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Samstag 1. Juli 2023


Bundesweite Verteidigung

Obwohl ich die kurzen Wege im Kriminalgericht Moabit in Berlin schätze, bin ich doch auch bundesweit tätig. So habe ich in letzter Zeit vermehrt Anfragen aus anderen Bundesländern festgestellt, in denen es anscheinend keine fachkundigen Strafverteidiger für Sexualstrafrecht gibt. Gerade in diesem Spezialgebiet ist es sicherlich auch sinnvoll einen Rechtsanwalt mit Erfahrung auszusuchen. Wenn hier Beschuldigte in Fällen notwendiger Verteidigung darauf warten, dass ihnen ihr Richter einen Verteidiger aussucht, können sie mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Auswahl nach den Interessen des Gerichtes, nicht nach den Interessen des Beschuldigten, getroffen wird.
Eine überregionale Verteidigung in Haftsachen bedeutet einen gesteigerten Aufwand, so dass dies fast immer nur bei Abschluss einer Vergütungsvereinbarung möglich ist. In anderen Bereichen lassen sich alle Absprachen und Besprechungen mit dem Mandanten auch unproblematisch per Telefon erledigen, insbesondere dann wenn das Ziel die Einstellung eines Verfahrens ohne öffentliche Hauptverhandlung ist.
Aber nicht nur im Sexualstrafrecht bin ich überregional tätig. Im Folgenden eine kleine Auswahl der Gerichte, an denen ich tätig war.


v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin, LG Neuruppin, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Vergewaltigung, Kindesmissbrauch, Sexuelle Nötigung, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Kriminalgericht Berlin (LG Berlin und AG Tiergarten) , LG Neuruppin (Land Brandenburg), Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen und Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, Jugendstrafrecht, Betäubungsmittelstrafrecht, Sexualstrafrecht, Copyright Malte Höpfner

v.l.n.r.: Eingang Amtsgericht Königs Wusterhausen (Ausweichquartier Wildau) (Land Brandenburg) und AG Tiergarten, Kirchstraße 6, Berlin, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Landgericht Cottbus und Landgericht Coburg, Verteidigung im Sexualstrafrecht, Schwurgericht, BtM, Drogendelikte, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

v.l.n.r.: Landgericht Cottbus (Land Brandenburg) und Landgericht Coburg (Freistaat Bayern), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht Bernau und Amtsgericht Strausberg

v.l.n.r.: Amtsgericht Bernau (Land Brandenburg) und Amtsgericht Strausberg (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), Fachanwalt für Strafrecht, Verteidigung von Sexualdelikten, Sexualstrafrecht, Allgemeines Strafrecht, Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht und Landgericht Frankfurt (Oder), (Land Brandenburg), Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Strafverteidiger, Sexualstrafrecht, Schwurgericht, § 176 StGB, § 176a StGB, § 177 StGB, § 184 StGB, § 184b StGB, § 212 StGB, § 249 StGB, BtMG

Amtsgericht Oranienburg (Brandenburg) und Landgericht Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Copyright Malte Höpfner

Justizzentrum Potsdam (Amtsgericht und Landgericht) (Land Brandenburg) und Justizzentrum Bochum (Amtsgericht und Landgericht Bochum) (Land Nordrhein-Westfalen), Copyright Malte Höpfner

Amtsgericht Gifhorn (Niedersachsen) und Amtsgericht Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern)

Links AG Fürstenwalde (Land Brandenburg) Rechts AG Bonn (Land NRW)


Da jeder Fall ein Einzelfall rufen Sie mich an, um eine Übernahme des Mandates zu besprechen.

(Artikel wird fortlaufend aktualisiert.)


Sonntag 15. Januar 2023


Onkel, Tante, Bruder und Schwester und andere Verständnisfehler

Als ich in einer Besprechung mit einem Mandanten war, erzählte er mir längere Zeit von Handlungen seines Bruders. Ich war verwirrt, als es dann um Fragen zu seiner eigenen Person ging und ich feststellte, dass er laut seiner Aussage ein Einzelkind sei. Die Erklärung war, dass es in einigen Regionen Osteuropas üblich ist, gute Freunde als Bruder oder Schwester zu bezeichnen. Ähnliche Missverständnisse gibt es auch bei Vietnamesen, da hier der Begriff „Onkel“ oder „Tante“ nicht zwangsläufig einen Geschwisterteil der Eltern, sondern einfach eine übergeordnete Respektsperson bezeichnet.

In einer Gerichtsverhandlung ist es dann wichtig, Missverständnisse zu verhindern, bevor sie sich beim Gericht zu Lasten meines Mandanten verfestigen. Daher halte ich eine offene und klare Kommunikation mit meinem Mandanten aufrecht und ermutige ihn, alle relevanten Informationen offen zu teilen und Fragen zu stellen, wenn etwas unklar ist.

Weitere Gegenstrategien zu Verständnisfehlern

Ich bin mir auch bewusst über kulturelle Unterschiede und Praktiken, insbesondere wenn mein Mandant aus einer anderen Kultur stammt. Deshalb kläre ich mögliche Missverständnisse bezüglich der Bedeutung von Begriffen oder Beziehungen, um sicherzustellen, dass ich ein genaues Bild habe.

Wenn ich auf Informationen stoße, die nicht mit dem übereinstimmen, was mein Mandant zuvor gesagt hat, zögere ich nicht, nachzuhaken und Fragen zu stellen. Auf diese Weise kann ich Verwirrung klären und sicherstellen, dass ich ein genaues Bild habe.

Wenn ich bereits im Vorfeld einer Gerichtsverhandlung auf potenzielle Missverständnisse stoße, kläre ich diese so früh wie möglich, idealerweise bevor die Verhandlung beginnt. Dadurch verhindere ich, dass sich Missverständnisse während der Verhandlung verschärfen.

Falls notwendig, ziehe ich einen Dolmetscher oder Übersetzer hinzu, um sicherzustellen, dass die Kommunikation klar und präzise ist, insbesondere wenn Sprachbarrieren bestehen.

Ich halte alle Gespräche und Vereinbarungen schriftlich fest, um Missverständnisse zu vermeiden und als Referenz für zukünftige Diskussionen. Indem ich proaktiv auf mögliche Missverständnisse eingehe und diese kläre, kann ich dazu beitragen, dass mein Mandant fair und gerecht behandelt wird und dass seine Interessen angemessen vertreten werden.


Mittwoch 1. Juni 2022


Tücken der Übersetzung

Da viele Mandanten eines Strafverteidigers in Berlin einen Migrationshintergrund haben, kommt es öfter vor, dass man auf die Dienste eines Übersetzers angewiesen ist.

Es gibt eine Liste vereidigter Übersetzer, derer man sich bedienen kann oder man muss sich in Gerichtsverhandlungen auf den vom Richter ausgewählten Dolmetscher verlassen. Als eifriger Literaturkonsument waren mir schon früher Übersetzungsfehler in Büchern aufgefallen, in einer Strafgerichtsverhandlung beim Amtsgericht Tiergarten konnte ich einen solchen gerade noch verhindern. In der Regel hört man dem Beschuldigten und dem Zeugen nicht zu, sondern konzentriert sich auf die Übersetzung. Bei einer Übersetzung aus dem Englischen hörte ich diesmal aber auch dem Zeugen zu und wurde verunsichert, als die Übersetzerin „hot Drinks“ mit „warmen, bzw. heißen Getränken“ übersetzte. Ich fragte nach und die Übersetzerin meinte, damit seien dann wohl Tee und Kaffee gemeint. Ich fragte erneut nach und bat auch darum den Zeugen noch einmal zu befragen und diesmal erfolgte dann die richtige Übersetzung der „hot Drinks“ als „stark alkoholische Getränke“.

Die Arabische Sprache wird über Tausende Kilometer gesprochen, wobei sich die Dialekte wie das Ur-Berlinerische vom Nieder-Bayerischen unterscheiden. Das kann zu Übersetzungsproblemen führen, zum anderen haben aber panarabische Fernsehsender wie Al Dschasira dazu geführt, dass die Bedeutung des Hocharabisch zunimmt. Diese Fernsehsender haben ungefähr für das Hocharabische die Bedeutung wie Luther und die Gebrüder Grimm für die deutsche Sprache.

Bei einer Beiordnung eines Mandanten aus dem Raum der ehemaligen Sowjetunion stellt sich immer die Frage nach dem richtigen Übersetzer. Usbekische Staatsbürger könnten ethnische Russen sein, welche die Sprache ihres Staates nicht sprechen.

Einen kuriosen Übersetzungsfehler fand ich einmal in einem Buch, in dem ständig von Schiffen der Hauptstädteklasse gesprochen worden. Keines der Schiffe hatte eine Hauptstadt als Namen, so dass ich einmal rückübersetzte, Hauptstadt=Capitol und dann darauf kam, dass es um kapitale Schiffe ging. Der Übersetzer hatte damit einen kapitalen Bock geschossen und keinen Hauptstadtbock.

Ein erfahrener polnischer Dolmetscher erzählte mir vor kurzem über Übersetzungsfehler seiner jüngeren Kollegen, die Kuhfuß und Polenschlüssel wortwörtlich in das Polnische übersetzten. Die beiden Einbruchwerkzeuge werden aber nur im Deutschen so genannt. Er selbst hatte einmal noch rechtzeitig gemerkt, dass der Staatsanwalt in der Anklage mit Jammer nicht das Leid meinte, sondern ein englisches Wort für ein Funkstörgerät, dabei wäre auch eine Antispysoftware von dem Wort bezeichnet worden.

