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Sonntag 15. März 2015


Schmerzmedikamente und ihre Nebenwirkungen

Am 01.März 2015 besuchte ich die Sonntagsvorlesung des Unfallkrankenhaus Berlin, da einem als Strafverteidiger Schmerzmedikamente oft in den Verfahrensakten begegnen.

Dr. med. Steffen Schröder leitete seine allgemeinbildende Vorlesung mit der Vorstellung von zwei berühmten Produkten von Bayer ein. Das erste Beispiel war Aspirin, welches zum Zeitpunkt seiner Markteinführung wegen seiner Nebenwirkungen umstritten war. Das nur elf Tage später entwickelte Konkurrenzprodukt aus der gleichen Firma hingegen galt als Zaubermittel ohne Nebenwirkungen und wurde auch Kindern als Hustenstiller verabreicht. Das damals oral einzunehmende Mittel wurde als Schmerzmittel, Hustenstiller, als Mittel zur Bekämpfung von Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Geisteskrankheiten und als Mittel zur Geburtseinleitung vermarktet. Schon 1924 wurde das Zaubermittel von Bayer in den USA verboten, aber erst 1958 in der Bundesrepublik und Bayer konzentrierte sich auf die Produktion von Aspirin. Das Medikament mit den überragenden Eigenschaften dürfte trotz Verbotes weltbekannt sein: Heroin.
Die Nebenwirkungen, wie schnelle und starke Abhängigkeit, Verstopfung und Atemdepression bis zum tödlichen Atemstillstand hatte man erst Jahre nach der Markteinführung erkannt. Neu war für mich, dass Junkies beim Goldenen Schuss an einem Atemstillstand sterben. In einem Krankenhaus ließe sich dieser gut mit einer künstlichen Beatmung behandeln, auf einer Bahnhofstoilette führt das Aussetzen der Atmung unweigerlich zum Tod.

Der Vortrag war allgemein interessant, wenn er Risiken und Nebenwirkungen von einzelnen Schmerzmitteln darstellte, aber auch die alternativen und ergänzenden Behandlungsmethoden einer professionellen Schmerztherapie.

Als Strafverteidiger richtete sich mein Interesse mehr auf Opiate wie Tilidin, welches heute nur noch auf Betäubungsmittelrezept erhältlich ist, nachdem es zuvor eine Lieblingsdroge von männlichen, arabischen Jugendlichen in Berlin war und gern als Schmerz- und Angstlöser vor Kämpfen und Straftaten eingesetzt wurde.

Befragt zum Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie berichtete Dr. Schröder, dass Cannabis seine Berechtigung in der Behandlung von Tumorschmerzen habe und auch als Appetitanreger bei Chemotherapien, aber bei chronischen Schmerzen bestenfalls gemischte Ergebnisse zeige. Patienten berichteten, dass die Schmerzen nicht weg waren, ihnen aber nun egal waren. Da aber auch vieles andere plötzlich egal war, verzichteten die meisten Patienten wegen der ausgelösten Antriebslosigkeit auf eine Weiterbehandlung mit Cannabis.

Neu war für mich, als der Arzt vor der Kombination von Schmerzmitteln warnte und noch erklärte, dass Schmerzmittel nicht beliebig austauschbar seien. Bei Kopfschmerzen wird man in der Hausapotheke mal eine Aspirintablette und mal eine Ibuprofen nehmen, was der Facharzt äußerst kritisch sah. Für einen Betäubungsmittelabhängigen auf der Straße gibt es die Möglichkeit des reinen Stoffes nicht, in der Regel sind alle Betäubungsmittel wild verschnitten und er wird nie genau wissen, was er gerade konsumiert.

Ein gelungener, interessanter Vortrag aus dem Vorlesungsprogramm des Unfallkrankenhauses.


Dienstag 1. April 2014


Gelungene Kriminalprävention

Als Strafverteidiger in Berlin gilt man bei vielen oft als Feind des Rechtsstaates und Helfershelfer der Kriminalität. Ein guter Strafverteidiger ignoriert solche Ansichten, da es meist doch keinen Sinn hat, dagegen anzureden. Bei den gleichen Leuten gelten Polizisten aber als die Guten. An dieser Stelle erlaube ich mir eine wahre Anekdote aus meinem Heimatbezirk Marzahn-Hellersdorf zum Besten zu geben.

