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Montag 1. Januar 2024


Fortbildung 2023

Meine erste Fortbildung im neuen Jahr fand am 18.01.2023 zum Thema Digitale Forensik statt. Am 15.02.2023 schloss sich eine Veranstaltung mit dem Inhalt Polizei – Selbstbild, Fremdbild – neue Studien an.

Die Kunst des Schriftsatzes im Ermittlungsverfahren folgte am 19.04.2023, nur einen Tag später eine Fortbildung am 20.04.2023 zum Cyberstrafrecht und am 27.04.2023 wurde das Jugendstrafrecht behandelt.

Am 12.05. – 13.05.2023 besuchte ich einen Workshop: Erfolgsfaktor Stimme für einen souveränen Auftritt

Wie fast jedes Jahr nahm ich am 16.06.2023 an der Junitagung der Forensischen Psychiatrie u. Psychologie teil. Direkt im Anschluss fuhr ich dann zum zweitägigen Vertiefungsseminar Erfolgsfaktor Stimme für einen souveränen Auftritt vom 16.-17.Juni 2023.

Am 06. Juli 2023 besuchte ich eine Veranstaltung zum Thema Verteidigung bei Sexualdelikten. Gerade eine bestehende Spezialisierung erfordert ständige Fortbildung.


Samstag 1. Juli 2023


Bundesweite Verteidigung

Obwohl ich die kurzen Wege im Kriminalgericht Moabit in Berlin schätze, bin ich doch auch bundesweit tätig. So habe ich in letzter Zeit vermehrt Anfragen aus anderen Bundesländern festgestellt, in denen es anscheinend keine fachkundigen Strafverteidiger für Sexualstrafrecht gibt. Gerade in diesem Spezialgebiet ist es sicherlich auch sinnvoll einen Rechtsanwalt mit Erfahrung auszusuchen. Wenn hier Beschuldigte in Fällen notwendiger Verteidigung darauf warten, dass ihnen ihr Richter einen Verteidiger aussucht, können sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Auswahl nach den Interessen des Gerichtes, nicht nach den Interessen des Beschuldigten, getroffen wird.
Eine überregionale Verteidigung in Haftsachen bedeutet einen gesteigerten Aufwand, so dass dies fast immer nur bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung möglich ist. In anderen Bereichen lassen sich alle Absprachen und Besprechungen mit dem Mandanten auch unproblematisch per Telefon erledigen, insbesondere dann wenn das Ziel die Einstellung eines Verfahrens ohne öffentliche Hauptverhandlung ist.
Aber nicht nur im Sexualstrafrecht bin ich überregional tätig. Im Folgenden eine kleine Auswahl der Gerichte, an denen ich tätig war.


v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin, LG Neuruppin, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Sexuelle Nötigung, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin (LG Berlin und AG Tiergarten) , LG Neuruppin (Land Brandenburg), Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen und Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, Jugendstrafrecht, Betäubungsmittelstrafrecht, Sexualstrafrecht, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen (Ausweichquartier Wildau) (Land Brandenburg) und AG Tiergarten, Kirchstraße 6, Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Landgericht Cottbus und Landgericht Coburg, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Schwurgericht, BtM, Drogendelikte, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

v.l.n.r.: Landgericht Cottbus (Land Brandenburg) und Landgericht Coburg (Freistaat Bayern), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht Bernau und Amtsgericht Strausberg

v.l.n.r.: Amtsgericht Bernau (Land Brandenburg) und Amtsgericht Strausberg (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), Fachanwalt für Strafrecht, Verteidigung von Sexualdelikten, Sexualstrafrecht, Allgemeines Strafrecht, Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Strafverteidiger, Sexualstrafrecht, Schwurgericht, § 176 StGB, § 176a StGB, § 177 StGB, § 184 StGB, § 184b StGB, § 212 StGB, § 249 StGB, BtMG

Amtsgericht Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Copyright Malte Höpfner

Justizzentrum Potsdam (Amtsgericht und Landgericht) (Land Brandenburg) und Justizzentrum Bochum (Amtsgericht und Landgericht Bochum) (Land Nordrhein-Westfalen), Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht Gifhorn (Niedersachsen) und Amtsgericht Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern)

Links AG Fürstenwalde (Land Brandenburg) Rechts AG Bonn (Land NRW)


Da jeder Fall ein Einzelfall rufen Sie mich an, um eine Übernahme des Mandates zu besprechen.

(Artikel wird fortlaufend aktualisiert.)


Donnerstag 15. Februar 2018


Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB, Unfallflucht, Fahrerflucht

Unfallflucht und Fahrerflucht sind die allgemeingängigen Bezeichnungen für den Straftatbestand des § 142 StGB, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort.

Nach dem Tatbestand macht sich ein Unfallbeteiligter strafbar, wenn er sich nach einem Unfall im Öffentlichen Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten oder der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und die Angabe seiner Unfallbeteiligung, ermöglicht hat. Nach Abs. 1 Nr. 2 wird auch der bestraft, der nicht eine angemessene Zeit gewartet hat, um gegenüber einer feststellungsbereiten Person  seine Beteiligung bekannt zu geben.

Nach Abs. 2 der Vorschrift werden auch Unfallbeteiligte bestraft, die sich zwar erlaubt vom Unfallort entfernt haben, aber nicht unverzüglich nachträglich die Feststellungen ermöglicht haben.

Ein Unfall ist ein plötzlich auftretendes schädigendes Ereignis, welches mit den Gefahren des Straßenverkehrs im Zusammenhang steht. Reine Vorsatztaten, wie bei fingierten Unfällen zur Vorbereitung eines Versicherungsbetruges, fallen nicht unter den Tatbestand der Unfallflucht.

Unfallbeteiligter ist jede Person, die zum Unfall beigetragen hat. Es kann also auch der Beifahrer sein, der den Fahrer versehentlich mit heißem Kaffee überschüttet hat, was bei diesem zu einem unfallauslösenden Verreißen der Lenkung führte. Auch die schreiende Ehefrau kann Unfallbeteiligte sein, wenn der Ehemann sich erschrak und versehentlich auf die Bremse trat, so dass es zu einem Auffahrunfall kam. Kein Unfallbeteiligter ist der Zeuge, der nur reiner Beobachter eines Unfalls war.

Öffentlicher Straßenverkehr meint den Verkehr auf öffentlichen Plätzen und Wegen. Damit sind aber auch öffentliche zugängliche Privatgelände umfasst, wie Tankstellen oder Supermarktparkplätze. Eine Privatstraße liegt erst dann vor, wenn sie dem öffentlichen Verkehr nicht zugänglich ist und nur einer begrenzten Zahl von Nutzern offen steht. Bei Mautstraßen ist hingegen wohl eher von einer öffentlichen Straße auszugehen.

Kein „Sich Entfernen“ liegt vor, wenn ein schwerverletzter Unfallbeteiligter von einem Rettungswagen geborgen und abtransportiert wird.  Die meisten Unfallflüchtigen entfernen sich schnell recht weit vom Unfallort, aber auch ein Verstecken am oder in der Nähe des Unfallortes erfüllt schon den Tatbestand.

Wenn keine feststellungsbereite Person am Unfallort ist, wird vom Gesetz das Einhalten einer Wartefrist gefordert. Diese Wartefrist richtet sich nach den Umständen, wie der Tageszeit und dem Unfallort. Bei einer einsamen Landstraße in der Nacht, wo man das Heulen der Wölfe hört, dürfte die Wartezeit geringer anzusetzen sein, als bei stark frequentierten Stadtstraße am Tage. Aber auch an gefährlichen Orten, wie Rot-Licht-Vierteln oder Berlin-Neukölln dürfte die notwendige Wartezeit eher kurz zu bemessen sein. In Berlin-Neukölln waren Unfallbeteiligte mehrfach durch arabische Familienclans fast gelyncht worden. In einer solchen Gefahrensituation dürfte dann ein Fall des gerechtfertigten, bzw. entschuldigten Entfernens vorliegen. Nach dem Entfernen vom Unfallort hat der Unfallbeteiligte unverzüglich dem Berechtigten oder einer nahen Polizeidienststelle Mitteilung über den Unfall und seine Beteiligung zu machen und die notwendigen Feststellungen nachträglich zu ermöglichen.

Unverzüglich bedeutet in der Rechtssprache „ohne schuldhaftes Zögern“.

Bei Unfällen außerhalb des fließenden Verkehrs und bei nicht bedeutenden Sachschäden kann das Gericht auch dann noch von Strafe absehen oder diese mildern, wenn sich der Unfallbeteiligte innerhalb von 24 h freiwillig gemeldet und die Feststellungen nachträglich ermöglicht hat.

Strafmaß / Rechtsfolgen :

Die Strafnorm sieht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Das Strafmaß unterscheidet  sich nach der Höhe des Schadens und natürlich auch den Vorstrafen des Täters. Leider unterscheiden sich die Strafen in geringem Maße auch von Bundesland zu Bundesland und teilweise auch von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk. Bei einem Schaden von circa 600,00 € wird bei einem Ersttäter eine Geldstrafe von bis zu 30 Tagessätzen und ein Monat Fahrverbot verhängt. Ab einer Schadenshöhe von 1.100,00 – 1.300,00 € werden bei einem Ersttäter mindestens 50 Tagessätze verhängt und die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist für mindestens 6-9 Monate entzogen.

Außerdem werden derzeit nach Feststellung einer Unfallflucht noch zusätzlich 3 Punkte bei Entzug der Fahrerlaubnis, sonst 2 Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg eingetragen.

Wenn andere Personen verletzt sind, können sich die Strafen verdoppeln und auch Wiederholungstäter haben mit erheblich höheren Strafen als Ersttäter zu rechnen.

Auch die Haftpflicht sollte unverzüglich nach einem Unfall informiert werden, da diese von ihrem Versicherungsnehmer sonst bis zu 2.500,00 €, in Trunkenheitsfällen bis zu 5.000,00 € Regress nehmen kann.

Anwaltliche Beratung und Vertretung ist bei der Unfallflucht in der Regel immer anzuraten, da nicht nur Eintragungen im Bundeszentralregister in Karlsruhe und im Verkehrszentralregister in Flensburg erfolgen, sondern die Nebenfolgen wie Fahrverbot oder gar die Entziehung der Fahrerlaubnis existenzvernichtend sein können. Ein Erfolg kann zwar nicht garantiert werden, aber die Einflussmöglichkeiten durch einen Anwalt sind recht hoch. Wenigstens wird der Rechtsanwalt die Verhältnismäßigkeit der Strafe prüfen und auch hier bieten sich oft nach Ansatzpunkte für eine Reduzierung.