Die Aufgabe eines Gerichtsdolmetschers ist schwerer als die eines Buchübersetzers, da er möglichst simultan übersetzen muss und dabei noch die Schwierigkeit der juristischen Fachbegriffe hinzutritt. Ein Übersetzer erklärte mir einmal, dass er das Wort Haftprüfung mit mindestens 4 Sätzen erklären müsste, da es einen solchen Vorgang im Heimatland des Beschuldigten nicht gab.

Als Rechtsanwalt mag man zwar nicht alle Sprachen sprechen, aber man sollte recht schnell lernen, in allen Sprachen einen schlechten Übersetzer zu erkennen. Diese Dolmetscher geben sich meist dadurch zu erkennen, dass sie umfangreiche Zwiegespräche führen und selbst nachfragen, während ein guter Übersetzer sich strenger an den gesprochenen Text hält. Bei einem guten Übersetzer sinkt dadurch die Gefahr, dass eigene Wertungen und Lückenausfüllungen in die Übersetzung mit einfließen.


Montag 14. Dezember 2020


Erfolg beim Bundesgerichtshof

Im Dezember 2019 hatte ich bei der Staatsschutzkammer beim Landgericht Berlin bei einer Anklage wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat, § 89a StGB, nach über 10 Verhandlungstagen einen Freispruch gegen die Generalstaatsanwaltschaft Berlin erzielt.

Die Generalstaatsanwaltschaft legte umgehend Revision gegen den Freispruch ein. Mit einer mehrseitigen Stellungnahme widerlegte ich die Argumente der Berliner Generalstaatsanwaltschaft und erfuhr im Dezember 2020 nach mehreren Monaten und einigen Telefonaten mit dem Terrorsenat beim Bundesgerichtshof und der Bundesanwaltschaft, dass die Generalstaatsanwaltschaft auf meine Stellungnahme hin die Revision zurückgezogen hatte.


Mittwoch 9. Mai 2018


Das schönste Hochzeitsgeschenk

„Sie haben uns das schönste Hochzeitsgeschenk gemacht.“, meinte die Verlobte meines Mandanten heute nach der Urteilsverkündung zu mir. Nachdem der Angeklagte in der ersten Instanz beim Amtsgericht, damals noch von einem Kollegen verteidigt, zu 3 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt war, bat mich der Kollege die Verteidigung in der Berufung zu übernehmen. Nach vier Jahren Berufungsverfahren, mehreren Anläufen zur Hauptverhandlung und insgesamt einer zweistelligen Zahl von Verhandlungstagen hatte das Landgericht meinen Mandanten nun freigesprochen. In den Jahren hatte das Leben des Mandanten nicht stillgestanden und so war es gekommen, dass die Urteilsverkündung einen Tag vor der Hochzeit war.


Freitag 9. Februar 2018


Erfolg beim Bundesgerichtshof, aber kein reines Siegesgefühl

Nachdem ich heute am 09.02.2018 den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 25.01.2018 auf Aufhebung eines landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung an eine andere Kammer erhalten habe, recherchierte ich noch einmal genauer nach der durchschnittlichen Erfolgsquote von strafrechtlichen Revisionen.

So wie die Revision selbst ist auch die Recherche nach den Erfolgsquoten eine Qual. Der Focus berichtet in einem Artikel, nur drei Prozent der strafrechtlichen Revisionen sind erfolgreich. Von anderer Seite hört man von nur 2 Prozent erfolgreichen strafrechtlichen Revisionen beim Bundesgerichtshof. Dazu muss man noch wissen, dass hochbezahlte Revisionsspezialisten eine mehr als doppelt so hohe Erfolgsquote als der normale Strafverteidiger haben. Der Grund liegt darin, dass strafrechtliche Revisionen beim Bundesgerichtshof hauptsächlich zeitaufwändige Fleißarbeiten sind. Der Pflichtverteidiger kann diese in der Regel bei einer Vergütung von 492,00 € und einer Kostenquote von mindestens 50 Prozent nicht leisten, der ausgewiesene Revisionsspezialist nimmt je nach Fall zwischen 5.000,00 € und 20.000,00 €. Der Bundesgerichtshof bemüht sich diese Entwicklung zu fördern und pflichtverteidigte Mandanten vom Zugang zum Recht abzuschneiden, in dem er den formalen Begründungsaufwand an eine Revision immer weiter erhöht. Bei hiesiger erfolgreicher Revision rechnete ich einmal zusammen, was die Bundesanwaltschaft in ihrer Gegenstellungnahme zu meiner Revisionsbegründung noch für notwendig gehalten hätte. Nach der Bundesanwaltschaft hätte ich knapp 200 Seiten schreiben müssen, um die formalen Revisionsanforderungen zu erfüllen. Hier macht es dann vielleicht noch Sinn zu wissen, dass ein guter Autor für eine Seite eine halbe Stunde benötigt, wenn er im Fluss ist.

Dazu kommen dann das Einholen der Protokolle, Studium derselben und des Urteils und am Ende eine Erwiderung auf die Stellungnahme der Bundesanwaltschaft. Insgesamt habe ich wohl etwas über 30 Stunden für die erfolgreiche Revision benötigt, ein klassischer Fall von Selbstausbeutung. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft, welcher meist der BGH folgt, wären wohl 150 Stunden angemessen gewesen.

Der Bundesgerichtshof benötigte für seinen Aufhebungsbeschluss BGH 5 StR 543/17 wiederum nur 4 Seiten, inklusive einer Seite Deckblatt und einer halben Seite für die Richternamen. Das sind aber immerhin drei Seiten mehr als bei einem begründungslosen Verwerfungsbeschluss.


Sonntag 7. Mai 2017


Operation Pacifier – Aufdeckung eines Kinderpornoringes

Am 05.Mai 2017 gaben FBI und Europol die Aufdeckung eines Kinderpornonetzes mit 900 Verdächtigen in Europa und den Vereinigten Staaten bekannt.  Auch wenn ich bei manchen internationalen Operationen jeweils gleiche mehrere neue Mandanten bekam, so sind doch die zu erwartenden späteren Folgeverfahren von erheblicher größerer Zahl. In der Regel haben die Verdächtigen solcher Netzwerke jeweils noch mehrere Tauschpartner und für die Strafverfolgungsbehörden interessante Kontakte außerhalb des Netzwerkes. Für eine deutsche Staatsanwaltschaft ergeben sich dann aus einer Durchsuchung gleich mehrere Ermittlungsverfahren gegen neue Verdächtige.

Für den Täter dieser Straftaten empfiehlt es sich, so bald wie möglich mit einem auf Sexualstrafrecht spezialisierten Strafverteidiger Kontakt aufzunehmen. Mit einem Strafverteidiger an der Seite lassen sich viele Fehler vermeiden, die oft passieren, wenn Beschuldigte allein mit der Polizei kommunizieren. Ein großer Fehler ist es sicher auch zu warten, bis die Polizei sich auf die eine oder andere Weise meldet.

Die Verbreitung von Kinderpornographie, § 184b Abs. 1 StGB führt mit einer Mindeststrafe von drei Monaten fast immer zu einer Eintragung in das Führungszeugnis, aber auch die Strafen für den Erwerb haben sich durch Anweisungen der Generalstaatsanwälte an die ermittelnden Staatsanwälte alle Sexualdelikte soweit wie möglich vor Gericht zu bringen, praktisch erheblich erhöht. Für im Öffentlichen Dienst beschäftigte Täter kann auch eine unter einem Jahr liegende Strafe schnell zu einer Entlassung führen.

Rechtlich interessant an dem Fall ist, dass das FBI weltweit mehr als 1.000 Rechner auf Grundlage eines einzigen amerikanischen Gerichtsbeschlusses hackte. Auch wenn das deutsche Recht nicht die amerikanische Rechtskonstruktion der „Früchte des verbotenen Baumes“ kennt, so bietet doch die Konstellation Verteidigungsansätze, die vielleicht zu einer mandantenfreundlichen Verständigungslösung mit der deutschen Justiz führen können.

Ich vertrete Sie bundesweit gern bei allen sexualstrafrechtlichen Beschuldigungen.


Samstag 1. April 2017


§ 177 StGB Sexueller Übergriff, Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.

das Opfer

a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

 


 

Mit einer möglichen Höchststrafe von 15 Jahren ist die Vergewaltigung als eine der schwersten Straftaten im Strafgesetzbuch geächtet. Für Beschuldigte und Opfer stellt sich beim Strafverfahren das gleiche Problem, dass in der Regel nur sie beide während des Geschehens anwesend waren. Dies wird dann problematisch, wenn nicht der Geschlechtsverkehr unter Abrede gestellt wird, sondern die Nötigungskonstellation. Die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation kann aber durch andere Beweismittel aufgebrochen werden. Wenn der Geschlechtsverkehr durch den Beschuldigten bestritten wird, kann eine gynäkologische Untersuchung des Opfers oder auch die Untersuchung von Kleidung auf Spermaspuren weitere Aufklärung bringen. Aber auch das eigene Lobpreisen, früher im Freundeskreis, heute in den sozialen Medien, kann einen Beschuldigten zu einem längeren Gefängnisaufenthalt verhelfen. Manchmal hat die Polizei auch Glück, wenn sich Beschuldigte durch Dummdreistigkeit selbst ans Messer liefern, indem sie ungefragt Täterwissen preisgeben. In letzter Zeit neu ist die Entwicklung, dass Täter ihre Taten mittels Handyvideo aufzeichnen. Umgekehrt kann es auch Falschbeschuldigungen durch vermeintliche Opfer geben, wobei die Motive vielfältig sein können. Neben bewussten Falschbeschuldigungen kann es auch Irrtümer geben oder Opfer mit fremd- oder selbstsuggerierten falschen Erinnerungen.
Ich bin in Verfahren mit dem Tatvorwurf sexueller Nötigung, Vergewaltigung als Verteidiger und als Nebenklägervertreter tätig gewesen und auch immer noch tätig. Im Vergleich zu anderen Delikten erwiesen sich diese Verfahren immer als besonders schwierig und erforderten neben vollem Einsatz viel Spezialwissen, angefangen von den Fristen bei gynäkologischen Untersuchungen bis zu den Nachweiszeiten von KO-Tropfen. Einmal war es notwendig dem Gericht aufzuzeigen, dass ein rechtsmedizinisches Gutachten die Wirkung einer Droge unterschätzt hatte; in einem anderen Fall musste eine intensive Beschäftigung mit den psychoreaktiven Wirkungen von Medikamenten erfolgen. Ein Verteidiger sollte wissen, wann er ein Glaubhaftigkeitsgutachten beantragt und welche Gutachter er Staatsanwaltschaft und Gericht vorschlägt. Für die Mandanten ist es in diesen Verfahren daher besonders wichtig einen im Sexualstrafrecht erfahrenen Rechtsanwalt auszuwählen.


