützt.


Samstag 1. Oktober 2016


Sexualstrafrecht

Sexualstrafrecht umfasst die Paragraphen des 13. Abschnitts. Das Sexualstrafrecht dient heute überwiegend dem Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung, während früher die Sexualmoral im Vordergrund stand. Es geht hier unter anderem um Missbrauch von Schutzbefohlenen nach § 174 StGB, Kindesmissbrauch nach § 176 StGB, dem schweren Kindesmissbrauch nach § 176a StGB, Vergewaltigung und sexueller Nötigung nach § 177 StGB, sowie der Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften nach § 184b StGB.

Als Anhang zu Sexualstraftaten kann man sich faktisch aber auch jeden anderen Paragraphen vorstellen, von der sexualisierten Beleidigung, über die Körperverletzung, der Nötigung und der Freiheitsberaubung bis zum Totschlag.

Für den Beschuldigten, ob unschuldig oder schuldig, sind Sexualstraftaten, Sexualdelikte immer besonders unangenehm und peinlich. Im Interesse des Beschuldigten liegt es das Strafverfahren schnell und ohne große Aufmerksamkeit zu beenden. Diese Tatvorwürfe sind immer schwierig und für jeden Beschuldigten gefährlich, da zum einen nicht selten eine aufgeheizte Stimmung durch den Boulevardjournalismus besteht, zum anderen hier auch einige Strafrichter aufgrund von persönlichen Vorurteilen nicht unbefangen sind. Noch mehr als bei anderen Straftaten stellt hier ein Führungszeugniseintrag aus dem Bundeszentralregister eine schwere Belastung für jedes Arbeitsverhältnis dar und erschwert erheblich die Arbeitssuche.

Leider ist die Falschbelastungstendenz im Sexualstrafrecht besonders hoch. Es gibt Studien, in denen von 50 Prozent falschen Anschuldigungen ausgegangen wird. Im Rahmen böser Trennungen wird aus Rache schnell aus einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr eine Nötigung, bzw. eine Vergewaltigung. Aus dem Bereich von Kollegen, die im Familienrecht tätig sind, erfährt man immer wieder von Anwälten, die in Sorgerechtsstreitigkeiten dazu raten, das andere Elternteil mit der Behauptung des Kindesmissbrauches zu diskreditieren.

Als Verteidiger besteht meine Aufgabe dem unschuldig Angeklagten zum Freispruch zu verhelfen. Viele Gerichte neigen aus Opferschutzgründen aber auch dazu, die Beschuldigtenrechte zu beschränken und kommen damit aber ihrer Pflicht zur Ermittlung der Wahrheit nicht nach. Es liegt hier in der Aufgabe des Verteidigers dafür zu sorgen, gegen die Vorverurteilung eines unschuldigen Angeklagten vorzugehen. Dazu bedarf es einer entschlossenen und umsichtigen Verteidigung. Dem überführten Beschuldigten ist mit einer Strafzumessungsverteidigung am besten geholfen. Hierbei geht es darum, seine Verfahrensrechte zu verteidigen und auf eine möglichst geringe Strafe hinzuarbeiten, wobei das Gericht die Rücksichtnahme auf das wahre Opfer honoriert. Bei der Strafzumessungsverteidigung gibt es neben der geständigen Einlassung noch drei weitere Stellschrauben, wobei zwei sogar zu einer Strafrahmenverschiebung nach unten führen können und die dritte äußerst bedeutsam für die eigentliche Strafzumessung und Bewährungsfragen ist.

Da viele Strafverteidiger aus freiem Willen kein Sexualstrafrecht bearbeiten, aber auch Erfahrung und Sonderwissen für eine gute Verteidigung notwendig sind, sollte sich ein Beschuldigter an einen spezialisierten Strafverteidiger wenden. Die Verteidigung im Sexualstrafrecht ist mit mehreren Hundert Mandaten der Schwerpunkt meiner Tätigkeit.

Nebenklage

Wenn ich Opfer vertrete, geht es mir hauptsächlich um ein schonendes Verfahren für das Opfer als Zeugen, um den Gerichtsprozess nicht zum „erneuten Vergewaltigungserlebnis“ werden zu lassen. Das Opfer muss über den Ablauf des Verfahrens informiert werden, um nicht durch Fragen oder andere Prozesshandlungen überrascht zu werden. In manchen Situationen geht es aber um die entschiedene Abwehr von ungerechtfertigten Fragen, Vorwürfen und sonstigen unzulässigen Beeinträchtigungen, https://straf-kanzlei.de/nebenklage-oder-was-einen-guten-nebenklagervertreter-ausmacht/ .

Kontakt


Donnerstag 26. Mai 2016


Reform des Sexualstrafrechts

Am 25.05.2016 war ich zu einer rechtspolitischen Tagung zur Reform des Sexualstrafrechts in Berlin eingeladen. Die Politik nutzte die Ereignisse von Köln für eine überflüssige und sogar gefährliche Ausweitung des Sexualstrafrechts. In einem neuen § 179 StGB „Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände“ sollen behauptete Strafrechtslücken geschlossen werden. Ein BGH-Richter kommentierte die Begründung in einer Zeitung treffend mit den Worten, dass das ganze Leben eine Strafrechtslücke sei. Bisher sind im Rahmen der sexuellen Nötigung, der Vergewaltigung, des Missbrauchs von Schutzbefohlenen, des Kindesmissbrauchs und des Missbrauchs Widerstandsunfähiger alle nur denkbaren Konstellationen vom Strafrecht geschützt. Nach den Neuregelungen kann man eigentlich nur die Vorgehensweise an amerikanischen Colleges empfehlen: Vor jeder sexuellen Handlung sollten beide Seiten einen schriftlichen Vertrag unterzeichnen, darin bestätigen, dass sie bei klaren Verstand sind, die Art der beabsichtigten Handlungen genauestens darlegen und anschließend ihre Freiwilligkeit versichern.