Unfallflucht resultiert regelmäßig aus einer Kurzschlusshandlung, wenn der Unfall überhaupt bemerkt wurde, das ist eine meiner Erfahrungen aus mehrjähriger Praxis. Kriminologisch wird dieser Erfahrungssatz auch durch die Tatsache bestätigt, dass die meisten Täter danach sofort nach Haus fahren, ihrem Zufluchtsort. Aus meiner Erfahrung macht Unfallflucht keinen Sinn, da die Aufklärungsraten exorbitant hoch sind. Anscheinend scheint es selbst bei Unfällen um 2 Uhr nachts in fast jeder Straße eine neunzigjährige Rentnerin zu geben, die wegen Schlaflosigkeit die Straße vor ihrem Haus beobachtet. Sollten Sie eine Unfallflucht begangen haben, sollten Sie innerhalb von 24 Stunden einen Strafverteidiger kontaktieren und noch innerhalb der Frist dann eventuell mit diesem die Polizei aufsuchen. Die bekundete tätige Reue wird die Justiz Ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit anrechnen.

Besonders interessant für einen Strafverteidiger sind die Fälle, in denen Mandanten den Unfall nicht mitbekommen haben oder dies zumindest behaupten. Hier werden unter Umständen Gutachten notwendig, um diese Einlassung zu bestätigen, bzw. zu widerlegen. Solche komplexen Fälle sollte ein Beschuldigter nicht ohne anwaltliche Unterstützung angehen, da ein erfahrener Strafverteidiger in der Regel über Sonderwissen zur Bemerkbarkeit von Unfällen verfügt und auch die kompetenten Gutachter kennt.


Mittwoch 15. März 2017


In eigener Sache: RVG 7000 – Kopiekostenerstattung auch für Scans

Keine Beratung ohne Akteneinsicht sollte der Grundsatz für jeden Strafverteidiger sein und daran sollte er sich auch bei kleinsten Verfahren halten.  Da Menschen sich häufig irren und nur etwas seltener lügen,  kann man sich auf den Bericht der Mandanten nur in den seltensten Fällen verlassen. Gerade in den vermeintlich eindeutigsten Fällen bietet die Akteneinsicht immer eine spannende Überraschung und einen Zeugen, der das genaue Gegenteil bekundet.  Für den Verteidiger ist die Akte oft noch wichtiger als der eigene Mandant. Als Verteidiger war man bei der Tat nicht anwesend und der Mandant ist regelmäßig emotional hochangespannt und damit verständlicherweise schwer in der Lage die Handlung rational zu schildern. Erst mit der Akteneinsicht kann man dem eigenen Mandanten die richtigen Fragen stellen und den Finger gegebenenfalls in die Wunde legen. Durch die Akte erfährt der Verteidiger auch von Beweismitteln, die der eigene Mandant noch nicht kennt. Nur durch eine gute Aktenkenntnis kann der Verteidiger die Beweislage richtig einschätzen und vernünftige Ratschläge erteilen.

Die Akte hole ich mir bei der Berliner Strafjustiz ab oder lasse sie mir aus anderen Bundesländern zusenden. Als ich 2006 als Strafverteidiger anfing, habe ich noch jede Akte kopiert. Seit ungefähr 5 Jahren habe ich begonnen größere Akten als PDF-Dateien einzuscannen. Der Vorteil ist die Einsparung an Gewicht und Platz, wenn man anstelle mehrerer Akten nur noch ein Notebook transportiert. Oft ist man mit der eingescannten Akte in einer Hauptverhandlung auch noch schneller als der Vorsitzende Richter mit seiner Originalakte.

Der personelle Aufwand für das Einscannen ist jedoch identisch mit dem Kopieren. Und Einsparungen beim Toner und Papier werden durch die Kosten für das Notebook und den zusätzlichen Speicherplatz kompensiert. Im Strafverfahren kann man leider auch nicht die Akte in den automatischen Einzug legen, da  Polizisten eine besondere Affinität zu Tackern haben.

Bis zum 2. Kostenmodernisierungsgesetz hatten Rechtsanwälte einen Anspruch auf die Scankostenerstattung entsprechend der Erstattung von Kopien. Durch einen Gesetzgebungsfehler verbunden mit dem anwaltsfeindlichen Berliner Kammergericht kam es nun zur Situation, dass die Justiz Scankosten nicht mehr ersetzte und die Justiz nun Anwälte faktisch dazu drängte zum Kopieren von Akten zurückzukehren.

Als sich die Rechtsprechung des Kammergerichts verfestigte, die Beschwerde eines norddeutschen Kollegen beim Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde und die Beschwerde einer Berliner Kollegin beim Berliner Landesverfassungsgericht still ruhte, habe ich mich zum Bundestag aufgemacht und mein Anliegen dem Petitionsausschuss vorgetragen.

Zu meiner Überraschung arbeitete dieser schnell, forderte Stellungnahmen vom Bundesjustizministerium an und entschied die Petition am 23.06.2016 in meinem Sinne und leitete die Petition als Material an das Ministerium weiter. Nach einigem Abwarten, dem Studium der kostenrechtlichen Literatur habe ich mich nun an Abgeordnete des Rechtsausschusses im Bundestag gewandt, um das Verfahren wieder ein wenig voranzutreiben.

Vielleicht schafft es aber die Kollegin mit ihrer Beschwerde beim Berliner Landesverfassungsgericht mich noch zu überholen, was ich ergebnisorientiert begrüßen würde.


Donnerstag 26. Mai 2016


Reform des Sexualstrafrechts

Am 25.05.2016 war ich zu einer rechtspolitischen Tagung zur Reform des Sexualstrafrechts in Berlin eingeladen. Die Politik nutzte die Ereignisse von Köln für eine überflüssige und sogar gefährliche Ausweitung des Sexualstrafrechts. In einem neuen § 179 StGB „Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände“ sollen behauptete Strafrechtslücken geschlossen werden. Ein BGH-Richter kommentierte die Begründung in einer Zeitung treffend mit den Worten, dass das ganze Leben eine Strafrechtslücke sei. Bisher sind im Rahmen der sexuellen Nötigung, der Vergewaltigung, des Missbrauchs von Schutzbefohlenen, des Kindesmissbrauchs und des Missbrauchs Widerstandsunfähiger alle nur denkbaren Konstellationen vom Strafrecht geschützt. Nach den Neuregelungen kann man eigentlich nur die Vorgehensweise an amerikanischen Colleges empfehlen: Vor jeder sexuellen Handlung sollten beide Seiten einen schriftlichen Vertrag unterzeichnen, darin bestätigen, dass sie bei klaren Verstand sind, die Art der beabsichtigten Handlungen genauestens darlegen und anschließend ihre Freiwilligkeit versichern.

Als Verteidiger im Sexualstrafrecht war ich von dem Podium bis auf den Vertreter der Berliner Schwerpunktstaatsanwaltschaft enttäuscht. Nur der Staatsanwalt agierte als der Vertreter der Vernunft, benannte klar die Mängel des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung, machte auf voraussehbare Beweisprobleme und praktische Anwendungsprobleme aufmerksam. Den anderen Diskutanten auf dem Podium fehlte im Übrigen jede Perspektive für die Schwere der falschen Anschuldigung von Sexualtaten und vor allem für die große Zahl an Falschbelastungen. Immerhin liegt die Einstellungsquote bei um die 50 Prozent und bei immerhin 7-10 Prozent wurden nach einer Studie sicher festgestellt, dass eine Falschbelastung vorlag. Bei den verbleibenden Einstellungen oder Freisprüchen wirkt die Unschuldsvermutung in beide Richtungen, wobei nach meiner persönlichen Einschätzung die Falschbelastungsquote erheblich höher als die festgestellten 7-10 Prozent ist.

Nach dem Schluss der zweistündigen Tagung diskutierte ich noch mit dem Staatsanwalt und einem Mitarbeiter des Bundesjustizministeriums und wir waren uns einig, dass die Ereignisse von Köln keine Gesetzesreform notwendig machten. Dort wo Horden von Männern Frauen umzingelten, liegt eindeutig eine sexuelle Nötigung vor und besteht keine Strafbarkeitslücke. In Köln gab es einen Mangel an Polizei, Straßenbeleuchtung, vielleicht auch Kameras, aber sicher keinen Mangel an Gesetzen. Wir waren uns auch einig, dass es in Deutschland ein Vollzugsdefizit gibt und kein Regelungsdefizit. Aber die Politik geht weiter davon aus, dass ein neues untaugliches Gesetz billiger ist als die Einstellung von Polizisten, Staatsanwälten und Richtern.


Samstag 21. Mai 2016


Psychiatrische Sachverständige im Strafverfahren

Am 20. und 21.Mai 2016 besuchte ich eine Fortbildung der Strafverteidigervereinigung Berlin mit dem Thema „Psychiatrische Sachverständige“. Der psychiatrische oder psychologische Sachverständige erscheint in vielen Prozessen als unangreifbar und wird so vom Gericht behandelt und von vielen Verteidigern nicht in Frage gestellt. Gerichte nutzen dafür gerne die Formel, dass sie den überzeugenden, wissenschaftlich fundierten und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen folgen. Obwohl ich in diesem Jahr schon mit einer umfassenden Gutachtenanalyse  die Auswechslung einer psychologischen Gutachterin erreicht hatte, bot sich aber auch mir in der Fortbildungsveranstaltung noch einiges Neues. Die Dozenten, der psychiatrische Sachverständige Dr.med. Alexander Böhle und die psychologische Sachverständige Frau Diplompsychologin Angelika Sommer zeigten an den zwei Tagen mögliche Fehlerquellen in Gutachten auf und berichteten auch von großen Schnitzern ihrer Kollegen. Sehr viel Augenmerk müssen Verteidiger bei der Überprüfung der Arbeitsweise der Sachverständigen einsetzen, da hier wie auch in der Falldarstellung, wie auch in der Auswertung Fehler zu finden sind. Da ist dann das Gutachten auffällig, welches ein Sachverständiger nach einem halbstündigen Gespräch erstattet hat.  Bei einem akut psychotischen Patienten wäre dies nach Darstellung der Dozenten sogar denkbar, in den meisten Fällen aber ein Hinweis auf schlampige Arbeit. Erheblich komplizierter ist dann für einen Strafverteidiger die Überprüfung von testpsychologischen Untersuchungen. Hier müssen dann Daten verglichen werden und können manche Daten unterschiedlich ausgelegt werden.

Die Frage aber, ob die Gutachtenerstellung überhaupt im Interesse des Mandanten liegt, bleibt hingegen eine ureigene schwere Frage für den Verteidiger. Bei schwersten Fällen wird wohl eine Begutachtung sinnvoll sein, bei Fällen mittlerer Kriminalität könnte jedoch der Aufenthalt im Krankenhaus des Maßregelvollzuges möglicherweise länger sein als eine Haftstrafe.


Montag 2. Mai 2016


Verteidigung am 01.Mai 2016

In Berlin  muss niemand auf den Rat eines Strafverteidigers verzichten, auch wenn er in der Nacht, an Wochenenden oder an Feiertagen festgenommen wird.  Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V.  hat einen Anwaltsnotdienst in Strafsachen organisiert. Die Nummer des Notdienstes kann von Beschuldigten bei Polizei und Justiz erfragt werden und diese ermöglichen auch einen Anruf.