Mittwoch 15. März 2017


In eigener Sache: RVG 7000 – Kopiekostenerstattung auch für Scans

Keine Beratung ohne Akteneinsicht sollte der Grundsatz für jeden Strafverteidiger sein und daran sollte er sich auch bei kleinsten Verfahren halten.  Da Menschen sich häufig irren und nur etwas seltener lügen,  kann man sich auf den Bericht der Mandanten nur in den seltensten Fällen verlassen. Gerade in den vermeintlich eindeutigsten Fällen bietet die Akteneinsicht immer eine spannende Überraschung und einen Zeugen, der das genaue Gegenteil bekundet.  Für den Verteidiger ist die Akte oft noch wichtiger als der eigene Mandant. Als Verteidiger war man bei der Tat nicht anwesend und der Mandant ist regelmäßig emotional hochangespannt und damit verständlicherweise schwer in der Lage die Handlung rational zu schildern. Erst mit der Akteneinsicht kann man dem eigenen Mandanten die richtigen Fragen stellen und den Finger gegebenenfalls in die Wunde legen. Durch die Akte erfährt der Verteidiger auch von Beweismitteln, die der eigene Mandant noch nicht kennt. Nur durch eine gute Aktenkenntnis kann der Verteidiger die Beweislage richtig einschätzen und vernünftige Ratschläge erteilen.

Die Akte hole ich mir bei der Berliner Strafjustiz ab oder lasse sie mir aus anderen Bundesländern zusenden. Als ich 2006 als Strafverteidiger anfing, habe ich noch jede Akte kopiert. Seit ungefähr 5 Jahren habe ich begonnen größere Akten als PDF-Dateien einzuscannen. Der Vorteil ist die Einsparung an Gewicht und Platz, wenn man anstelle mehrerer Akten nur noch ein Notebook transportiert. Oft ist man mit der eingescannten Akte in einer Hauptverhandlung auch noch schneller als der Vorsitzende Richter mit seiner Originalakte.

Der personelle Aufwand für das Einscannen ist jedoch identisch mit dem Kopieren. Und Einsparungen beim Toner und Papier werden durch die Kosten für das Notebook und den zusätzlichen Speicherplatz kompensiert. Im Strafverfahren kann man leider auch nicht die Akte in den automatischen Einzug legen, da  Polizisten eine besondere Affinität zu Tackern haben.

Bis zum 2. Kostenmodernisierungsgesetz hatten Rechtsanwälte einen Anspruch auf die Scankostenerstattung entsprechend der Erstattung von Kopien. Durch einen Gesetzgebungsfehler verbunden mit dem anwaltsfeindlichen Berliner Kammergericht kam es nun zur Situation, dass die Justiz Scankosten nicht mehr ersetzte und die Justiz nun Anwälte faktisch dazu drängte zum Kopieren von Akten zurückzukehren.

Als sich die Rechtsprechung des Kammergerichts verfestigte, die Beschwerde eines norddeutschen Kollegen beim Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde und die Beschwerde einer Berliner Kollegin beim Berliner Landesverfassungsgericht still ruhte, habe ich mich zum Bundestag aufgemacht und mein Anliegen dem Petitionsausschuss vorgetragen.

Zu meiner Überraschung arbeitete dieser schnell, forderte Stellungnahmen vom Bundesjustizministerium an und entschied die Petition am 23.06.2016 in meinem Sinne und leitete die Petition als Material an das Ministerium weiter. Nach einigem Abwarten, dem Studium der kostenrechtlichen Literatur habe ich mich nun an Abgeordnete des Rechtsausschusses im Bundestag gewandt, um das Verfahren wieder ein wenig voranzutreiben.

Vielleicht schafft es aber die Kollegin mit ihrer Beschwerde beim Berliner Landesverfassungsgericht mich noch zu überholen, was ich ergebnisorientiert begrüßen würde.


Mittwoch 1. Februar 2017


Strafzumessung in Strafverfahren wegen Kinderpornographie, § 184b StGB

Neben den üblichen Faktoren der Strafzumessung wie zum Beispiel Vorstrafen gibt es bei den Verfahren wegen des Besitzes oder der Verbreitung von Kinderpornographie, § 184b StGB, eigene Strafzumessungsfaktoren.

Die Zahl der gefundenen Bilder wird zwar bei der Bildung der Gesamtstrafe berücksichtigt, spielt aber auch schon eine Rolle der Strafzumessung für die jeweilige Einzeltat.  Ab mehreren Hundert und sicher ab mehreren Tausend Bildern wird die Justiz sicher auch ein Suchtverhalten in das gedachte Motivbündel aufnehmen. Videos zählen dabei nicht wie ein Bild, sondern werden entsprechend mehreren Bildern umgerechnet, wobei die Umrechnung nicht technisch mit 24-30 Bildern pro Sekunde, sondern eher „juristisch“ erfolgt.

Ein wichtiges Kriterium für die Strafzumessung ist die Kategorisierung der gefundenen Bilder. Posierende Bilder werden dabei leichter gewertet, als Bilder eines Missbrauchs. Zur schwersten Kategorie gehören Vergewaltigungsbilder und entsprechende Videos, wobei ich auch nach zehn Jahren noch feststelle, dass  es entgegen der eigenen Erwartung doch immer wieder noch schlimmere Konstellationen gibt. Die Fachabteilungen der Polizei bereiten in den meisten Fällen mit Suchprogrammen die Daten auf und überlassen die kategorisierende Wertung der Staatsanwaltschaft. In den Fällen der schwersten Kategorie wird der Staatsanwalt jedoch meist schon im polizeilichen Abschlussbericht über das Vorliegen dieser Bilder informiert.

Wichtig für die Strafzumessung ist es zwischen alten und neuen Fotos zu entscheiden, denn alte Fotos, die schon seit 20 Jahren im Internet und weitere 30 Jahre zuvor in anderen Medien kursierten, werden weniger hart bestraft als neue Bilder. Bei dieser Wertung stehen Kinderschutzerwägungen im Vordergrund, denn neues Material setzt zwangsläufig auch neuen Missbrauch voraus.

Eine geeignete Therapie wird immer als positives Nachtatverhalten gewertet, während man bei Sexualdelikten als Strafverteidiger die Vor- und Nachteile eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit abwägen muss.

Strafverfahren wegen Kinderpornographie erfordern wegen der speziellen Schwierigkeiten regelmäßig die frühzeitige Mitwirkung eines im Sexualstrafrecht erfahrenen Verteidigers. Mehr noch als in anderen Verfahren ist bei Sexualdelikten schon viel im Ermittlungsverfahren zu gewinnen und zu verlieren.


Samstag 1. Oktober 2016


Sexualstrafrecht

Sexualstrafrecht umfasst die Paragraphen des 13. Abschnitts. Das Sexualstrafrecht dient heute überwiegend dem Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung, während früher die Sexualmoral im Vordergrund stand. Es geht hier unter anderem um Missbrauch von Schutzbefohlenen nach § 174 StGB, Kindesmissbrauch nach § 176 StGB, dem schweren Kindesmissbrauch nach § 176a StGB, Vergewaltigung und sexueller Nötigung nach § 177 StGB, sowie der Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften nach § 184b StGB.

Als Anhang zu Sexualstraftaten kann man sich faktisch aber auch jeden anderen Paragraphen vorstellen, von der sexualisierten Beleidigung, über die Körperverletzung, der Nötigung und der Freiheitsberaubung bis zum Totschlag.

Für den Beschuldigten, ob unschuldig oder schuldig, sind Sexualstraftaten, Sexualdelikte immer besonders unangenehm und peinlich. Im Interesse des Beschuldigten liegt es das Strafverfahren schnell und ohne große Aufmerksamkeit zu beenden. Diese Tatvorwürfe sind immer schwierig und für jeden Beschuldigten gefährlich, da zum einen nicht selten eine aufgeheizte Stimmung durch den Boulevardjournalismus besteht, zum anderen hier auch einige Strafrichter aufgrund von persönlichen Vorurteilen nicht unbefangen sind. Noch mehr als bei anderen Straftaten stellt hier ein Führungszeugniseintrag aus dem Bundeszentralregister eine schwere Belastung für jedes Arbeitsverhältnis dar und erschwert erheblich die Arbeitssuche.