Als Verteidiger im Sexualstrafrecht war ich von dem Podium bis auf den Vertreter der Berliner Schwerpunktstaatsanwaltschaft enttäuscht. Nur der Staatsanwalt agierte als der Vertreter der Vernunft, benannte klar die Mängel des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung, machte auf voraussehbare Beweisprobleme und praktische Anwendungsprobleme aufmerksam. Den anderen Diskutanten auf dem Podium fehlte im Übrigen jede Perspektive für die Schwere der falschen Anschuldigung von Sexualtaten und vor allem für die große Zahl an Falschbelastungen. Immerhin liegt die Einstellungsquote bei um die 50 Prozent und bei immerhin 7-10 Prozent wurden nach einer Studie sicher festgestellt, dass eine Falschbelastung vorlag. Bei den verbleibenden Einstellungen oder Freisprüchen wirkt die Unschuldsvermutung in beide Richtungen, wobei nach meiner persönlichen Einschätzung die Falschbelastungsquote erheblich höher als die festgestellten 7-10 Prozent ist.

Nach dem Schluss der zweistündigen Tagung diskutierte ich noch mit dem Staatsanwalt und einem Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums und wir waren uns einig, dass die Ereignisse von Köln keine Gesetzesreform notwendig machten. Dort wo Horden von Männern Frauen umzingelten, liegt eindeutig eine sexuelle Nötigung vor und besteht keine Strafbarkeitslücke. In Köln gab es einen Mangel an Polizei, Straßenbeleuchtung, vielleicht auch Kameras, aber sicher keinen Mangel an Gesetzen. Wir waren uns auch einig, dass es in Deutschland ein Vollzugsdefizit gibt und kein Regelungsdefizit. Aber die Politik geht weiter davon aus, dass ein neues untaugliches Gesetz billiger ist als die Einstellung von Polizisten, Staatsanwälten und Richtern.


Samstag 21. Mai 2016


Psychiatrische Sachverständige im Strafverfahren

Am 20. und 21.Mai 2016 besuchte ich eine Fortbildung der Strafverteidigervereinigung Berlin mit dem Thema „Psychiatrische Sachverständige“. Der psychiatrische oder psychologische Sachverständige erscheint in vielen Prozessen als unangreifbar und wird so vom Gericht behandelt und von vielen Verteidigern nicht in Frage gestellt. Gerichte nutzen dafür gerne die Formel, dass sie den überzeugenden, wissenschaftlich fundierten und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen folgen. Obwohl ich in diesem Jahr schon mit einer umfassenden Gutachtenanalyse  die Auswechslung einer psychologischen Gutachterin erreicht hatte, bot sich aber auch mir in der Fortbildungsveranstaltung noch einiges Neues. Die Dozenten, der psychiatrische Sachverständige Dr.med. Alexander Böhle und die psychologische Sachverständige Frau Diplompsychologin Angelika Sommer zeigten an den zwei Tagen mögliche Fehlerquellen in Gutachten auf und berichteten auch von großen Schnitzern ihrer Kollegen. Sehr viel Augenmerk müssen Verteidiger bei der Überprüfung der Arbeitsweise der Sachverständigen einsetzen, da hier wie auch in der Falldarstellung, wie auch in der Auswertung Fehler zu finden sind. Da ist dann das Gutachten auffällig, welches ein Sachverständiger nach einem halbstündigen Gespräch erstattet hat.  Bei einem akut psychotischen Patienten wäre dies nach Darstellung der Dozenten sogar denkbar, in den meisten Fällen aber ein Hinweis auf schlampige Arbeit. Erheblich komplizierter ist dann für einen Strafverteidiger die Überprüfung von testpsychologischen Untersuchungen. Hier müssen dann Daten verglichen werden und können manche Daten unterschiedlich ausgelegt werden.

Die Frage aber, ob die Gutachtenerstellung überhaupt im Interesse des Mandanten liegt, bleibt hingegen eine ureigene schwere Frage für den Verteidiger. Bei schwersten Fällen wird wohl eine Begutachtung sinnvoll sein, bei Fällen mittlerer Kriminalität könnte jedoch der Aufenthalt im Krankenhaus des Maßregelvollzuges möglicherweise länger sein als eine Haftstrafe.


Sonntag 15. Mai 2016


Leben und Sterben der deutschen Gerichtskantinen

So wie es früher in jeder deutschen Stadt einen Ratskeller gab, hatten auch die meisten größeren Gerichte eine eigene Kantine. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein und so starben Ratskeller und Gerichtskantinen gleichermaßen.

Im größten deutschen Kriminalgericht in Moabit gab es ehemals sogar zwei Kantinen. Während die ältere Kantine nun die Poststelle beherbergt, schien auch die andere Kantine immer wieder vor der Schließung zu stehen und wurde nun zwischenzeitlich durch Dussmann und einen weiteren Betreiber zumindest vorübergehend gerettet.

Eine erheblich lebendigere Kantine lernte ich im Landgericht Cottbus kennen, dort seit Januar 2012 von der Behindertenwerkstatt der „Lebenshilfe Werkstätten Hand in Hand gemeinnützige GmbH“ betrieben. Ich besuchte die Kantine in Verhandlungspausen zu verschiedenen Zeiten und war dabei überrascht, wie gut besucht die Cafeteria mit ihrem Frühstücksangebot und den mindestens vier Mittagsgerichten war. Die Kantine ist montags bis donnerstags von 08.30 Uhr bis 14.30 Uhr geöffnet, freitags von 08.30 Uhr bis 13.00 Uhr.