Alle Anrufe auf der Notdienstnummer werden auf das Mobiltelefon des jeweiligen Bereitschaftsanwaltes umgeleitet. Die Notdienstanwälte erteilen telefonischen Rechtsrat in Strafsachen oder suchen den Rechtssuchenden bei Festnahmen gegebenenfalls auch auf. Der Notdienst ersetzt keinesfalls eine reguläre anwaltliche Beratung oder Vertretung und beschränkt sich auf den Notfall. In Berlin erfolgt der Notdienst der Strafverteidigervereinigung kostenlos. Werden Übersetzer notwendig, sollten diese von der jeweiligen Behörde gestellt werden. Das Notmandat erlischt mit Ende der Notdiensttätigkeit.

Sollten Sie danach eine weitere, dann entgeltliche Tätigkeit des Notdienstanwaltes wünschen, muss wie üblich ein Mandat erteilt werden.

Vom 01.Mai 2016 bis zum 02.Mai 2016 war ich wieder beim Notdienst tätig. Während an normalen Tagen die Anrufer wegen verschiedenster Straftaten anrufen, geht es am 1. Mai in der Regel um Schweren Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandsvorwürfe, wie sich wieder einmal bestätigt hat. In allen von mir im Rahmen des Notdienstes bearbeiteten Fällen wegen schweren Landfriedensbruch erreichte ich nach mehrfachen Telefonaten mit der Staatsanwaltschaft eine Gewahrsamsentlassung.

In der Regel übernehme ich ein bis zwei Mal im Jahr die Bereitschaft für den Anwaltsnotdienst in Strafsachen.

Unabhängig vom Strafverteidigernotruf stehe ich Ihnen in Berlin bei Festnahmen und Durchsuchungen auch direkt und fast immer über meine Mobilfunknummer 0175 – 618 90 68 zur Verfügung. Sollten Sie in allen anderen Fällen eine Vertretung durch mich wünschen, können Sie mich unter der Telefonnummer 030 – 5480 1493 erreichen.

Rechtsanwalt Malte Höpfner

Allee der Kosmonauten 28

12681 Berlin

hilfe@straf-kanzlei.de

Telefon : 030 – 5480-1493

Mobil : 0175- 618 90 68


Freitag 11. Dezember 2015


Lesung von „Nichts als die Wahrheit“

Am 11.Dezember 2015 wechselte ich nach einer Fortbildung über das Adhäsionsverfahren im Kriminalgericht Moabit um 20.00 Uhr in die gegenüberliegende Buchhandlung, um Gast einer Lesung von Professor Max Steller aus seinem Buch „Nichts als die Wahrheit“ zu sein.

Das Buch hat den Untertitel „Warum jeder unschuldig verurteilt werden kann“ und dies beschreibt auch den wesentlichen Inhalt. Auf eine Frage nach der Zahl der unschuldig Verurteilten gab Professor Steller seinen Zuhörern zu denken, als er auf Grundlage seiner Fälle einschätzte, dass es nicht um wenige katastrophale Ausnahmefälle handele, sondern um eine höhere Zahl, die auf einem systematischen Versagen der Justiz beruhten.

Der führende deutsche Experte der Aussagepsychologie ist nicht nur ein überragender Sachverständiger, sondern erwies sich auch als guter Autor und unterhaltsamer Vorleser. Der größte Feind der Wahrheit sei nicht die Lüge, sondern der Irrtum, betonte der Gutachter zu Anfang seiner Lesung und las dann mehrere seiner Fälle vor. Er vertiefte die im Buch geschilderten Fälle noch ein wenig und antwortete im zweiten Teil der Lesung bereitwillig die Fragen der Gäste.


Mittwoch 25. November 2015


Große Kinderporno-Razzia in Berlin-Brandenburg und Operation Kidslove

In Berlin und Brandenburg wurden am 25.11.2015 von rund 100 Polizisten 28 Wohnungen und Geschäftsräume im Rahmen einer internationalen Operation gegen Kinderpornografie durchsucht.

Fast gleichzeitig zerschlugen australische und niederländische Polizei im Rahmen der Operation „Kidslove“ einen Kinderpornoring mit bisher 303 Verdächtigen und mehreren Tausend noch zu ermittelnden Abonnenten. Weltweit gab es Festnahmen und gibt es weitere Ermittlungen.

Es ist üblich, dass die Ermittlungen von konkreten Beschuldigten über IP-Adressen und dann die Zuordnung durch Telekommunikationsanbieter lange dauern, aber auch oft zum Ziel führen. Insoweit war meine Erfahrung, dass selbst Jahre nach der Aufdeckung eines Ringes noch nicht alle Verfahren abgeschlossen waren. Durch die Auswertung von Verbindungsdaten und die Beschlagnahme von Beweismitteln bei Verdächtigen erweitert sich dann der Kreis der Beschuldigten recht schnell und recht umfangreich über den ursprünglich aufgedeckten Ring hinaus.

Sollten Sie die Gefahr sehen hier zum Beschuldigten zu werden, ist zu einer zügigen Kontaktaufnahme zu einem qualifizierten Strafverteidiger schon im Ermittlungsverfahren zu raten. Je früher ein Beschuldigter in diesem Bereich einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Verteidiger aufsucht, umso mehr Einflussmöglichkeiten wird der Verteidiger im Verfahren nutzen können.

Sie können mich gerne kontaktieren.


Donnerstag 1. Oktober 2015


Reform des Mordparagraphen

Am 14.09.2015 war ich zu einer Diskussionsveranstaltung zur Reform des Mordparagraphen in die saarländische Landesvertretung in Berlin eingeladen worden.

Es ging um die vom Justizminister Maas beabsichtigte Reform der Tötungsdelikte, vereinfacht der Reform des Mordparagraphen. In der Rechtswissenschaft diskutierte man verstärkt seit den Sechzigerjahren über eine Reform, damals mehr aus Prinzip, heute eher mit dem Wissen praktischer schiefer Fälle.

Auch auf der Veranstaltung wurde der 1941 eingeführte Paragraph mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und man unterschlug, dass der Paragraph eine Kopie aus einem Entwurf für ein Schweizer Strafgesetzbuch war. Der Verfasser des Schweizer Entwurfes von 1893, ein Herr Stooss, hatte sich für seinen Entwurf an einer volkstümlichen, traditionellen Wertethik orientiert.

Überzeugender als Änderungsgrund waren für mich die Gerechtigkeitslücken und Schieflagen, die der heutige Mordparagraph immer wieder verursacht. Vorgetragen wurden einige reale Beispielfälle. So kümmerte sich ein Rentner über Jahre aufopferungsvoll um seine demente und lang dahin siechende Ehefrau. Am Ende erstickte er seine schlafende Frau aus Liebe und um ihr weiteres Leiden zu ersparen mit einem Kissen. Wegen des Ausnutzens des Schlafes war die Tat heimtückisch und nur eine lebenslange Freiheitsstrafe nach dem Wortlaut des § 211 StGB denkbar.
Ein Chef einer Rockerbande ließ einen Aussteiger wegen des Verstoßes gegen den Ehrencodex in den Wald bringen und exekutierte ihn nach stundenlanger Todesangst. Nach sechs Jahren war der nur wegen Totschlages verurteilte Rocker wieder frei. Die ausgeurteilten Ergebnisse waren in Hinblick auf die Gesetzeslage absolut korrekt – anhand dieser beiden Beispiele mag sich jeder Leser selbst ein Bild machen, ob es Schieflagen beim Mordparagraphen gibt.

Eine andere schiefe Tatkonstellation ist die Gewalt in der Ehe. Der Haustyrann, der seine Frau totprügelt, wird wegen Totschlages zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt und ist nach einigen Jahren wieder auf der Straße. Die eingeschüchterte Frau, die nach langen Leidensjahren vielleicht nicht einmal wegen sich selbst, sondern aus Sorge um das ebenfalls misshandelte Kind den schlafenden Haustyrannen mit der Bratpfanne erschlägt, wird wegen Heimtücke zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haustyrannenfall ist das Lieblingsbeispiel des Bundesjustizministers. Auch der Strafverteidiger Prof. Dr. Stefan König kannte solche Fälle aus der Praxis und diese waren auch eine Motivation für den Reformvorschlag des Deutschen Anwaltsvereins.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen äußerte die Sorge, dass nach einer Reform faktisch die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft würde. Hier wies Prof. Dr. Michael Kubiciel daraufhin, dass die Schweiz die Absolutheitsregel bei Tötungsdelikten schon vor einigen Jahren abgeschafft hätte und es danach dort nur geringe Veränderungen bei der Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe gegeben hätte.

Prof. Dr. Albin Eser wurde zur deutschen Strafhöhe im internationalen Vergleich befragt und wies daraufhin, dass man die reine Strafhöhe nicht sinnvoll vergleichen könne. In Großbritannien seien die verhängten Freiheitsstrafen erheblich höher als in Deutschland. Die Verurteilten kämen aber wegen der eher großzügigen Vollstreckungsregeln aber eher als in Deutschland wieder frei.

Prof. Dr. König äußerte Kritik an der Einführung an dem qualifizierenden Gesinnungsmerkmal „rassistisch/fremdenfeindlich“ und fragte, wo denn der Unterschied sei, ob jemand wegen seiner Hautfarbe oder wegen einer falschen Musikrichtung getötet werde. Der Bundesjustizminister ging nicht wirklich darauf ein, sondern verwies recht grob auf notwendige politische Zeichensetzung.

Die Veranstaltung war recht kurzweilig und trotz Juristen auf dem Podium kam doch wenigstens zeitweilig auch etwas Spannung auf. Nach dem Schluss der Diskussion verlagerten sich die Gespräche recht schnell zum Büffet im Eingangsbereich der Landesvertretung und hier konnte ich mit Prof. Dr. König über Vor- und Nachteile der verschiedenen Reformvorschläge diskutieren und fand dann noch Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit dem Bundesjustizminister, um in einer anderen Sache eine mögliche Gesetzesänderung zu erörtern.


Montag 1. Juni 2015


Unter Strom

Auch wenn Strafverteidiger unter Strom stehen mögen, benötigen unsere Notebooks im Gerichtssaal Elektrizität aus einer herkömmlichen Steckdose. Und hier stellt man dann schnell fest, dass die Justiz entweder geistig noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen ist oder ein Problem mit der Herstellung von Waffengleichheit hat.

In einem Zivilprozess sind die Probleme wegen der kürzeren Verhandlungen vermutlich noch verschmerzbar, aber eine Verhandlung vor einem Strafgericht läuft gern schon einmal mehr als fünf Stunden und auch acht Stunden sind keine Seltenheit. Hier versagt dann jeder Akku und man ist auf eine stationäre Stromversorgung angewiesen.

In einem Verfahren in einem alten Berliner Gerichtssaal mussten ein Kollege und ich uns eine Steckdose teilen und luden unsere Notebooks nun abwechselnd. Der Verteidigerkollege zeigte mir dann auch noch stolz seinen Ersatzakku, bzw. das Powerpack und stellte dann enttäuscht fest, dass sein Büropersonal am Vortag vergessen hatte, den Akku zu laden. In anderen Verfahren verteilten sich die Verteidiger nach den notwendigen Abständen zu den Steckdosen im Gerichtssaal, während mir manchmal Justizwachtmeister, Protokollanten und Richter halfen, mein Notebook an eine Steckdose auf der Richterbank anzuschließen.