Leider ist die Falschbelastungstendenz im Sexualstrafrecht besonders hoch. Es gibt Studien, in denen von 50 Prozent falschen Anschuldigungen ausgegangen wird. Im Rahmen böser Trennungen wird aus Rache schnell aus einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr eine Nötigung, bzw. eine Vergewaltigung. Aus dem Bereich von Kollegen, die im Familienrecht tätig sind, erfährt man immer wieder von Anwälten, die in Sorgerechtsstreitigkeiten dazu raten, das andere Elternteil mit der Behauptung des Kindesmissbrauches zu diskreditieren.

Als Verteidiger besteht meine Aufgabe dem unschuldig Angeklagten zum Freispruch zu verhelfen. Viele Gerichte neigen aus Opferschutzgründen aber auch dazu, die Beschuldigtenrechte zu beschränken und kommen damit aber ihrer Pflicht zur Ermittlung der Wahrheit nicht nach. Es liegt hier in der Aufgabe des Verteidigers dafür zu sorgen, gegen die Vorverurteilung eines unschuldigen Angeklagten vorzugehen. Dazu bedarf es einer entschlossenen und umsichtigen Verteidigung. Dem überführten Beschuldigten ist mit einer Strafzumessungsverteidigung am besten geholfen. Hierbei geht es darum, seine Verfahrensrechte zu verteidigen und auf eine möglichst geringe Strafe hinzuarbeiten, wobei das Gericht die Rücksichtnahme auf das wahre Opfer honoriert. Bei der Strafzumessungsverteidigung gibt es neben der geständigen Einlassung noch drei weitere Stellschrauben, wobei zwei sogar zu einer Strafrahmenverschiebung nach unten führen können und die dritte äußerst bedeutsam für die eigentliche Strafzumessung und Bewährungsfragen ist.

Da viele Strafverteidiger aus freiem Willen kein Sexualstrafrecht bearbeiten, aber auch Erfahrung und Sonderwissen für eine gute Verteidigung notwendig sind, sollte sich ein Beschuldigter an einen spezialisierten Strafverteidiger wenden. Die Verteidigung im Sexualstrafrecht ist mit mehreren Hundert Mandaten der Schwerpunkt meiner Tätigkeit.

Nebenklage

Wenn ich Opfer vertrete, geht es mir hauptsächlich um ein schonendes Verfahren für das Opfer als Zeugen, um den Gerichtsprozess nicht zum „erneuten Vergewaltigungserlebnis“ werden zu lassen. Das Opfer muss über den Ablauf des Verfahrens informiert werden, um nicht durch Fragen oder andere Prozesshandlungen überrascht zu werden. In manchen Situationen geht es aber um die entschiedene Abwehr von ungerechtfertigten Fragen, Vorwürfen und sonstigen unzulässigen Beeinträchtigungen, https://straf-kanzlei.de/nebenklage-oder-was-einen-guten-nebenklagervertreter-ausmacht/ .

Kontakt


Sonntag 15. Mai 2016


Leben und Sterben der deutschen Gerichtskantinen

So wie es früher in jeder deutschen Stadt einen Ratskeller gab, hatten auch die meisten größeren Gerichte eine eigene Kantine. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein und so starben Ratskeller und Gerichtskantinen gleichermaßen.

Im größten deutschen Kriminalgericht in Moabit gab es ehemals sogar zwei Kantinen. Während die ältere Kantine nun die Poststelle beherbergt, schien auch die andere Kantine immer wieder vor der Schließung zu stehen und wurde nun zwischenzeitlich durch Dussmann und einen weiteren Betreiber zumindest vorübergehend gerettet.

Eine erheblich lebendigere Kantine lernte ich im Landgericht Cottbus kennen, dort seit Januar 2012 von der Behindertenwerkstatt der „Lebenshilfe Werkstätten Hand in Hand gemeinnützige GmbH“ betrieben. Ich besuchte die Kantine in Verhandlungspausen zu verschiedenen Zeiten und war dabei überrascht, wie gut besucht die Cafeteria mit ihrem Frühstücksangebot und den mindestens vier Mittagsgerichten war. Die Kantine ist montags bis donnerstags von 08.30 Uhr bis 14.30 Uhr geöffnet, freitags von 08.30 Uhr bis 13.00 Uhr.

Aber auch im Landgericht Cottbus hatte es vor dem Vertrag mit der Behindertenwerkstatt schon erste Überlegungen für eine Umnutzung der Räume gegeben. Eine Richterrunde saß nun beim Mittag, von frühstückenden Rechtsanwälten hörte ich nur, war aber selbst immer zu späteren Tageszeiten geladen.

Die größte Enttäuschung erlebte ich beim Landgericht Magdeburg bei einer fast zehnstündigen Verhandlung vor dem Schwurgericht. Groß ausgeschildert entpuppte sich die „Cafeteria“ als seit längerer Zeit geschlossene Kantine, in deren ehemaligen Aufenthaltsraum die Verwaltung einfach einen Kaffeeautomat gestellt hatte.


Montag 2. Mai 2016


Verteidigung am 01.Mai 2016

In Berlin  muss niemand auf den Rat eines Strafverteidigers verzichten, auch wenn er in der Nacht, an Wochenenden oder an Feiertagen festgenommen wird.  Die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V.  hat einen Anwaltsnotdienst in Strafsachen organisiert. Die Nummer des Notdienstes kann von Beschuldigten bei Polizei und Justiz erfragt werden und diese ermöglichen auch einen Anruf.

Alle Anrufe auf der Notdienstnummer werden auf das Mobiltelefon des jeweiligen Bereitschaftsanwaltes umgeleitet. Die Notdienstanwälte erteilen telefonischen Rechtsrat in Strafsachen oder suchen den Rechtssuchenden bei Festnahmen gegebenenfalls auch auf. Der Notdienst ersetzt keinesfalls eine reguläre anwaltliche Beratung oder Vertretung und beschränkt sich auf den Notfall. In Berlin erfolgt der Notdienst der Strafverteidigervereinigung kostenlos. Werden Übersetzer notwendig, sollten diese von der jeweiligen Behörde gestellt werden. Das Notmandat erlischt mit Ende der Notdiensttätigkeit.

Sollten Sie danach eine weitere, dann entgeltliche Tätigkeit des Notdienstanwaltes wünschen, muss wie üblich ein Mandat erteilt werden.

Vom 01.Mai 2016 bis zum 02.Mai 2016 war ich wieder beim Notdienst tätig. Während an normalen Tagen die Anrufer wegen verschiedenster Straftaten anrufen, geht es am 1. Mai in der Regel um Schweren Landfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Widerstandsvorwürfe, wie sich wieder einmal bestätigt hat. In allen von mir im Rahmen des Notdienstes bearbeiteten Fällen wegen schweren Landfriedensbruch erreichte ich nach mehrfachen Telefonaten mit der Staatsanwaltschaft eine Gewahrsamsentlassung.

In der Regel übernehme ich ein bis zwei Mal im Jahr die Bereitschaft für den Anwaltsnotdienst in Strafsachen.

Unabhängig vom Strafverteidigernotruf stehe ich Ihnen in Berlin bei Festnahmen und Durchsuchungen auch direkt und fast immer über meine Mobilfunknummer 0175 – 618 90 68 zur Verfügung. Sollten Sie in allen anderen Fällen eine Vertretung durch mich wünschen, können Sie mich unter der Telefonnummer 030 – 5480 1493 erreichen.

Rechtsanwalt Malte Höpfner

Allee der Kosmonauten 28

12681 Berlin

hilfe@straf-kanzlei.de

Telefon : 030 – 5480-1493

Mobil : 0175- 618 90 68


Dienstag 1. Dezember 2015


Reisekosten des Angeklagten

Der Angeklagte kann schon im Verfahren einen Antrag auf Reisekostenerstattung zum Gerichtstermin stellen, wenn er mittellos ist. Damit kann er dann aber auch sein Fehlen nicht damit entschuldigen, dass er kein Geld für die Anreise hatte.

Die Reisekostenerstattung ist in der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) geregelt. Man sollte die Vorschrift kennen und gegebenenfalls darauf hinweisen, da sie in der Justiz, aber auch bei Rechtsanwälten nicht überall bekannt ist.

Wenn noch genügend Zeit ist, sollte der mittellose Angeklagte das Gericht anschreiben. Unter Angabe des korrekten Aktenzeichens muss er seine Mittellosigkeit behaupten und dann mit Hilfe zum Beispiel der Kopie seines ALG-II-Bescheides nachweisen. Vor dem Termin wird er dann vom Gericht einen Gutschein, das Ticket oder Bargeld zugeschickt erhalten.

In Eilfällen kann der Angeklagte auch zu seinem lokal zuständigen Amtsgericht gehen und Fahrtkosten beantragen. Auch dazu braucht er einen Nachweis der Mittellosigkeit und hier auch noch die Ladung des Gerichtes oder der Behörde.

Wenn Sie dann Ihr Ziel erreicht haben, sollten Sie im Zweifel den Richter darum bitten, sich um eine Rückfahrkarte für Sie zu kümmern.

Die Justiz wird in der Regel nur Fahrten in der 2. Klasse per Eisenbahn oder Öffentlichen Personennahverkehr bezahlen. Reisen in der 1. Klasse oder Flüge werden daher eher nicht bewilligt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht

Bundesweite Verteidigung, Copyright Malte Höpfner

Bei längeren Terminen bezahlt die Justizkasse auf Antrag auch Tagegelder und Übernachtungskosten.

Wenn Sie mich als Verteidiger haben, werde ich Sie gern bei diesem Antrag unterstützen.

Keine Alternative ist es jedenfalls den Termin zu versäumen, da das Gericht dann in der Regel den roten Zettel ausfüllen wird und danach zwar Reise- und Unterbringungskosten direkt vom Staat übernommen werden, die Unterbringung aber in einer JVA erfolgt und der Transport gefesselt in Begleitung von Justizwachtmeistern.