Aber auch im Landgericht Cottbus hatte es vor dem Vertrag mit der Behindertenwerkstatt schon erste Überlegungen für eine Umnutzung der Räume gegeben. Eine Richterrunde saß nun beim Mittag, von frühstückenden Rechtsanwälten hörte ich nur, war aber selbst immer zu späteren Tageszeiten geladen.

Die größte Enttäuschung erlebte ich beim Landgericht Magdeburg bei einer fast zehnstündigen Verhandlung vor dem Schwurgericht. Groß ausgeschildert entpuppte sich die „Cafeteria“ als seit längerer Zeit geschlossene Kantine, in deren ehemaligen Aufenthaltsraum die Verwaltung einfach einen Kaffeeautomat gestellt hatte.


Montag 2. Mai 2016


Verteidigung am 01.Mai 2016

In Berlin  muss niemand auf den Rat eines Strafverteidigers verzichten, auch wenn er in der Nacht, an Wochenenden oder an Feiertagen festgenommen wird.  Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V.  hat einen Anwaltsnotdienst in Strafsachen organisiert. Die Nummer des Notdienstes kann von Beschuldigten bei Polizei und Justiz erfragt werden und diese ermöglichen auch einen Anruf.

Alle Anrufe auf der Notdienstnummer werden auf das Mobiltelefon des jeweiligen Bereitschaftsanwaltes umgeleitet. Die Notdienstanwälte erteilen telefonischen Rechtsrat in Strafsachen oder suchen den Rechtssuchenden bei Festnahmen gegebenenfalls auch auf. Der Notdienst ersetzt keinesfalls eine reguläre anwaltliche Beratung oder Vertretung und beschränkt sich auf den Notfall. In Berlin erfolgt der Notdienst der Strafverteidigervereinigung kostenlos. Werden Übersetzer notwendig, sollten diese von der jeweiligen Behörde gestellt werden. Das Notmandat erlischt mit Ende der Notdiensttätigkeit.

Sollten Sie danach eine weitere, dann entgeltliche Tätigkeit des Notdienstanwaltes wünschen, muss wie üblich ein Mandat erteilt werden.

Vom 01.Mai 2016 bis zum 02.Mai 2016 war ich wieder beim Notdienst tätig. Während an normalen Tagen die Anrufer wegen verschiedenster Straftaten anrufen, geht es am 1. Mai in der Regel um Schweren Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandsvorwürfe, wie sich wieder einmal bestätigt hat. In allen von mir im Rahmen des Notdienstes bearbeiteten Fällen wegen schweren Landfriedensbruch erreichte ich nach mehrfachen Telefonaten mit der Staatsanwaltschaft eine Gewahrsamsentlassung.

In der Regel übernehme ich ein bis zwei Mal im Jahr die Bereitschaft für den Anwaltsnotdienst in Strafsachen.

Unabhängig vom Strafverteidigernotruf stehe ich Ihnen in Berlin bei Festnahmen und Durchsuchungen auch direkt und fast immer über meine Mobilfunknummer 0175 – 618 90 68 zur Verfügung. Sollten Sie in allen anderen Fällen eine Vertretung durch mich wünschen, können Sie mich unter der Telefonnummer 030 – 5480 1493 erreichen.

Rechtsanwalt Malte Höpfner

Allee der Kosmonauten 28

12681 Berlin

hilfe@straf-kanzlei.de

Telefon : 030 – 5480-1493

Mobil : 0175- 618 90 68


Freitag 1. Januar 2016


Fortbildungen im Jahr 2015

Eine Fortbildungsveranstaltung der Rechtsanwaltskammer Berlin zum Umsatzsteuerrecht besuchte ich am 21.April 2015. Interessant war, dass die Steuerfahndung das teilweise widersprüchliche Umsatzsteuerrecht nutzt, um ihre zurückgehenden Fahndungserfolge bei der Einkommensbesteuerung zu kompensieren.

Entschädigung für rechtswidrige Haft nach Art. 5 Absatz 5 EMRK war das Thema der Fortbildungsveranstaltung von Berliner Strafverteidigervereinigung und Republikanischen Anwaltsverein am 04.Juni in einem Hörsaal der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Dozentin stellte ihre Überlegungen vor, über den Umweg über einen Entschädigungsanspruch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention die beschämend niedrige Pauschalentschädigung des deutschen Strafrechtsentschädigungsgesetzes von 25,00 €, bisher sogar nur 11,00 € auszuhebeln. Dass die deutsche Entschädigungsregelung für einen Eingriff in die persönliche Freiheit skandalös niedrig ist, zeigt im Vergleich die Entschädigungspraxis im deutschen Reiserecht, die für entgangene Urlaubsfreuden zum Teil schon 100,00 € pro Tag ansetzt.

Fachanwalt für Strafrecht, Strafverteidiger, Rechtsanwalt, Verteidigung im Strafrecht, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Humboldt-Universität zu Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Am 12.Juni 2015 fand die 19.Berliner Junitagung für forensische Psychiatrie und Psychologie in einem Hörsaal der Freien Universität statt. Nach dem Vortrag von Prof.Dr. Thomas Elbert „Die Lust am Töten im Genozid“ sprach der ehemalige Leiter der BKA-Abteilung für islamischen Terrorismus über „Zum Töten bereit: Zur Motivation islamistischer Täter aus Europa“.

Der bekannte forensische Psychiater Prof.Dr. Norbert Leygraf behandelte in seinem Vortrag dann „Tötungsdelikte in Beziehungen“, während Prof. Dr. Dieter Dölling mit sehr vielen Statistiken über „Kriminologische Aspekte der Mordmerkmale und der lebenslangen Freiheitsstrafe“ berichtete.