In einem Verfahren schlug ein Staatsanwalt auf eine Beschwerde von Verteidigern vor, dass wir doch mit Verlängerungskabeln kommen sollte, worauf ihm ein Kollege erwiderte, dass wir ja alternativ auch benzinbetriebene Generatoren oder ganze Kabeltrommeln mitbringen könnten. Ein Justizwachtmeister wies bei der Diskussion im Gerichtssaal dann darauf hin, dass wild verlegte Stromkabel von Verteidigern als Stolperfallen schon Zeugen zu Boden geschickt hätten. Staatsanwälte stellen auch oft die Frage in den Raum, ob Verteidiger überhaupt vom Strom aus den Steckdosen der Justiz legal konsumieren dürfen. Staatsanwälte übersehen dabei, dass sie selbst nicht dem Gericht angehören und dass für sie ebenfalls keine Regelung galt.

Ich sprach einen zivilrechtlichen Kollegen, der auch Abgeordneter in Berlin ist, auf das Problem an. Der praxiskundige Kollege startete eine Anfrage im Abgeordnetenhaus an den Senat von Berlin. Für Berlin erklärte die Senatsjustizverwaltung, dass der Strom für die technischen Geräte von Verteidigern entsprechend mangels anderer Regelungen im Gerichtskostengesetz kostenlos sei. Auch kündigte man dann an, dass im Kriminalgericht der Einbau von Steckdosen an den Plätzen der Verteidiger beginnen würde.

Während ich nun in einigen Sälen zufrieden die Erfolge meines Bemühens beobachten konnte, gab es in anderen Sälen durch die Justizverwaltung vorgeschobene Bedenken wegen des Denkmalschutzes. Dabei wären Steckdosen gerade an den Sitzplätzen der Verteidiger in den historischen Sälen problemlos mit einem schon vorhandenen Sichtschutz einzurichten.

Während die Bundesregierung schon die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen plant, scheitert die Umsetzung auf Länderebene schon an solchen Kleinigkeiten wie ausreichend Steckdosen in Gerichtssälen.

In den Justizvollzugsanstalten hinkt man selbst den Gerichten noch hinterher. Hier scheint es bundesweit noch kein Konzept zu geben, wie man den Gefangenen ermöglicht, vom Akteninhalt Kenntnis zu nehmen und ihre Verteidigung vorzubereiten. Ganze Kopienbände scheiden in Großverfahren, zum einen wegen des Brandschutzes in den Zellen, als auch wegen der fehlenden Praktikabilität, aus. Die Lösung wird hier sein, dass die Justizvollzugsanstalten, im Bios gegen unerlaubte Nutzungen gesicherte, Notebooks den Gefangenen zur Verfügung stellen.


Freitag 15. Mai 2015


Wertbestimmung im Strafrecht

Die Probleme bei der Wertbestimmung im Strafrecht zeigten sich zuletzt in der Presseberichterstattung über eine „Vorteilsnahme“ einer Berliner Lehrerin. Die Lehrerin war von ihrer Abschlussklasse mit einer Statue nach Loriot „Die Badenden“ beschenkt worden. Die Statue hatte im Handel rund 180,00 € gekostet. Die Lehrerin wurde wegen Vorteilsnahme angezeigt, da das Geschenk oberhalb der in Berlin erlaubten 10,00 € lag. Da spielte es keine Rolle, dass jeder der Schüler weniger als zehn Euro bezahlt hatte. Letztendlich erhielt sie einen Strafbefehl von 4.000,00 €. Bei einer Asservatenversteigerung der Berliner Justiz brachte die Statue dann nur umgerechnet 12,00 €, faktisch wurde sie mit anderem Krimskrams für zusammen knapp 15,00 € verkauft. An dieser Stelle stellt sich dann die Frage, was das Geschenk wert war. Die Staatsanwaltschaft Berlin ging vom Endverkaufspreis aus. Für einen Verteidiger zeigt dieser Fall, dass man Wertbestimmungen im Strafrecht immer kritisch hinterfragen sollte.
Die Wertbestimmung im Zivilrecht ist nachvollziehbarer als im Strafrecht, da für die Streitparteien der Streitgegenstand in der Regel immer einen bestimmten Wert hat.

Im Strafrecht ist dies weniger einfach und die Justiz geht teilweise regellos vor. Bei der Wertbemessung von Rauschgift wird der Wert bei der Strafzumessung äußerst großzügig gehandhabt. Die Gerichte nehmen einen oft überhöhten Straßenverkaufspreis an und übersehen, dass Zahlungsausfälle und Verluste von Teilmengen für jeden Dealer zum Leben gehören. Einem Verteidigerkollegen, der seine Gebühren bei der Einziehungsfrage entsprechend ansetzte, wurde wiederum von der Justiz bescheinigt, dass Rauschgift als verbotenes Gut hier keinerlei Wert habe.

Auch bei Sachdiebstählen stellt sich oft die Frage nach dem Wert. Ist es der Einzelhandelsverkaufspreis oder nur der Einkaufspreis, den der Handel bei der Wiederbeschaffung zahlen muss.

Für die oben genannte Lehrerin war der Wert der Statue klar, es waren 4.000,00 €, die sie an die Justizkasse des Landes Berlin zu zahlen hatte. Zusätzlich bitter war für sie sicher noch, dass man nach ihrem Fall die entsprechenden Regelungen für Lehrer zu Geschenken anpasste und dass Berliner Abgeordnete ohne Probleme zur gleichen Zeit mehrere dieser Statuen als Geschenk hätten annehmen dürfen.


Freitag 1. Mai 2015


Fehlerbehafteter Journalismus

Bei der Presseberichterstattung über Gerichtsverfahren stelle ich häufig Fehler fest. In Bayern war ich nun jüngst selbst betroffen, als die Presse einen von mir erkämpften Freispruch, nachträglich zu einer moralischen Anklage gegen den Freigesprochenen nutzte.

Solche journalistischen Anklagen von unfähigen Richtern und moralisch verkommenen Verteidigern lassen sich vermutlich besser, als einen vernünftig das Urteil erklärenden Text, verkaufen und sind sicherlich auch schneller und einfacher zu schreiben.

Vielleicht fehlt den Journalisten aber auch einfach nur das Handwerkszeug und die Zeit zur Recherche. In der Berliner Zeitung ärgerte ich mich am 26.03.2015 gleich zweifach über die fehlende juristische Kompetenz der Artikelschreiber. Im ersten Artikel zu einem Berliner Fall schrieb der Journalist, dass der Täter zu einer Bewährungsstrafe von 3 Jahren verurteilt worden war. Meinen Mandanten sehe ich solche Auskünfte als Laien nach, wenn ich sie zu Vorstrafen befrage. Ein Journalist sollte aber wissen, dass man nur zu einer Bewährungsstrafe von maximal 2 Jahren verurteilt werden kann. Die Bewährungszeit kann dann regulär bis zu fünf Jahre betragen.

Im nächsten Artikel zu einem Brandenburger Fall wurde dann über den Suizid eines Autohändlers in der JVA Brandenburg berichtet, den wenige Stunden zuvor das Landgericht Potsdam zu 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt hatte. Der Autor schrieb dazu, dass der Verurteilte noch in Berufung hätte gehen können. Auch Journalisten sollten wissen, dass Berufungen nur gegen Urteile des Amtsgerichts möglich sind. Gegen Urteile des Landgerichts ist nur die Revision möglich und eine solche Überprüfung auf Rechtsfehler hat statistisch erheblich geringere Erfolgsaussichten als eine Berufung, die faktisch eine zweite vollständige Tatsacheninstanz darstellt. Mit diesem Hintergrundwissen hätte der Journalist den Selbstmord vielleicht weniger unerklärlich gefunden.


Mittwoch 15. April 2015


Nach Dienstschluss im Kriminalgericht Moabit

Wegen einer Haftsache in einem Massenverfahren musste ich unlängst einen Nachmittag und Abend bis kurz vor 22.00 Uhr im Kriminalgericht verbringen.

Ab 14.00 Uhr wird der Rhythmus des Gerichts spürbar langsamer und ruhiger. Die Gänge leeren sich, es gibt keine Zuschauergruppen und nur noch einzelne Beteiligte vor den noch arbeitenden Gerichtsälen.

Nach 16.00 Uhr beenden auch die letzten Gerichte ihre Sitzungen und auch das Verwaltungspersonal von Landgericht Berlin, Amtsgericht Tiergarten und Staatsanwaltschaft Berlin verlassen das Gebäude. Gleichzeitig tauchen Reinigungskräfte auf und beginnen ihre Runde über die Gänge, mit einem besonderen Augenmerk auf Toiletten und Räume mit Publikumsverkehr. Auch die Haustechniker schwirren jetzt verstärkt durch das Gericht, während nach 18.00 Uhr nur noch auf dem Gang vor dem Sitzungsraum des einzig noch arbeitenden Ermittlungsrichters Anwälte auf die Vorführung ihrer Mandanten warten. In den Katakomben des Gerichtes arbeiten auch noch die Justizwachtmeister und führen Gefangene dem Ermittlungsrichter vor, entlassen danach die einen und bringen die anderen in die Justizvollzugsanstalt Moabit hinüber.

Ab 20.00 Uhr begann der Nachtwächter der WISAG seine Runden durch das Kriminalgericht.
Anwälte plauschen auf dem Gang über Privates und auch über anstehenden Vorführungen. Da werden Verteidigungsstrategien schon Monate vor der ersten Hauptverhandlung abgesprochen oder auch nur die Reihenfolge der Vorführungen. Der eine Kollege will noch in seine Kanzlei und später wiederkommen, während der andere eher jetzt noch wartet, um dann aber früher endgültig heimzukommen.

Strafverteidiger, Sexualstrafrecht, U-Haft, Rechtsanwalt Malte Höpfner

Kriminalgericht Berlin nach Dienstschluss, Copyright Malte Höpfner

Die letzte Grenze für den Ermittlungsrichter ist 24.00 Uhr. Bis dahin muss er alle Fälle bearbeitet haben, denn eine vorläufige Festnahme ist nur bis zum Ende des nächsten Tages möglich und alle wartenden Gefangenen waren schon am Vortag festgenommen worden.

Als wir uns bei einer Hauptverhandlung am nächsten Tag wieder trafen, berichteten mir die Justizwachtmeister, dass sie, der Richter und die Protokollantin erst um 00.40 Uhr das Gericht verlassen haben. Danach bleibt noch die Hauptpforte durch einen Justizwachtmeister besetzt, während einsam der Nachtwächter seine Runden durch die langen Gänge des Kriminalgerichts zieht, bis am nächsten Morgen sich das Gericht zuerst mit Verwaltungspersonal und ab circa 8.30 Uhr dann auch mit den ersten Prozessbeteiligten wieder füllt.


Sonntag 15. März 2015


Schmerzmedikamente und ihre Nebenwirkungen

Am 01.März 2015 besuchte ich die Sonntagsvorlesung des Unfallkrankenhaus Berlin, da einem als Strafverteidiger Schmerzmedikamente oft in den Verfahrensakten begegnen.