Eine Wohnungsbaugesellschaft hatte von ihren Mietern immer mehr Beschwerden über zunehmende Diebstähle und Vandalismus bei Fahrrädern, aber auch Motorrädern und Motorrollern erhalten. Die Wohnungsbaugesellschaft entschloss sich zu handeln und errichtete auf einem Teil ihres Parkplatzes einen umzäunten und verschließbaren Abstellplatz für Zweiräder. In der Folge war die Gesellschaft stolz auf das Erreichte und die Mieter froh über unmöglich gemachte Diebstähle.

Überrascht waren dann beide, als plötzlich um den Stellplatz herum die Straßenbeleuchtung abgestellt wurde und Dunkelheit herrschte. Dieses Arbeitsbeschaffungsprogramm für Diebe begründeten Polizei und Kommunalverwaltung damit, dass durch die Umzäunung des Parkplatzes nun keine Öffentliche Nutzung mehr gegeben sei. Natürlich hatten die Bürokraten formell recht, aber die Entscheidung traf bei Mietern und Wohnungsbaugesellschaft verständlicherweise nur auf Unverständnis. Die Wohnungsbaugesellschaft hätte die Lampen selbst gern übernommen und die Stromkosten und Wartung bezahlt. Aber hier war die Bürokratie einmal schnell und schuf durch Abbruch Tatsachen. Insgesamt ordnet sich diese eher satirische Entscheidung aber in ein Muster ein, wonach man in Deutschland die Kriminalprävention flächendeckend herunterfährt und sich nur noch auf Repression konzentriert.


Dienstag 10. April 2012


Das Gedächtnisprotokoll – wichtig für jeden Zeugen

Sie beobachten eine Prügelei auf einem Marzahner S-Bahnhof, welche mit dem Eintreffen der Polizei endet. Die Beamten nehmen die ersten Aussagen auf und notieren auch die Adressen der anwesenden Beobachter.

Einige Wochen später werden Sie angeschrieben, mit der Bitte zur Zeugenvernehmung zu kommen oder sich auf einem Fragebogen schriftlich zu äußern. Zu diesem Zeitpunkt können Sie sich vielleicht noch an das Kerngeschehen erinnern.

Monate oder auch Jahre später kommt es zur gerichtlichen Hauptverhandlung, wobei man Sie dann als Zeugen hört, zu diesem Zeitpunkt erinnern sie sich an noch weniger. Oft höre ich dann den Satz, „Das habe ich doch alles schon bei der Polizei ausgesagt.“ In diesem Satz kommt Unkenntnis über das deutsche Strafprozessrecht zum Ausdruck. Es gibt die Beweismittel SAUEZ: Sachverständige, Augenschein, Urkunden, Einlassung und Zeugen. In dieser Liste gibt es nicht das Beweismittel Verlesung der polizeilichen Zeugenvernehmung. Es existiert dafür der Grundsatz des tatnächsten Beweismittels und das ist in unserem obigen Beispiel der Zeuge. Eine Zeitlang lasen deutsche Richter einfach das Vernehmungsprotokoll vor und fragten, „Stimmt das so?“, worauf der Zeuge bejahte, „Ja, wenn ich das damals so gesagt habe, wird das schon stimmen.“ Der Bundesgerichtshof sorgte dann für die Anwendung des deutschen Strafprozessrechts in den unteren Instanzen, was es für Zeugen wieder etwas schwerer machte.

In unserem Beispiel stellen wir uns nun eine mögliche Berufung oder Zurückverweisung nach einer erfolgreichen Revision vor. Die Tat liegt Jahre zurück und das Gedächtnis des Zeugen hat zwangsläufig gelitten und vielleicht hat man nun auch noch falsche Erinnerungen, ausgelöst durch die suggerierenden Fragen eines Richters, das Bohren des Staatsanwaltes oder die hartnäckige Befragung durch einen engagierten Verteidiger.

Das Problem ist nun klar, die Lösung wiederum ist einfach. Wenn Sie es für möglich halten, später als Zeuge eines Geschehens für die Justiz in Betracht zu kommen, fertigen Sie so früh wie möglich ein Gedächtnisprotokoll.

Was gehört in ein Gedächtnisprotokoll? Das Datum und die Zeit sind unbedingt notwendige Informationen. Schildern Sie den Ablauf eines Geschehens, beschreiben Sie Personen, skizzieren Sie vielleicht auch den Standort der Personen. In der Regel kann es nicht zu wenige Fakten geben. Das Gericht will vielleicht auch wissen, ob sich ein Zeuge geirrt haben kann. War es vielleicht schon zu dunkel, um einen Täter sicher zu identifizieren? Bei Verkehrsunfällen kann es auch auf die Straßenverhältnisse ankommen. War die Straße nass, weil es gerade geregnet hatte? Oder war ein Sprühfahrzeug kurz zuvor vorbeigefahren?