Es folgten noch zwei Vorträge des Strafverteidigers Prof.Dr.Dr. Alexander Ignor zur angedachten „Reform der Gesetzbestimmungen über Tötungsdelikte“ und des forensischen Psychiaters Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber zu „Tötung, Höchststrafe und Schuldfähigkeit“.

Wie immer nutzte ich die Junitagung zu einem kleinen Erfahrungsaustausch und einem Kennenlernen mit Gerichtsgutachtern. Diese Vorbereitung gibt mir in Verhandlung mit Gutachtern immer einen nicht zu unterschätzenden Vorteil gegenüber anderen Strafverteidigern, die oft schon an den richtigen Fragen gegenüber den Gutachtern scheitern.

Am 18.Juni 2015 hörte ich mir noch einmal den Vortrag von Prof.Dr.Dr. Ignor in einer erweiterten Form mit anschließender Diskussion im Rahmen einer Veranstaltung der Berliner Strafverteidigervereinigung an.

„Der Zeugenbeweis – Von der Wahrheit, der Pflicht und anderen Fehlleistungen“ lautete am 12. September der von der Berliner Strafverteidigervereinigung gewählte Titel für ihr Bad Saarower Strafverteidigertreffen.

Am 25. November 2015 besuchte ich dann noch einen Vortrag zur Auslieferungsproblematik und beendete das Fortbildungsjahr nach einem 15-stündigen Upgrade im Arbeitsrecht vom 04.-05.12.2015 mit einer strafrechtlichen Fortbildung am 11.Dezember 2015 im Kriminalgericht Moabit zum Thema Adhäsion – Schmerzensgeldansprüche im Strafverfahren.

Während des Jahres war ich noch mehrfach Gast beim Strafverteidigerstammtisch der Berliner Strafverteidigervereinigung, bei dem mich neben interessanten Referaten auch immer der nutzbringende Erfahrungsaustausch mit Kollegen interessiert.


Freitag 11. Dezember 2015


Lesung von „Nichts als die Wahrheit“

Am 11.Dezember 2015 wechselte ich nach einer Fortbildung über das Adhäsionsverfahren im Kriminalgericht Moabit um 20.00 Uhr in die gegenüberliegende Buchhandlung, um Gast einer Lesung von Professor Max Steller aus seinem Buch „Nichts als die Wahrheit“ zu sein.

Das Buch hat den Untertitel „Warum jeder unschuldig verurteilt werden kann“ und dies beschreibt auch den wesentlichen Inhalt. Auf eine Frage nach der Zahl der unschuldig Verurteilten gab Professor Steller seinen Zuhörern zu denken, als er auf Grundlage seiner Fälle einschätzte, dass es nicht um wenige katastrophale Ausnahmefälle handele, sondern um eine höhere Zahl, die auf einem systematischen Versagen der Justiz beruhten.

Der führende deutsche Experte der Aussagepsychologie ist nicht nur ein überragender Sachverständiger, sondern erwies sich auch als guter Autor und unterhaltsamer Vorleser. Der größte Feind der Wahrheit sei nicht die Lüge, sondern der Irrtum, betonte der Gutachter zu Anfang seiner Lesung und las dann mehrere seiner Fälle vor. Er vertiefte die im Buch geschilderten Fälle noch ein wenig und antwortete im zweiten Teil der Lesung bereitwillig die Fragen der Gäste.


Dienstag 1. Dezember 2015


Reisekosten des Angeklagten

Der Angeklagte kann schon im Verfahren einen Antrag auf Reisekostenerstattung zum Gerichtstermin stellen, wenn er mittellos ist. Damit kann er dann aber auch sein Fehlen nicht damit entschuldigen, dass er kein Geld für die Anreise hatte.

Die Reisekostenerstattung ist in der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) geregelt. Man sollte die Vorschrift kennen und gegebenenfalls darauf hinweisen, da sie in der Justiz, aber auch bei Rechtsanwälten nicht überall bekannt ist.

Wenn noch genügend Zeit ist, sollte der mittellose Angeklagte das Gericht anschreiben. Unter Angabe des korrekten Aktenzeichens muss er seine Mittellosigkeit behaupten und dann mit Hilfe zum Beispiel der Kopie seines ALG-II-Bescheides nachweisen. Vor dem Termin wird er dann vom Gericht einen Gutschein, das Ticket oder Bargeld zugeschickt erhalten.

In Eilfällen kann der Angeklagte auch zu seinem lokal zuständigen Amtsgericht gehen und Fahrtkosten beantragen. Auch dazu braucht er einen Nachweis der Mittellosigkeit und hier auch noch die Ladung des Gerichtes oder der Behörde.

Wenn Sie dann Ihr Ziel erreicht haben, sollten Sie im Zweifel den Richter darum bitten, sich um eine Rückfahrkarte für Sie zu kümmern.

Die Justiz wird in der Regel nur Fahrten in der 2. Klasse per Eisenbahn oder Öffentlichen Personennahverkehr bezahlen. Reisen in der 1. Klasse oder Flüge werden daher eher nicht bewilligt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht

Bundesweite Verteidigung, Copyright Malte Höpfner

Bei längeren Terminen bezahlt die Justizkasse auf Antrag auch Tagegelder und Übernachtungskosten.

Wenn Sie mich als Verteidiger haben, werde ich Sie gern bei diesem Antrag unterstützen.

Keine Alternative ist es jedenfalls den Termin zu versäumen, da das Gericht dann in der Regel den roten Zettel ausfüllen wird und danach zwar Reise- und Unterbringungskosten direkt vom Staat übernommen werden, die Unterbringung aber in einer JVA erfolgt und der Transport gefesselt in Begleitung von Justizwachtmeistern.