Dr. med. Steffen Schröder leitete seine allgemeinbildende Vorlesung mit der Vorstellung von zwei berühmten Produkten von Bayer ein. Das erste Beispiel war Aspirin, welches zum Zeitpunkt seiner Markteinführung wegen seiner Nebenwirkungen umstritten war. Das nur elf Tage später entwickelte Konkurrenzprodukt aus der gleichen Firma hingegen galt als Zaubermittel ohne Nebenwirkungen und wurde auch Kindern als Hustenstiller verabreicht. Das damals oral einzunehmende Mittel wurde als Schmerzmittel, Hustenstiller, als Mittel zur Bekämpfung von Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Geisteskrankheiten und als Mittel zur Geburtseinleitung vermarktet. Schon 1924 wurde das Zaubermittel von Bayer in den USA verboten, aber erst 1958 in der Bundesrepublik und Bayer konzentrierte sich auf die Produktion von Aspirin. Das Medikament mit den überragenden Eigenschaften dürfte trotz Verbotes weltbekannt sein: Heroin.
Die Nebenwirkungen, wie schnelle und starke Abhängigkeit, Verstopfung und Atemdepression bis zum tödlichen Atemstillstand hatte man erst Jahre nach der Markteinführung erkannt. Neu war für mich, dass Junkies beim Goldenen Schuss an einem Atemstillstand sterben. In einem Krankenhaus ließe sich dieser gut mit einer künstlichen Beatmung behandeln, auf einer Bahnhofstoilette führt das Aussetzen der Atmung unweigerlich zum Tod.

Der Vortrag war allgemein interessant, wenn er Risiken und Nebenwirkungen von einzelnen Schmerzmitteln darstellte, aber auch die alternativen und ergänzenden Behandlungsmethoden einer professionellen Schmerztherapie.

Als Strafverteidiger richtete sich mein Interesse mehr auf Opiate wie Tilidin, welches heute nur noch auf Betäubungsmittelrezept erhältlich ist, nachdem es zuvor eine Lieblingsdroge von männlichen, arabischen Jugendlichen in Berlin war und gern als Schmerz- und Angstlöser vor Kämpfen und Straftaten eingesetzt wurde.

Befragt zum Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie berichtete Dr. Schröder, dass Cannabis seine Berechtigung in der Behandlung von Tumorschmerzen habe und auch als Appetitanreger bei Chemotherapien, aber bei chronischen Schmerzen bestenfalls gemischte Ergebnisse zeige. Patienten berichteten, dass die Schmerzen nicht weg waren, ihnen aber nun egal waren. Da aber auch vieles andere plötzlich egal war, verzichteten die meisten Patienten wegen der ausgelösten Antriebslosigkeit auf eine Weiterbehandlung mit Cannabis.

Neu war für mich, als der Arzt vor der Kombination von Schmerzmitteln warnte und noch erklärte, dass Schmerzmittel nicht beliebig austauschbar seien. Bei Kopfschmerzen wird man in der Hausapotheke mal eine Aspirintablette und mal eine Ibuprofen nehmen, was der Facharzt äußerst kritisch sah. Für einen Betäubungsmittelabhängigen auf der Straße gibt es die Möglichkeit des reinen Stoffes nicht, in der Regel sind alle Betäubungsmittel wild verschnitten und er wird nie genau wissen, was er gerade konsumiert.

Ein gelungener, interessanter Vortrag aus dem Vorlesungsprogramm des Unfallkrankenhauses.


Sonntag 1. Februar 2015


Fachanwalt für Strafrecht

Die Rechtsanwaltskammer Berlin verlieh mir die Bezeichnung, „Fachanwalt für Strafrecht“. Mit der Fachanwaltsurkunde wurden meine besondere Erfahrung und das Sonderwissen im Strafrecht gewürdigt.

Die Voraussetzungen für die Erlangung der Fachanwaltsbezeichnung waren ein Fachanwaltslehrgang von mindestens 120 Stunden, den ich schon im Jahr 2007 absolviert hatte. Der Fachanwaltslehrgang am Deutschen Anwaltsinstitut deckte ein weites Spektrum ab. Nach bekannten Strafverteidigern, welche zur Verteidigung in Mordprozessen referierten, hielt der forensische Psychiater Professor Nedopil eine Vorlesung in seinem Spezialgebiet ab, bevor ein Rechtsanwalt zum Steuerstrafrecht vortrug und durch einen Staatsanwalt abgelöst wurde, der Betrugssysteme wie Umsatzsteuerkarusselle und CO²-Zertifikat-Schwindel erklärte. Auch Randgebiete wie das Umweltstrafrecht wurden beleuchtet und das Wissen in 3 jeweils fünfstündigen Klausuren überprüft. Nach dem Fachanwaltslehrgang war eine jährliche Fortbildung von zehn Stunden, ab 2015 von 15 Stunden Pflicht.

Neben dem theoretischen Wissen sind mindestens sechzig Fälle im Strafrecht und vierzig Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht, Landgericht oder OLG nachzuweisen, die innerhalb von drei Jahren absolviert wurden. Mit meinem schon bestehenden Tätigkeitsschwerpunkt im Strafrecht konnte ich eine mehrfache Zahl an Fällen und auch eine erhebliche höhere Zahl an Hauptverhandlungstagen der Kammer vorweisen.

Mit der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung ist man sicherlich kein besserer Strafverteidiger als am Tag zuvor, es ist eher ein Qualitätsnachweis für den Ratsuchenden.


Mittwoch 3. Dezember 2014


Kein Anschluss unter dieser Nummer

In Tageszeitungen kann man immer wieder von notorischen Problemen mit der Erreichbarkeit von Jobcentern lesen, aber auch die Justiz hat in diesem Bereich Verbesserungsbedarf. Die Ursachen sind vielfältig, so war der Faxempfang im Amtsgericht Königs Wusterhausen am 19.-20.November 2014 gestört, wie mir der Direktor auf eine Beschwerde hin mitteilte.

Am Kriminalgericht Moabit konnte man gleich in drei Nächten keine Faxe empfangen, nachdem nach einer Trafo-Reparatur für eine halbe Stunde der Strom abgeschaltet gewesen war und danach die Firewall das Telefonsystem komplett blockierte. Da kann man die Kollegen bedauern, die in diesen 3 Nächten versucht haben, fristgebundene Schriftsätze per Fax zu versenden. Für mich war die Verzögerung nur ärgerlich, zumal man von solchen Ausfällen nur durch Zufall erfährt.

Aber auch das Einwerfen von Briefen in die Gerichtsbriefkästen bringt nicht immer den gewünschten Erfolg. Ein Brief von mir verschwand auf Nimmerwiedersehen und nur weil ich innerhalb einer Antragsfrist mehrfach bei der Infostelle nachfragte, kam es zu keinen Problemen für den Mandanten. Beängstigend war die Erzählung eines Kollegen, der Schriftsätze von mir in der Justizakte seines Verfahrens fand, auch wenn man dort schon vermerkt hatte, dass die Schreiben falsch abgeheftet waren.

Ein kurz vor der Pensionierung stehender Richter am Landgericht Berlin hatte einmal von mir eingereichte Beweisfotos in der falschen Akte abgeheftet und konnte sie dann in der Hauptverhandlung plötzlich nicht mehr finden. Da war es gut, dass ich Kopien der Fotos dabei hatte. Später fand er die Fotos in einer anderen Akte wieder, wo er sie aus Versehen eingeordnet hatte. Aufgrund dieser Fotos wurde ein rechtsmedizinisches Gutachten durchgeführt, welches dann zum Freispruch führte.

Kollegen berichten immer wieder, dass Briefe aus dem Nachtbriefkasten des AG Mitte in der Littenstraße verloren gehen, da sollte man dann auch immer noch parallel ein Fax senden, wenn die Leitungen nicht gestört sind.

Konsequenzen zieht die Justiz aus solchen Fehler sehr ungern, so hielt es Richter K. einer strafrechtlichen Verkehrsabteilung für ein nicht zu kritisierendes Behördenverhalten, dass man mir über 4 Monate wichtige Aktenbestandteile bei 2 Anträgen auf Akteneinsicht vorenthalten hatte.

In diesem Punkt ähnelt die Justiz dann wieder den Jobcentern, wo man nach Berichten meiner im Sozialrecht tätigen Kollegen auch Eingangsbestätigungen für überreichte Anträge verweigert.


Freitag 7. November 2014


Rockerprozess in Moabit behindert Verteidigung in anderen Verfahren

Wieder einmal war der Zugang zum inhaftierten Mandanten vor und nach einer Verhandlung Thema für mich geworden. Am 07.11.2014 fand im Kriminalgericht Moabit vor einer Strafkammer des Landgerichts ein Prozess gegen Rocker der Hells Angels unter erhöhten Sicherheitsbedingungen statt. Aus Angst vor Gefangenenbefreiungen, wegen einem im Zeugenschutzprogramm befindlichen Angeklagten und Trennungsanweisungen für andere Angeklagte sperrte man den Vorführzellenbereich an den Tagen dieses Prozesses für Verteidiger.

Ich bespreche mich vor und nach einer Verhandlung mit den inhaftierten Mandanten im Vorführzellenbereich, so wie ich umfangreiche Vor- und Nachbesprechungen mit den nicht inhaftierten Mandanten vor dem Saal durchführe. Nach den früheren großen Besprechungen in der Kanzlei oder in der Haftanstalt kann man so noch schnell aktuelle Probleme besprechen und wirkt auch noch beruhigend auf Mandanten.

Nachdem ich schon vor kurzem ein ähnliches Problem mit dem Zugang zu einem polizeilich vorgeführten Angeklagten erfolgreich mit dem Präsidium des Amtsgericht Tiergarten durchgekämpft hatte, wendete ich mich diesmal gleich an den Sicherheitschef des Kriminalgerichts und klärte mit ihm, dass ich mein verfassungsrechtlich hergeleitetes Recht als Verteidiger auf Zugang zum Mandanten wahrnehmen konnte. Nach einem Anruf bei den Justizwachtmeistern durch den Sicherheitschef konnte ich nun doch runter in die Katakomben des Kriminalgerichts Berlin. Wie mir die Justizwachtmeister später erzählten, sei ich der einzige Verteidiger an diesem Tag gewesen, der Zugang zum Vorführbereich erhalten hat.

Der Rockerprozess hatte mit seinen Sicherheitsverfügungen auf getrennte Unterbringung der mehreren Angeklagten auch noch dazu geführt, dass der schon durch Baumaßnahmen beeinträchtigte Vorführzellenbereich, nun endgültig überlastet war und man meinen Mandanten mit anderen Gefangenen gemeinsam untergebracht hatte. Auch hier konnte ich erfolgreich auf eine einzelne Unterbringung des gesundheitlich beeinträchtigten Mandanten hinwirken.

Auch wenn ich im Gegensatz zu anderen Verteidigerkollegen im konkreten Fall erfolgreich war, bemühe ich mich aber auch um eine generelle Lösung des Problems, den Zugang von Verteidigern zu ihren Mandanten sicher zu stellen. Um dies zu erreichen, habe ich die Vereinigung Berliner Strafverteidiger gebeten sich um eine generelle Klärung des Problems zu bemühen.