Nach einem Freispruch kann der ehemalige Angeklagte seine Reisekosten gegenüber der Landeskasse als erstattungsfähige Auslagen in Ansatz bringen. Bei einem Verhandlungstag in Berlin dürfte hier aber der Aufwand für den Antrag meist den Nutzen übersteigen. Bei mehreren Verhandlungstagen, Anreisen aus der Ferne oder bei Taxikosten eines Gehbehinderten sollte man den Antrag aber nicht vergessen.


Sonntag 1. November 2015


Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Die Untersuchungshaft wird umgangssprachlich als U-Haft abgekürzt und diese Abkürzung ist eine der wenigen Abkürzungen im Justizbereich, die auch jedem Laien bekannt ist. Vieles andere scheint aber nicht bekannt zu sein, insbesondere Politikern und der Presse. In der Zeitung liest man dann auch immer wieder, „Skandal – Ermittlungsrichter lässt jugendlichen Räuber wieder frei“ oder Politiker fordern, „Wir erwarten von der Justiz jetzt das Zeichen, dass diese Brandstifter in U-Haft kommen.“

Solche falschen Erwartungen sind für den Strafjuristen schwer nachvollziehbar, da er die gesetzlichen Voraussetzungen der Untersuchungshaft in §§ 112ff. StPO kennt.

Copyright Malte Höpfner, Strafverteidiger, Fachanwalt für Strafrecht, Untersuchungshaft

Ermittlungsrichtersaal im Amtsgericht Tiergarten – Copyright Malte Höpfner

Ein dringender Tatverdacht muss bestehen und dieser liegt dann vor, wenn eine hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit besteht.

Die zweite Voraussetzung ist der Haftgrund und das sind in Deutschland nur Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr.

Eine Fluchtgefahr liegt, wenn die zu erwartende Strafe einen Fluchtanreiz bietet und die persönlichen Umstände diese nicht widerlegen. Da die Abwägung umfassend zu erfolgen hat, mag bei dem einen Beschuldigten schon eine U-Haft bei einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe verhängt werden, während ein anderer bei einer zu erwartenden Strafe von 4 Jahren noch nicht in die U-Haft kommt. Die Fluchtgefahr ist der häufigste von Ermittlungsrichtern angewendete Haftgrund.

Die Verdunkelungsgefahr liegt vor, wenn der Beschuldigte davon abgehalten werden soll, Beweismittel zu vernichten oder zu verändern, wobei auch Zeugen Beweismittel in diesem Sinne sind. Sobald die Beweissicherung aber abgeschlossen ist, entfällt die Verdunkelungsgefahr.

Sowohl Fluchtgefahr und Verdunkelungsgefahr lassen den Zweck der U-Haft erkennen und das ist die Sicherung des Verfahrens. Die Hauptverhandlung soll nicht deshalb entfallen, weil der Beschuldigte geflohen ist oder Beweismittel vernichtet hat.

Deshalb ist der Haftgrund Wiederholungsgefahr auch nur nachrangig, er soll Serientäter von weiteren Straftaten abhalten.

Bei dem oben genannten jugendlichen Räuber erschien der jugendliche Beschuldigte pünktlich zum Gerichtstermin, womit sich die Prognoseentscheidung des Ermittlungsrichters als richtig gezeigt hatte, darüber berichtete nun aber keine Zeitung.

Bei Aufforderungen von Politikern an Ermittlungsrichter „Zeichen zu setzen“ handelt es sich meiner Ansicht nach, klar um eine Aufforderung eine strafbare Rechtsbeugung zu begehen. Die Justiz darf Zeichen setzen und Abschreckung in ihren Urteilen betreiben, die Forderungen der Politiker hingegen greifen die Unschuldsvermutung an. Da soll dann ein möglicherweise Unschuldiger zu Unrecht in die U-Haft kommen, um damit politische Botschaften zu senden.

Nach der Prüfung der Haftgründe muss der Ermittlungsrichter die Verhältnismäßigkeit prüfen. Wenn die Straferwartung nur bei sechzig Tagessätzen liegt, wäre eine viermonatige Untersuchungshaft wohl falsch. Bei Bagatelldelikten wird der Richter im Übrigen besonders genau die Verhältnismäßigkeit von U-Haft abwägen. Das gleiche gilt, wenn die Justiz zu zügigen Verhandlungen nicht in der Lage ist. Wenn durch Auflagen die Fluchtgefahr abgewendet werden kann, so kann die Untersuchungshaft zumindest außer Vollzug gesetzt werden. Die am meisten gebräuchliche Auflage in Deutschland ist die Meldeauflage bei der Polizei, bei Beschuldigten mit Auslandsbezug werden die Pässe eingezogen. Anders als in den USA findet in Deutschland die Sicherheitsleistung durch Geld, die Kaution, nur selten Anwendung und die Summen sind meist erheblich niedriger.

Wenn ein Angeklagter trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung erscheint, kann gemäß § 230 Abs. 2 StPO ein Haftbefehl erlassen werden, was eine Sonderform der U-Haft darstellt.


Donnerstag 1. Oktober 2015


Reform des Mordparagraphen

Am 14.09.2015 war ich zu einer Diskussionsveranstaltung zur Reform des Mordparagraphen in die saarländische Landesvertretung in Berlin eingeladen worden.

Es ging um die vom Justizminister Maas beabsichtigte Reform der Tötungsdelikte, vereinfacht der Reform des Mordparagraphen. In der Rechtswissenschaft diskutierte man verstärkt seit den Sechzigerjahren über eine Reform, damals mehr aus Prinzip, heute eher mit dem Wissen praktischer schiefer Fälle.

Auch auf der Veranstaltung wurde der 1941 eingeführte Paragraph mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht und man unterschlug, dass der Paragraph eine Kopie aus einem Entwurf für ein Schweizer Strafgesetzbuch war. Der Verfasser des Schweizer Entwurfes von 1893, ein Herr Stooss, hatte sich für seinen Entwurf an einer volkstümlichen, traditionellen Wertethik orientiert.

Überzeugender als Änderungsgrund waren für mich die Gerechtigkeitslücken und Schieflagen, die der heutige Mordparagraph immer wieder verursacht. Vorgetragen wurden einige reale Beispielfälle. So kümmerte sich ein Rentner über Jahre aufopferungsvoll um seine demente und lang dahin siechende Ehefrau. Am Ende erstickte er seine schlafende Frau aus Liebe und um ihr weiteres Leiden zu ersparen mit einem Kissen. Wegen des Ausnutzens des Schlafes war die Tat heimtückisch und nur eine lebenslange Freiheitsstrafe nach dem Wortlaut des § 211 StGB denkbar.
Ein Chef einer Rockerbande ließ einen Aussteiger wegen des Verstoßes gegen den Ehrencodex in den Wald bringen und exekutierte ihn nach stundenlanger Todesangst. Nach sechs Jahren war der nur wegen Totschlages verurteilte Rocker wieder frei. Die ausgeurteilten Ergebnisse waren in Hinblick auf die Gesetzeslage absolut korrekt – anhand dieser beiden Beispiele mag sich jeder Leser selbst ein Bild machen, ob es Schieflagen beim Mordparagraphen gibt.

Eine andere schiefe Tatkonstellation ist die Gewalt in der Ehe. Der Haustyrann, der seine Frau totprügelt, wird wegen Totschlages zu einer zeitigen Freiheitsstrafe verurteilt und ist nach einigen Jahren wieder auf der Straße. Die eingeschüchterte Frau, die nach langen Leidensjahren vielleicht nicht einmal wegen sich selbst, sondern aus Sorge um das ebenfalls misshandelte Kind den schlafenden Haustyrannen mit der Bratpfanne erschlägt, wird wegen Heimtücke zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Haustyrannenfall ist das Lieblingsbeispiel des Bundesjustizministers. Auch der Strafverteidiger Prof. Dr. Stefan König kannte solche Fälle aus der Praxis und diese waren auch eine Motivation für den Reformvorschlag des Deutschen Anwaltsvereins.

Der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen äußerte die Sorge, dass nach einer Reform faktisch die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft würde. Hier wies Prof. Dr. Michael Kubiciel daraufhin, dass die Schweiz die Absolutheitsregel bei Tötungsdelikten schon vor einigen Jahren abgeschafft hätte und es danach dort nur geringe Veränderungen bei der Verhängung von lebenslanger Freiheitsstrafe gegeben hätte.

Prof. Dr. Albin Eser wurde zur deutschen Strafhöhe im internationalen Vergleich befragt und wies daraufhin, dass man die reine Strafhöhe nicht sinnvoll vergleichen könne. In Großbritannien seien die verhängten Freiheitsstrafen erheblich höher als in Deutschland. Die Verurteilten kämen aber wegen der eher großzügigen Vollstreckungsregeln aber eher als in Deutschland wieder frei.

Prof. Dr. König äußerte Kritik an der Einführung an dem qualifizierenden Gesinnungsmerkmal „rassistisch/fremdenfeindlich“ und fragte, wo denn der Unterschied sei, ob jemand wegen seiner Hautfarbe oder wegen einer falschen Musikrichtung getötet werde. Der Bundesjustizminister ging nicht wirklich darauf ein, sondern verwies recht grob auf notwendige politische Zeichensetzung.