Nach einem Freispruch kann der ehemalige Angeklagte seine Reisekosten gegenüber der Landeskasse als erstattungsfähige Auslagen in Ansatz bringen. Bei einem Verhandlungstag in Berlin dürfte hier aber der Aufwand für den Antrag meist den Nutzen übersteigen. Bei mehreren Verhandlungstagen, Anreisen aus der Ferne oder bei Taxikosten eines Gehbehinderten sollte man den Antrag aber nicht vergessen.


Mittwoch 25. November 2015


Große Kinderporno-Razzia in Berlin-Brandenburg und Operation Kidslove

In Berlin und Brandenburg wurden am 25.11.2015 von rund 100 Polizisten 28 Wohnungen und Geschäftsräume im Rahmen einer internationalen Operation gegen Kinderpornografie durchsucht.

Fast gleichzeitig zerschlugen australische und niederländische Polizei im Rahmen der Operation „Kidslove“ einen Kinderpornoring mit bisher 303 Verdächtigen und mehreren Tausend noch zu ermittelnden Abonnenten. Weltweit gab es Festnahmen und gibt es weitere Ermittlungen.

Es ist üblich, dass die Ermittlungen von konkreten Beschuldigten über IP-Adressen und dann die Zuordnung durch Telekommunikationsanbieter lange dauern, aber auch oft zum Ziel führen. Insoweit war meine Erfahrung, dass selbst Jahre nach der Aufdeckung eines Ringes noch nicht alle Verfahren abgeschlossen waren. Durch die Auswertung von Verbindungsdaten und die Beschlagnahme von Beweismitteln bei Verdächtigen erweitert sich dann der Kreis der Beschuldigten recht schnell und recht umfangreich über den ursprünglich aufgedeckten Ring hinaus.

Sollten Sie die Gefahr sehen hier zum Beschuldigten zu werden, ist zu einer zügigen Kontaktaufnahme zu einem qualifizierten Strafverteidiger schon im Ermittlungsverfahren zu raten. Je früher ein Beschuldigter in diesem Bereich einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Verteidiger aufsucht, umso mehr Einflussmöglichkeiten wird der Verteidiger im Verfahren nutzen können.

Sie können mich gerne kontaktieren.


Sonntag 1. November 2015


Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft wird umgangssprachlich als U-Haft abgekürzt und diese Abkürzung ist eine der wenigen Abkürzungen im Justizbereich, die auch jedem Laien bekannt ist. Vieles andere scheint aber nicht bekannt zu sein, insbesondere Politikern und der Presse. In der Zeitung liest man dann auch immer wieder, „Skandal – Ermittlungsrichter lässt jugendlichen Räuber wieder frei“ oder Politiker fordern, „Wir erwarten von der Justiz jetzt das Zeichen, dass diese Brandstifter in U-Haft kommen.“

Solche falschen Erwartungen sind für den Strafjuristen schwer nachvollziehbar, da er die gesetzlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft in §§ 112ff. StPO kennt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht, Untersuchungshaft

Ermittlungsrichtersaal im Amtsgericht Tiergarten – Copyright Malte Höpfner

Ein dringender Tatverdacht muss bestehen und dieser liegt dann vor, wenn eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit besteht.

Die zweite Voraussetzung ist der Haftgrund und das sind in Deutschland nur Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr.

Eine Fluchtgefahr liegt, wenn die zu erwartende Strafe einen Fluchtanreiz bietet und die persönlichen Umstände diese nicht widerlegen. Da die Abwägung umfassend zu erfolgen hat, mag bei dem einen Beschuldigten schon eine U-Haft bei einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verhängt werden, während ein anderer bei einer zu erwartenden Strafe von 4 Jahren noch nicht in die U-Haft kommt. Die Fluchtgefahr ist der häufigste von Ermittlungsrichtern angewendete Haftgrund.

Die Verdunkelungsgefahr liegt vor, wenn der Beschuldigte davon abgehalten werden soll, Beweismittel zu vernichten oder zu verändern, wobei auch Zeugen Beweismittel in diesem Sinne sind. Sobald die Beweissicherung aber abgeschlossen ist, entfällt die Verdunkelungsgefahr.

Sowohl Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr lassen den Zweck der U-Haft erkennen und das ist die Sicherung des Verfahrens. Die Hauptverhandlung soll nicht deshalb entfallen, weil der Beschuldigte geflohen ist oder Beweismittel vernichtet hat.

Deshalb ist der Haftgrund Wiederholungsgefahr auch nur nachrangig, er soll Serientäter von weiteren Straftaten abhalten.

Bei dem oben genannten jugendlichen Räuber erschien der jugendliche Beschuldigte pünktlich zum Gerichtstermin, womit sich die Prognoseentscheidung des Ermittlungsrichters als richtig gezeigt hatte, darüber berichtete nun aber keine Zeitung.

Bei Aufforderungen von Politikern an Ermittlungsrichter „Zeichen zu setzen“ handelt es sich meiner Ansicht nach, klar um eine Aufforderung eine strafbare Rechtsbeugung zu begehen. Die Justiz darf Zeichen setzen und Abschreckung in ihren Urteilen betreiben, die Forderungen der Politiker hingegen greifen die Unschuldsvermutung an. Da soll dann ein möglicherweise Unschuldiger zu Unrecht in die U-Haft kommen, um damit politische Botschaften zu senden.

Nach der Prüfung der Haftgründe muss der Ermittlungsrichter die Verhältnismäßigkeit prüfen. Wenn die Straferwartung nur bei sechzig Tagessätzen liegt, wäre eine viermonatige Untersuchungshaft wohl falsch. Bei Bagatelldelikten wird der Richter im Übrigen besonders genau die Verhältnismäßigkeit von U-Haft abwägen. Das gleiche gilt, wenn die Justiz zu zügigen Verhandlungen nicht in der Lage ist. Wenn durch Auflagen die Fluchtgefahr abgewendet werden kann, so kann die Untersuchungshaft zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Die am meisten gebräuchliche Auflage in Deutschland ist die Meldeauflage bei der Polizei, bei Beschuldigten mit Auslandsbezug werden die Pässe eingezogen. Anders als in den USA findet in Deutschland die Sicherheitsleistung durch Geld, die Kaution, nur selten Anwendung und die Summen sind meist erheblich niedriger.