Was gehört nicht in ein Gedächtnisprotokoll? „Der Idiot fuhr viel zu schnell, das konnte ich an dem laut aufheulenden Motor feststellen.“ Beleidigungen sind immer fehl am Platz und entwerten eine vielleicht sonst wahre Aussage. Auch Wertungen sollte man dem Gericht oder einem Sachverständigen überlassen, wenn man nicht sachverständiger Zeuge ist. So gibt es Untersuchungen, dass Zeugen hochtourige fahrende Fahrzeuge immer als schneller einschätzen, als objektiv schnellere Fahrzeuge, die mit einem höheren Gang fahren.

Schade ich meinen Mandanten, wenn ich für bessere Zeugen sorge? Nein, denn Zeugen, die sich nicht mehr richtig erinnern können und fehlendes oder verlorenes Wissen durch eigene Überlegungen ersetzen, sind viel gefährlicher für jeden Beschuldigten. Nicht umsonst gilt in der Justiz der Zeuge als unzuverlässigstes Beweismittel. Das zeitnah zum Geschehen gefertigte Gedächtnisprotokoll macht den Zeugen um einiges zuverlässiger.

Wie wird das Gedächtnisprotokoll verwendet? Vor und in der Vernehmung können Sie sich mit dem Gedächtnisprotokoll das Geschehen wieder in Erinnerung rufen und auch ein Blick in das Gedächtnisprotokoll während der Gerichtsverhandlung ist zulässig.


Donnerstag 16. Februar 2012


Aktualität von Telefonverzeichnissen in Berliner Behörden

Lange Wartezeiten ist man bei der zentralen Telefonvermittlung der Berliner Behörden gewohnt, oft auch den aufgezeichneten Spruch „Rufen Sie bitte zu einer anderen Zeit an.“ Besonders ärgerlich ist aber die fehlende Aktualität. Bei der Jugendgerichtshilfe Marzahn-Hellersdorf war über mehrere Jahre ein ausgeschiedener Mitarbeiter eingetragen, dafür fehlten die Nachfolger. Für den Anrufer und wie auch für die Behördenmitarbeiter ist es zeitraubend, wenn man sie als direkte Vermittlung benutzen muss. Offensichtlich fehlt es in vielen Behörden aber am Einsehen, dass man nicht nur die internen Telefonverzeichnisse aktuell halten sollte, sondern auch die zentrale Vermittlung von Stellenänderungen informieren sollte.


Freitag 1. Juli 2011


Rechtsberatung durch den Berliner Anwaltsverein (BAV) im Jugendclub Betonia

Der Berliner Anwaltsverein hat nach der ersten Rechtsberatungsstelle für Jugendliche aus armen Familien im Wedding nun auch in Marzahn-Hellersdorf eine zweite Beratungsstelle eröffnet. Im Jugendclub Betonia findet immer mittwochs in der Zeit von 15.00-18.00 Uhr eine kostenlose Jugendberatung durch Anwälte statt. Vorgesehen ist die rechtliche Beratung zum Strafrecht, ALG II, zu Internetverträgen, zum Familienrecht u.a.

Unter der zentralen Telefonnummer der anwaltlichen Jugendberatung 030-460 67 584 kann die notwendige Anmeldung erfolgen.

„Jugendliche wissen oft viel zu wenig über ihre Rechte. Genau hier setzt die Jugendberatungsstelle an. Wir wollen den jungen Menschen helfen ihre Rechte zu erkennen und zu wahren“, sagte Ulrich Schellenberg, Vorsitzender des Berliner Anwaltsvereins und Initiator der Jugendberatung.

Am 29. Juni 2011 stellte ich mich für die Beratung zur Verfügung. Genügend Erfahrung brachte ich schon meiner ehrenamtlichen Tätigkeit für die Vereinigung Berliner Strafverteidiger mit, für die ich in der Beratung in Haftanstalten und im Berliner System des Anwaltsnotrufs tätig war. Gern brachte ich meine Erfahrung als Verteidiger im Jugendstrafrecht ein.

Ich teile die von der damaligen Justizsenatorin geäußerte Hoffnung, dass sich die anwaltliche Beratung in den Räumlichkeiten von Betonia etablieren wird und will durch weiteres eigenes Engagement dazu beitragen. Gerade für Marzahn-Nord und Problemviertel in Hellersdorf ist dies ein Angebot zur richtigen Zeit.