Die Veranstaltung war recht kurzweilig und trotz Juristen auf dem Podium kam doch wenigstens zeitweilig auch etwas Spannung auf. Nach dem Schluss der Diskussion verlagerten sich die Gespräche recht schnell zum Büffet im Eingangsbereich der Landesvertretung und hier konnte ich mit Prof. Dr. König über Vor- und Nachteile der verschiedenen Reformvorschläge diskutieren und fand dann noch Gelegenheit zu einem kurzen Gespräch mit dem Bundesjustizminister, um in einer anderen Sache eine mögliche Gesetzesänderung zu erörtern.


Dienstag 1. September 2015


Selbstbezeichnungen von dritter Person bis Pluralis Majestatis

Wenn ich fremde Anwaltsschriftsätze lese, fällt mir immer auf, dass viele meiner Berufskollegen in der dritten Person von sich reden.

Da heißt es dann nicht, „Ich meine“, sondern „der Unterzeichner meint“, auch ist „der Verfasser der Ansicht, dass….“ Andere Anwälte sprechen von sich als „der Unterschreibende“ bis zu der „Letztzeichner“. Ein Anwalt verwendete sogar als Einzelanwalt den Pluralis Majestatis und schrieb „Wir“, womit er sich und seine Kanzlei meinte.

Bisher unbekannt war mir bis zum Schriftsatz einer Kollegin die Bezeichnung, „Die Unterfertigte“, wobei ich immer noch davon ausgehe, dass sie „die Unterfertigende“ meinte. Im Ergebnis klang aber sehr nach „die Überforderte“.


Montag 15. Juni 2015


Mengenbegriffe im Betäubungsmittelgesetz

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) kennt drei verschiedene Mengenbegriffe. Die drei Mengenbegriffe „geringe Menge“, „normale Menge“ oder auch „einfache Menge“ genannt und die nicht geringe Menge führen zu unterschiedlichen Strafrahmen.

1. Bei der geringen Menge kann von der Verfolgung abgesehen werden. Anders als vielfach in der Gesellschaft vermutet, liegt jedoch kein strafloses Tun, sondern Staatsanwaltschaft und Gericht können von der Strafverfolgung absehen. Das kann bei Eigenverbrauch der Fall sein, wenn keine Fremdgefährdung vorliegt. Eine solche wird in „geschützten“ Räumen angenommen, wozu man Justizvollzugsanstalten, Kasernen, Schulen oder auch Drogenrehabilitationseinrichtungen zählt.

Die Abgabe auch von geringen Mengen an Drogen durch Erwachsene an Minderjährige wird jedoch als Verbrechen, mit einer Mindeststrafe von einem Jahr gewertet, § 29a Abs. 1 BtMG.
Ein Drogendealer, der heute nur geringe Mengen bei sich führt, wird nach einer mehrfachen Festnahme sicherlich auch nicht mehr mit einer Einstellung rechnen können. Da funktioniert die allgemeine Taktik, das Geschäft in Verkäufer, Läufer und Bunker aufzuteilen und den Läufer nur mit Kleinstmengen auszustatten, nur begrenzt.

Die geringe Menge unterscheidet sich von Droge zu Droge und von Bundesland zu Bundesland. In der Regel geht die Justiz aber von 3 Konsumeinheiten aus. Die Konsumeinheit wird bei Marihuana mit 2 Gramm angesetzt, so dass man auf eine Freigrenze von 6 Gramm kommt. Die geringe Menge von 6 Gramm ist der Standard in den Bundesländern. Mecklenburg weicht mit 5 Gramm davon nach unten ab, während Berlin zwischen 10 und 15 Gramm ansetzt. Die abweichende Berliner Regelung verstößt zwar gegen das Grundgesetz und Völkerrecht, aber hier wird man als Verteidiger sicher nicht protestieren.

Bei anderen Drogen gibt es teils formelle Regelungen und auch informelle Regelungen. Bei Heroin kann bis 1 Gramm eine Einstellung erfolgen, während Kokain in manchen Ländern von 1-3 Gramm eingestellt wird. Bei Ecstasy wird je nach Bundesland das Verfahren bei 3-20 Tabletten eingestellt.

Der Konsument sollte aber auch wissen, dass die Polizei auch geringe Mengen von Drogen beschlagnahmen wird und dass beim Führen eines Fahrzeugs auch noch andere Straftatbestände in Betracht kommen können.

2. Die „normale“ oder auch „einfache“ Menge ist im Gesetz nicht eindeutig geregelt, aber ergibt sich nach dem Ausschlussverfahren. Es handelt sich um eine Menge, die größer ist als die geringe Menge und aber auch kleiner als die „nicht geringe Menge“.

3. Die „nicht geringe Menge“ ist höher als die normale Menge. Im Schnitt kann man sagen, dass die nicht geringe Menge beim zehnfachen der geringen Menge beginnt. Korrekt gibt es aber für jede Droge festgesetzte Grenzwerte, die sich im Übrigen auf die Substanz und nicht auf die Bruttomenge beziehen. Hundert Gramm Kokaingemisch mit einem Substanzgehalt von 1 Prozent reinen Kokain und 99 Prozent Milchpulver sind also weniger als zehn Gramm Kokaingemisch mit einem Reinheitsgrad von 50 Prozent.

So hatte ich ein Verfahren, wo die Angeklagten zwar zuerst sauer auf ihren Lieferanten wegen des verschnittenen Stoffes waren, sich dies aber nach ihrer Festnahme sehr schnell änderte, als das durch die Staatsanwalt in Auftrag gegebene Gutachten bestätigte, dass das beschlagnahmte Amphetamin nur zwischen 3-4 Prozent Amphetaminbase aufwies. Die schlechte Qualität kam ihnen nun im Strafprozess zu Gute.


Montag 1. Juni 2015


Unter Strom

Auch wenn Strafverteidiger unter Strom stehen mögen, benötigen unsere Notebooks im Gerichtssaal Elektrizität aus einer herkömmlichen Steckdose. Und hier stellt man dann schnell fest, dass die Justiz entweder geistig noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen ist oder ein Problem mit der Herstellung von Waffengleichheit hat.

In einem Zivilprozess sind die Probleme wegen der kürzeren Verhandlungen vermutlich noch verschmerzbar, aber eine Verhandlung vor einem Strafgericht läuft gern schon einmal mehr als fünf Stunden und auch acht Stunden sind keine Seltenheit. Hier versagt dann jeder Akku und man ist auf eine stationäre Stromversorgung angewiesen.

In einem Verfahren in einem alten Berliner Gerichtssaal mussten ein Kollege und ich uns eine Steckdose teilen und luden unsere Notebooks nun abwechselnd. Der Verteidigerkollege zeigte mir dann auch noch stolz seinen Ersatzakku, bzw. das Powerpack und stellte dann enttäuscht fest, dass sein Büropersonal am Vortag vergessen hatte, den Akku zu laden. In anderen Verfahren verteilten sich die Verteidiger nach den notwendigen Abständen zu den Steckdosen im Gerichtssaal, während mir manchmal Justizwachtmeister, Protokollanten und Richter halfen, mein Notebook an eine Steckdose auf der Richterbank anzuschließen.

In einem Verfahren schlug ein Staatsanwalt auf eine Beschwerde von Verteidigern vor, dass wir doch mit Verlängerungskabeln kommen sollte, worauf ihm ein Kollege erwiderte, dass wir ja alternativ auch benzinbetriebene Generatoren oder ganze Kabeltrommeln mitbringen könnten. Ein Justizwachtmeister wies bei der Diskussion im Gerichtssaal dann darauf hin, dass wild verlegte Stromkabel von Verteidigern als Stolperfallen schon Zeugen zu Boden geschickt hätten. Staatsanwälte stellen auch oft die Frage in den Raum, ob Verteidiger überhaupt vom Strom aus den Steckdosen der Justiz legal konsumieren dürfen. Staatsanwälte übersehen dabei, dass sie selbst nicht dem Gericht angehören und dass für sie ebenfalls keine Regelung galt.

Ich sprach einen zivilrechtlichen Kollegen, der auch Abgeordneter in Berlin ist, auf das Problem an. Der praxiskundige Kollege startete eine Anfrage im Abgeordnetenhaus an den Senat von Berlin. Für Berlin erklärte die Senatsjustizverwaltung, dass der Strom für die technischen Geräte von Verteidigern entsprechend mangels anderer Regelungen im Gerichtskostengesetz kostenlos sei. Auch kündigte man dann an, dass im Kriminalgericht der Einbau von Steckdosen an den Plätzen der Verteidiger beginnen würde.

Während ich nun in einigen Sälen zufrieden die Erfolge meines Bemühens beobachten konnte, gab es in anderen Sälen durch die Justizverwaltung vorgeschobene Bedenken wegen des Denkmalschutzes. Dabei wären Steckdosen gerade an den Sitzplätzen der Verteidiger in den historischen Sälen problemlos mit einem schon vorhandenen Sichtschutz einzurichten.

Während die Bundesregierung schon die Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen plant, scheitert die Umsetzung auf Länderebene schon an solchen Kleinigkeiten wie ausreichend Steckdosen in Gerichtssälen.

In den Justizvollzugsanstalten hinkt man selbst den Gerichten noch hinterher. Hier scheint es bundesweit noch kein Konzept zu geben, wie man den Gefangenen ermöglicht, vom Akteninhalt Kenntnis zu nehmen und ihre Verteidigung vorzubereiten. Ganze Kopienbände scheiden in Großverfahren, zum einen wegen des Brandschutzes in den Zellen, als auch wegen der fehlenden Praktikabilität, aus. Die Lösung wird hier sein, dass die Justizvollzugsanstalten, im Bios gegen unerlaubte Nutzungen gesicherte, Notebooks den Gefangenen zur Verfügung stellen.