Wenn ein Angeklagter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung erscheint, kann gemäß § 230 Abs. 2 StPO ein Haftbefehl erlassen werden, was eine Sonderform der U-Haft darstellt.


Donnerstag 1. Oktober 2015


Reform des Mordparagraphen

Am 14.09.2015 war ich zu einer Diskussionsveranstaltung zur Reform des Mordparagraphen in die saarländische Landesvertretung in Berlin eingeladen worden.

Es ging um die vom Justizminister Maas beabsichtigte Reform der Tötungsdelikte, vereinfacht der Reform des Mordparagraphen. In der Rechtswissenschaft diskutierte man verstärkt seit den Sechzigerjahren über eine Reform, damals mehr aus Prinzip, heute eher mit dem Wissen praktischer schiefer Fälle.

Auch auf der Veranstaltung wurde der 1941 eingeführte Paragraph mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und man unterschlug, dass der Paragraph eine Kopie aus einem Entwurf für ein Schweizer Strafgesetzbuch war. Der Verfasser des Schweizer Entwurfes von 1893, ein Herr Stooss, hatte sich für seinen Entwurf an einer volkstümlichen, traditionellen Wertethik orientiert.

Überzeugender als Änderungsgrund waren für mich die Gerechtigkeitslücken und Schieflagen, die der heutige Mordparagraph immer wieder verursacht. Vorgetragen wurden einige reale Beispielfälle. So kümmerte sich ein Rentner über Jahre aufopferungsvoll um seine demente und lang dahin siechende Ehefrau. Am Ende erstickte er seine schlafende Frau aus Liebe und um ihr weiteres Leiden zu ersparen mit einem Kissen. Wegen des Ausnutzens des Schlafes war die Tat heimtückisch und nur eine lebenslange Freiheitsstrafe nach dem Wortlaut des § 211 StGB denkbar.
Ein Chef einer Rockerbande ließ einen Aussteiger wegen des Verstoßes gegen den Ehrencodex in den Wald bringen und exekutierte ihn nach stundenlanger Todesangst. Nach sechs Jahren war der nur wegen Totschlages verurteilte Rocker wieder frei. Die ausgeurteilten Ergebnisse waren in Hinblick auf die Gesetzeslage absolut korrekt – anhand dieser beiden Beispiele mag sich jeder Leser selbst ein Bild machen, ob es Schieflagen beim Mordparagraphen gibt.

Eine andere schiefe Tatkonstellation ist die Gewalt in der Ehe. Der Haustyrann, der seine Frau totprügelt, wird wegen Totschlages zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt und ist nach einigen Jahren wieder auf der Straße. Die eingeschüchterte Frau, die nach langen Leidensjahren vielleicht nicht einmal wegen sich selbst, sondern aus Sorge um das ebenfalls misshandelte Kind den schlafenden Haustyrannen mit der Bratpfanne erschlägt, wird wegen Heimtücke zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haustyrannenfall ist das Lieblingsbeispiel des Bundesjustizministers. Auch der Strafverteidiger Prof. Dr. Stefan König kannte solche Fälle aus der Praxis und diese waren auch eine Motivation für den Reformvorschlag des Deutschen Anwaltsvereins.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen äußerte die Sorge, dass nach einer Reform faktisch die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft würde. Hier wies Prof. Dr. Michael Kubiciel daraufhin, dass die Schweiz die Absolutheitsregel bei Tötungsdelikten schon vor einigen Jahren abgeschafft hätte und es danach dort nur geringe Veränderungen bei der Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe gegeben hätte.

Prof. Dr. Albin Eser wurde zur deutschen Strafhöhe im internationalen Vergleich befragt und wies daraufhin, dass man die reine Strafhöhe nicht sinnvoll vergleichen könne. In Großbritannien seien die verhängten Freiheitsstrafen erheblich höher als in Deutschland. Die Verurteilten kämen aber wegen der eher großzügigen Vollstreckungsregeln aber eher als in Deutschland wieder frei.

Prof. Dr. König äußerte Kritik an der Einführung an dem qualifizierenden Gesinnungsmerkmal „rassistisch/fremdenfeindlich“ und fragte, wo denn der Unterschied sei, ob jemand wegen seiner Hautfarbe oder wegen einer falschen Musikrichtung getötet werde. Der Bundesjustizminister ging nicht wirklich darauf ein, sondern verwies recht grob auf notwendige politische Zeichensetzung.

Die Veranstaltung war recht kurzweilig und trotz Juristen auf dem Podium kam doch wenigstens zeitweilig auch etwas Spannung auf. Nach dem Schluss der Diskussion verlagerten sich die Gespräche recht schnell zum Büffet im Eingangsbereich der Landesvertretung und hier konnte ich mit Prof. Dr. König über Vor- und Nachteile der verschiedenen Reformvorschläge diskutieren und fand dann noch Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit dem Bundesjustizminister, um in einer anderen Sache eine mögliche Gesetzesänderung zu erörtern.


Samstag 12. September 2015


Bad Saarow 2015: Der Zeugenbeweis

Am 11. und 12. September 2015 dürfte es schwer geworden sein einen guten Strafverteidiger in Berlin zu erreichen, denn die Vereinigung Berliner Strafverteidiger hatte zum Wochenendseminar nach Bad Saarow eingeladen.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht

Seminar 2015 der Vereinigung Berliner Strafverteidiger in Bad Saarow, Copyright Malte Höpfner

Das Seminar stand unter dem Motto, „Der Zeugenbeweis – Von der Wahrheit, der Pflicht und anderen Fehlleistungen“.