Der Erfolg im konkreten Fall zeigt aber zumindest, dass man sich nicht von den Anfangswiderständen der Justiz abhalten lassen sollte, sondern mit Engagement den Erfolg schon erkämpfen muss.


Mittwoch 15. Oktober 2014


Telekommunikationsüberwachung – Im Fegefeuer der Langeweile

Zwei kleine Lautsprecher wurden vor einem Mikrofon des Saals A 700 aufgestellt und übertrugen den Ton vom Notebook des Vorsitzenden Richters auf die Lautsprecheranlage des Saals. Rückkopplungen waren dadurch garantiert, aber die daraus resultierenden Kopfschmerzen hielten zumindest jeden Anwesenden wach. Wenn man sich über Stunden die Aufzeichnungen einer Telekommunikationsüberwachung anhört, versteht man warum man sich vor einer flächendeckenden Überwachung nicht zu fürchten braucht. Die Aufzeichnung von Telekommunikation ist in den heutigen Zeiten einfach geworden, aber es benötigt immer noch Personal, welches sich die Aufzeichnungen anhört, eventuell auch noch übersetzt und auswertet. Von den beteiligten Polizisten weiß man, dass sich dieser Job nicht über 8 Stunden durchhalten lässt.
Die interessanten Informationen stellen dann auch nur einen Bruchteil der Gesamtlänge dar. In der Regel handelt es sich um eine Masse von Belanglosigkeiten und Alltagsgerede. Man taucht nicht ein in eine fremde Welt, sondern wendet sich recht schnell gelangweilt ab und muss sich dazu zwingen weiter zuzuhören, um nicht doch das einzelne wichtige Informationsfragment zu verpassen. Als Verteidiger hat man schon die schriftlichen Protokolle der TKÜ gelesen und sucht im besten Fall nach bedeutsamen Übertragungsfehlern der Polizei. Wenn die vorgespielten Aufzeichnungen dann nicht einmal den eigenen Mandanten, sondern einen Mitangeklagten betreffen, kann man beobachten, wie die Kollegen vom Schlaf übermannt werden. Da ist es dann schon interessanter die Richterbank zu beobachten, um festzustellen, ob vielleicht ein Schöffe dabei ist gerade einzuschlafen.


Montag 15. September 2014


Kostümball im Kriminalgericht

Am 05.09.2014 war ich überrascht, als vor dem Verhandlungssaal drei eigenartig aussehende Gestalten saßen. Bei strafgerichtlichen Verhandlungen sieht man oft absonderliche Personen, aber diese drei übertrafen alles bisher Erlebte. Die Perücken waren so offensichtlich wie der falsche Kinnbart eines der Männer. Besser war dann schon der aufgesprühte Dreitagebart bei dem neben ihn Sitzenden. Ich sah sie mir genauer an und stellte fest, dass graue Sprühfarbe einen der Männer älter machen sollte, während bei einem der anderen erhebliche Mengen von Lidschatten verwendet worden waren. In diesem Großverfahren verteidigten wir zu zweit und meine Kollegin machte mich noch darauf aufmerksam, dass man bei einem der Männer auch die oberen Augenlider hochgeklebt hatte, eine sicher schmerzhafte Prozedur.

Es war keine Mitglieder eines Karnevalsvereins, sondern Beamte des Sondereinsatzkommandos (SEK), die in unserem Verfahren aussagen mussten. Um ihre Identität geheim zu halten, war die Maskerade erfolgt. Einfacher wäre es natürlich gewesen Sturmhauben aufzusetzen. Die Maskerade ermöglichte es aber die Gesichtszüge zu beobachten, ein wichtiges Mittel für jeden, der die Glaubhaftigkeit einer Aussage einschätzen will.

Nach den SEK-Beamten kamen Observationsbeamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), die ebenfalls verkleidet waren und hier war einer grotesker als der andere anzusehen. Die Kleidung stammte vermutlich aus der Kleiderkammer einer Obdachloseneinrichtung und schlotterte an den Körpern. Einer der MEK-Beamten trug unter seinem T-Shirt noch künstliche aufgepolsterte Muskelpakete, die auch seine Statur unkenntlich machten. Während die SEK-Beamten Perücken mit Zöpfchen verwendet hatten, erhielten die MEK-Beamten gelockte Perücken, die den Eindruck erweckten, dass man sie einem bekannten Comedydarsteller weggenommen hätte.

Die Vorbereitungen der Kostümierungen fanden in einem Nachbarraum des Verhandlungssaals statt und wurden von einem Dienstvorgesetzten der Polizisten überwacht, der auch immer noch eine letzte Prüfung vor dem Verhandlungssaal vornahm. Bei einem Gespräch auf dem Flur konnte man noch erfahren, dass ein professioneller Maskenbildner im Hintergrund wirkte. Im Ergebnis war sicher keiner der Zeugen nach Verlassen des Gerichtes an seinem Aussehen zu identifizieren, nur die Stimmen blieben unverändert.

Für die anwesenden Referendare der anderen Verteidiger war dieser Hauptverhandlungstag fraglos eine große Show, während sonst weder Zuschauer noch Pressevertreter den Weg zu A 700, den prominentesten Saal des Kriminalgerichts Berlin, gefunden hatten.


Freitag 15. August 2014


Strafverteidigung und Presse

Der Umgang mit der Presse ist für jeden Strafverteidiger ein gefährliches Spielfeld, neben dem eigentlichen Strafprozess. Früher galt für die meisten Strafverteidiger, dass Schweigen gegenüber der Presse der Goldstandard sei. Anders handelten meist nur Verteidiger in politischen Verfahren und einige geltungsbedürftige Rechtsanwälte. Heute ist der Goldstandard leider nicht mehr so eindeutig, seit Staatsanwaltschaften das Gebot der Neutralität verlassen haben und von sich aus die Presse mit Informationen und Wertungen anfüttern und versuchen so das Gericht schon vor der Hauptverhandlung unter Druck zu setzen. In diesen Fällen können eigene wohlüberlegte Stellungnahmen der Verteidigung doch sinnvoll sein. Manchmal ist es auch die Stellungnahme, vor der Hauptverhandlung nichts zu sagen und der Presse freundlich Begriffe wie Unschuldsvermutung und Rechtsstaatlichkeit zu erklären.

In größeren Verfahren von finanziell liquiden Beschuldigten erlebt man heute immer öfter, dass neben zwei Verteidigern nun auch ein spezialisierter Presserechtler dem Verteidigerteam angehört und die dritte Position besetzt. Dies ist sicherlich ein idealer Weg, nur vermutlich für die wenigsten Beschuldigten finanzierbar.

In normalen Verfahren mit Pressefotografen reicht es in Berlin schon dem eigenen Mandanten eine Zeitung oder einen Aktenordner zu reichen, um das Gesicht zu verdecken. In Berlin gibt es hierbei meist wenige Probleme, da es für Pressefotografen strenge und eindeutige Anweisungen des Gerichtspräsidiums gibt. Die Generalanweisung scheint nach mehreren Verfassungsbeschwerden von beiden Seiten und anschließenden Anpassungen nun wohl die Idealform gefunden zu haben. Geregelt wird das Fotografieren im Gebäude, auf den Gängen und in der kurzen Phase zwischen Aufruf und Verhandlungsbeginn im Gerichtssaal.

Da die Gerichtspräsidien in anderen Bundesländern auf solche Generalanweisungen unverständlicherweise verzichtet haben, kann man immer noch von Verfahren wegen Nötigung und Körperverletzungen unter Beteiligung von Pressefotografen lesen. So wie in der ungeregelten Frühzeit in Berlin ein Journalist von einem älteren Beschuldigten mit dem Stock verprügelt wurde, war auch in Hamburg noch kürzlich zu klären, ob Notwehr gegen einen aufdringlichen Pressefotografen vorlag. Während in Hamburg die letztendliche Klärung aussteht, wurde in Berlin damals der stockschwingende Rentner freigesprochen.

Insgesamt halte ich Distanz zur Presse für sinnvoll, auch wenn mancher Rechtsanwalt die Presse schon sehr gut für die eigene Werbung zu nutzen weiß. Nur sehe ich aber auch Fälle, wo man nicht mehr erkennt, in wessen Interesse Verteidiger eigentlich ihre Stellungnahmen gegenüber der Presse abgeben. Auch die schreibende Zunft setzt gezielt auf Hintergrundinformationen von Verteidigern, das konnte ich neulich auf einer Tagung in Berlin sehen, als die Gerichtsreporterin des Spiegel den engen Kontakt zu Strafverteidigern suchte und ihren Sitzplatz zwischen den Verteidigern über die gesamte Tagung auch beibehielt. In der Masse der Verfahren werden Informationen aber meist von Polizei, Nebenklägervertretern und der Staatsanwaltschaft zur Presse durchgesteckt. In diesem Wettlauf des Geheimnisverrates sind die Verteidiger ehrenvoll auf der letzten Position geblieben.

Einmal in den letzten Jahren machte ich von meinen Prinzipien gegenüber der Presse eine Ausnahme, als mich ein Mandant bat mit einer ihm bekannten Gerichtsreporterin zu sprechen. Da er auch nach meiner ablehnenden Beratung an seinem Wunsch festhielt, sprach ich doch noch mit der Gerichtsreporterin einer Berliner Tageszeitung. Immerhin galt dann hier das Prinzip, dass man den Mandanten bestmöglich berät, aber er letztendlich die Entscheidungen im Verfahren selbst treffen muss.


Dienstag 1. Juli 2014


Begriffserklärungen Juristendeutsch – Deutsch

Amtsanwalt: Amtsanwälte bearbeiten meist Delikte der Kleinkriminalität und Verkehrsstraftaten und treten beim Amtsgericht als Anklagevertreter auf. Sie entlasten dadurch Staatsanwälte und sind als Beamte des gehobenen Dienstes auch für den Staat billiger als Volljuristen im höheren Dienst.

Amtsgericht: Nach § 24 Abs. 1 Nr. GVG ist das Amtsgericht grundsätzlich für Straftaten zuständig, in denen keine Freiheitsstrafe über 4 Jahre zu erwarten ist und auch keine Unterbringung oder Sicherungsverwahrung im Raum steht.

Amtsrichter: Der Amtsrichter als Einzelrichter ist nach § 25 GVG zuständig, wenn keine Strafe über 2 Jahre zu erwarten ist.

Schöffengericht:  Wenn eine Freiheitsstrafe zwischen 2 und 4 Jahren erwartet wird, ist das Schöffengericht zuständig. Das Schöffengericht besteht aus dem Amtsrichter und zwei Schöffen.

Erweitertes Schöffengericht:  In umfangreichen Verfahren mit vielen Zeugen, etc. kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft ein weiterer Berufsrichter hinzugezogen werden. Während in den meisten Amtsgerichten erweiterte Schöffengerichte von Fall zu Fall gebildet werden, gibt es als große Ausnahme am Amtsgericht Tiergarten erweiterte Schöffengerichte auch als ständige Abteilungen.