Sonntag 1. März 2015


Polizisten und Strafverteidiger

Das Verhältnis zwischen Polizisten und Strafverteidigern kann man einfach nur als zwiespältig bezeichnen. Zwischen professionellem Respekt und offener Feindschaft ist dabei alles möglich. Interessant ist zu wissen, dass auch Polizisten Rechtsanwälte empfehlen. Wo sie Beschuldigten Verteidiger empfehlen, kann man in der Regel davon ausgehen, dass die Verteidiger schlecht sind und Polizei und Justiz das Leben nicht schwer machen werden.

Wenn Polizisten selbst Probleme mit der Justiz haben, werden solche Verteidiger von ihnen nicht ausgewählt. Dann gehen sie entweder zu Rechtsanwälten mit guten Kontakten zur Polizeiführung oder zu richtigen Strafverteidigern, die sie niemals einem normalen Beschuldigten empfehlen würden.

Die erste Gruppe bewegt sich im Dunstkreis von Polizeiführung, Disziplinarstelle, Politik und Justiz und bemüht sich einen schmutzigen Deal zu erreichen, der in der Regel am Rechtsstaat zweifeln lässt. Bei der zweiten Gruppe wird nach den Regeln der Kunst verteidigt. Für die echten Strafverteidiger stellt die Verteidigung von Polizisten in der Regel ein berufsgruppeninternes Problem dar. Viele Strafverteidiger lehnen aus ihren vielfältigen Erfahrungen mit Polizisten diese oft als Mandanten ab. Eine aus meiner Sicht nicht verständliche Unsitte, so wie Verteidiger auch Beschuldigte von Sexualstraftaten oder Beschuldigte bestimmter politischer Ausrichtung ablehnen.

Meine Ansicht war immer, dass jeder Beschuldigte die bestmögliche Verteidigung verdient hat, anders lässt sich auch der Rechtsstaat praktisch nicht garantieren. So empfinde ich es als befriedigend sowohl Polizisten, auch Beschuldigte von Widerstandshandlungen gleichermaßen erfolgreich zu verteidigen. Für einen Strafverteidiger erscheint mir das auch der einzige akzeptable Weg.


Sonntag 1. Februar 2015


Fachanwalt für Strafrecht

Die Rechtsanwaltskammer Berlin verlieh mir die Bezeichnung, „Fachanwalt für Strafrecht“. Mit der Fachanwaltsurkunde wurden meine besondere Erfahrung und das Sonderwissen im Strafrecht gewürdigt.

Die Voraussetzungen für die Erlangung der Fachanwaltsbezeichnung waren ein Fachanwaltslehrgang von mindestens 120 Stunden, den ich schon im Jahr 2007 absolviert hatte. Der Fachanwaltslehrgang am Deutschen Anwaltsinstitut deckte ein weites Spektrum ab. Nach bekannten Strafverteidigern, welche zur Verteidigung in Mordprozessen referierten, hielt der forensische Psychiater Professor Nedopil eine Vorlesung in seinem Spezialgebiet ab, bevor ein Rechtsanwalt zum Steuerstrafrecht vortrug und durch einen Staatsanwalt abgelöst wurde, der Betrugssysteme wie Umsatzsteuerkarusselle und CO²-Zertifikat-Schwindel erklärte. Auch Randgebiete wie das Umweltstrafrecht wurden beleuchtet und das Wissen in 3 jeweils fünfstündigen Klausuren überprüft. Nach dem Fachanwaltslehrgang war eine jährliche Fortbildung von zehn Stunden, ab 2015 von 15 Stunden Pflicht.

Neben dem theoretischen Wissen sind mindestens sechzig Fälle im Strafrecht und vierzig Hauptverhandlungstage vor dem Schöffengericht, Landgericht oder OLG nachzuweisen, die innerhalb von drei Jahren absolviert wurden. Mit meinem schon bestehenden Tätigkeitsschwerpunkt im Strafrecht konnte ich eine mehrfache Zahl an Fällen und auch eine erhebliche höhere Zahl an Hauptverhandlungstagen der Kammer vorweisen.

Mit der Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung ist man sicherlich kein besserer Strafverteidiger als am Tag zuvor, es ist eher ein Qualitätsnachweis für den Ratsuchenden.


Freitag 7. November 2014


Rockerprozess in Moabit behindert Verteidigung in anderen Verfahren

Wieder einmal war der Zugang zum inhaftierten Mandanten vor und nach einer Verhandlung Thema für mich geworden. Am 07.11.2014 fand im Kriminalgericht Moabit vor einer Strafkammer des Landgerichts ein Prozess gegen Rocker der Hells Angels unter erhöhten Sicherheitsbedingungen statt. Aus Angst vor Gefangenenbefreiungen, wegen einem im Zeugenschutzprogramm befindlichen Angeklagten und Trennungsanweisungen für andere Angeklagte sperrte man den Vorführzellenbereich an den Tagen dieses Prozesses für Verteidiger.

Ich bespreche mich vor und nach einer Verhandlung mit den inhaftierten Mandanten im Vorführzellenbereich, so wie ich umfangreiche Vor- und Nachbesprechungen mit den nicht inhaftierten Mandanten vor dem Saal durchführe. Nach den früheren großen Besprechungen in der Kanzlei oder in der Haftanstalt kann man so noch schnell aktuelle Probleme besprechen und wirkt auch noch beruhigend auf Mandanten.

Nachdem ich schon vor kurzem ein ähnliches Problem mit dem Zugang zu einem polizeilich vorgeführten Angeklagten erfolgreich mit dem Präsidium des Amtsgericht Tiergarten durchgekämpft hatte, wendete ich mich diesmal gleich an den Sicherheitschef des Kriminalgerichts und klärte mit ihm, dass ich mein verfassungsrechtlich hergeleitetes Recht als Verteidiger auf Zugang zum Mandanten wahrnehmen konnte. Nach einem Anruf bei den Justizwachtmeistern durch den Sicherheitschef konnte ich nun doch runter in die Katakomben des Kriminalgerichts Berlin. Wie mir die Justizwachtmeister später erzählten, sei ich der einzige Verteidiger an diesem Tag gewesen, der Zugang zum Vorführbereich erhalten hat.

Der Rockerprozess hatte mit seinen Sicherheitsverfügungen auf getrennte Unterbringung der mehreren Angeklagten auch noch dazu geführt, dass der schon durch Baumaßnahmen beeinträchtigte Vorführzellenbereich, nun endgültig überlastet war und man meinen Mandanten mit anderen Gefangenen gemeinsam untergebracht hatte. Auch hier konnte ich erfolgreich auf eine einzelne Unterbringung des gesundheitlich beeinträchtigten Mandanten hinwirken.

Auch wenn ich im Gegensatz zu anderen Verteidigerkollegen im konkreten Fall erfolgreich war, bemühe ich mich aber auch um eine generelle Lösung des Problems, den Zugang von Verteidigern zu ihren Mandanten sicher zu stellen. Um dies zu erreichen, habe ich die Vereinigung Berliner Strafverteidiger gebeten sich um eine generelle Klärung des Problems zu bemühen.

Der Erfolg im konkreten Fall zeigt aber zumindest, dass man sich nicht von den Anfangswiderständen der Justiz abhalten lassen sollte, sondern mit Engagement den Erfolg schon erkämpfen muss.


Mittwoch 15. Oktober 2014


Telekommunikationsüberwachung – Im Fegefeuer der Langeweile

Zwei kleine Lautsprecher wurden vor einem Mikrofon des Saals A 700 aufgestellt und übertrugen den Ton vom Notebook des Vorsitzenden Richters auf die Lautsprecheranlage des Saals. Rückkopplungen waren dadurch garantiert, aber die daraus resultierenden Kopfschmerzen hielten zumindest jeden Anwesenden wach. Wenn man sich über Stunden die Aufzeichnungen einer Telekommunikationsüberwachung anhört, versteht man warum man sich vor einer flächendeckenden Überwachung nicht zu fürchten braucht. Die Aufzeichnung von Telekommunikation ist in den heutigen Zeiten einfach geworden, aber es benötigt immer noch Personal, welches sich die Aufzeichnungen anhört, eventuell auch noch übersetzt und auswertet. Von den beteiligten Polizisten weiß man, dass sich dieser Job nicht über 8 Stunden durchhalten lässt.
Die interessanten Informationen stellen dann auch nur einen Bruchteil der Gesamtlänge dar. In der Regel handelt es sich um eine Masse von Belanglosigkeiten und Alltagsgerede. Man taucht nicht ein in eine fremde Welt, sondern wendet sich recht schnell gelangweilt ab und muss sich dazu zwingen weiter zuzuhören, um nicht doch das einzelne wichtige Informationsfragment zu verpassen. Als Verteidiger hat man schon die schriftlichen Protokolle der TKÜ gelesen und sucht im besten Fall nach bedeutsamen Übertragungsfehlern der Polizei. Wenn die vorgespielten Aufzeichnungen dann nicht einmal den eigenen Mandanten, sondern einen Mitangeklagten betreffen, kann man beobachten, wie die Kollegen vom Schlaf übermannt werden. Da ist es dann schon interessanter die Richterbank zu beobachten, um festzustellen, ob vielleicht ein Schöffe dabei ist gerade einzuschlafen.


