Freitag 15. Mai 2015



Wertbestimmung im Strafrecht

Die Probleme bei der Wertbestimmung im Strafrecht zeigten sich zuletzt in der Presseberichterstattung über eine „Vorteilsnahme“ einer Berliner Lehrerin. Die Lehrerin war von ihrer Abschlussklasse mit einer Statue nach Loriot „Die Badenden“ beschenkt worden. Die Statue hatte im Handel rund 180,00 € gekostet. Die Lehrerin wurde wegen Vorteilsnahme angezeigt, da das Geschenk oberhalb der in Berlin erlaubten 10,00 € lag. Da spielte es keine Rolle, dass jeder der Schüler weniger als zehn Euro bezahlt hatte. Letztendlich erhielt sie einen Strafbefehl von 4.000,00 €. Bei einer Asservatenversteigerung der Berliner Justiz brachte die Statue dann nur umgerechnet 12,00 €, faktisch wurde sie mit anderem Krimskrams für zusammen knapp 15,00 € verkauft. An dieser Stelle stellt sich dann die Frage, was das Geschenk wert war. Die Staatsanwaltschaft Berlin ging vom Endverkaufspreis aus. Für einen Verteidiger zeigt dieser Fall, dass man Wertbestimmungen im Strafrecht immer kritisch hinterfragen sollte.
Die Wertbestimmung im Zivilrecht ist nachvollziehbarer als im Strafrecht, da für die Streitparteien der Streitgegenstand in der Regel immer einen bestimmten Wert hat.

Im Strafrecht ist dies weniger einfach und die Justiz geht teilweise regellos vor. Bei der Wertbemessung von Rauschgift wird der Wert bei der Strafzumessung äußerst großzügig gehandhabt. Die Gerichte nehmen einen oft überhöhten Straßenverkaufspreis an und übersehen, dass Zahlungsausfälle und Verluste von Teilmengen für jeden Dealer zum Leben gehören. Einem Verteidigerkollegen, der seine Gebühren bei der Einziehungsfrage entsprechend ansetzte, wurde wiederum von der Justiz bescheinigt, dass Rauschgift als verbotenes Gut hier keinerlei Wert habe.

Auch bei Sachdiebstählen stellt sich oft die Frage nach dem Wert. Ist es der Einzelhandelsverkaufspreis oder nur der Einkaufspreis, den der Handel bei der Wiederbeschaffung zahlen muss.

Für die oben genannte Lehrerin war der Wert der Statue klar, es waren 4.000,00 €, die sie an die Justizkasse des Landes Berlin zu zahlen hatte. Zusätzlich bitter war für sie sicher noch, dass man nach ihrem Fall die entsprechenden Regelungen für Lehrer zu Geschenken anpasste und dass Berliner Abgeordnete ohne Probleme zur gleichen Zeit mehrere dieser Statuen als Geschenk hätten annehmen dürfen.