Mittwoch 15. April 2015
Nach Dienstschluss im Kriminalgericht Moabit
Wegen einer Haftsache in einem Massenverfahren musste ich unlängst einen Nachmittag und Abend bis kurz vor 22.00 Uhr im Kriminalgericht verbringen.
Ab 14.00 Uhr wird der Rhythmus des Gerichts spürbar langsamer und ruhiger. Die Gänge leeren sich, es gibt keine Zuschauergruppen und nur noch einzelne Beteiligte vor den noch arbeitenden Gerichtsälen.
Nach 16.00 Uhr beenden auch die letzten Gerichte ihre Sitzungen und auch das Verwaltungspersonal von Landgericht Berlin, Amtsgericht Tiergarten und Staatsanwaltschaft Berlin verlassen das Gebäude. Gleichzeitig tauchen Reinigungskräfte auf und beginnen ihre Runde über die Gänge, mit einem besonderen Augenmerk auf Toiletten und Räume mit Publikumsverkehr. Auch die Haustechniker schwirren jetzt verstärkt durch das Gericht, während nach 18.00 Uhr nur noch auf dem Gang vor dem Sitzungsraum des einzig noch arbeitenden Ermittlungsrichters Anwälte auf die Vorführung ihrer Mandanten warten. In den Katakomben des Gerichtes arbeiten auch noch die Justizwachtmeister und führen Gefangene dem Ermittlungsrichter vor, entlassen danach die einen und bringen die anderen in die Justizvollzugsanstalt Moabit hinüber.
Ab 20.00 Uhr begann der Nachtwächter der WISAG seine Runden durch das Kriminalgericht.
Anwälte plauschen auf dem Gang über Privates und auch über anstehenden Vorführungen. Da werden Verteidigungsstrategien schon Monate vor der ersten Hauptverhandlung abgesprochen oder auch nur die Reihenfolge der Vorführungen. Der eine Kollege will noch in seine Kanzlei und später wiederkommen, während der andere eher jetzt noch wartet, um dann aber früher endgültig heimzukommen.
Die letzte Grenze für den Ermittlungsrichter ist 24.00 Uhr. Bis dahin muss er alle Fälle bearbeitet haben, denn eine vorläufige Festnahme ist nur bis zum Ende des nächsten Tages möglich und alle wartenden Gefangenen waren schon am Vortag festgenommen worden.
Als wir uns bei einer Hauptverhandlung am nächsten Tag wieder trafen, berichteten mir die Justizwachtmeister, dass sie, der Richter und die Protokollantin erst um 00.40 Uhr das Gericht verlassen haben. Danach bleibt noch die Hauptpforte durch einen Justizwachtmeister besetzt, während einsam der Nachtwächter seine Runden durch die langen Gänge des Kriminalgerichts zieht, bis am nächsten Morgen sich das Gericht zuerst mit Verwaltungspersonal und ab circa 8.30 Uhr dann auch mit den ersten Prozessbeteiligten wieder füllt.