Antragsdelikte: Während im Strafrecht im Prinzip die Verfolgung von Amts wegen gilt, setzen einige Straftaten einen Strafantrag des Berechtigten voraus. Ein typisches Beispiel für ein Antragsdelikt ist die Beleidigung.

Auskunftsverweigerungsrecht:  Recht des Zeugen nach § 55 StPO auf Fragen, deren Antwort ihn belasten oder einer Strafverfolgung aussetzen würden, nicht zu antworten.

Aussageverweigerungsrecht: Der Beschuldigte hat das Recht keine Aussage zu dem ihm zur Last gelegten Sachverhalt zu machen.

Beratungshilfe: Im Strafrecht ist über die Beratungshilfe nur eine Beratung möglich. Der Beratungshilfeschein wird vom Ratsuchenden beim lokal zuständigen Amtsgericht beantragt. Mit dem Beratungshilfeschein und 15,00 € Selbstbeteiligung kann dann ein Rechtsanwalt aufgesucht werden.

Berufung: Im Strafrecht gibt es eine Berufung nur gegen Urteile des Amtsgerichts. Die Berufung ermöglicht eine vollumfängliche Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils.

Annahmeberufung: Bei Verurteilungen von bis zu 15 Ts ist die Berufung nur zulässig, wenn sie vom Berufungsgericht angenommen wird.

Beweismittel: im Strafrecht gibt es fünf Beweismittel SAUEZ = Sachverständige, Augenschein, Urkunden, Einlassung des Beschuldigten und Zeugen

Bußgeldverfahren:  Im Bußgeldverfahren werden keine Straftaten, sondern Ordnungswidrigkeiten geahndet. Ordnungswidrigkeiten werden durch einen Bußgeldbescheid der zuständigen Verwaltungsbehörde geahndet. Auf einen Einspruch wird der Vorgang an das Amtsgericht zur Entscheidung weitergeleitet.

Ermittlungsverfahren: Das Ermittlungsverfahren wird auch als Vorverfahren bezeichnet und steht als solches am Anfang eines Strafverfahrens, §§ 160 ff. StPO. Am Ende des Ermittlungsverfahrens entscheidet die Staatsanwaltschaft ob das Verfahren eingestellt oder Anklage erhoben wird. Herrin des Ermittlungsverfahrens ist die Staatsanwaltschaft.

Ersatzfreiheitsstrafe: Die Ersatzfreiheitsstrafe wird vollzogen, wenn die Geldstrafe nicht bezahlt oder ersatzweise auch nicht durch Arbeit abgeleistet wird. Um es nicht zu einer Ersatzfreiheitsstrafe kommen zu lassen, empfiehlt sich frühzeitige Kontaktaufnahme zur Vollstreckungsbehörde, um Ratenzahlung oder freie Arbeit zu vereinbaren.

Gnadenantrag: Kein Rechtsmittel, sondern ein Antrag eigener Art. Das Gnadenverfahren folgt eigenen, teils geheimen Regeln, so werden Entscheidungen in der Regel auch nicht begründet.

Hauptverfahren: Das Hauptverfahren beginnt mit Zulassung der Anklage und endet mit Urteil oder Einstellung des Verfahrens. Es wird oft als wichtiger Teil des Strafverfahrens bezeichnet, womit nach meiner Ansicht aber auch die Bedeutung des Ermittlungsverfahrens verkannt wird.

Kapitalverbrechen: Kapitalverbrechen ist eine umgangssprachliche Bezeichnung für schwerste Straftaten wie Mord und schwerer Raub, die früher mit auch mit der Enthauptung bestraft wurden. Wobei eine Herleitung vom lateinischen Wort capitalis, das Haupt betreffend, erfolgt.

Landgericht:  Das Landgericht ist in Strafsachen zuständig, wenn Sicherungsverwahrung oder eine Unterbringung in Betracht kommt oder eine Strafe von über 4 Jahren für möglich gehalten wird. Auch in Berufungen ist das Landgericht zuständig.

Kammergericht, bzw. Oberlandesgericht: Das Oberlandesgericht ist in Strafsachen für Revisionen amtsgerichtlicher Urteile zuständig und erstinstanzlich in so genannten Staatsschutzsachen. In Berlin wird das Oberlandesgericht aus historischen Gründen Kammergericht bezeichnet, da es ursprünglich in den Räumen (Kammern) der brandenburgischen Kurfürsten tagte.

Ordnungswidrigkeiten: Ordnungswidrigkeiten sind geringfügige Verletzungen der Rechtsregeln, anders als Straftaten. Das Ordnungswidrigkeitenrecht ist eine Mischform zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht. Ordnungswidrigkeiten sollten nicht unterschätzt werden, da in einigen Bereichen Bußgelder sehr hoch sein können, höher als im Strafrecht manche Geldstrafe. Auch Nebenfolgen können schwere Folgen haben.

Pflichtverteidiger: Vom Gericht in Fällen notwendiger Verteidigung dem Beschuldigten beigeordnete Rechtsanwälte, wenn diese keine Wahlverteidiger haben. Pflichtverteidiger sind Rechtsanwälte und im Prinzip nicht schlechter als Wahlverteidiger. Dem Beschuldigten ist nur anzuraten, selbst dem Gericht einen Pflichtverteidiger vorzuschlagen, da Gerichte sonst bei der Auswahl nicht immer die Interessen des Beschuldigten im Blick haben. In besonders aufwendigen Ermittlungsverfahren kann die Pflichtverteidigervergütung so unangemessen niedrig sein, dass der Beschuldigte hier mit einem aus eigener Tasche bezahlten Wahlverteidiger besser fährt.

Rechtskraft: Rechtskraft tritt ein, wenn gegen eine Entscheidung kein Rechtsmittel mehr gegeben ist. Ein Gnadenantrag stellt aber gerade kein Rechtsmittel dar, sondern ist ein Antrag eigener Art.

Rechtsmittel:  Mit Rechtsmitteln werden staatliche Entscheidungen angefochten. Rechtsmittel sind zum Beispiel Berufung, Revision, Beschwerde, sofortige Beschwerde, etc.

Revision: Rechtsmittel gegen Urteile, bei dem nur auf Rechtsfehler geprüft wird. Geprüft werden materiell rechtliche Richtigkeit und das verfahrensrechtlich ordnungsgemäße Zustandekommen des Urteils. Anders als bei einer Berufung werden keine Tatsachen erneut geprüft.

Schöffen: Schöffen sind ehrenamtliche Richter, die beim Amtsgericht bei Schöffengerichten und erweiterten Schöffengerichten und beim Landgericht in großen und kleinen Strafkammern eingesetzt werden. Die Laienrichter haben das gleiche Stimmrecht wie Berufsrichter und sollen Volkes Stimme in Gerichtsverhandlungen einbringen. Berufsrichter bezeichnen hinter vorgehaltener Hand ihre ehrenamtlichen Beisitzer manchmal abschätzig als Beischläfer. Die meisten Schöffen bemühen sich aber fleißig in den Prozess einzubringen und haben oft eine ungeahnte, aber förderliche neue Perspektive oder manchmal auch überraschendes Zusatzwissen.

Sexualdelikt: Sexualdelikte sind Straftaten im Bereich des Sexualstrafrechts. Empfehlenswert für Beschuldigte sind Verteidiger mit einem Tätigkeitsschwerpunkt in diesem Bereich, http://www.sexualdelikt.berlin . Das Sexualstrafrecht stellt im Rahmen meiner Verteidigertätigkeit einen Schwerpunkt meiner Arbeit dar.

Sexualstrafrecht: Sexualstrafrecht umfasst die Paragraphen des 13. Abschnitts, und nach meiner persönlichen Auffassung auch die Beleidigung, wenn es um sexualisierte Beleidigungen geht. Als Anhang zu Sexualstraftaten kann man sich faktisch aber auch jeden anderen Paragraphen vorstellen, von der Körperverletzung, über Nötigung und Freiheitsberaubung bis zum Totschlag. Da viele Strafverteidiger aus freiem Willen kein Sexualstrafrecht bearbeiten, aber auch Erfahrung und Sonderwissen für eine gute Verteidigung notwendig sind, sollte sich ein Beschuldigter an einen spezialisierten Strafverteidiger wenden, so http://www.sexualdelikt.berlin . Ich stehe hier gerne zur Verfügung.

Sprungrevision: Bei Urteilen des Amtsgerichts ist unter Umständen auch eine Sprungrevision zum Oberlandesgericht, bzw. zum Kammergericht möglich. Da dabei auf eine Instanz verzichtet wird, findet die Sprungrevision nur in den seltenen Fällen statt, wenn die Rechtswidrigkeit dem Urteil schon auf die Stirn geschrieben steht.

Staatsanwaltschaft: Die Staatsanwaltschaft ist Herrin des Ermittlungsverfahrens und vertritt im Hauptverfahren die Anklage. Außer im Jugendbereich ist sie auch für die Strafvollstreckung zuständig.

Strafkammer: Kleine Strafkammern aus einem Berufsrichter mit 2 Schöffen entscheiden beim Landgericht über Berufungen und große Strafkammern mit 3 Berufsrichtern und 2 Schöffen über Verfahren der 1. Instanz beim Landgericht.

Strafmündigkeit: Nach deutschem Recht ist man erst ab 14 Jahren strafmündig. In Großbritannien beginnt die Strafmündigkeit bei 10 Jahren und andere Länder kennen keine Strafmündigkeit oder entscheiden von Fall zu Fall.

Strafverfolgungsbehörden: Strafverfolgungsbehörden sind Behörden die Straftaten verfolgen. Dies sind unter anderem die Staatsanwaltschaft, die Polizei, der Zoll, auch die Finanzämter für Strafsachen und Fahndung und in Einzelbereichen auch andere Behörden.

Strafverteidiger: Die einzige Person im Strafverfahren, die eindeutig auf der Seite des Beschuldigten steht.

U-Haft: Untersuchungshaft, soll der Verfahrenssicherung bei Fluchtgefahr und Verdunklungsgefahr dienen, kommt auch bei Wiederholungsgefahr in Betracht

Zeugnisverweigerungsrecht: Zeugnisverweigerungsrechte nach §§ 52, 53 StPO berechtigen den Zeugen Auskunft zu sich oder zu Dritten zu verweigern.

Zwischenverfahren: Im Zwischenverfahren ab Erhebung durch die Anklage soll das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden. Da leider viele Richter nach dem Prinzip handeln, „Wir schauen mal, was die Hauptverhandlung ergibt.“, fristet das Zwischenverfahren leider ein Schattendasein. Trotzdem sollte der Verteidiger die Möglichkeiten des Zwischenverfahrens nicht ignorieren.

Siehe auch die gut gemachte Seite der NRW-Justiz : http://justiz.nrw.de/BS/recht_a_z/index.php, ein eingeschränktes aber kostenloses Begriffslexikon. Aber auch auf http://www.wikipedia.de finden sich viele Begriffe erklärt, und meist noch erheblich umfangreicher. Außerdem gibt es auf dem Markt noch mehrere Rechtslexika. Sie können natürlich auch Ihren Verteidiger fragen.

