Donnerstag 1. August 2013



Zu Besuch in der JVA Heidering

Am 25.07.2013 nahm ich an einer Führung durch die JVA Heidering bei Großbeeren teil. Der stellvertretende Anstaltsleiter und ein Schichtleiter der Justizwachtmeister übernahmen die Erklärungen während der Führung durch die Anstalt.

JVA Heidering - Buslinie 711, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner, Gnadenrecht, Allgemeines Strafrecht, Jugendstrafrecht

JVA Heidering – Buslinie 711, Copyright Rechtsanwalt Malte Höpfner

Die JVA Heidering wurde auf ehemaligen Rieselfeldern eines Berliner Stadtgutes auf Brandenburger Territorium errichtet. Um den Betrieb mit Berliner Landesbediensteten durchzuführen, wurde ein Staatsvertrag zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg geschlossen. Zuvor hatte Brandenburg Berlin freie Haftplätze in Brandenburger Anstalten angeboten, was Berlin auch wegen der Erschwernis für Besucher von Gefangenen abgelehnt hatte. Durch den Neubau der JVA Heidering war es nun aber auch möglich eine Anstalt nach den neuesten wissenschaftlichen und auch sicherheitstechnischen Erkenntnissen zu errichten. Der Grazer Architekt Josef Hohenstein, der schon das mehrfach prämierte Justizzentrum Leoben in der österreichischen Steiermark errichtet hatte, hatte den Berliner Wettbewerb mit einer gewissen Leichtigkeit gewonnen. Mit seinen Erfahrungen von spezifischen Anforderungen des Strafvollzuges hatte er die Konkurrenz aus dem Feld gestoßen. Ein Symbol für diese besonderen Anforderungen stellt die Vollzugsmagistrale dar, das Zentrum der Justizvollzugsanstalt. Die tageslichtdurchflutete Vollzugsmagistrale verbindet die drei Wohngebäude mit dem Verwaltungstrakt und den Produktionshallen und ermöglicht den Transfer von Gefangenen zwischen den Gebäuden ohne ständige Eskorten durch Justizwachtmeister und das früher notwendige ständige Durchschließen. Der Architekt hatte sich auch in den Wettbewerben für die Justizzentren Graz-Jakomini und Wien Baumgasse durchgesetzt. Weitere Informationen zu seinen Justizbauten findet man auf der Internetseite http://www.hohensinn-architektur.at und auf den Wikipediaseiten Justizzentrum Leoben und JVA Heidering.

Interessant und neu war der Anblick von mehreren Gruppen Strafgefangener, die auf dem vergitterten Balkon ihres Gemeinschaftsraumes den Sommerabend bis zum allgemeinen Einschluss genossen. Hierbei geht es aber nicht um Luxus, sondern um sachbezogene Erwägungen zur Verbesserung des Sozialverhaltens der Strafgefangenen. In den alten Anstalten verbringen die Gefangenen die Abende allein in ihren Zellen vor dem Fernseher und es kommt dann auf den Gängen schon einmal zu Auseinandersetzungen. In der JVA Heidering schafft hier Architektur mit einer Leichtigkeit das, was in anderen Anstalten Sozialarbeiter in Gesprächskreisen oft vergeblich versuchen. Der uns führende Schichtleiter stellte dabei zufrieden fest, dass sie seit der Eröffnung zwar schon zwei medizinische Alarme gehabt hatten, aber noch keinen Alarm wegen Auseinandersetzungen unter Gefangenen.

Sicherheitserwägungen spielten bei der JVA naturgemäß eine große Rolle. Die Errichtung eines mehr als 2 Kilometer langen Doppelzaunes anstelle einer Mauer soll den Gefangenen einen Blick in die Weite ermöglichen bei gleichzeitiger höchstmöglicher Sicherheit. Dass nicht alles von Anfang an perfekt ist, zeigte der traurige Stumpf des einzigen Baumes im Hof vor dem interkonfessionellen Andachtsraumes. Die Krone war geköpft worden, da man befürchtet hatte, dass Gefangene vom Baum auf das Dach der Anstalt steigen, bzw. springen könnten.

Zum Zeitpunkt meines Besuches war die JVA Heidering noch eine Anstalt im Aufbau, in dem viele wichtige Teile wie die Produktionsstätten, die Küche und Ausbildungseinrichtungen noch fertig gestellt waren, noch nicht funktionierten. Das Potential der JVA war aber schon sehr gut zu erkennen. Manche großzügige Landschaftsplanung war nur mit sehr viel Phantasie zu erkennen, da Anpflanzungen erst im Herbst erfolgen.

Ein Minuspunkt der insgesamt gelungenen Anstalt war die Erreichbarkeit. Mit der Regionalbahn bis nach Großbeeren und dann mit dem Bus 710 nach Großbeeren Heidering oder mit der S-Bahn zur Buckower Chaussee und dann mit dem Bus 711 nach Großbeeren Heidering ist die JVA mit dem ÖPNV mehr schlecht als recht zu erreichen. Wer hier von einer guten Anbindung spricht, verbreitet sehr viel Zweckoptimismus.

Einen weiteren Artikel von mir zur JVA Heidering finden Sie unter https://straf-kanzlei.de/jva-heidering-%E2%80%93-berlins-modernstes-gefangnis/