Montag 15. September 2014


Kostümball im Kriminalgericht

Am 05.09.2014 war ich überrascht, als vor dem Verhandlungssaal drei eigenartig aussehende Gestalten saßen. Bei strafgerichtlichen Verhandlungen sieht man oft absonderliche Personen, aber diese drei übertrafen alles bisher Erlebte. Die Perücken waren so offensichtlich wie der falsche Kinnbart eines der Männer. Besser war dann schon der aufgesprühte Dreitagebart bei dem neben ihn Sitzenden. Ich sah sie mir genauer an und stellte fest, dass graue Sprühfarbe einen der Männer älter machen sollte, während bei einem der anderen erhebliche Mengen von Lidschatten verwendet worden waren. In diesem Großverfahren verteidigten wir zu zweit und meine Kollegin machte mich noch darauf aufmerksam, dass man bei einem der Männer auch die oberen Augenlider hochgeklebt hatte, eine sicher schmerzhafte Prozedur.

Es war keine Mitglieder eines Karnevalsvereins, sondern Beamte des Sondereinsatzkommandos (SEK), die in unserem Verfahren aussagen mussten. Um ihre Identität geheim zu halten, war die Maskerade erfolgt. Einfacher wäre es natürlich gewesen Sturmhauben aufzusetzen. Die Maskerade ermöglichte es aber die Gesichtszüge zu beobachten, ein wichtiges Mittel für jeden, der die Glaubhaftigkeit einer Aussage einschätzen will.

Nach den SEK-Beamten kamen Observationsbeamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), die ebenfalls verkleidet waren und hier war einer grotesker als der andere anzusehen. Die Kleidung stammte vermutlich aus der Kleiderkammer einer Obdachloseneinrichtung und schlotterte an den Körpern. Einer der MEK-Beamten trug unter seinem T-Shirt noch künstliche aufgepolsterte Muskelpakete, die auch seine Statur unkenntlich machten. Während die SEK-Beamten Perücken mit Zöpfchen verwendet hatten, erhielten die MEK-Beamten gelockte Perücken, die den Eindruck erweckten, dass man sie einem bekannten Comedydarsteller weggenommen hätte.

Die Vorbereitungen der Kostümierungen fanden in einem Nachbarraum des Verhandlungssaals statt und wurden von einem Dienstvorgesetzten der Polizisten überwacht, der auch immer noch eine letzte Prüfung vor dem Verhandlungssaal vornahm. Bei einem Gespräch auf dem Flur konnte man noch erfahren, dass ein professioneller Maskenbildner im Hintergrund wirkte. Im Ergebnis war sicher keiner der Zeugen nach Verlassen des Gerichtes an seinem Aussehen zu identifizieren, nur die Stimmen blieben unverändert.

Für die anwesenden Referendare der anderen Verteidiger war dieser Hauptverhandlungstag fraglos eine große Show, während sonst weder Zuschauer noch Pressevertreter den Weg zu A 700, den prominentesten Saal des Kriminalgerichts Berlin, gefunden hatten.


Dienstag 15. Juli 2014


Geldwäsche, § 261 StGB

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer in Satz 2 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind

1. Verbrechen,

2. Vergehen nach a) § 332 Abs. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, und § 334, b) § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Betäubungsmittelgesetzes und § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,

3. Vergehen nach § 373 und nach § 374 Abs. 2 der Abgabenordnung, jeweils auch in Verbindung mit § 12 Abs. 1 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen,

4. Vergehen a) nach den §§ 152a, 181a, 232 Abs. 1 und 2, § 233 Abs. 1 und 2, §§ 233a, 242, 246, 253, 259, 263 bis 264, 266, 267, 269, 271, 284, 326 Abs. 1, 2 und 4, § 328 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 348, b) nach § 96 des Aufenthaltsgesetzes, § 84 des Asylverfahrensgesetzes, nach § 370 der Abgabenordnung, nach § 38 Absatz 1 bis 3 und 5 des Wertpapierhandelsgesetzes sowie nach den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes, den §§ 106 bis 108b des Urheberrechtsgesetzes, § 25 des Gebrauchsmustergesetzes, den §§ 51 und 65 des Designgesetzes, § 142 des Patentgesetzes, § 10 des Halbleiterschutzgesetzes und § 39 des Sortenschutzgesetzes, die gewerbsmäßig oder von einem Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begangen worden sind, und

5. Vergehen nach § 89a und nach den §§ 129 und 129a Abs. 3 und 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1, sowie von einem Mitglied einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung (§§ 129, 129a, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1) begangene Vergehen.

Satz 1 gilt in den Fällen der gewerbsmäßigen oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung nach § 370 der Abgabenordnung für die durch die Steuerhinterziehung ersparten Aufwendungen und unrechtmäßig erlangten Steuererstattungen und -vergütungen sowie in den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 auch für einen Gegenstand, hinsichtlich dessen Abgaben hinterzogen worden sind.

(2) Ebenso wird bestraft, wer einen in Absatz 1 bezeichneten Gegenstand 1. sich oder einem Dritten verschafft oder 2. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er die Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, daß der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nicht nach Absatz 2 strafbar, wenn zuvor ein Dritter den Gegenstand erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen.

(7) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. § 73d ist anzuwenden, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldwäsche verbunden hat.

(8) Den in den Absätzen 1, 2 und 5 bezeichneten Gegenständen stehen solche gleich, die aus einer im Ausland begangenen Tat der in Absatz 1 bezeichneten Art herrühren, wenn die Tat auch am Tatort mit Strafe bedroht ist.

(9) Nach den Absätzen 1 bis 5 wird nicht bestraft, wer 1. die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlaßt, wenn nicht die Tat in diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte, und 2. in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt, auf den sich die Straftat bezieht. Nach den Absätzen 1 bis 5 wird außerdem nicht bestraft, wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist.

(10) (weggefallen)

Fußnote § 261 Abs. 2 Nr. 1: Nach Maßgabe der Entscheidungsformel mit GG (100-1) vereinbar gem. BVerfGE v. 30.3.2004 I 715 (2 BvR 1520/01, 2 BvR 1521/01)

 Geldwäsche in der nichtstrafbaren Form

Geldwäsche in der nichtstrafbaren Form

 

„Warnung vor leichtfertiger Geldwäsche“

In der anwaltlichen Praxis sehe ich diesen Paragraphen meist in der Variante der leichtfertigen Geldwäsche.

An Laternen oder U-Bahneingängen kleben in Berlin oft Zettel, wie „Nebenjob mit gutem Gewinn, Arbeit von zu Hause, Arbeit in Buchhaltung, nur wenige Stunden am Tag“. Diese Botschaften finden sich aber auch in Spam-Mails und in Jobbörsen. Die Jobbörsen löschen diese Anzeigen, kommen aber zwangsläufig immer zu spät. Letztendlich wird den Interessierten dann per Telefon oder E-Mail erklärt, dass sie für eine ausländische Firma, Person tätig sein sollen, die in Deutschland wegen der Bürokratie kein Konto erhält. Sie sollen Gelder von Geschäftspartnern oder ähnlichem auf ihrem Konto entgegennehmen und dann per Geldtransferservice wie Western Union oder Money Gram zum eigentlichen Empfänger weiterleiten. Als Entlohnung sollen sie zwischen 10-30 Prozent der Summen behalten können.

Spätestens nach einigen Tagen stellt sich aber meist heraus, dass die Gelder aus Straftaten stammen, wie E-Bay-Betrug oder oft auch Computerbetrug nach Phishing. Es dauert meist einige Tage, bis die Opfer die ursprüngliche Straftat bemerken und sich an die Strafverfolgungsbehörden wenden. Die Ermittlungen der Justiz enden faktisch immer nur am Konto des Finanzagenten, der für alle Schäden schadensersatzpflichtig ist und auch noch strafrechtlich wegen Geldwäsche verfolgt wird. Durch die Überweisung über Firmen wie Western Union ist eine Verfolgung der Hintermänner regelmäßig unmöglich gemacht.

Vielleicht sollte man noch anmerken, dass nach Deutschem Kreditwesengesetz (KWG)Konten nur von Banken anderen Personen zur Verfügung gestellt werden dürfen.

Strafen bei leichtfertiger Geldwäsche, § 261 Abs. 5 StGB

Wer leichtfertig nicht erkennt, dass das Geld aus einer strafbaren Vortat stammt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Je nach Fallkonstellation erlebt man hier als Verteidiger alles. In einem Fall, wo der Mandant über ein „Soziales Netzwerk“ angesprochen wurde und nur aus Hilfsbereitschaft sein Konto zur Verfügung stellt, konnte ich eine Einstellung gegen Geldauflage erreichen, nachdem der Mandant schon allen Geschädigten das Geld zurückerstattet hatte. Bei einem anderen Mandanten, der auf die Jobmasche hereinfiel und dies interessanterweise in kurzer Zeit 2x hintereinander ließ sich noch eine Geldstrafe per Strafbefehl aushandeln. Keine Leichtfertigkeit nahm das Gericht mehr bei einem Mandanten an, der über 50.000,00 € bei über 20 Bankbesuchen innerhalb eines Tages abholte und an einen unbekannt gebliebenen Dritten in bar übergab. Hier wurde dann entsprechend des regulären Strafrahmens bestraft.

Wo sind die Hintermänner?

Zumeist in Russland, Rumänien, Polen und den Philippinen, das sind zumindest meine Erfahrungen aus der Praxis.

Wie funktioniert Geldwäsche professionell?

In Deutschland am besten mit Unterstützung des Finanzamtes. Unternehmen, zum Beispiel Restaurants werden gekauft und die künstlich durch Einleitung von Schwarzgeld aufgeblähten Gewinne dann ordnungsgemäß versteuert. Interessanterweise haben Finanzämter Computerprogramme, um rastermäßig zu prüfen, ob ein Unternehmen verdächtig zu wenig Gewinn macht. Mit dem gleichen Programm ließen sich auch den in Deutschland tätigen Geldwäschern der internationalen organisierten Kriminalität schwerer Schaden zufügen, nur scheint dies nicht gewollt.