Dieser Artikel wird fortlaufend erweitert.


Sonntag 15. Juni 2014


Berliner Junitagung 2014

Gestehen-Leugnen-Schweigen und Taktiken der Wahrheitsfindung im Strafverfahren waren die Themen der 18. Berliner Junitagung für Forensische Psychiatrie und Psychologie am 13. Juni 2014.
Im Rahmen meiner jährlichen Fortbildung besuchte ich die Tagung am 13. Juni 2014 und hörte zu Anfang einen Vortrag der Berliner Glaubhaftigkeitsgutachterin Frau Professor Volbert zum Thema „Falsche Geständnisse, beredtes Schweigen und zutreffendes Leugnen“. Neben dem interessanten Vortrag nutzte ich die Chance auch zu einem kurzen Gespräch über einen gemeinsamen Fall.

Frau Diplom-Psychologin Claudia Brockmann vom LKA Hamburg sprach über, „Beschuldigtenvernehmung-Informationssammlung, Forum oder Verteidigung oder Geständnismotivierung? Dabei berichtete sie über Vorgehensweise der vernehmenden Polizisten, Fehlerquellen und Fehlervermeidungsstrategien in Vernehmungen.

Professor Dr. Dr. Alexander Ignor hatte das Thema „Ist der schweigende Angeklagte der Goldstandard der Verteidigung.“ Er zeigte auf, dass Schweigen die richtige Entscheidung ist, um einem Verteidiger erst einmal zu ermöglichen einen Fall umfassend zu erfassen. Frühzeitiges Reden birgt unüberschaubare Risiken, dazu konnte wohl jeder ernstzunehmende Strafverteidiger zustimmen.

Professor Dr. Günter Köhnken aus Kiel, ebenfalls einer von Deutschland anerkanntesten Aussagepsychologen hielt einen Vortrag zur Psychologie falscher Geständnisse, wobei er verschiedene reale Fälle besprach und aufzeigte, wie es zu den falschen Geständnissen gekommen war. In den meisten Fällen, weil Polizei und Justiz unbedingt einen Täter präsentieren wollten und die unschuldig festgenommenen über Stunden und auch Tage und Wochen solange bearbeiteten bis sie Geständnisse erhielten. Die Gerichte machten dann die Fehler solche dubiosen Geständnisse einfach nicht zu hinterfragen, wenn nicht gerade die Polizei ihnen rechtsstaatswidrig bewusst Informationen vorenthalten hatte. Nach dem Vortrag konnte man schon am deutschen Rechtsstaat zweifeln.

Der Psychiater Prof. Dr. Hans-Ludwig Kröber wandte sich in seinem Vortrag „Die Wahrheit der Person und die Wahrheit der Tat: der schweigende Angeklagte aus Sicht des Psychiaters“ meiner Ansicht nach ohne Verständnis für die Arbeit von Strafverteidigern gegen das Schweigen. Aus psychiatrischer Sicht sah er es als problematisch, wenn sich Täter nicht ihren Taten stellten, da sie so die Heilung und Behandlung in Frage stellen würden. Zu kurz kam mir auch ein Verständnis bzw. Respekt für die Unschuldsvermutung. Trotz meiner Kritik fand ich es interessant so auch einmal die Perspektive der Psychiater kennen zu lernen.

Dr. Steffen Lau war aus Zürich angereist, wo er in der Psychiatrie für Straftäter tätig ist. Er sprach über „Auswirkungen von Tatleugnung und Schweigen auf die kriminalprognostische Beurteilung und Behandlung“. Dabei stellt er fest, dass beharrliches Leugnen einer Tat keine Erhöhung einer Rückfallgefahr bedeutete. Bei einer Bagatellisierung einer Tat hingegen sah der Psychiater eine höhere Rückfallgefahr.

Susanne Niemz vom kriminologischen Dienst Brandenburg thematisierte „Urteilsabsprachen und Opferinteressen“. Die mir bekannten Strafverteidigerkollegen applaudierten am Ende des Vortrages nicht. Mir erschien das Verständnis für ein rechtsstaatliches Verfahren bei der Dozentin nur schwach ausgeprägt. Dies war insbesondere der Fall als sie von der Feigheit von Tätern sprach, in einem Prozess nicht zu gestehen. Dass es auch unschuldig Angeklagte geben konnte, schien ihr fremd und auch von der Unschuldsvermutung schien die Opferschutzexpertin aus meiner Sicht zu wenig zu wissen.

Den Abschlussvortrag hielt dann Richter am Bundesgerichtshof Professor Dr. Andreas Mosbacher, „Das Ideal richterlicher Wahrheitsfindung und die Betrübnisse des wirklichen Lebens“. Er wertete die Fälle von unerkannten Unrechtsurteilen aus, die der BGH alle kritiklos durchgewinkt hatte. Mit der Beschränkung des BGH auf die Kontrolle auf Rechtsfehler entschuldigte er meines Erachtens zu viel. Er erwähnte die französische Justizreform, nach der man nach einer Häufung von Verurteilungen Unschuldiger eine zweite Tatsacheninstanz bei hohen Freiheitsstrafen eingeführt hatte. Aus finanziellen Gründen hielt er dies für nicht machbar, hielt es aber immerhin für überlegenswert alle polizeilichen Vernehmungen vollumfänglich mittels Videotechnik zu dokumentieren, um hier Fehlerquellen auszuschließen.

Neben den interessanten Vorträgen hatte ich die Chance zu kurzen Gesprächen mit drei Sachverständigen, mit denen mir gemeinsame Hauptverhandlungen bevorstehen. Damit hatte sich die Tagung wie immer für mich gelohnt.


Donnerstag 15. Mai 2014


Das Strafbefehlsverfahren – Einspruch gegen einen Strafbefehl

Das Strafbefehlsverfahren entlastet eine chronisch überforderte Justiz, in dem es bei leichter Kriminalität zu rechtskräftigen Verurteilungen ohne mündliche Hauptverhandlung führen kann.

Nur Vergehen können durch einen Strafbefehl geahndet werden, keine Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr. Der Strafbefehl kann eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr festsetzen, wenn sie zur Bewährung ausgesetzt wird und der Angeschuldigte einen Verteidiger hat. Als meiste Rechtsfolge werden aber Geldstrafen durch einen Strafbefehl festgesetzt, aber auch andere Rechtsfolgen sind nach § 407 Abs. 2 StPO denkbar.

Der Strafbefehl wird von der Staatsanwaltschaft, bzw. der Amtsanwaltschaft beim zuständigen Gericht beantragt, § 407 StPO.

Das Gericht kann den Erlass eines Strafbefehls durch Beschluss ablehnen, dagegen kann die Staatsanwaltschaft sofortige Beschwerde einlegen. Der Richter kann den Strafbefehl erlassen, bei einer Freiheitsstrafe muss er noch einen Pflichtverteidiger nach § 408b StPO bestellen. Wenn der Richter Bedenken gegen den Strafbefehl hat, kann er auch eine Hauptverhandlung anberaumen, wenn er der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Abänderung des Strafbefehls gegeben hat.

Gegen einen erlassenen Strafbefehl kann der Angeklagte innerhalb von zwei Wochen einen Einspruch einlegen, worauf es dann zur Hauptverhandlung kommt. Bei einem Einspruch gegen einen Strafbefehl besteht das Risiko, dass sich die Strafe verschlechtern kann.  Je nach Konstellation kommt auch eine Beschränkung des Einspruchs auf einzelne Rechtsfolgen, etc. in Betracht. Durch eine Beschränkung lässt sich auch das Risiko einer Verschlechterung reduzieren.

Wird nicht rechtzeitig Einspruch eingelegt, gilt der Strafbefehl als rechtskräftige Entscheidung, die auch vollstreckt werden kann.

Ein Sonderfall ist der Strafbefehl nach § 408a StPO, der erlassen wird, wenn Angeklagte nicht zu einer Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung erscheinen und die sonstigen Voraussetzungen eines Strafbefehls vorliegen.

Strafbefehle bieten sich auch bei bestimmten Delikten an, wenn Beschuldigte unbedingt eine Hauptverhandlung vermeiden wollen und eine Einstellung nicht mehr in Betracht kommt.

Gegen Jugendliche ist ein Strafbefehl nicht möglich, gegen Heranwachsende unter Umständen.

Leider erlebe ich oft, dass Mandanten in ihrem Bundeszentralregister Eintragungen durch Strafbefehle erhalten haben, gegen die sie sich aus Faulheit nicht gewehrt haben, obwohl sie unschuldig waren. Es war halt den Aufwand nicht wert oder es ging darum einen Freund zu schützen. Wenn man diese Einschätzung auch für die Strafe vielleicht treffen kann, haben diese Mandanten nie daran gedacht, dass auch die Eintragung eines Strafbefehls im Bundeszentralregister noch über Jahre negative Auswirkungen haben kann.

Ich empfehle daher, sich auch bei Strafbefehlen durch einen Strafverteidiger beraten zu lassen, ob man Einspruch einlegt und diesen eventuell auf einzelne Angriffspunkte beschränkt.


Dienstag 1. April 2014


Gelungene Kriminalprävention

Als Strafverteidiger in Berlin gilt man bei vielen oft als Feind des Rechtsstaates und Helfershelfer der Kriminalität. Ein guter Strafverteidiger ignoriert solche Ansichten, da es meist doch keinen Sinn hat, dagegen anzureden. Bei den gleichen Leuten gelten Polizisten aber als die Guten. An dieser Stelle erlaube ich mir eine wahre Anekdote aus meinem Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf zum Besten zu geben.

Eine Wohnungsbaugesellschaft hatte von ihren Mietern immer mehr Beschwerden über zunehmende Diebstähle und Vandalismus bei Fahrrädern, aber auch Motorrädern und Motorrollern erhalten. Die Wohnungsbaugesellschaft entschloss sich zu handeln und errichtete auf einem Teil ihres Parkplatzes einen umzäunten und verschließbaren Abstellplatz für Zweiräder. In der Folge war die Gesellschaft stolz auf das Erreichte und die Mieter froh über unmöglich gemachte Diebstähle.

Überrascht waren dann beide, als plötzlich um den Stellplatz herum die Straßenbeleuchtung abgestellt wurde und Dunkelheit herrschte. Dieses Arbeitsbeschaffungsprogramm für Diebe begründeten Polizei und Kommunalverwaltung damit, dass durch die Umzäunung des Parkplatzes nun keine Öffentliche Nutzung mehr gegeben sei. Natürlich hatten die Bürokraten formell recht, aber die Entscheidung traf bei Mietern und Wohnungsbaugesellschaft verständlicherweise nur auf Unverständnis. Die Wohnungsbaugesellschaft hätte die Lampen selbst gern übernommen und die Stromkosten und Wartung bezahlt. Aber hier war die Bürokratie einmal schnell und schuf durch Abbruch Tatsachen. Insgesamt ordnet sich diese eher satirische Entscheidung aber in ein Muster ein, wonach man in Deutschland die Kriminalprävention flächendeckend herunterfährt und sich nur noch auf Repression konzentriert.