Wegen beruflicher Verpflichtungen konnte ich nicht an der Podiumsdiskussion am Freitag zum Thema, „Transfer von Ermittlungsergebnissen in die Hauptverhandlung – Wird der Zeuge aus der Hauptverhandlung verdrängt?“ teilnehmen, sondern reiste erst am nächsten Tag an.

Hier wurde die Veranstaltung mit zwei parallelen Arbeitsgruppen fortgesetzt, wobei die erste Gruppe sich mit der Frage, „Der Polizeizeuge – objektiv oder interessenorientiert?“, beschäftigte.
Ich hatte mich der zweiten Arbeitsgruppe angeschlossen, wo es um die Frage ging, „Zeugen: Im Namen des Volkes oder des Irrtums?“.

Die Referenten waren sehr gut ausgesucht und so referierte die Glaubhaftigkeitsgutachterin Diplom Psychologin Claudia Böhm zu ihrem Tätigkeitsgebiet und stellte neue und alte Erkenntnisse ihres Fachbereiches vor. Interessant war dabei ein Zeitungsartikel von 1905 zu einer erzwungenen falschen Aussage und den damaligen Erkenntnissen zur Glaubhaftigkeitsfeststellung. Zum einen stellte man fest, wie alt doch schon manche Erkenntnisse waren und zum anderen wunderte man sich, dass Polizei und Justiz es in über 100 Jahren noch nicht geschafft hatten, wissenschaftliche Erkenntnisse in ihre Arbeit zu integrieren.
Erschreckend war dann auch ihre Aufzählung von falschen Geständnissen, die nicht so selten sind, wie man denken sollte. Da gab es vor wenigen Jahren einen Mordfall, wobei die Angehörigen in stundenlangen Polizeiverhören gestanden hatten den Familienvater erschlagen und an Hunde und Schweine verfüttert zu haben. Geständnisse wurden im Laufe des Verfahrens zurückgezogen, der folgende Schuldspruch dann vom Bundesgerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht bestätigt. Die Geschichte wurde nur dadurch gestört, dass man die unversehrte Leiche einige Jahre später in seinem KFZ sitzend in der Donau fand. Offensichtlich war er betrunken mit dem Auto in den Fluss gestürzt und umgekommen.
Beim Fall „Pascal in der Tosa-Klause“ gab es dann noch mehr Geständnisse, teilweise von Personen, die zur Tatzeit in Heimen untergebracht oder in Gefängnissen gewesen waren. Ich dachte dabei an einen Ausspruch von Stalins Generalstaatsanwalt, dass das Geständnis die Königin der Beweismittel sei. Der Wahrheitsgehalt war ihm immer egal gewesen, nur scheinen einige deutsche Polizisten nach ähnlichem Muster zu arbeiten.
In diesem Zusammenhang stellte die Referentin auch das neueste Buch des Dogen der Aussagepsychologie Prof. Max Steller vor, „Warum jeder unschuldig verurteilt werden kann.“

Der zweite Referent war der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten beim BKA Andy Neumann, der als Polizeigewerkschafter sich vor die Polizei stellte und Versäumnisse auf fehlendes Personal, schlechte Ausbildung und vor allem unzureichende Fortbildungen zurückführte. Bei der Frage der audiovisuellen Dokumentation von Vernehmungen gab es zwischen dem Publikum und ihm einen Dissens, da er nicht die Forderung teilte alle Vernehmungen zu aufzuzeichnen. Seinem Einwand des fehlenden Personals und notwendiger Verschriftung der Aufzeichnungen wurde aus dem Publikum mit einem Verweis auf britische Praxis und die fehlende Notwendigkeit einer vollständigen Verschriftung entgegnet.

Die Berliner Richterin am Landgericht Ioakimides stellte sich gegen die Forderung der Strafverteidiger nach umfassender audiovisueller Dokumentation von Vernehmungen mit dem formalen Argument, dass dadurch der Vorrang der Erkenntnisgewinnung in der Hauptverhandlung geschwächt würde. Das Argument war formal richtig, nur dass das Publikum hier in einer Abwägung zum Schutz vor Fehlurteilen wohl bereit war, hier auch die Einführung von mehr Aufzeichnungen aus dem Ermittlungsverfahren in Gerichtsverhandlungen zu akzeptieren. Nur so würden Fehler in der Konstanz von Aussagen überhaupt entdeckt werden können, lautete hier das Argument der Strafverteidiger.
Für mich beantwortete sich im Referat der Landrichterin die Frage, warum die Justiz auch in hundert Jahren noch nicht die Erkenntnisse der Wissenschaft reflektiert hatte. Wie bei den Kriminalbeamten lag dies auch an mangelnder Fortbildung, denn bei über sechshundert Staatsanwälten und Strafrichtern in Berlin und noch einigen weiteren in Brandenburg bietet die Richterakademie Berlin-Brandenburg nur eine jährliche Fortbildung zur Glaubhaftigkeitsbegutachtung für 20-30 Richter an. Dazu kam aber noch das Problem der Freiwilligkeit von Fortbildungen für Richter und dass dazu notwendige Engagement der Richter.
Hierzu hatte ich in einer früheren Veranstaltung vom Präsidenten des AG Tiergartens erfahren, dass ein Drittel seiner Richter faktisch niemals Fortbildungen besuchten und ein weiteres Drittel nur selten. Die Personalabteilung der Senatsverwaltung für Justiz legt auf spezifisches Fachwissen sowieso keinen Wert.
Manche Kritik empfand ich als unpassend, da doch letztendlich die Richter, denen wir bei Fortbildungsveranstaltungen begegnen, gerade die guten reflektierenden und nachdenkenden Richter sind. Im Umkehrschluss gibt es aber auch bei diesen Richtern den bedauerlichen Reflex ohne Unterschied ihre Kollegen zu verteidigen.

