Freitag 1. März 2013



JVA Heidering – Berlins modernstes Gefängnis

Sechshundertachtundvierzig Haftplätze entstehen neu in der Justizvollzugsanstalt. Die JVA Heidering soll die veralteten Teilanstalten 1 und 3 in Tegel ersetzen und das Gefängnis Lehrter Straße in Moabit, einer Außenstelle der JVA Plötzensee.

Die JVA Heidering liegt zwar auf dem Gebiet des Bundeslandes Brandenburg, durch einen Staatsvertrag zwischen den beiden Ländern wird in der Berliner Anstalt Berliner Vollzugsrecht gelten und wird Berliner Personal zum Einsatz kommen.

 

JVA Heidering Wohngebäude, Verteidigung - Fachanwalt für Strafrecht - Sexualstrafrecht, Jugendstrafrecht - Copyright Malte Höpfner

JVA Heidering Wohngebäude, Verteidigung – Fachanwalt für Strafrecht – Copyright Malte Höpfner

Einer der wenigen Kritikpunkte an der Anstalt ist dann aber auch die Lage in der Nähe eines Industriegebiets in Großbeeren im Landkreis Teltow-Fläming. Ob es sich um Besucher oder Rechtsanwälte handelt, die Erreichbarkeit kann man gelinde als äußerst schlecht bezeichnen. Zehn Kilometer von der Berliner Stadtgrenze entfernt, wird man die Haftanstalt nur mit einem selten fahrenden Bus erreichen, wenn man auf den ÖPNV beschränkt ist. Da die Besucher von Strafgefangenen eher selten wohlhabende Personen mit eigenem PKW sind, wird man wohl sagen dürfen, dass die Lage ein ernsthaftes Hindernis für eine Resozialisierung der Gefangenen ist. Zur Resozialisierung gehört auch das Ermöglichen von Besuch, da eine Familie in den meisten Fällen immer einen stabilisierenden Faktor im Leben eines Gefangenen bedeutet.

In der Presse und verschiedenen Internetmedien werden immer die großen Fensterfronten erwähnt, die Vollzugsmagistrale, in der sich Gefangene ohne Begleitung bewegen dürfen.  Mit ein wenig Erfahrung und Interesse weiß man, dass es dabei nicht um eine Verhätschelung der Gefangenen geht, sondern um glasklare Sicherheitserwägungen und um die Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Glasfronten und die hellen Gänge ermöglichen zum einen eine bessere Kontrolle als die eher engen Gänge in den alten Gebäuden der JVA Tegel.  Zum anderen gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, dass es zu weniger Auseinandersetzungen kommt je mehr Tageslicht in eine Anstalt geleitet wird. Aber auch die Resozialisierung der Gefangenen wird durch eine moderne JVA einen Schub erfahren. Für die Unbelehrbaren auf beiden Seiten kann ich aus meiner Erfahrung berichten, dass selbst in einer modernen Anstalt man eine Strafe nicht „auf einer Arschbacke“ absitzt oder Gefangene verwöhnt werden. Das entscheidende Merkmal einer JVA des geschlossenen Vollzuges ist die Beschränkung der Gefangenen auf die Anstalt. Wenn sich die Tore geschlossen haben, öffnen sie sich nicht so bald wieder. Ich habe einige Leute kennengelernt, die mir vorher erzählt haben, dass sie „keine Angst vor dem Knast haben“ oder sich „auf die Ruhe freuen“. Wenn wir uns wiedersahen, erzählte mir keiner mehr diesen Unsinn. Selbst die meisten Strafverteidiger haben auch nach Jahren der Tätigkeit immer noch ein Gefühl der Beklommenheit, wenn sich die Tore hinter uns schließen. Dabei wissen wir, dass wir nach einer Mandantenbesprechung  das Gefängnis wieder verlassen können. Einen etwas echteren Eindruck erhält man als Strafverteidiger, wenn man im Fall von Alarmen oder auch bei Schichtwechseln mal etwas länger warten muss.

Architektonisch gehört die von dem Grazer Architekten Josef Hohensinn geplante JVA Heidering zu einer neuen Generation von Gefängnissen in Europa, die nach dem Jahr 2000 entstanden. Dafür steht das vom gleichen Architekten entworfene Justizzentrum Leoben. In Leoben und in einem Schweizer Gefängnis wurde gezeigt, dass die neue Gefängnisgeneration sowohl bei der Sicherheit als auch bei der Resozialisierung Vorteile brachte.

Ebenso wichtig wie der eigentliche Gefängnisbau sind für die Resozialisierung von Gefangenen die Beschäftigungsmöglichkeiten in Gefängnisbetrieben und die Möglichkeiten Schulabschlüsse nachzuholen oder Ausbildungen zu absolvieren. Hier steht für die JVA Heidering die Bewährungsprobe noch aus, nachdem die sonst veraltete und teilweise auch vergammelte JVA Tegel seit Jahrzehnten in diesem Bereich eine Vorbildfunktion im deutschen Strafvollzug gehabt hatte.

Wegen des kurzen Weges werde ich als Berliner Strafverteidiger aber weiterhin die alte Untersuchungshaftanstalt Moabit als meinen Favoriten betrachten. Hier kann man von der Anwaltsschleuse im Kriminalgericht direkt seine Mandanten in der JVA besuchen.