Der letzte Dozent war ein Kollege, der von seinen Erfahrungen aus Revisionsprozessen berichtete und dabei auf den humorigen Fakt hinwies, dass selbst der Bundesgerichtshof von Glaubwürdigkeitsprüfungen schreibt, wo es um Glaubhaftigkeit geht.


Dienstag 1. September 2015


Selbstbezeichnungen von dritter Person bis Pluralis Majestatis

Wenn ich fremde Anwaltsschriftsätze lese, fällt mir immer auf, dass viele meiner Berufskollegen in der dritten Person von sich reden.

Da heißt es dann nicht, „Ich meine“, sondern „der Unterzeichner meint“, auch ist „der Verfasser der Ansicht, dass….“ Andere Anwälte sprechen von sich als „der Unterschreibende“ bis zu der „Letztzeichner“. Ein Anwalt verwendete sogar als Einzelanwalt den Pluralis Majestatis und schrieb „Wir“, womit er sich und seine Kanzlei meinte.

Bisher unbekannt war mir bis zum Schriftsatz einer Kollegin die Bezeichnung, „Die Unterfertigte“, wobei ich immer noch davon ausgehe, dass sie „die Unterfertigende“ meinte. Im Ergebnis klang aber sehr nach „die Überforderte“.


Samstag 1. August 2015


Verteidigung in Österreich oder der Schweiz

Zu meiner Überraschung gab es in den letzten Monaten mehrere Mandatsanfragen aus Österreich und der Schweiz. Die Anfragenden erzählten, dass ich als der beste Verteidiger im Sexualstrafrecht in Deutschland gelten würde, ihnen empfohlen sei und baten mich um die Übernahme ihrer Fälle in ihren Ländern. Obwohl ich bundesweit verteidige, musste ich hier doch ablehnen, da ich weder in Österreich, noch in der Schweiz als Anwalt zugelassen bin. Auch die Bitten als Berater lokaler Verteidiger die Fälle zu begleiten, habe ich abgelehnt, da ich weder das Prozessrecht in Österreich, noch in der Schweiz kenne und dies aber für unverzichtbar halte.
Bei den Anfragen habe ich für mich gelernt, dass die Situation in Österreich und der Schweiz ähnlich wie in den meisten deutschen Bundesländern ist, wo es auch keine im Sexualstrafrecht erfahrenen Strafverteidiger gibt. Mit einem Kripobeamten vom zuständigen Berliner LKA unterhielt ich mich unlängst bei einer Videovernehmung über Strafverteidiger im Sexualstrafrecht und er berichtete mir, dass es aber auch in Berlin nach mir nur eine knappe Handvoll von Strafverteidiger gäbe, die öfter mit seiner Abteilung zu tun hätten.
Ich übernehme gerne auch die Verteidigung von Österreichern und Schweizern, aber dies nur in Verfahren vor deutschen Gerichten.


Mittwoch 15. Juli 2015


Begrenzung der Nebenklage

Aus der Richterschaft gibt es Forderungen nach einer Begrenzung der Zahl der Nebenkläger in einem Verfahren. Für über 99,9 Prozent der heutigen Nebenkläger würde sich bei einer Umsetzung der Forderung nichts ändern, da es den Richtern ausschließlich um Massenverfahren geht. Der Präsident des Münchener Oberlandesgerichtes Karl Huber (am 27.02.2015 pensioniert) forderte im Angesicht der Kosten des NSU-Prozesses von 150.000,00 € pro Verhandlungstag und bisher schon von über 30.000.000,00 € eine Begrenzung der Zahl der Nebenkläger. Neben dem Argument der Kosten verwies er auf die Gefahr des Zerfaserns eines Prozesses durch die Zahl der Nebenkläger.

Dies kann man sicherlich auch jetzt schon im NSU-Prozess sehen, den die Nebenklägeranwälte als faktischen Untersuchungsausschuss und politische Bühne nutzen wollen. Dabei gerät das Recht der Angeklagten auf ein zügiges Verfahren in Gefahr. Auch die Unschuldsvermutung wird durch schon durch die schiere Zahl der Nebenklägeranwälte beschädigt, wenn Verteidigung und Angeklagten nur noch eine Statistenrolle im Strafprozess zugestanden wird. Dies ist besonders bedenklich, wenn man daran denkt, dass im Strafprozess letztendlich und auch hauptsächlich eine Entscheidung über die Freiheit der Angeklagten getroffen werden soll.

Der Präsident des Oberlandesgerichtes verwies auf die Gefahren bei Völkermordprozessen, wo es Hunderte oder Tausende von Opfern geben könnte. Der OLG-Präsident hat hier schon zu weit gegriffen, denn mit den derzeitigen Nebenklageregeln wäre auch ein Terroranschlag, wie auf das World-Trade-Center, nicht zu bewältigen.

Vernünftig ist die Forderung des Münchener OLG-Präsidenten allemal, wie in Norwegen eine Begrenzung der Nebenklägeranwälte zu schaffen, welche dann mit einer Stimme die Opfer vertreten würden.

Leider scheint die Idee noch nicht beim Gesetzgeber angekommen zu sein und das nächste Großverfahren kommt bestimmt. Entweder kann man dann gleich alle Beschuldigten aus der Haft entlassen, weil ein Prozess nicht durchzuführen ist oder der Gesetzgeber wird mit einem Schnellschuss ein Gesetz schaffen, welchem dann der Ruch des Einzelfallgesetzes anhaften wird.